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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Dresden
Beschluss verkündet am 31.01.2000
Aktenzeichen: 8 W 1377/99
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 91 a Abs. 1
ZPO § 696 Abs. 3
§§ 91 a Abs. 1, 696 Abs. 3 ZPO

1. Gewährt der Gläubiger dem Bürgen ein Darlehen, mit dem die bestehende Bürgschaftsforderung abgelöst werden soll, so ist jener in der Zeit bis zur Valutierung aufgrund eines im Darlehensvertrag enthaltenen konkludenten Stillhalteabkommens (pactum de non petendo) an der klageweisen Geltendmachung der Bürgschaftsforderung gehindert. Der Abschluss eines solchen Stillhalteabkommens lässt eine bereits erhobene Bürgschaftsklage derzeit unbegründet werden und erledigt den Rechtsstreit in der Hauptsache.

2. Die eine alsbaldige Abgabe der Streitsache an das Prozessgericht voraussetzende Rückwirkungsfiktion des § 696 Abs. 3 ZPO kann grundsätzlich nur eintreten, wenn der Kläger binnen zwei Wochen nach Zugang einer entsprechenden gerichtlichen Aufforderung die Durchführung des streitigen Verfahrens beantragt und den Gerichtskostenvorschuss einzahlt (Anschluss an BGH, NJW 1986, 1347; KG, VersR 1994, 922).

3. Ist dem Rechtsstreit ein Mahnverfahren vorausgegangen und findet die Rückwirkungsfiktion des § 696 Abs. 3 ZPO mangels alsbaldiger Abgabe der Streitsache keine Anwendung, so tritt die Rechtshängigkeit mit Eingang der Akten beim Prozessgericht ein.

4. Sofern dem Rechtsstreit ein Mahnverfahren vorausgegangen ist, kommt es für die bei der Kostenentscheidung nach § 93 ZPO erforderliche Beurteilung, ob der Beklagte nicht durch sein Verhalten Anlass zur Klageerhebung gegeben hat, auf den Zeitraum vor Einreichung des Antrags auf Durchführung des streitigen Verfahrens an.

5. Im Rahmen der Ermessensentscheidung nach § 91 a Abs. 1 ZPO ist der den Kostenbestimmungen der §§ 95, 96, 97 Abs. 2, 281 Abs. 3 Satz 2, 344 ZPO zugrunde liegende allgemeine Rechtsgedanke zu berücksichtigen, dass eine Partei trotz Obsiegens diejenigen Kosten des Rechtsstreits tragen muss, welche sie durch unsachgemäße Prozessführung veranlasst hat.


OLG Dresden, 8. Zivilsenat

Beschluss vom 31. Januar 2000, Az.: 8 W 1377/99

Aktenzeichen: 8 W 1377/99 11 O 9757/98 LG Leipzig

Beschluss

des 8. Zivilsenats

vom 31.01.2000

In dem Rechtsstreit

bank und bank eG, vertr. d.d. Vorstand und , ,

- Klägerin / Beschwerdegegnerin -

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte & Partner, ,

gegen

S , ,

- Beklagter / Beschwerdeführer -

Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt , ,

wegen Bürgschaftsforderung;

hier: Beschwerde gegen Kostenentscheidung

hat der 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Dresden ohne mündliche Verhandlung durch Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Häfner, Richter am Amtsgericht Bokern und Richter am Landgericht Kadenbach

beschlossen:

Tenor:

1. Auf die sofortige Beschwerde des Beklagten wird der Beschluss der Einzelrichterin der 11. Zivilkammer des Landgerichts Leipzig - Az: 11 O 9757/98 - vom 05.07.1999 teilweise

abgeändert

und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Die Klägerin trägt 7/10 der außergerichtlichen Kosten des Beklagten, im Übrigen fallen die Kosten des Rechtsstreits dem Beklagten zur Last.

Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.

2. Von den Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Klägerin 2/9, der Beklagte 7/9.

3. Der Wert des Beschwerdeverfahrens beträgt 5.927,00 DM.

Gründe:

Die gem. §§ 91 a Abs. 2, 577, 567 ff. ZPO zulässige sofortige Beschwerde hat teilweise Erfolg.

I.

Auf Antrag der Klägerin erließ das Amtsgericht Borna am 08.09.1998 einen Mahnbescheid über eine Bürgschaftsforderung i.H.v. 75.000,00 DM nebst Zinsen und Kosten, der dem Beklagten am 10.09.1998 zugestellt wurde. Nachdem dessen Prozessbevollmächtigter am 18.09.1998 Widerspruch eingelegt hatte, wurde die Klägerin mit Schreiben vom 21.09.1998 durch das Amtsgericht Borna aufgefordert, den Gerichtskostenvorschuss zur Durchführung des streitigen Verfahrens einzuzahlen. Sie tat dies am 19.10.1998 und ließ über ihre damaligen Prozessbevollmächtigten am 28.10.1998 die Durchführung des streitigen Verfahrens beantragen. Daraufhin wurden die Prozessakten dem Landgericht übersandt, wo sie am 04.11.1998 eingingen. Dort reichte die Klägerin am 09.12.1998 die Anspruchsbegründung ein, die dem bereits im Mahnverfahren tätigen Prozessbevollmächtigten des Beklagten am 17.12.1998 zugestellt wurde.

Unterdessen führte die Klägerin mit dem Beklagten und seiner Ehefrau außergerichtlich Verhandlungen über eine Umschuldung ihr gegenüber bestehender Verbindlichkeiten, zu denen auch die streitgegenständliche Bürgschaftsforderung gehörte. Mit außergerichtlichem Schreiben vom 11.12.1998 übersandte die Klägerin dem Beklagten und seiner Ehefrau das vorbereitete Formular eines Darlehensvertrages, das von beiden Seiten am 14.12.1998 unterzeichnet wurde. Voraussetzung für die Auszahlung des Darlehens war die Bestellung von (weiteren) Sicherheiten, die am 19.02.1999 abgeschlossen war. Am selben Tage verrechnete die Klägerin den Kreditbetrag mit ihren ausstehenden Forderungen. Mit Schriftsatz vom 23.02.1999, beim Landgericht eingegangen am selben Tag, erklärte die Klägerin den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt. Der Beklagte schloss sich dem mit Schriftsatz vom 06.05.1999 unter Verwahrung gegen die Kostenlast an.

Das Landgericht hat die Kosten des Rechtsstreites im Wege eines Beschlusses nach § 91 a ZPO dem Beklagten auferlegt. Zur Begründung ist ausgeführt, der Klägerin habe die geltend gemachte Bürgschaftsforderung ursprünglich zugestanden. Das erledigende Ereignis sei nach Rechtshängigkeit eingetreten, wobei dahingestellt bleiben könne, ob dieses im Abschluss des Darlehensvertrages am 14.12.1998 oder in der Auszahlung des Kreditbetrages am 19.02.1999 zu sehen sei. Denn wegen der Rückwirkungsfiktion des § 696 Abs. 3 ZPO sei die Rechtshängigkeit bereits mit Zustellung des Mahnbescheides am 10.09.1998 eingetreten. Die Einreichung der Anspruchsbegründung am 09.12.1998 sei auch nicht als mutwillig anzusehen, da deren alsbaldige Zustellung erforderlich gewesen sei, um die Wirkung des § 696 Abs. 3 ZPO herbeizuführen.

Gegen diese Entscheidung wendet sich der Beklagte mit der sofortigen Beschwerde. Er beanstandet, das Landgericht habe den durch die Unterbreitung eines Darlehensangebotes am 11.12.1998 von der Klägerin geschaffenen Vertrauenstatbestand nicht ausreichend gewürdigt, der die nahezu gleichzeitige Einreichung einer Zahlungsklage als mutwillig erscheinen lasse. Zumindest aber sei die Klägerin aus Gründen der Kostenersparnis gehalten gewesen, nach Abschluss des Darlehensvertrages am 14.12.1998 die Klage noch vor Zustellung der Anspruchsbegründung zurückzunehmen.

II.

Zutreffender Weise hat das Landgericht aufgrund der übereinstimmenden Erledigungserklärungen der Parteien die Bestimmung des § 91 a Abs. 1 ZPO zum Ausgangspunkt seiner Entscheidung gemacht, wonach (nur noch) über die Kosten des Rechtsstreits unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen zu befinden ist. Die Dispositionsmaxime gestattet den Parteien die Herbeiführung einer solchen Prozessbeendigung ohne Rücksicht darauf, ob tatsächlich ein erledigendes Ereignis vorliegt und wann dieses ggf. eingetreten ist (vgl. BGHZ 21, 298; 83, 12, 14; OLG Köln, NJW-RR 1996, 1023; OLG Celle, NJW-RR 1994, 1276; Thomas/Putzo, ZPO, 22. Aufl., § 91 a Rdn. 22; Stein/Jonas/Bork, ZPO, 21. Aufl., § 91 a Rdn. 10; Zöller/Vollkommer, ZPO, 21. Aufl., § 91 a Rdn. 12, 16 m.w.N.; a.A. Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 58. Aufl.; § 91 a Rdn. 23 ff., 68 f.). Maßgeblich für die Kostenentscheidung nach § 91 a Abs. 1 ZPO ist - auch dies hat das Landgericht erkannt - der ohne Eintritt des (tatsächlich oder vermeintlich) erledigenden Ereignisses zu erwartende Verfahrensausgang mit den sich aus den §§ 91 ff. ZPO ergebenden Kostenerstattungspflichten (vgl. Zöller/Vollkommer a.a.O, § 91 a Rdn. 24 m.w.N.; Thomas/Putzo a.a.O., § 91 a Rdn. 48; Münchener Kommentar zur ZPO/Lindacher, § 91 a Rdn. 43, jeweils m.w.N.). Diese treffen allerdings - insoweit bedarf die angefochtene Entscheidung der Korrektur - unter den hier gegebenen Umständen zum Teil auch die Klägerin.

1. In entsprechender Anwendung von § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO hat grundsätzlich diejenige Partei die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, die ohne den Eintritt des erledigenden Ereignisses voraussichtlich unterlegen wäre. Die insoweit anzustellende Prozessprognose fällt hier zum Nachteil des Beklagten aus.

a) Erledigendes Ereignis ist ein tatsächliches Geschehen, das eine zulässige und begründete Klage nachträglich gegenstandslos macht (BGHZ 83, 12, 13 = NJW 1982, 1598; NJW 1986, 588, 589; NJW 1992, 2235, 2236). Vorliegend stand der Klägerin - insoweit hat der Beklagte der schlüssigen Anspruchsbegründung vom 09.12.1998 erhebliches Verteidigungsvorbringen nicht entgegengesetzt - ursprünglich eine fällige und einredefreie Bürgschaftsforderung gegen den Beklagten zu.

Gegenstandslos wurde die darauf gerichtete Leistungsklage durch den am 14.12.1998 von den Parteien abgeschlossenen Darlehensvertrag. Zwar ist der Klägerin darin beizupflichten, dass ihr Klageanspruch erst durch Verrechnung der gegenseitigen Forderungen bei Auszahlung des Kreditbetrages am 19.02.1998 erfüllt wurde (§ 362 BGB). Jedoch beinhaltete der Darlehensvertrag vom 14.12.1998 ein konkludentes Stillhalteabkommen (pactum de non petendo), welches gegeben ist, wenn sich der Wille der Parteien eines bestehenden Schuldverhältnisses darauf richtet, dem Schuldner ein vorübergehendes Leistungsverweigerungsrecht einzuräumen (BGH, NJW 1983, 2496, 2497; 1998, 2274, 2277). Nicht anders aber konnte der Beklagte die Gewährung eines Darlehens, mit dem nach dem Willen der Vertragsparteien (unter anderem) die Bürgschaftsforderung abgelöst werden sollte, verstehen. Diesem Vertragszweck entsprechend durfte der Beklagte erwarten, dass die Klägerin den Anspruch aus der Bürgschaft erst und nur dann weiter verfolgen würde, wenn es ihm in absehbarer Zeit nicht gelänge, die vereinbarten Sicherheiten zu bestellen und dadurch die Voraussetzungen für die Auszahlung zu schaffen.

Entgegen der Auffassung der Klägerin befand sich der das Stillhalteabkommen beinhaltende Darlehensvertrag auch nicht gem. § 7 Abs. 1 VerbrKrG bis zum 21.12.1998 im Zustand schwebender Unwirksamkeit. Diese Vorschrift konnte schon deshalb keine Anwendung finden, weil es sich bei dem aufgenommenen Darlehen um einen Realkredit handelte (§ 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG). Auch wenn man die dem Beklagten und seiner Ehefrau gleichwohl erteilte Widerrufsbelehrung möglicherweise als Einräumung eines vertraglichen Rücktrittsrechts auslegen kann, so berührte ein solches die Pflichten der Klägerin bis zum Ablauf der Erklärungsfrist jedenfalls nicht. Nach allem hätte die Klage ab dem 14.12.1998 als (derzeit) unbegründet abgewiesen werden müssen.

b) Bei einseitiger Erledigungserklärung setzen die Feststellung der Erledigung und der daran anknüpfende, unmittelbar aus § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO folgende Kostenerstattungsanspruch des Klägers nach überwiegender Ansicht voraus, dass das erledigende Ereignis nach Begründung der Rechtshängigkeit eintritt (so BGHZ 83, 12, 14; 127, 156, 163; NJW 1990, 1905, 1906; Stein/Jonas/Bork a.a.O., § 91 a Rdn. 11, 38; Thomas/Putzo a.a.O, § 91 a Rdn. 35 f.; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann a.a.O., § 91 a Rdn. 23 ff.; a.A. Münchener Kommentar zur ZPO/Lindacher, § 91 a Rdn. 75; Zöller/Vollkommer a.a.O., § 91 a Rdn. 41 f. m.w.N.). Obwohl das Gericht bei übereinstimmender Erledigungserklärung (§ 91 a ZPO) - wie bereits ausgeführt - Eintritt und Zeitpunkt der Erledigung nicht prüfen muss, wird vereinzelt gefordert, dass ein Kostenerstattungsanspruch des Klägers entsprechend § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO ebenfalls nur dann besteht, wenn das erledigende Ereignis der Rechtshängigkeit nachfolgt (so OLG Celle, NJW-RR 1994, 1276; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann a.a.O., § 91 a Rdn. 23 ff., 68 f., 106; a.A. OLG Köln, JurBüro 1989, 217; Thomas/Putzo a.a.O., § 91 a Rdn. 48; Zöller/Vollkommer a.a.O., § 91 a Rdn. 40, 16 m.w.N.). Es mag dahingestellt bleiben, ob - wovon das Landgericht offensichtlich ausgeht - dieser Auffassung zu folgen ist. Denn vorliegend wurde die Rechtshängigkeit vor dem Abschluss des Darlehensvertrages (Stillhalteabkommens) vom 14.12.1998 begründet.

aa) Dies ergibt sich allerdings nicht aus § 696 Abs. 3 ZPO, wonach bei vorangegangenem Mahnverfahren die Rechtshängigkeit auf den Zeitpunkt der Zustellung des Mahnbescheids zurückwirkt, wenn die Streitsache alsbald nach Einlegung des Widerspruchs an das Prozessgericht abgegeben wird. Denn nach Zustellung des Mahnbescheides am 10.09.1998 und Einlegung des Widerspruchs am 18.09.1998 wurde die Streitsache nicht alsbald an das Landgericht abgegeben. An einer alsbaldigen Abgabe i.S.v. § 696 Abs. 3 ZPO - sie steht insoweit der "demnächst" bewirkten Zustellung i.S.d. §§ 693 Abs. 2, 270 Abs. 3 ZPO gleich (vgl. BGH, NJW 1988, 1980, 1982; KG, MDR 1998, 618, 619) - fehlt es, wenn der Kläger durch nachlässiges Verhalten zu einer nicht nur ganz geringfügigen Verzögerung der Zustellung bzw. Abgabe beigetragen hat (vgl. Zöller/Greger a.a.O., § 270 Rdn. 7). Dies ist u.a. dann der Fall, wenn er den Gerichtskostenvorschuss nicht unverzüglich, in der Regel binnen zwei Wochen, einzahlt (vgl. BGH, NJW 1986, 1347, 1348; KG, VersR 1994, 922). Vorliegend hat die Klägerin auf die entsprechende Anforderung des Amtsgerichts Borna vom 21.09.1998 den Gerichtskostenvorschuss erst am 19.10.1998 eingezahlt. Den Antrag auf Durchführung des streitigen Verfahrens hat sie gar erst am 28.10.1998 gestellt. Gründe, die geeignet wären, ihr zögerliches Betreiben der Abgabe an das Landgericht zu entschuldigen, sind weder dargetan noch ersichtlich.

Der Vollständigkeit halber ist in diesem Zusammenhang anzumerken, dass der Zeitpunkt der Zustellung der Anspruchsbegründung für den rückwirkenden Eintritt der Rechtshängigkeit nach § 696 Abs. 3 ZPO ohne Belang ist. Die gegenteilige Auffassung des Landgerichts findet auch in der von ihm angegebenen Fundstelle (Thomas/Putzo a.a.O., § 696 Rdn. 12) keinen Beleg.

bb) Es ist umstritten, zu welchem Zeitpunkt die Rechtshängigkeit eintritt, wenn die Rückwirkungsfiktion des § 696 Abs. 3 ZPO nicht eingreift.

Ein Teil der Literatur (Zinke, NJW 1983, 1081, 1083 f.; Münchener Kommentar zur ZPO/Holch, vor § 688 Rdn. 40 f.; § 696 Rdn. 22; Stein/Jonas/Schlosser a.a.O., § 696 Rdn. 7) und der Obergerichte (vgl. OLG Frankfurt, NJW-RR 1992, 447; OLG Koblenz, OLGZ 1991, 373 ff.) stellt insoweit auf die Zustellung der Anspruchsbegründung - hier bewirkt am 17.12.1998 - ab. Nach anderer Ansicht soll es auf die - hier nicht vollzogene - Mitteilung der Abgabeverfügung des Mahngerichts (vgl. OLG München, MDR 1980, 501) oder auf die Mitteilung der ersten prozessleitenden Maßnahme des Prozessgerichts - hier die am 09.11.1998 per einfachen Brief zur Post gegebene Aufforderung zur Anspruchsbegründung - ankommen (vgl. OLG Köln, MDR 1985, 680; OLG Karlsruhe, FamRZ 1991, 91; Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, 15. Aufl., § 164 III. 5. d). Schließlich wird das Datum des Akteneingangs beim Prozessgericht - hier der 04.11.1998 - für maßgeblich gehalten (vgl. OLG Düsseldorf, OLGR 1993, 249; OLG Frankfurt, NJW-RR 1996, 1403; KG, MDR 1998, 618 und 735; Zöller/Vollkommer a.a.O., § 696 Rdn. 5; Thomas/Putzo a.a.O, § 696 Rdn. 13; Waldner, MDR 1981, 460 f.; Müther, MDR 1998, 619, 620).

Der Senat (Urteil vom 05.05.1999 - Az.: 8 U 2978/98 [unveröffentlicht]) ist der letzgenannten Auffassung beigetreten und hält daran fest. Der Zeitpunkt des Eingangs der Akten beim Prozessgericht ist - mehr noch als der des Zugangs der zuweilen formlosen Mitteilung über die erste prozessleitende Maßnahme - in der Regel zuverlässig feststellbar. Auf die Mitteilung der Abgabeverfügung des Mahngerichts kann es schon deshalb nicht ankommen, weil sie vor Eingang der Akten beim Prozessgericht und damit gem. § 696 Abs. 1 Satz 4 ZPO noch vor Anhängigkeit zugehen könnte (vgl. Zöller/Vollkommer a.a.O.). Schließlich erfüllt die Zustellung der Anspruchsbegründung nicht die gleiche Funktion wie die der Klageschrift, so dass für eine analoge Anwendung der §§ 261 Abs. 1, 253 Abs. 1 ZPO kein Raum ist. Der Beklagte ist bereits durch die Zustellung des Mahnbescheids davon unterrichtet, dass gegen ihn ein zivilgerichtliches Verfahren eingeleitet ist (vgl. Zöller/Vollkommer a.a.O.). Dementsprechend kann er unter den Voraussetzungen des § 697 Abs. 3 ZPO ein klageabweisendes Urteil erwirken, ohne dass es überhaupt einer Anspruchsbegründung bedarf.

cc) Kommt es hiernach entscheidend auf den Eingang der Akten beim Prozessgericht an, so trat vorliegend die Rechtshängigkeit am 04.11.1998 und damit vor dem erledigenden Ereignis (14.12.1998) ein.

2. Gem. § 93 ZPO fallen dem Kläger trotz Obsiegens die Prozesskosten zur Last, wenn der Beklagte nicht durch sein Verhalten Anlass zur Klageerhebung gegeben hat und den Anspruch sofort anerkennt. Diese Vorschrift findet im Rahmen von § 91 a ZPO ebenfalls entsprechende Anwendung (vgl. OLG Karlsruhe, NJW-RR 1990, 978; OLG München, NJW-RR 1992, 731; OLG Düsseldorf, NJW-RR 1996, 905; OLG Koblenz, JurBüro 1993, 560; Zöller/Vollkommer a.a.O., § 91 a Rdn. 24; Thomas/Putzo a.a.O., § 91 a Rdn. 48). Der Beklagte vermag sich vorliegend allerdings nicht mit Erfolg auf sie zu berufen.

Veranlassung zur Klageerhebung hat der Beklagte gegeben, wenn er sich vor Prozessbeginn so verhielt, dass der Kläger annehmen musste, er werde ohne Klage nicht zu seinem Recht kommen (vgl. Thomas/Putzo a.a.O., § 93 Rdn. 4; Zöller/Herget a.a.O., § 93 Rdn. 3 m.w.N.). Dies trifft - darin ist dem Beklagten beizupflichten - sicherlich nicht auf die Situation bei Einreichung der Anspruchsbegründung am 09.12.1998 zu, als die Parteien kurz vor dem erfolgreichen Abschluss ihrer Vergleichsverhandlungen standen. Begonnen hatte der Prozess jedoch schon wesentlich früher, denn er wurde eingeleitet durch den am 28.10.1998 eingereichten Antrag auf Durchführung des streitigen Verfahrens. Daraufhin gab das Amtsgericht Borna die Streitsache an das Landgericht ab, wo die Prozessakten am 04.11.1998 eingingen. Dadurch - und nicht durch das Einreichen der Anspruchsbegründung - wurde gem. § 696 Abs. 1 Satz 4 ZPO die Anhängigkeit und - wie dargelegt - auch die Rechtshängigkeit begründet.

Zu dem Antrag auf Durchführung des streitigen Verfahrens bestand auch Anlass, nachdem der Beklagte auf eine außergerichtliche Mahnung und auf den Mahnbescheid vom 28.09.1998 keine Zahlungen geleistet hatte und die Klägerin daher davon ausgehen musste, er wolle und werde seinen Verpflichtungen als Bürge nicht nachkommen. Dass der Beklagte, der bezüglich der Voraussetzungen des § 93 ZPO darlegungs- und beweisbelastet ist (vgl. OLG Frankfurt, NJW-RR 1996, 62; OLG Hamm, ZIP 1996, 718), der Klägerin bereits zu diesem Zeitpunkt wenigstens ein ernstliches Vergleichsangebot unterbreitet hätte, ist weder vorgetragen noch ersichtlich.

3. Den Kostenbestimmungen der §§ 95, 96, 97 Abs. 2, 281 Abs. 3 Satz 2, 344 ZPO liegt der allgemeine Rechtsgedanke zugrunde, dass eine Partei trotz Obsiegens diejenigen Kosten des Rechtsstreits tragen muss, welche sie durch unsachgemäße Prozessführung veranlasst hat. Diesem Gesichtspunkt ist bei der Ermessensentscheidung nach § 91 a Abs. 1 ZPO ebenfalls Rechnung zu tragen. So hat der Kläger bei verspäteter Abgabe der Erledigungserklärung die dadurch entstandenen Mehrkosten zu tragen (vgl. OLG Frankfurt, OLGR 1998, 71; Zöller/Vollkommer a.a.O., § 91 a Rdn. 25 m.w.N.). Vorliegend gibt die Prozessführung der Klägerin Anlass zu einer Kostentrennung im Sinne dieser Vorschriften.

a) Der Senat vermag keinen sachlichen Grund zu erkennen, weshalb die Klägerin einerseits am 09.12.1998 eine Anspruchsbegründung einreichen ließ und andererseits dem Beklagten zwei Tage später den Entwurf des in Aussicht genommenen Darlehensvertrages übersandte. Der naheliegenden Vermutung des Beklagten, dieses widersprüchliche Verhalten habe schlicht auf dem Versäumnis beruht, ihren Prozessbevollmächtigten vom Stand der außergerichtlichen Vergleichsverhandlungen zu unterrichten, hat die Klägerin keine überzeugende Erklärung entgegengesetzt.

Weder drohte dem Klageanspruch die Verjährung, noch war - wie dargelegt - die "alsbaldige Zustellung der Anspruchsbegründung" erforderlich, geschweige denn geeignet, rückwirkend die Rechtshängigkeit zu begründen. Selbst wenn die Klägerin durchaus die vom Senat nicht geteilte Auffassung vertreten durfte, mangels alsbaldiger Abgabe der Streitsache an das Landgericht sei aber zumindest zur (zukünftigen) Begründung der Rechtshängigkeit die Zustellung der Anspruchsbegründung notwendig, und sie auch in Rechnung stellen musste, dass der Beklagte sich ihrer Erledigungserklärung nicht anschließen werde, stellte der insoweit drohende Verlust des prozessualen Kostenerstattungsanspruchs nur scheinbar einen Nachteil dar, den es durch einen Wettlauf der Zustellung der Anspruchsbegründung mit dem Inkrafttreten des Stillhalteabkommens abzuwenden galt. Denn die Klägerin hätte bei Nichteintritt der Erledigung zwar keinen prozessualen, wohl aber einen (hier auf Verzug gründenden) materiellrechtlichen Kostenerstattunganspruch gegen den Beklagten gehabt, den sie im Wege der Klageänderung ohne Weiteres in diesem Rechtsstreit hätte durchsetzen können (vgl. BGHZ 83, 12, 16; KG, NJW 1991, 499, 500; OLG Stuttgart, NJW-RR 1997, 1222).

b) Durch die unsachgemäße Prozessführung der Klägerin ab dem 09.12.1998 sind vermeidbare Mehrkosten entstanden. Diese fallen allerdings erheblich geringer aus, als der Beklagte meint.

Denn bereits am 28.10.1998 und damit vor dem Einreichen der Anspruchsbegründung waren drei Gerichtsgebühren für das Prozessverfahren erster Instanz (KV 1201, Anlage 1 zu § 11 Abs. 1 GKG) angefallen, die im Anschluss an ein Mahnverfahren mit Eingang des Antrags auf Durchführung des streitigen Verfahrens entstehen (vgl. Hartmann, KostenG, 29. Aufl., KV 1201 Rdn. 17 m.w.N.). Ebenfalls schon entstanden war durch diesen Antrag gem. § 31 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO eine - volle (vgl. Hartmann a.a.O., § 32 BRAGO Rdn. 43; Riedel/Sußbauer, BRAGO, 7. Aufl, § 32 Rdn. 13 m.w.N.) - Prozessgebühr des Prozessbevollmächtigten der Klägerin, auf welche die gem. § 43 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO im vorangegangenen Mahnverfahren verdiente volle Gebühr anzurechnen ist (§ 43 Abs. 2 BRAGO). In den Zeitraum vor dem 09.12.1998 fallen schließlich die durch Erhebung des Widerspruchs gem. § 43 Abs. 1 Nr. 2 BRAGO vom Prozessbevollmächtigten des Beklagten verdienten 3/10 der vollen Gebühr. Alle vorgenannten Gebühren sind Kosten, die - wie dargelegt - der Klägerin entsprechend § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO zu erstatten sind und die der Beklagte durch sein Verhalten vor Prozessbeginn veranlasst hat, weswegen die Klägerin - entgegen seiner Auffassung - auch nicht nach Treu und Glauben gehalten war, sie durch Rücknahme des Antrags auf Durchführung des streitigen Verfahrens in entsprechender Anwendung von § 269 Abs. 3 ZPO auf sich zu nehmen.

Erst nach dem 09.12.1998 entstanden ist lediglich die durch das Einreichen der Klageerwiderung verdiente Prozessgebühr (§ 31 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO) des Prozessbevollmächtigten des Beklagten, auf welche gem. § 43 Abs. 2 BRAGO die zuvor angefallenen 3/10 der vollen Gebühr für die Einlegung des Widerspruchs anzurechnen sind. Effektiv handelt es sich demnach um Mehrkosten von 7/10 der vollen Gebühr. Sie wären vermeidbar gewesen, wenn die Klägerin keine Anspruchsbegründung eingereicht und unmittelbar den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt hätte. Denn zur Anschließung an die Erledigungserklärung hätte der Beklagte gem. § 78 Abs. 3 ZPO einen postulationsfähigen Rechtsanwalt nicht hinzuziehen müssen (vgl. Zöller/Vollkommer a.a.O., § 91 a Rdn. 10 m.w.N.). Daher sind der Klägerin insgesamt 7/10 - die Kostenpauschale von 40,00 DM gem. § 26 Satz 2 BRAGO fällt insoweit nicht ins Gewicht - außergerichtlichen Kosten des Beklagten aufzuerlegen.

III.

Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens beruht auf einer entsprechender Anwendung der §§ 97 Abs. 1, 92 Abs.1 ZPO.

In Ansehung eines Streitwertes von 75.000,00 DM und darauf entfallender drei Verfahrensgebühren in einer Gesamthöhe von 2.254,50 DM sowie zwei Prozessgebühren i.H.v. jeweils 1.660,50 DM nebst Pauschalen von jeweils 40,00 DM, dabei auf Seiten des Beklagten zzgl. Umsatzsteuer, betragen die Kosten des Rechtsstreits insgesamt 5.927,58 DM. Davon sind nach dem Gesagten 1.162,35 DM (1.660,50 DM x 0,7) zzgl. Umsatzsteuer i.H.v. 16 %, mithin 1.348,32 DM durch eine unsachgemäße Prozessführung der Klägerin veranlasst. Daraus ergibt sich für den Beklagten im Beschwerdevefahren ein Obsiegen im Umfang von rund 2/9.

IV.

Der Wert des Beschwerdeverfahrens richtet sich nach dem Interesse an der Abänderung der angefochtenen Kostenentscheidung und beträgt - wie dargelegt - 5.927,58 DM.



Ende der Entscheidung

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