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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Dresden
Beschluss verkündet am 18.04.2005
Aktenzeichen: 8 W 417/05
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 281
Die Bindungswirkung eines Verweisungsbeschlusses kann nicht durch informelle Verständigung der beteiligten Gerichte und erst recht nicht ohne Anhörung der Parteien beseitigt werden.
Oberlandesgericht Dresden

Aktenzeichen: 8 W 417/05

Beschluss

des 8. Zivilsenats vom 18.04.2005

In dem Rechtsstreit

wegen Forderung;

hier: sofortige Beschwerde gegen Versagung von Prozesskostenhilfe

hat der 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Dresden ohne mündliche Verhandlung durch Richter am Oberlandesgericht Bokern als Einzelrichter

beschlossen:

Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde des Beklagten wird der Beschluss des Einzelrichters der 5. Zivilkammer des Landgerichts Zwickau - Außenkammern Plauen - vom 09.03.2005 aufgehoben.

Gründe:

Die gemäß §§ 127 Abs. 2, 567 ff. ZPO zulässige sofortige Beschwerde gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe ist begründet und führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung. Mit Recht beanstandet der Beschwerdeführer die derzeit fehlende Entscheidungszuständigkeit des Landgerichts Zwickau (Außenkammern Plauen).

1. Die Aktenvorlage des Landgerichts gibt Anlass zu dem Hinweis, dass über Nichtabhilfe und Vorlage gemäß § 572 Abs. 1 Satz 1 ZPO nach allgemeiner Ansicht durch Beschluss zu entscheiden ist, der den Parteien nach § 329 Abs. 2 Satz 1 ZPO formlos mitzuteilen ist (Musielak/Ball, ZPO, 4. Aufl., § 572 Rn. 9; Zöller/Gummer, ZPO, 23. Aufl., § 572 Rn. 10, jeweils m.w.N.). Hier hat das Landgericht am 06.04.2005 eine bloße Verfügung getroffen. Zudem ist eine Bekanntgabe an die Parteien unterblieben.

2. Der Senat kann über die sofortige Beschwerde entscheiden, ohne zunächst die Klägerin anzuhören. Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist die vom Landgericht auf Mutwillen, nicht auf fehlende Erfolgsaussichten der Rechtsverteidigung gestützte Versagung von Prozesskostenhilfe.

3. Das Landgericht hat sich in der mündlichen Verhandlung vom 15.02.2005 für örtlich unzuständig erklärt. Zugleich hat es den Rechtsstreit auf (Hilfs)Antrag der Klägerin an das Landgericht Chemnitz verwiesen. Zur Begründung hat es aufgeführt, aus der Gerichtsstandsvereinbarung der Parteien lasse sich seine Zuständigkeit nicht herleiten. Damit hat das Landgericht Zwickau in grundsätzlich bindender und unanfechtbarer Weise die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Chemnitz begründet, § 281 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Sätze 2 und 4 ZPO. Einer "Übernahmeerklärung" dieses Landgerichts bedurfte es hierfür nicht.

4. Die Bindungswirkung des Verweisungsbeschlusses ist bislang nicht weggefallen.

a) Allerdings gibt es durchaus Konstellationen, in denen einer Verweisung gemäß § 281 ZPO keine Bindungswirkung zukommt. Dazu rechnen namentlich die Fälle greifbar gesetzwidriger bzw. objektiv willkürlicher Entscheidungen (vgl. statt aller Zöller/Greger, a.a.O., § 281 Rn. 17 m.w.N.). Ein bloßer Rechtsirrtum des verweisenden Gerichts genügt jedoch in der Regel nicht.

b) Gegenwärtig besteht die kraft Verweisung begründete Zuständigkeit des Landgerichts Chemnitz fort.

aa) Zwar teilt das Landgericht Zwickau mittlerweile die Auffassung eines aus dem Akteninhalt namentlich nicht bekannten Richters des Landgerichts Chemnitz, der mit Verfügung vom 28.02.2005 erklärt hat, das Verfahren werde "nicht übernommen", weil im Hinblick auf eine jedenfalls aus § 29 ZPO i.V.m. § 269 BGB folgende Zuständigkeit des Landgerichts Zwickau kein Verweisungsgrund bestehe. Nicht beantwortet ist damit aber die ausschlaggebende Frage, ob der Verweisungsbeschluss als objektiv willkürlich anzusehen ist. Eine entsprechende Prüfung unter diesem Gesichtspunkt hat bislang nicht stattgefunden.

bb) Selbst wenn von objektiver Willkür ausgegangen werden müsste, begründete dies allein noch nicht die erneute Zuständigkeit des Landgerichts Zwickau. Schon aus Gründen der Klarheit wäre vielmehr eine förmliche Entscheidung durch Beschluss - sei es des Landgerichts Zwickau oder des Landgerichts Chemnitz - erforderlich, welcher im Übrigen erst nach Gewährung rechtlichen Gehörs gefasst werden dürfte. All dies ist bislang nicht geschehen. Beide Landgerichte haben lediglich (handschriftliche) Verfügungen getroffen, ohne die Parteien vorher anzuhören. Diesen sind die Verfügungen nicht einmal nachträglich bekannt gemacht worden.

5. Das Landgericht Zwickau, an das die Sache zurückzugegeben ist, wird nur dann wieder zuständig sein, wenn es nach Anhörung der Parteien seine frühere Verweisungsentscheidung aufhebt oder wenn das Landgericht Chemnitz die "Übernahme", ohne dass sich hiergegen Widerspruch erhebt, wegen greifbarer Gesetzwidrigkeit der Verweisung förmlich ablehnt.

Ende der Entscheidung

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