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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Dresden
Beschluss verkündet am 19.03.2007
Aktenzeichen: 8 U 311/07
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1
Die auf fehlerhafter Eingabe der Kontonummer bzw. Bankleitzahl beruhende Fehlüberweisung eines Unternehmers im beleglosen Überweisungsverkehr mittels elektronischer Datenfernübertragung stellt eine kondizierbare Leistung des Überweisenden an den tatsächlichen Empfänger dar.
Oberlandesgericht Dresden Beschluss

Aktenzeichen: 8 U 0311/07

vom 19.03.2007

In dem Rechtsstreit

wegen Forderung

hat der 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Dresden ohne mündliche Verhandlung durch

Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Häfner, Richter am Oberlandesgericht Bokern und Richter am Amtsgericht Römmelt

beschlossen:

Tenor:

1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Beklagten gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.

2. Der Beklagte erhält Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 10.04.2007. Er möge ggf. erwägen, das Rechtsmittel zur Vermeidung weiterer, nicht unerheblich höherer Verfahrenskosten zurückzunehmen.

3. Der Antrag des Beklagten, ihm Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahrens zu bewilligen, wird abgelehnt.

Gründe:

I.

Der Kläger, ein Abwasserzweckverband aus Schleswig-Holstein, nimmt den in Leipzig wohnhaften Beklagten wegen zwei Fehlüberweisungen im Dezember 2004 i.H.v. insgesamt 6.343,64 EUR in Anspruch. Der Kläger hatte zwei Rechnungen eines Unternehmens aus Norderstedt zu bezahlen und bei den entsprechenden Überweisungsaufträgen an seine Hausbank im Wege des beleglosen Datenträgeraustausches zwar Empfängerin und Kontonummer richtig bezeichnet, aber versehentlich die falsche Bankleitzahl - die der Hausbank des Beklagten - angegeben.

Das Landgericht hat der Klage mit Urteil vom 02.02.2007 durch Aufrechterhaltung eines entsprechenden Versäumnisurteils vom selben Tage in vollem Umfang stattgegeben. Dagegen richtet sich die Berufung des Beklagten, der außerdem um Bewilligung von Prozesskostenhilfe bittet.

II.

Das Rechtsmittel hat, ohne dass zulassungsrelevante Fragen i.S.v. § 522 Abs. 2 Nr. 2 und 3 ZPO entscheidungserheblich werden, keine Aussicht auf Erfolg. Im Ergebnis zu Recht hat das Landgericht hinsichtlich beider Fehlüberweisungen Leistungsverhältnisse zwischen den Parteien des Rechtsstreites angenommen und dementsprechend Bereicherungsansprüche des Klägers gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB bejaht.

1. Der Beklagte hat die seinem Konto gutgeschriebenen Beträge durch Leistungen des Klägers erlangt.

a) Zwar ist der Berufung insoweit zu folgen, als bei einer gewöhnlichen Fehlüberweisung, die darin besteht, dass die Überweisung aufgrund eines Irrtums der Bank an einen anderen als den im Überweisungsauftrag namentlich bezeichneten Empfänger ausgeführt wird, eine Leistung des Überweisenden an den tatsächlichen Überweisungsempfänger nicht vorliegt. Denn in diesem Fall fehlt es regelmäßig an einem wirksamen Überweisungsauftrag. Der Überweisende hat eine in dieser Weise fehlgehende Zahlung nicht veranlasst und muss sie sich nicht als eigene Leistung an den Empfänger zurechnen lassen (vgl. BGHZ 66, 372, 375; BGH, Urteil vom 09.03.1987 - II ZR 238/86, WM 1987, 530 f.).

b) Dieser Grundsatz gilt auch für Fehlüberweisungen im beleggebundenen Überweisungsverkehr, die mitursächlich darauf beruhen, dass der Überweisende das Konto des zutreffend benannten Empfängers unrichtig bezeichnet. Denn in einem solchen Fall hat die Empfängerbezeichnung Vorrang vor der Kontonummernangabe (BGH, Urteil vom 09.03.1987, a.a.O., m.w.N.), so dass der Empfänger die Gutschrift auf seinem Konto, die die Bank infolge unterlassenen Abgleichs zwischen Name und Kontonummer erteilt, nicht als Leistung des Überweisenden erhält.

c) Anders verhält es sich aber bei Fehlüberweisungen im beleglosen Überweisungsverkehr mittels elektronischer Datenfernübertragung (OLG Karlsruhe, ZIP 2004, 1900, 1902; FG Münster, Urteil vom 10.11.2006 - 11 K 1162/05, Volltext in juris). Das gilt jedenfalls dann, wenn der Überweisende - wie hier - kein Verbraucher ist (BGH, Urteil vom 15.11.2005 - XI ZR 265/04, WM 2006, 28).

Ein solcher Auftraggeber weiß und erklärt sich konkludent damit einverstanden, dass seine Überweisungsaufträge ausschließlich anhand der elektronisch gespeicherten numerischen Angaben ausgeführt werden, Kontonummer und Bankleitzahl also als Synonym für den Überweisungsempfänger stehen, ohne dass ein Kontonummer-Namensvergleich stattfindet. Zu einem solchen Abgleich waren (BGHZ 108, 386, 389) und sind (BGH, Urteil vom 14.01.2003 - XI ZR 154/02, WM 2003, 430, 432) die Empfängerbanken aufgrund der bankenmäßigen Vereinbarungen über den beleglosen Datenaustausch im Inlandszahlungsverkehr nicht verpflichtet; der Hausbank des Überweisenden ist ihrerseits, sofern sie nicht zugleich das Konto des Empfängers führt, eine Prüfung anhand eigener Erkenntnisquellen kaum möglich. Ist danach die Bezeichnung von Kontonummer und Bankleitzahl und gerade nicht die hiervon abweichende namentliche Angabe des Überweisungsempfängers maßgeblich, so hat der in dieser irrtümlich fehlerhaften Weise Überweisende, der kein Verbraucher ist, die fehlgehende Zahlung kraft wirksamen Überweisungsauftrages selbst veranlasst. Dementsprechend stellt sich seine fehlgehende Zahlung als eigene Leistung an den Überweisungsempfänger dar. Der Beklagte hat die überwiesenen Beträge also jeweils durch Leistung des Klägers erlangt.

2. Bezogen auf die Parteien des Rechtsstreits, steht die Rechtsgrundlosigkeit der beiden Überweisungsvorgänge außer Zweifel und Streit.

3. Liegen danach die Voraussetzungen des § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB jeweils vor, dringen die sonstigen Einwände des Beklagten gegen seine Inanspruchnahme nicht durch.

a) Auf Entreicherung (§ 818 Abs. 3 BGB) kann sich der Beklagte nicht berufen, weil er - wie das Landgericht zutreffend erkannt hat - gemäß §§ 818 Abs. 4, 819 Abs. 1 BGB verschärft haftet. Im Übrigen trägt sein bisheriger Tatsachenvortrag nicht einmal die Annahme einer relevanten Entreicherung.

b) Für eine vom Beklagten pauschal in den Raum gestellte Verjährung oder gar Verwirkung der Ansprüche fehlen jegliche Anhaltspunkte.

c) Eine doppelte Inanspruchnahme muss der Beklagte nicht befürchten. Weder seine noch die Bank des Klägers hat gegen ihn bereicherungsrechtliche oder sonstige Ansprüche wegen der fehlgegangenen Zahlungen. Umgekehrt hat der Kläger seinerseits keine Möglichkeit, sich bei einer dieser Banken schadlos zu halten, sondern ist auf die Inanspruchnahme des Beklagten verwiesen.

Pkt. II.4 - IV. der Entscheidung wurden gekürzt.

Ende der Entscheidung

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