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Gericht: Oberlandesgericht Dresden
Beschluss verkündet am 05.01.2001
Aktenzeichen: DSNot 15/00
Rechtsgebiete: BNotO, BRAO, FGG, KostO


Vorschriften:

BNotO § 111 Abs. 1 Satz 1
BNotO § 12
BNotO § 111 Abs. 1 Satz 2
BNotO § 4
BNotO § 111 Abs. 1 Satz 3, 1.HS
BNotO § 4 Satz 1
BNotO § 4 Satz 2
BNotO § 111
BNotO § 111 Abs. 4 Satz 2
BRAO § 201 Abs. 2, 2.HS
BRAO § 201 Abs. 2
FGG § 13 a
KostO § 30
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Oberlandesgericht Dresden

Aktenzeichen: DSNot 15/00

Beschluss

des Senats für Notarverwaltungssachen

vom 05.01.2001

In der Notarverwaltungssache

gegen

wegen Neubesetzung einer Notarstelle

hat der Senat für Notarverwaltungssachen des Oberlandesgerichts Dresden aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 22.12.2000 durch

Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht XXXXXXXXXX als Vorsitzenden,

Richter am Oberlandesgericht XXXXXXXXXXXXX und Notar XXXXXXXXXXXX als beisitzende Richter

beschlossen:

Tenor:

1. Unter Zurückweisung der Anträge im Übrigen wird dem Antragsgegner untersagt, die Notarstelle XXXXXX neu zu besetzen.

2. Gerichtskosten werden nicht erhoben, außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gründe:

I.

Die Antragsteller sind sämtlich Notare in Chemnitz. Sie wenden sich gegen die Neubesetzung der Notarstelle XXXXXX. Das Ausschreibungsverfahren ist noch nicht beendet. Die Antragsteller begründen ihr Begehren insbesondere mit dem Rückgang des Beurkundungsaufkommens. Schon jetzt seien 3 Notariate in Chemnitz auf die Einkommensergänzung angewiesen. Durch die Neubesetzung der Stelle XXXXXX würden subjektive Rechte der bereits in Chemnitz tätigen Notare verletzt (vgl. im Einzelnen Schriftsätze des Notars XXXXXXX vom 13.09.2000, Bl. 1 bis 14 dA; vom 22.09.2000, Bl. 16 bis 21 dA; vom 26.10.2000, Bl. 53 dA und vom 01.11.2000, Bl. 54 bis 69 dA; des Notars XXXXXXXXXXXXX vom 02.10.2000, Bl. 22 f. dA, und vom 02.11.2000, Bl. 70 f. dA; des Notars XXXXXXXXXXXvom 09.10.2000, Bl. 24 ff. dA; der Notarin XXXXXXX vom 09.10.2000, Bl. 27 ff. dA; der Notarin XXXXXXXXXX vom 09.10.2000, Bl. 30 ff. dA; der Notarin XXXXXXX vom 09.10.2000, Bl. 33 f. dA; der Notarin XXXXXXXX vom 09.10.2000, Bl. 35 f. dA, sowie des Notars XXXXX vom 06.10.2000, Bl. 37 f. dA).

Sie beantragen,

dem Antragsgegner die Neubesetzung der Stelle zu untersagen, ihm aufzugeben, das Ausschreibungsverfahren zu beenden und die Stelle einzuziehen (zur genauen Fassung der Anträge siehe das Terminsprotokoll, Bl. 130 dA).

Der Antragsgegner beantragt,

die Anträge als unzulässig zu verwerfen.

Der Antragsgegner hält die Anträge bereits für unzulässig, die Verletzung subjektiver Rechte erscheine nicht möglich. Die Anträge seien auch unbegründet, da die Landesjustizverwaltung bei der Entscheidung, wieviele Notarstellen erforderlich sind, über einen Ermessensspielraum verfüge. Zwar lägen die in Chemnitz ermittelten Geschäftszahlen sowohl hinsichtlich der bereinigten Urkunden als auch der Gerichtseingesessenen unterhalb der üblicherweise verwandten Richtwerte von 1.650 bereinigten Urkunden pro Jahr und 24.600 Gerichtseingesessenen je Notarstelle, die Stelle XXXXXX sei aber, da es sich um eine leistungsstarke Stelle handele, dennoch wiederzubesetzen (vgl. im Einzelnen Schriftsatz vom 19.10.2000, Bl. 47 bis 52 dA).

Die Notarkammer Sachsen hat zunächst die Auffassung vertreten, die Wiederbesetzung der Notarstelle in Chemnitz entspreche den Erfordernissen einer geordneten Rechtspflege. Dies trotz des Rückgangs des Geschäftsanfalls und der Bevölkerungszahl im Amtsbereich Chemnitz, weil die Stelle hinsichtlich ihrer Klientenstruktur, der Art der dort erledigten Amtsgeschäfte und der wirtschaftlichen Situation sehr günstig positioniert sei (Schriftsatz vom 12.10.2000, Bl. 42 bis 46 dA). Nach nochmaliger Überprüfung der Sach- und Rechtslage hat sich die Notarkammer Sachsen nunmehr dafür ausgesprochen, die streitbefangene Notarstelle nicht wieder zu besetzen, weil deren Wiederbesetzung geeignet sein könnte, die Lebensfähigkeit anderer Notarstellen im Amtsbereich Chemnitz zu gefährden (Schriftsatz vom 06.12.2000, Bl. 75 bis 78 dA).

Mit Schreiben vom 07.12.2000 hat Notarassessor XXXXXX seine Beteiligung am Verfahren beantragt, da hinsichtlich der Notarstelle XXXXXX in Chemnitz eine Auswahlentscheidung zu seinen Gunsten getroffen worden sei und die vom Senat zu treffende Entscheidung daher auch seine rechtlichen Interessen berühre. Er sieht in der zu besetzenden Stelle ein potentiell erfolgreiches Notariat. Das Gesamtgebührenaufkommen im Amtsbereich Chemnitz sichere ohne weiteres die Unabhängigkeit aller 12 bestehenden Notariate (vgl. im Einzelnen Bl. 89 bis 91 dA).

Im Senatstermin sind die Aktenvermerke Bl. 124 dA (Beteiligung von Herrn XXXXXX) und Bl. 127 dA (Urkundsaufkommen und Lebensalter der einzelnen Chemnitzer Notare) sowie die Schreiben der Notarkasse vom 12.12.2000 und 21.12.2000 (Einkommensergänzungsfälle/Gebührenaufkommen - Bl. 109, 125 f. dA) erörtert worden. Der Antragsgegnervertreter hat bestätigt, dass die Richtwerte von 1.650 bereinigten Urkunden im Jahr sowie 24.600 Gerichtseingesessenen pro Notar nach wie vor maßgeblich für den Antragsgegner seien (Bl. 131 dA).

II.

1. Die Anträge sind, soweit ihnen entsprochen wurde, nach § 111 Abs. 1 Satz 1 BNotO statthaft. Insofern soll mit ihnen verhindert werden, dass ein weiterer Notar bestellt wird. So richten sie sich nicht gegen nur verwaltungsinterne Vorgänge, wie etwa die Ausschreibung einer frei gewordenen Notarstelle, sondern gegen einen - beabsichtigten - Verwaltungsakt nach § 12 BNotO.

Die Tatsache, dass Adressat dieses Verwaltungsakts keiner der Antragsteller sein wird, nimmt diesen nicht die Antragsbefugnis. Denn die Antragsteller bringen unter Mitteilung konkreter Urkunds- und Einwohnerzahlen, die sowohl im Schnitt wie auch auf jeden einzelnen Antragsteller bezogen unterhalb der sächsischen Richtwerte für den Notarbedarf liegen, mithin substantiiert vor, mit der Neubesetzung der Notarstelle XXXXXX bestehe die Gefahr, dass die Lebensfähigkeit der ihrigen nicht mehr gewährleistet sei. Das reicht, um dem gerecht zu werden, was § 111 Abs. 1 Satz 2 BNotO fordert, zumal sämtliche Antragsteller ihr Notariat in Chemnitz haben. Denn so ist es jedenfalls nicht ausgeschlossen, dass die Antragsteller durch die Neubesetzung von XXXXXX in eigenen Rechten verletzt sind (dazu etwa BVerwGE 44, 1, 3; siehe auch Ronellenfitsch, DNotZ 1990, 75, 85 sowie namentlich BGH DNotZ 1996, 902, 904 : Art. 12 Abs. 1 GG; DNotZ 1999, 251 m.w.N.).

Auch dem Umstand, dass die "angefochtene" Maßnahme im Ermessen des Antragsgegners steht, ist Rechnung getragen. Denn bei Gefährdung der Lebensfähigkeit der bestehenden Notariate widerspräche die Neubesetzung von XXXXXX dem, was eine geordnete Rechtspflege fordert. Damit wäre § 4 BNotO verletzt, womit zugleich die Sachlage des § 111 Abs. 1 Satz 3, 1.HS BNotO eröffnet ist.

Den Anträgen fehlt letztlich auch nicht das Bedürfnis nach Rechtsschutz. Sie können ihr Ziel noch erreichen. Die umstrittene Notarstelle ist nach wie vor nicht besetzt (dazu auch OLG Köln, DNotZ 1984, 712; Lemke in Schippel, BNotO, 7. Aufl., Rn. 16 zu § 111; Vetter, ebenda, Rn. 3 zu § 4).

2. Die somit, sofern sie sich auf die ausgesprochene Anordnung beschränken, zulässigen Anträge sind auch begründet. Die Neubesetzung der Notarstelle XXXXXX wäre ermessensfehlerhaft. Sie wäre rechtswidrig, da sie den Erfordernissen einer geordneten Rechtspflege nicht entspricht. Die Antragsteller würden durch die beabsichtigte Neubesetzung in ihrem (subjektiven) Recht auf Gewährleistung eines Mindestmaßes an wirtschaftlicher Unabhängigkeit verletzt.

a) Das bereits mehrfach angesprochene und in § 4 Satz 1 BNotO vorgegebene Erfordernis einer geordneten Rechtspflege begrenzt das (aus der Organisationsgewalt des Staates folgende) Ermessen der Justizverwaltung bei der Bestellung von Notaren. Lediglich innerhalb dieses Rahmens bleibt es der Justizverwaltung vorbehalten, nach welchen Gesichtspunkten sie die Bedürfnisprüfung vornimmt (BGH DNotZ 1982, 372, 373). Diese Grenzen hat das SMJus bei der Entscheidung, in Chemnitz einen 12. Notar zu bestellen, überschritten (§ 111 Abs. 1 Satz 3, 1.HS BNotO).

aa) Die Rechtspflege ist im Notariatsbereich nur dann geordnet, wenn nicht mehr Notarstellen geschaffen bzw. besetzt werden, als es der zu erwartende nachhaltige Geschäftsanfall erfordert. Denn ein Notar, der infolge geringen Urkundsaufkommens nur geringe Einkünfte erzielt, ist versucht, zum Interessenvertreter bestimmter Personengruppen ("guter Kunden") zu werden. Das wäre mit seiner Aufgabe, die Beteiligten im Sinne einer gerechten Gestaltung ihrer Rechtsbeziehungen zu beraten, nicht vereinbar. Denn die damit einhergehende Unabhängigkeit und Unparteilichkeit (§ 14 Abs. 1 Satz 2 BNotO) ist nur dann sichergestellt, wenn dem Notar ein Mindestmaß an wirtschaftlicher Unabhängigkeit gewährleistet ist (BGHZ 73, 54; BGH DNotZ 1998, 563; DNotZ 1999, 251).

bb) Die Geschäftsentwicklung in den Chemnitzer Notariaten, auf die bei der Bedürfnisprüfung abzustellen ist, da § 4 Satz 2 BNotO die Rechtsuchenden und damit die Bürger vor Ort anspricht (vgl. auch § 10 a BNotO), zeigt, dass Chemnitz keinen 12. Notar verträgt. Die Konsequenz der Neubesetzung von XXXXXX wäre, dass die dortigen Notarinnen und Notare - noch mehr als bislang - Gefahr laufen, sich wirtschaftlichem Druck nicht (mehr) widersetzen zu können, also ihre Neutralität zu verlieren.

Dies zeigt die Entwicklung des Urkundsaufkommens plastisch.

Im Jahre 1989 waren dies, bei 12 Stellen, pro Notar 1.525,33 bereinigte Urkunden (bei 11 Notaren wären es 1.663,99), im Jahre 1999 noch 1.283 (bei 11 Notaren = 1.340), im Jahre 2000 werden es voraussichtlich nur 1.180 (bei 11 = 1.287) sein (Schriftsatz des Antragstellers zu 1) vom 01.11.2000, Seite 7, Bl. 60 dA). Somit war durchweg der Versorgungsrichtwert unterschritten, den das SMJus mit 1.650 bereinigten Urkundennummern zur Bestimmung der Rechtsbegriffe des § 4 BNotO entwickelt hat. Durchweg wäre ihm eher Rechnung getragen, wenn die 12. Stelle unbesetzt bliebe.

Die sächsischen Richtwerte haben bereits im Verfahren DSNot 13/99 eine Rolle gespielt. Dort hat sich das SMJus vor 1,5 Jahren wörtlich wie folgt eingelassen:

"Unter Beachtung dieser Grundsätze ist nach den im Freistaat Sachsen verwendeten Richtwerten zu ermitteln, wieviele Notarstellen besetzt sein müssen, um, bezogen auf den durchschnittlichen Geschäftsanfall des Vorjahres des gesamten Amtsgerichtsbezirks, der Zahl von 1.650 bereinigten Urkundennummern bei 24.600 Gerichtseingesessenen je Notarstelle am nächsten zu kommen.

Die Maßzahlen von 1.650 bereinigten Urkunden und 24.600 Gerichtseingesessenen je Notarstelle tragen den Erfordernissen einer geordneten Rechtspflege hinreichend Rechnung und werden vom Antragsgegner als Maßstab für die Ausübung seines Organisationsermessens nach § 4 BNotO bei der Errichtung oder Wiederbesetzung von Notarstellen zugrunde gelegt. Sie beruhen auf der aufmerksam verfolgten, fast zehnjährigen Erfahrung mit den Notariaten im Freistaat Sachsen. Ein Notariat mit 1.650 bereinigten Nummern im Jahr ist von einem Notar bei durchschnittlichen Anforderungen an seine Gesundheit und Leistungsfähigkeit zu bewältigen, ohne in die Gefahr der Überlastung zu geraten. Andererseits bietet der Richtwert ausreichende Gewähr dafür, die zur Ausübung des Notaramtes erforderliche vielseitige Erfahrung zu schaffen. Dazu dient ebenfalls die Berücksichtigung der Einwohnerzahl bei der Bedarfsberechnung: Bei ausreichend vielen Einwohnern fällt auch eine ausreichende Anzahl an Urkundsgeschäften an."

Auch im hiesigen Verfahren hat das SMJus noch einmal die Geltung der vorerwähnten Richtwerte bekräftigt (Bl. 131 dA). Grundsätzlich hat der Antragsgegner die von ihm selbst als maßgeblich erachteten Zahlen zu beachten (BGH DNotZ 1999, 251).

Der Senat hat keinen Anlass daran zu zweifeln, dass diese Werte verlässlich, weil von langjähriger Erfahrung getragen, sind. Das gilt auch für die Heranziehung der Einwohner eines AG-Bezirkes. Ist deren Zahl groß, spricht in der Tat manches dafür, dass bei den örtlichen Notaren reichlich Urkundsgeschäfte anfallen werden. Chemnitz hatte im Jahre 1998 252.091, im Jahre 1999 260.849 und im Jahre 2000 257.611 Einwohner (Schriftsatz des Antragstellers zu 1) vom 15.12.2000, S. 9, Bl. 121 dA). Auf jeden Notar entfallen also im Mittel der drei Jahre, wenn die 12. Stelle besetzt wird, 21.404 Einwohner. Bleibt sie unbesetzt, sind es 23.350. Auch insofern würde also die Bestellung des 12. Notars dazu führen, dass sich das SMJus von seinen eigenen Richtwerten und damit von den Bedürfnissen einer angemessenen Versorgung der Rechtsuchenden weiter entfernt.

cc) Diese Überversorgung hat im Regelfall zur Folge, dass die örtlichen Notare nur über ein geringes Gebührenaufkommen verfügen. Wenig Geschäft bedeutet auch wenig Verdienst. Das gilt allerdings, wie stets, wenn vom Regelfall die Rede ist, nicht ausnahmslos. Es mag auch AG-Bezirke bzw. Regionen geben, die wegen ihrer Besonderheiten gebührenträchtig sind.

Dass Chemnitz zu diesen zählt, vermag der Senat nicht zu erkennen. Die ihm bekannten Tatsachen ließen jedenfalls mit gleichem Richtigkeitsanspruch auch das Gegenteil annehmen.

Zwar hat die Notarkasse mit Schreiben vom 21.12.2000 (Bl. 125 dA) bestätigt, dass im Jahre 1998 das Gebührenaufkommen der Chemnitzer Notare deutlich über dem sächsischen Schnitt lag. Im Folgejahr war hier jedoch bereits ein drastischer Rückgang zu verzeichnen. Hinzu kommt, dass 3 der derzeit 11 in Chemnitz bestellten Notare - bereits jetzt - eine Ergänzung ihres Einkommens benötigen, insofern also nicht einmal das erzielen, was allgemein als Mindesteinkommen angesehen wird. Diesbezüglich liegt Chemnitz deutlich über dem sächsischen Landesdurchschnitt (vgl. Auskunft der Ländernotarkasse vom 21.12.2000, Bl. 126 dA). Dass dies, wie es der weitere Beteiligte zu 2) vorbringt, Ergebnis der mangelnden Qualität dieser Notariate sein könnte, ist spekulativ und nicht zwingend. Die Erklärung ließe sich gleichermaßen in - durch nichts als durch Vorurteile von "Großkunden" belegten - Vorbehalten dieser Klientel gegenüber Notaren finden, die schon zu DDR-Zeiten als solche fungierten.

dd) Dies sieht auch der Antragsgegner nicht anders. Jedenfalls hat er zu keiner Zeit das allgemeine Gebührenaufkommen der Chemnitzer Notare als Kriterium seiner Entscheidung, XXXXXX neu zu besetzen, angeführt. Der für ihn entscheidende Aspekt ist vielmehr, dass die vakante Notarstelle für sich betrachtet leistungsstark sei. Das gelte nach wie vor, so dass trotz des drastischen Rückgangs im allgemeinen Urkundsaufkommen und der Tatsache schwindender Einwohnerzahl an der Entscheidung aus September 1999 festzuhalten sei (dazu Antragserwiderung vom 19.10.2000, namentlich dortige Seite 5 unten, Bl. 51 dA).

Auch dieser Gedankengang rechtfertigt es nicht, die Stelle XXXXXX neu zu besetzen. Dabei mag dahinstehen, ob er, was der Antragsgegner verneint, in Widerspruch zu seiner bisherigen Handhabung steht. Jedenfalls ist § 4 BNotO verletzt. Die von der Justizverwaltung abverlangte individuelle Bedürfnisprüfung fordert nicht nur, dass die Lebensfähigkeit der neu einzurichtenden bzw. wieder zu besetzenden Notarstelle gesichert erscheint. Nötig ist auch, dass die Lebensfähigkeit der schon vorhandenen Notarstellen nicht gefährdet werden darf. Denn die "geordnete Rechtspflege" in Chemnitz wird nicht von der vakanten Notarstelle, sondern von der Gesamtheit aller Notariate im AG-Bezirk bestimmt. Damit geht einher, dass sich die Entscheidung nach § 4 BNotO nicht an einzelnen Notarstellen des fraglichen Bezirks, sondern am dortigen Durchschnittsnotariat zu orientieren hat (so bereits der Senat in der Sache DSNot 13/99, Beschluss vom 06.10.1999, namentlich dortige Seite 8 unter Verweis auf BGH DNotZ 1977, 181). Das gilt jedenfalls im Regelfall. Ausnahmen mögen auch insofern hier und da nötig sein. Dass die Notarstelle XXXXXXXderart eigentümlich ist, dass seine Aufrechterhaltung zur "angemessenen Versorgung der Rechtsuchenden mit notariellen Leistungen" in Chemnitz unabdingbar ist, ist indes weder vorgebracht noch irgendwie feststellbar. Aus der bloßen Tatsache, dass die Notarstelle von den Rechtsuchenden gut angenommen wird, folgt dies jedenfalls nicht. Denn dies wird, wie im Senatstermin angesprochen und letztlich von keiner Seite bezweifelt, seine Erklärung eher in der guten Verwaltung der Notarstelle durch den weiteren Beteiligten zu 2) als in der besonderen Struktur von XXXXXX haben.

b) Die nach alledem § 4 BNotO widersprechende, damit rechtswidrige und ermessensfehlerhafte Neubesetzung von XXXXXXXwürde sämtliche Antragsteller in eigenen Rechten beeinträchtigen. Dies folgt aus der Tatsache, dass § 4 BNotO die Lebensfähigkeit der schon vorhandenen Notarstellen, mithin deren Amtsinhaber, schützt und die Frage, ob die wirtschaftliche Unabhängigkeit der Notare gefährdet ist, am örtlichen Durchschnittsnotar festzumachen ist. Es ist also nicht danach zu fragen, ob jeder Einzelne der Antragsteller für sich betrachtet Gefahr läuft, in Abhängigkeit von Großkunden zu geraten. Das wäre zum einen nicht praktikabel, weil weder die Anzahl der Urkunden (sie können überwiegend wenige Klienten betreffen) noch ein hohes Gebührenaufkommen (hier gilt das Nämliche) bzw. ein niedriges (hier hilft ggf. die Einkommensergänzung) Verlässliches dazu hergeben, ob der einzelne Notar durch Schaffung/Wiederbesetzung einer Notarstelle in seiner Neutralität gefährdet ist. Zum Zweiten hieße dies auch, dass nicht die Lebensfähigkeit der schon vorhandenen Notarstellen, sondern das Gebührenaufkommen des einzelnen Notars zum Maßstab dessen gemacht würde, was im Rahmen des § 4 BNotO zu beachten ist. Dem soll jedoch gerade nicht so sein (BGH NJW-RR 1998, 889).

3. Soweit Ziel der Anträge ist, dass XXXXXXX eingezogen bzw. das Ausschreibungsverfahren beendet wird, bleibt ihnen der Erfolg versagt.

Die Einziehung einer Notarstelle bzw. die Durchführung einer Ausschreibung ist ein lediglich verwaltungsinterner Vorgang, ohne unmittelbare Rechtswirkung für bestimmte oder unbestimmte Personen. Auch ein amtierender Notar kann sich mithin gegen dergleichen nicht wenden. Dies unterfällt namentlich nicht dem, was § 111 BNotO der gerichtlichen Prüfung unterstellt (dazu etwa Schmitz-Valckenberg in Eylmann/Vaasen, Rn. 1 und 3 zu § 4 BNotO m.w.N.).

4. Die Entscheidung zu den Gerichtskosten findet ihre Rechtsgrundlage in § 201 Abs. 2, 2.HS BRAO (§ 104 Abs. 4 Satz 2 BNotO). Die Antragsteller haben ihr Ziel im Wesentlichen erreicht. Auch für diesen Fall ist die Sachlage des § 201 Abs. 2 BRAO begründet.

Hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten beruht die Entscheidung auf § 13 a FGG. Danach findet lediglich ausnahmsweise eine Erstattung dieser Kosten statt. Außer dem Unterliegen müssen weitere Gesichtspunkte der Billigkeit dafür sprechen, die Erstattung der außergerichtlichen Kosten eines Beteiligten anzuordnen. Derartige Gründe sind vorliegend nicht ersichtlich.

Da Gerichtskosten nicht erhoben und außergerichtliche Kosten nicht erstattet werden, erübrigt sich die Bestimmung des Geschäftswertes nach § 30 KostO, § 202 Abs. 2 BRAO, § 111 Abs. 4 Satz 2 BNotO.



Ende der Entscheidung

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