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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Dresden
Beschluss verkündet am 17.03.2004
Aktenzeichen: 8 W 82/04
Rechtsgebiete: GKG, ZPO


Vorschriften:

GKG § 15
GKG § 61 Abs. 1
GKG § 65 Abs. 1 Satz 2
ZPO § 696 Abs. 1 Satz 4
Bei Teilzahlung nach Erlass eines Mahnbescheides und entsprechender Teilrücknahme vor Abgabe an das Streitgericht entspricht der Streitwert des Klageverfahrens auch dann lediglich dem noch gestellten Antrag, wenn bereits im Mahnbescheid die Abgabe beantragt wurde.
Oberlandesgericht Dresden

Aktenzeichen: 8 W 82/04

Beschluss

des 8. Zivilsenats

vom 17.03.2004

In dem Rechtsstreit

wegen Forderung;

hier: Streitwert

hat der 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Dresden ohne mündliche Verhandlung durch

Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht Häfner, Richterin am Oberlandesgericht Haller und Richterin am Landgericht Dr. Baer

beschlossen:

Tenor:

1. Die Beschwerde der Bezirkrevisorin bei dem Landgericht Zwickau gegen den Beschluss des Landgerichts Zwickau vom 09.12.2003, mit dem das Gericht den Streitwert auf 26.824,61 Euro festgesetzt hatte, wird zurückgewiesen.

2. Die Entscheidung ist gerichtsgebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

Gründe:

Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Zahlung aus einem Vertragsverhältnis in Anspruch. Am 17.02.03 hat sie beim Amtsgericht Chemnitz den Erlass eines Mahnbescheides über 36.048,00 Euro nebst Zinsen und Kosten beantragt. Der Mahnbescheid war der Beklagten am 20.03.2003 zugestellt worden. Am 25.03.2003 legte die Beklagte Gesamtwiderspruch ein.

Mit Anspruchsbegründung vom 28.04.2003, beim Amtsgericht Chemnitz eingegangen am 30.04.2003, beantragte die Klägerin, die Beklagte zur Zahlung von 26.824,61 Euro zu verurteilen und erklärte im Übrigen die Antragsrücknahme. Zur Begründung wies sie darauf hin, dass die Beklagte am 18.02.2003 einen Teilbetrag i.H.v. 10.000,00 Euro beglichen habe, der auf Kosten, Zinsen und letztlich die Hauptforderung verrechnet worden sei.

Mit Verfügung vom 15.05.03 erfolgte die Abgabe an das für das streitige Verfahren zuständige Landgericht Zwickau. Dort gingen die Akten am 16.05.03 ein.

Nach streitiger mündlicher Verhandlung haben sich die Parteien außergerichtlich geeinigt und die Beklagte hat den Anspruch anerkannt. Das Landgericht hat sie daraufhin am 09.12.2003 antragsgemäß durch Anerkenntnisurteil zur Zahlung von 26.824,61 Euro verurteilt und ihr die Kosten des Verfahrens auferlegt. Den Streitwert hat es entsprechend der Höhe des noch eingeklagten Betrages festgesetzt.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Bezirksrevisorin. Sie ist der Auffassung, der Streitwert müsse in Höhe des im Mahnbescheid genannten Betrages festgesetzt werden. Da hier bereits im Mahnbescheidsantrag das Feld angekreuzt worden war, wonach die Sache im Falle des Widerspruches an das Streitgericht abgegeben werden solle, sei ein bedingter Klageantrag gestellt worden. Mit Einlegung des Widerspruches sei die Bedingung eingetreten und die Gebühr für das Streitverfahren aus dem im Mahnbescheid genannten Betrag fällig geworden. Die Teilrücknahme im anspruchsbegründenden Schriftsatz ändere hieran nichts.

Die Einzelrichterin hat mit Beschluss vom 15.03.2004 die Sache auf den Senat übertragen.

II.

Die Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet. Das Landgericht Zwickau hat den Streitwert für das gerichtliche Verfahren zu Recht auf 26.824,61 Euro festgesetzt.

1. Nach welchem Gegenstandswert die gerichtliche Verfahrensgebühr zu bemessen ist, wenn dem streitigen Verfahren ein Mahnverfahren vorausgegangen ist und sich der für das streitige Verfahren maßgebliche Zahlungsanspruch nach Erlass des Mahnbescheides reduziert hat, ist umstritten. Dies gilt jedenfalls für den Fall, dass bereits im Mahnantrag die Abgabe durch Ankreuzen des entsprechenden Feldes beantragt wurde.

a) Eine Auffassung geht mit der Beschwerdebegründung davon aus, dass für die Bestimmung der Höhe der gerichtlichen Verfahrensgebühr in diesen Fällen auf den Antrag auf Abgabe an das Streitgericht abzustellen ist. Dieser Antrag leite das Prozessverfahren i.S.d. §§ 15, 61 Abs. 1 GKG ein, so dass er für die Wertberechnung maßgebend sei (vgl. Markl/Meier, Kommentar zum GKG, zu KV 1211, Rn. 4). Sei dieser Antrag bereits im Mahnbescheidsantrag für den Fall des Widerspruchs gestellt worden, indem der Antragsteller das entsprechende Feld im Antragsformular angekreuzt habe, so liege darin ein bedingter Antrag, der mit Eingang des Widerspruchs umfassend wirksam werde. Richte sich der Widerspruch gegen den gesamten Anspruch, so bestimme sich die Höhe der Gerichtsgebühr dementsprechend nach dem im Mahnbescheid gestellten Zahlungsantrag. Dies gelte auch dann, wenn der Kläger im anspruchsbegründenden Schriftsatz den Zahlungsanspruch nur noch teilweise weiterverfolge und im Übrigen den Antrag zurücknehme. Kostenrechtlich sei eine Teilrücknahme für die Festsetzung der Verfahrensgebühr unerheblich (vgl. OLG Düsseldorf, NJW-RR 1997, 704; OLG Bamberg, FamRZ 99, 1292). Der Antragsteller sei hierdurch auch nicht benachteiligt. Er könne das Gebührenrisiko ohne weiteres dadurch vermeiden, dass er das entsprechende Kästchen im Antragsformular nicht ankreuze und erst nach Eingang des Widerspruchs die Abgabe an das Streitgericht beantrage (vgl. Meier, JurBüro 1998, S. 117 f.).

b) Nach der gegenteiligen Ansicht kann bei der Festsetzung des Streitwertes nicht allein auf das Kostenrecht abgestellt werden. Vielmehr sei § 696 Abs. 1 Satz 4 ZPO heranzuziehen, der für die spezifische Verfahrenskonstellation, dass dem streitigen Verfahren ein Mahnverfahren vorausgeht, die spezielle Regelung enthalte. Danach werde das streitige Verfahren erst mit dem Eingang der Akten beim zuständigen Gericht anhängig. Bis zu diesem Zeitpunkt dauere das Mahnverfahren an. Dafür spreche auch der Wortlaut von § 65 Abs. 1 Satz 2 GKG, in dem ausdrücklich von einer "Abgabe im Mahnverfahren" und nicht von einer Abgabe "im Anschluss an das Mahnverfahren" die Rede sei (vgl. Liebheit, NJW 2000, 2235 ff., 2238). Gebühren für das streitige Verfahren könnten aber nicht entstehen, bevor überhaupt ein streitiges Verfahren existiere (vgl. OLG München, MDR 2001, 296; OLG Bamberg, NJW-RR 2001, 574; OLG Hamburg, MDR 2001, 294 unter Aufgabe seiner bisherigen Rechtsprechung).

2. Der Senat schließt sich der zuletzt genannten Auffassung an.

a) Der Hinweis der erstgenannten Ansicht, das Gebührenrisiko könne dadurch vermieden werden, dass der Antragsteller das entsprechende Feld im Antragsformular nicht ankreuze, ist praxisfern. Gerade der nicht anwaltlich beratene Antragsteller wird bereits im Mahnantrag durch das Kreuz in dem entsprechenden Kästchen den Abgabeantrag in der Vorstellung stellen, das Verfahre hierdurch beschleunigen zu können. Die - ihm in der Regel unbekannte - Kostenfolge wird er dabei nicht bedenken.

b) Die hier vertretene Auffassung führt auch zu interessengerechten Ergebnissen. In der ganz überwiegenden Zahl der Fälle beruht die Reduzierung des Zahlungsanspruchs auf der zwischenzeitlich erfolgten teilweisen Zahlung durch den Beklagten. Sowohl das Interesse des Klägers als auch das des Beklagten an dem anhängigen Rechtsstreit beschränkt sich damit auf den noch offenen Betrag. Dem trägt ein entsprechend reduzierter Streitwert und Gebührenansatz Rechnung.

c) Eine unzulässige Verkürzung des staatlichen Gebührenanspruchs ergibt sich daraus nicht. Eine Abgabe an das Streitgericht erfolgt gemäß § 65 Abs. 1 Satz 2 GKG in der Regel erst, wenn der Antragsteller die geforderte Gebühr für das Verfahren im Allgemeinen gezahlt hat. Dies gilt unabhängig davon, ob der Abgabeantrag bereits im Mahnbescheidsantrag gestellt worden ist oder nicht. Der Bearbeitungsaufwand wird somit durch das Ausfüllen des entsprechenden Kästchens im Mahnantrag nicht beeinflusst, so dass er auch eine höhere Gebühr nicht zu rechtfertigen vermag.

3. Vorliegend hat die Klägerin bereits mit der Anspruchsbegründung vom 28.04.2003 die teilweise Rücknahme des Antrages erklärt. Bei Eingang der Akten beim Landgericht Zwickau am 16.05.03 stand somit nur noch der reduzierte Klageanspruch im Raum. Der Gebührenstreitwert bemisst sich daher ausschließlich nach dessen Höhe, wie das Landgericht Zwickau zutreffend festgestellt hat.

III.

Einer Wertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren bedurfte es nicht, da Gerichtsgebühren nicht erhoben und Kosten nicht erstattet werden.

Ende der Entscheidung

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