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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Dresden
Beschluss verkündet am 28.05.2001
Aktenzeichen: 8 U 498/01
Rechtsgebiete: VerbrKrG


Vorschriften:

VerbrKrG § 9 Abs. 3
1. Die Bank trifft keine Pflicht zur Aufklärung des Anlegers über allgemeine wirtschaftliche Risiken des zu finanzierenden Projektes. Etwaige Erkenntnisse hinsichtlich Werthaltigkeit, Wertsteigerungspotenzial und Ertragsfähigkeit muss sie grundsätzlich nicht offenbaren. Dies gilt auch, soweit der Wert der Immobilien den im Emissionsprospekt angegebenen Kaufpreisen wegen versteckter Innenprovision nicht entsprach.

2. Eine Haftung der Bank unter dem Gesichtspunkt der Beteiligung an Planung, Vertrieb und Durchführung eines Immobilienfonds kommt nur dann in Betracht, wenn dies den Anlegern bei Vertragsschluss bekannt war und bei ihnen insoweit ein besonderes Vertrauen hervorgerufen wurde.

3. Die Täuschung oder Falschberatung von Anlegern führt jedenfalls bei Publikumsgesellschaften nicht zu einem Schadenersatzanspruch gegen die Fondsgesellschaft, der der Bank im Wege des Einwendungsdurchgriffs nach § 9 Abs. 3 VerbrKrG entgegengehalten werden kann. Die Zulassung derartiger - sich wirtschaftlich gegen die anderen Mitgesellschafter richtende - Ansprüche begründete die Gefahr, dass das verbleibende Gesellschaftsvermögen ungerechtfertigter Weise auf diejenigen der getäuschten Anleger verteilt würde, die die Gesellschaft als erste in Anspruch nehmen.

4. Das Recht zur außerordentlichen Kündigung des Beitritts zu einem Immobilienfonds ist jedenfalls dann verwirkt, wenn der Anleger an dem Gesellschaftsverhältnis länger als ein Jahr nach Kenntniserlangung vom Kündigungsgrund festgehalten hat.


Oberlandesgericht Dresden des 8. Zivilsenats Beschluss

Aktenzeichen: 8 U 0498/01

vom 28.05.2001

In dem Rechtsstreit

wegen Rückgewähr eines Verbraucherdarlehens

hier: Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für den zweiten Rechtszug

hat der 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Dresden ohne mündliche Verhandlung durch

Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Häfner, Richterin am Landgericht Haller und Richter am Landgericht Kadenbach

beschlossen:

Tenor:

Der Antrag der Beklagten, ihr für den zweiten Rechtszug zur Durchführung der Berufung gegen das Urteil des Einzelrichters der 1. Zivilkammer des Landgerichts Dresden - Az: 1 O 4010/99 - vom 19.01.2001 Prozesskostenhilfe zu bewilligen, wird

abgelehnt.

Gründe:

Prozesskostenhilfe für den zweiten Rechtszug kann der Beklagten nicht bewilligt werden, da die von ihr eingelegte Berufung keine Aussicht auf Erfolg bietet (§§ 114, 119 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

I.

Durchgreifende Einwendungen gegen den vom Landgericht zuerkannten Anspruch auf Zahlung der Restschuld nach §§ 607 Abs. 1, 608 BGB bestehen nicht. Weder haftet die Klägerin aus Verschulden bei Vertragsschluss i.V.m. § 278 BGB für eine etwaige Pflichtverletzung des Anlagevermittlers bei der Beratung und Aufklärung über die Gefahren und Risiken des mit den aufgenommenen Darlehen finanzierten Beitrittes zu einem geschlossenen Immobilienfonds, noch können die Beklagten gemäß § 9 Abs. 3 und 4 VerbrKrG die Rückzahlung des Darlehens unter Berufung auf angebliche Einwendungen aus dem Beitrittsvertrag mit der Immobilien-Fonds KG, Objekt (im Folgenden Fondsgesellschaft genannt) verweigern.

1. Der Beklagten steht kein unmittelbar gegen die Klägerin gerichteter Schadensersatzanspruch auf Freihaltung von den über die gezogenen Vermögensvorteile hinausgehenden Verpflichtungen aus den Darlehensverträgen zu.

a) Nach ständiger Rechtsprechung des BGH (vgl. zuletzt BGH, ZIP 2000, 1051 unter II.1.; ZIP 2000, 1430 unter II.1.a), der sich der Senat (vgl. Beschluss vom 21.02.2001, Az: 8 U 2893/00 [unveröffentlicht]) angeschlossen hat, ist eine finanzierende Bank grundsätzlich nicht verpflichtet, einen Darlehensnehmer über die Gefahren und Risiken der Verwendung eines Darlehens aufzuklären und vor dem Vertragsschluss zu warnen, weil sie regelmäßig davon ausgehen darf, dass dieser selbst über die notwendigen Kenntnisse und Erfahrungen verfügt oder sich zumindest der Hilfe von Fachleuten bedient hat. Verpflichtungen von Anlagevermittlern, die gleichzeitig den Darlehensvertrag anbahnen, werden der Bank nur insoweit zugerechnet, als sie sich auf deren Wirkungs- und Pflichtenkreis, also auf das Darlehensgeschäft beziehen (vgl. BGH, ZIP 2000, 1430 unter II.1.c m.w.N.). Eine fehlerhafte Beratung und Aufklärung in Bezug auf die Darlehensverträge vom 19.08.1994/30.09.1994 vermag der Senat auf der Grundlage des Beklagtenvortrages nicht festzustellen.

b) Aufklärungspflichten in Bezug auf das zu finanzierende Geschäft treffen die Banken nur ausnahmsweise. Der Bundesgerichtshof (WM 1988, 895, 898; WM 1990, 920, 922; WM 1992, 901, 902; WM 1992, 977; WM 1999, 678, 679, jeweils m.w.N.) hat dazu vier Fallgruppen entwikkelt. Danach bestehen solche Aufklärungspflichten, wenn die Bank

- in Bezug auf spezielle Risiken des Vorhabens einen konkreten Wissensvorsprung vor dem Darlehensnehmer hat;

- im Zusammenhang mit der Planung, der Durchführung oder dem Vertrieb des Projektes über ihre Rolle als Kreditgeberin hinausgeht;

- einen zu den allgemeinen wirtschaftlichen Risiken des Objektes hinzutretenden besonderen Gefährdungstatbetand für den Kunden geschaffen oder das Entstehen eines solchen Gefährdungstatbestandes begünstigt hat;

- sich im Zusammenhang mit der Kreditgewährung in einem schwerwiegenden Interessenkonflikt befindet.

Entgegen einer in der Literatur vertretenen Auffassung (Fuellmich/Rieger, ZIP 1999, 465, 469 ff.) sind auch in jüngerer Zeit keine weiteren Fallgruppen hinzugetreten (vgl. OLG Braunschweig, WM 1998, 1223; OLG Hamm, WM 1999, 1056; OLG München, WM 2000, 130; OLG Stuttgart, WM 2000, 292; ferner BGH, ZIP 2000, 1051; ZIP 2000, 1430). Umstände, die wenigstens eine der vier anerkannten Fallgruppen ausfüllen, hat vorliegend die Beklagte lediglich in einem Punkt dargetan. Insoweit ist die Haftung der Klägerin allerdings durch den Schutzzweck der verletzten Pflicht auf den Schaden begrenzt, der der Beklagten durch die unzureichende Aufklärung entstanden ist.

aa) Ohne Relevanz ist der Vortrag der Beklagten zu einem angeblichen konkreten Wissensvorsprung der Klägerin in Bezug auf spezielle Risiken des Immobilienfonds Nr. 17, " " in D .

Der eine Bank zur Aufklärung verpflichtende Wissensvorsprung betrifft nicht die allgemeinen wirtschaftlichen Risiken des Projektes. Etwaige Erkenntnisse hinsichtlich Werthaltigkeit, Wertsteigerungspotenzial und Ertragsfähigkeit muss sie nicht offenbaren, da sie voraussetzen darf, dass der Darlehensnehmer wie jeder Anleger die dafür wesentlichen Umstände eigenverantwortlich bedacht und - erforderlichenfalls mit Hilfe von Fachleuten - überprüft hat (vgl. BGHZ 116, 209 = ZIP 1992, 166 unter II.2; BGH, ZIP 2000, 1051 unter II.2.a; OLG Köln, WM 2000, 127, 129; OLG Schleswig, WM 2000, 1381, 1385; OLG Stuttgart, WM 2000, 292, 296). Auch soweit der Wert der Immobilie den im Emissionsprospekt (Anlage K 4, GA 71 ff.; Anlage B 4, GA 149 ff.) angegebenen Preisen für den Kauf des Grundstückes sowie die Planung und schlüsselfertige Erstellung des zu errichtenden Bürogebäudes deshalb nicht entsprechen sollte, weil - wie die Beklagte behauptet - sich darin weitere Innenprovisionen verbargen, war die Klägerin zur Weitergabe eines entsprechenden Wissens an sie nicht verpflichtet. Dies wäre allenfalls dann anders zu beurteilen, wenn die Klägerin bei einem Vergleich von Preis und Wert des mit dem Kredit zu erwerbenden Geschäftsanteils von einer sittenwidrigen Übervorteilung der Beklagten durch deren Vertragspartner hätte ausgehen müssen. Das hätte allerdings vorausgesetzt, dass der Wert der Leistung der Beklagten als Anteilserwerberin knapp doppelt so hoch wie der Wert der Gegenleistung gewesen wäre, weil nur bei einem auffälligen Missverhältnis dieser Größenordnung eine Vermutung für das Vorliegen der subjektiven Tatbestandsmerkmale eines wucherähnlichen Geschäfts gilt (vgl. BGH, ZIP 2000, 1051 unter II.2.b m.w.N.), was hier auch nach dem Vortrag der Beklagten nicht der Fall war. Denn selbst wenn - wie die Beklagte behauptet - die Fondsgesellschaft entgegen den Angaben im Prospekt nicht 6 %, sondern bis zu 18 % an Vertriebsprovisionen für die Eigenkapitalvermittlung gezahlt haben sollte, hätte dies den Wert des von der Beklagten erworbenen Geschäftsanteils nicht um die Hälfte oder mehr vermindert.

Ohne Substanz bleibt der Vortrag der Beklagten, bereits bei Abschluss der streitgegenständlichen Darlehensverträge im Jahre 1994 habe die Fondsinitiatorin und -vertreiberin D -Bau Gesellschaft für Wohnungs- und Gewerbebau mbH (im Folgenden D -Bau GmbH genannt), die zugleich eine Miet-, Festpreis- und Vollplatzierungsgarantie übernommen hatte, "erhebliche wirtschaftliche Probleme" gehabt und der Klägerin wäre dies bekannt gewesen. Wie dem Senat aus einem weiteren, vormals bei ihm anhängigen Rechtsstreit bekannt ist, wurde im Jahre 1997 ein Antrag auf Eröffnung des Konkurses über das Vermögen der D -Bau GmbH gestellt. Der zeitliche Abstand zwischen den beiden Ereignissen ist zu groß, als dass der unmittelbar bevorstehende Eintritt eines Konkurstatbestandes bei der D -Bau GmbH - nur ein "wirtschaftliches Problem" dieses Ausmaßes könnte in Bezug auf diese Fallgruppe überhaupt relevant sein - und eine Kenntnis der Klägerin hiervon im maßgeblichen Zeitpunkt ihrer Entscheidung über die Annahme der Darlehensanträge am 30.09.1994 indiziert sein könnte. In Ansehung dieser Umstände hätte es der Beklagten, die als Darlehensnehmerin in Bezug auf die behauptete Pflichtverletzung der klagenden Bank darlegungs- und beweisbelastet ist (vgl. BGH, ZIP 2000, 1430 unter II.1.d m.w.N.) oblegen, Einzelheiten zu den angeblichen wirtschaftlichen Schwierigkeiten der D -Bau GmbH im Jahre 1994 darzulegen. Die von ihr insoweit bemühten Grundsätze der sekundären Behauptungslast können hier schon deshalb nicht zur Anwendung gelangen, weil die von der Beklagten vermuteten Tatsachen nicht der Sphäre der Klägerin, sondern der eines Dritten, namentlich der D -Bau GmbH, zuzuordnen sind. Die zu einer Konkretisierung ihres Vortrags erforderlichen Informationen hätte sich die anwaltlich vertretene Beklagte durch Einsichtnahme in die Akten des ihr bekannten Konkursverfahrens auch ohne weiteres beschaffen können.

bb) Zwar zeigt die Beklagte - insoweit wird auf das Urteil des Landgerichts (vgl. LGU 15) Bezug genommen - eine Reine von Umständen auf, die eine Beteiligung der Klägerin an Planung, Vertrieb und Durchführung des Immobilienfonds Nr. 17 " " in Dresden nahe legen. Grundlage und weitere Voraussetzung einer auf dem Überschreiten ihrer Rolle als Kreditgeber beruhenden Haftung der Bank ist aber das durch ein solches Verhalten bei den Anlegern hervorgerufene Vertrauen (vgl. BGH, WM 1992, 901, 905), so dass diese bei der Anlageentscheidung Kenntnis von der Beteiligung der Bank gehabt haben müssen. Daran fehlt es hier.

Die Beklagte hat, wie sie selbst mehrfach als Begründung für von ihr beantragte Schriftsatzverlängerungen anführt, erst im Laufe des Prozesses Kenntnis von der über die Finanzierung von Gesellschaftsbeitritten hinausgehenden Zusammenarbeit zwischen der Klägerin und den Fondsinitiatoren, der D -Bau GmbH und , erhalten. Auch der ihr durch den Anlagevermittler K übergebene Prospekt enthält keinen Hinweis auf eine die Rolle als Kreditgeber übersteigende Beteiligung der Klägerin. Und unabhängig davon, ob die "Anlage 1" zu den Darlehensverträgen (Anlagen K 1 und K 4, GA 15 und 21) eine rechtliche Relevanz in Bezug auf das Vertragsverhältnis zwischen den Parteien hat, war ihr Inhalt jedenfalls nicht geeignet, bei der Beklagten ein gesteigertes Vertrauen in den wirtschaftlichen Erfolg des Immobilienfonds Nr. 17 infolge einer Beteiligung der Klägerin hervorzurufen. Mithin können die diesbezüglichen Erwartungen der Beklagten, in denen sie sich nun getäuscht sieht, jedenfalls nicht durch die Klägerin geschürt worden sein.

cc) Zur Begründung eines schwerwiegenden Interessenkonfliktes genügte es nicht, dass die Klägerin den Anteilserwerb zahlreicher weiterer Kommanditisten finanziert und damit ein gesteigertes Interesse am wirtschaftlichen Erfolg des Immobilienfonds Nr. 17 hatte. Anderes könnte nur dann gelten, wenn eine größere Anzahl dieser Kommanditisten eine unzureichende Bonität gehabt und das damit verbundene besondere Risiko des Ausfalls der Forderungen aus den zugehörigen Darlehensverträgen auf die Beklagte hätte verlagert werden sollen. Solches ist weder vorgetragen noch ersichtlich.

dd) Allerdings hat die Klägerin einen besonderen Gefährdungstatbestand für die Beklagte dadurch geschaffen, dass sie sich eine auf dem Fondsgrundstück lastende Globalgrundschuld i.H.v. 1.536.000,00 DM hatte übertragen lassen, welche die Rückzahlung der Kredite zahlreicher weiterer Kommdanditisten sicherte. Aufgrund dessen hatte die Beklagte, worauf sie und das Landgericht zu Recht hinweisen, mit ihrer Fondsbeteiligung mittelbar auch für die Rückzahlung dieser Kredite einzustehen. Über diesen Umstand hätte die Klägerin aufklären müssen, wozu der in den Darlehensformularen unter "Ziff. 3 Sicherheiten" enthaltene Hinweis auf "Grundschulden gemäß Zweckerklärung vom 08.11.1993" schon deshalb nicht genügte, weil der Emissionsprospekt diese Zweckerklärung nicht einmal erwähnt. Die Klägerin behauptet selbst nicht, dass der im Rahmen der Anbahnung des Darlehensvertrages als ihr Erfüllungsgehilfe tätige Anlagevermittler R. K. im Rahmen der Vertragsverhandlungen der Beklagten die Zweckerklärung zur Einsichtnahme vorgelegt und ihr die Bedeutung derselben erläutert hätte.

Die aus dieser Pflichtverletzung folgende Haftung der Klägerin führt allerdings nicht zu einem Anspruch der Beklagten auf Ersatz aller auf der Pflichtverletzung kausal beruhenden Schäden. Denn anders als Initiatoren, Anlageberater und Treuhänder bei Bauherren- und Erwerbermodellen schuldet die Bank als Kreditgeberin dem Anlageinteressenten Beratung und Aufklärung nur hinsichtlich einer oder mehrerer bestimmter für das Vorhaben bedeutsamer Einzelpunkte (vgl. BGHZ 116, 209 = ZIP 1992, 166 unter Ziff. III.4.). Nach dem Schutzzweck der Norm braucht er grundsäztlich nur für diejenigen Risiken einzustehen, für deren Einschätzung die unterlassene Aufklärung maßgebend war. Wird der Zustand hergestellt, auf dessen Bestehen der Geschädigte vertraut hat, so ist das Risiko, das durch die unzureichende Aufklärung vermieden werden sollte, ausgeräumt und seinem Vertrauen auf die Richtigkeit und Vollständigkeit der ihm erteilten Aufkünfte in vollem Umfang Rechnung getragen. Daher bildet das Garantieinteresse des Auskunftnehmers die Grenze der Haftung des Auskunftgebers (vgl. BGH, a.a.O.). Demzufolge beschränkt sich vorliegend der Ersatzanspruch der Beklagten darauf, dass es die Klägerin zu unterlassen hat, von der ihr eingeräumten Grundschuld als Sicherungsmittel für die an andere Kommanditisten ausgereichten Darlehen Gebrauch zu machen, falls diese ihren Verpflichtungen zur Darlehensrückzahlung nicht nachkommen. Für weitere Schäden der Beklagten im Zusammenhang mit dem Beitritt zu der Fondsgesellschaft hat die Klägerin dagegen nicht einzustehen.

2. Es kann dahinstehen, ob es sich bei den streitgegenständlichen Darlehensverträgen um Realkredite i.S.v. § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG handelt, der u.a. die Anwendbarkeit der §§ 9 und 12 VerbrKrG ausschließt, ferner ob § 9 Abs. 4 (i.V.m. Abs. 3 und 1) VerbrKrG auf den Beitrittsvertrag zu einem geschlossenen Immobilienfonds überhaupt Anwendung findet (bejahend MüKo-Habersack, BGB, 3. Aufl., § 9 VerbrKrG, Rdn. 15 ff.; Ott, in: Bruchner/Ott/Wagner-Wieduwilt, VerbrKrG, 2. Aufl., § 9 Rdn. 188; von Heymann, NJW 1999, 1577, 1581; OLG Karlsruhe, NJW-RR 1999, 124, 125; offen lassend BGH, ZIP 2000, 1430 unter III.) und ob die vorgetragenen Umstände der Vertragsanbahnung im Sommer 1994 die tatbestandlichen Voraussetzungen eines verbundenen Geschäftes i.S.v. § 9 Abs. 1 VerbrKrG ausfüllen. Denn das weitere Vorbringen der Beklagten lässt Gründe nicht erkennen, die einen Einwendungsdurchgriff nach § 9 Abs. 3 Satz 1 VerbrKrG ermöglichten.

a) Nach den für die fehlerhafte Gesellschaft und den fehlerhaften Beitritt zu einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts entwickelten Grundsätzen führt ein Mangel in der Gründung oder im Beitritt nicht zur anfänglichen Unwirksamkeit, vielmehr ist der Gesellschafts- bzw. Beitrittsvertrag wegen des Nichtigkeits- oder Anfechtungsgrundes nur mit Wirkung für die Zukunft vernichtbar (vgl. BGH, WM 1992, 490, 491 m.w.N.). Hat der Beitretende Beiträge geleistet oder gesellschaftsvertragliche Rechte ausgeübt, so kann er einen auf Rückgewähr der Einlage gerichteten Schadensersatzanspruch aus vorvertraglichem Verschulden gegen die Gesellschaft erst und nur dann durchsetzen, wenn er von seiner Befugnis zur außerordentlichen Kündigung des Beitrittsvertrages Gebrauch gemacht hat (vgl. BGH, WM 1993, 1277, 1279). Solange dies nicht geschehen ist, kann der Darlehensnehmer, der den Erwerb seines Gesellschaftsanteiles mittels eines verbundenen Kreditvertrages finanziert hat, auch nicht gemäß § 9 Abs. 3 und 4 VerbrKrG die Rückzahlung des Darlehens unter Berufung auf den fehlerhaften Beitritt verweigern (vgl. BGH, ZIP 2000, 1430 unter III.2.).

Dass vorliegend die Beklagte ihre Einlage erbracht hat, ihr Beitritt zu der Fondsgesellschaft also vollzogen ist, ist zwischen den Parteien unstreitig. Gleiches gilt bezüglich der erst im Laufe des Rechtsstreites mit Schreiben vom 02.10.2000 und 12.10.2000 (Anlagen B 1c, B 4c und B 5c, GA 430, 433 f.) gegenüber der Fondsgesellschaft ausgesprochenen fristlosen Kündigung des Beitritts.

b) Diese Kündigung hat allerdings einen auf Rückgewähr der Einlage gerichteten Schadensersatzanspruch der Beklagten gegen die Fondsgesellschaft nicht ausgelöst.

aa) Denn zum einen ist nach gefestigter Rechtsprechung die Täuschung eines Gesellschafters durch den Initiator im Zusammenhang mit dem Gesellschaftsbeitritt jedenfalls bei Publikumsgesellschaften den Gesellschaftern nicht zurechenbar und führt daher nicht zu einem Schadensersatzanspruch aus Verschulden bei Vertragsverhandlungen gegen die Gesellschaft. Dies gilt selbst dann, wenn der täuschende Mitgesellschafter vertretungsberechtigt war (vgl. BGHZ 26, 330; BGHZ 63, 338, 347 f; BGH, NJW 1973, 1604; BGH, NJW 1976, 894; OLG Hamm, NJW 1978, 225; OLG Celle, ZIP 1999, 1128, 1131; OLG München, ZIP 2000, 2295, 2302; OLG Stuttgart, ZIP 2001, 692, 697).

Bei rein kapitalistisch organisierten Gesellschaftsbeteiligungen hat der einzelne Gesellschafter auf die Beitrittsverträge neuer Gesellschafter keinerlei Einwirkungsmöglichkeiten und die Gesellschaft tritt demgemäß dem Beitrittswilligen gegenüber überhaupt nicht in Erscheinung. Dieser bringt daher regelmäßig nur dem die Verhandlung führenden Vertreter der Gesellschafter, nicht aber den Gesellschaftern oder der Gesellschaft Vertrauen entgegen. Des Weiteren würde ein Schadensersatzanspruch gegen die Gesellschaft wirtschaftlich die Mitgesellschafter des getäuschten Gesellschafters treffen, von denen, wie in Fällen der vorliegenden Art, ein großer Teil oder gar sämtliche Anleger mit denselben falschen Versprechungen geworben wurden. Sie befinden sich als ebenfalls getäuschte Kapitalanleger in derselben Situation wie der kündigende bzw. anfechtende Gesellschafter, was sie zu einer "Schicksalsgemeinschaft" verbindet. Aus diesen Gründen kann der Gesellschaft der Einwand der arglistigen Täuschung nicht entgegen gehalten werden und haftet ausschließlich der Vertreter, der sie verübt hat (vgl. zum Ganzen OLG Stuttgart, ZIP 2001, 692, 697 m.w.N.).

bb) Zum anderen dürfte ein - nach Aufassung des Senats schon nicht gegebenes - Kündigungsrecht der Beklagten im Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung am 02.10.2000 verwirkt gewesen sein.

Dem Recht zur außerordentlichen Kündigung liegt der Gedanke zugrunde, dass es dem Gesellschafter, der auszuscheiden beabsichtigt, nicht zuzumuten ist, die Gesellschaft mit den übrigen Gesellschaftern fortzusetzen. Dazu steht es in Widerspruch, wenn jener zunächst noch längere Zeit an dem Gesellschaftsverhältnis festhält, nachdem er von dem Kündigungsgrund Kenntnis erlangt hat. Dementsprechend verwirkt der Gesellschafter nach einer gewissen Zeit sein Recht zur außerordentlichen Kündigung (vgl. BGH, NJW 1966, 2160; BGH, WM 1965, 976; OLG München, ZIP 2000, 2295, 2301; OLG Stuttgart, ZIP 2001, 692, 698). Zieht man als Wertungsmaßstab insoweit die für die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung geltende einjährige Frist des § 124 BGB heran, so erweist sich die von der Beklagten mit Schreiben vom 02.10.2000 ausgesprochene Kündigung als verspätet. Denn bereits mehr als ein Jahr früher hatte die Beklagte die angebliche Unrichtigkeit der Prospektangaben entdeckt, wie aus dem vorprozessualen Anwaltsschreiben ihres jetzigen Prozessbevollmächtigten vom 20.05.1999 (Anlage K 13, GA 68 f.) hervorgeht.

c) Nach allem könnte auch der Einwendungsdurchgriff nach § 9 Abs. 3 VerbrKrG, sofern der Anwendungsbereich dieser Vorschrift eröffnet wäre, den Klageanspruch nicht zu Fall bringen.

3. Soweit schließlich die Anwendbarkeit des § 12 Abs. 1 VerbrKrG in Frage steht, kann ebenfalls dahingestellt bleiben, ob es sich bei den streitgegenständlichen Darlehensverträgen um Realkredite i.S.d. § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG handelt. Die Klägerin hat nämlich im Laufe des Rechtsstreits vorsorglich das in § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 VerbrKrG vorgeschriebene Kündigungsverfahren nachgeholt, wobei ein qualifizierter Zahlungsrückstand nach § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VerbrKrG gegeben war.

II.

Die Entscheidung im Verfahren über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet (§ 118 Abs. 1 Satz 4 ZPO).

Ende der Entscheidung

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