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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Dresden
Beschluss verkündet am 10.03.2009
Aktenzeichen: W 1109/06 Kart
Rechtsgebiete: EnWG


Vorschriften:

EnWG § 110 Abs. 1 Nr. 1
EnWG § 110 Abs. 1 Nr. 2
1. Aus dem Urteil des EuGH vom 22. Mai 2008 (Rechtssache C-439/06) ergibt sich, dass die Ausnahmeregelung des § 110 Abs. 1 Nr. 1 EnWG insgesamt keine Rechtsgrundlage in der Richtlinie 2003/54 findet.

2. Unzumutbarkeit im Sinn des § 110 Abs. 1 Nr. 2 EnWG kommt nur in Betracht, wenn die Erschwernisse, die der freie Nutzzugang für den Netzbetreiber mit sich bringt, ihrer Art oder Intensität nach atypisch sind.


Oberlandesgericht Dresden Beschluss

Aktenzeichen: W 1109/06 Kart

Verkündet am 10.03.2009

In der energiewirtschaftsrechtlichen Verwaltungssache

wegen Feststellung eines Objektnetzes nach § 110 EnW

hat der Kartellsenat des Oberlandesgerichts Dresden auf die mündliche Verhandlung vom 27.01.2009 durch

Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. K. Richter am Oberlandesgericht Dr. T. und Richter am Oberlandesgericht Prof. Dr. G.

beschlossen:

Tenor:

1. Auf die Beschwerde der Beschwerdeführerin vom 17. Juli 2006 wird der Bescheid des Sächsischen Staatsministeriums für Wirtschaft und Arbeit als Landesregulierungsbehörde vom 12. Juli 2006 - AZ: 47-4563.11 - in Ziff. 1 aufgehoben.

2. Die im Beschwerdeverfahren entstandenen Gerichtskosten sowie die der Beschwerdeführerin entstandenen außergerichtlichen Kosten trägt der Beschwerdegegner, der wie die weitere Beteiligte zu 2. die ihm entstandenen außergerichtlichen Kosten selbst trägt.

3. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 600.000,00 EUR festgesetzt.

4. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe:

I.

Die Beschwerdeführerin, ein Energieversorgungsunternehmen, beliefert seit Anfang 2004 die auf dem Flughafen L. gelegene Anschlussstelle der D. mit elektrischer Energie. Die Beteiligte zu 2. betreibt den Flughafen L. . Sie unterhält ein Energieversorgungsnetz, durch das sie selbst sowie weitere 93 auf dem Flughafengelände angesiedelte Unternehmen Stromlieferungen erhalten. Die gesamte über dieses Netz verbrauchte Energiemenge belief sich im Jahr 2004 auf rd. 22.2000 MWh. Von dieser Menge wurden etwa 3.800 MWh (entspricht 14,6 %) an andere auf dem Flughafengelände ansässige Unternehmen abgegeben, den Rest verbrauchte die Beteiligte zu 2. selbst.

Die Beteiligte zu 2. beantragte, das von ihr auf dem Flughafen L. unterhaltene Netz als Objektnetz i.S.v. § 110 EnWG anzuerkennen. Am 12.07.2006 erließ der Beteiligte zu 1. einen Bescheid, in dem festgestellt wurde, dass das Energieversorgungsnetz der Flughafen L. derzeit die Voraussetzungen für ein Objektnetz nach § 110 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 EnWG erfüllt. Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde der Beschwerdeführerin vom 17.07.2006.

Mit Beschluss vom 17.10.2006 (Bl. 382 ff. dA) hat der Senat dem Europäischen Gerichtshof die Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt, ob § 110 Abs. 1 Nr. 1 EnWG mit Art. 20 Abs. 1 der Richtlinie 2003/54/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.06.2003 vereinbar ist. Wegen der genauen Fassung der Vorlagefrage wird auf Bl. 383 dA verwiesen. Der Europäische Gerichtshof hat die Frage mit Urteil vom 22.05.2008 beantwortet (Bl. 460 ff. dA).

Die Beschwerdeführerin beantragt,

Ziffer 1 des Bescheids des Beteiligten zu 1. vom 12.07.2006 aufzuheben.

Die Beteiligten zu 1. und 2. beantragen,

die Beschwerde zurückzuweisen.

II.

Die zulässige (§ 75 EnWG) Beschwerde ist begründet.

1. Der Bescheid der Landesregulierungsbehörde Sachsen vom 12.7.2006 ist aufzuheben, weil er rechtswidrig ist. Soweit er sich auf die Regelung des § 110 Abs. 1 Nr. 1 EnWG stützt, fehlt es an einer wirksamen Rechtsgrundlage. Die Frage, ob dies auch für die Regelung des § 110 Abs. 1 Nr. 2 EnWG gilt, kann offen bleiben, da jedenfalls die dort aufgestellten Tatbestandsvoraussetzungen, insbesondere die "Unzumutbarkeit" (s. unter 3.), nicht vorliegen.

a) Für die Feststellung, dass das Energieversorgungsnetz der Flughafen L. die Voraussetzungen für ein Objektnetz nach § 110 Abs. 1 Nr. 1 EnWG erfüllt, fehlt es an einer wirksamen Rechtsgrundlage, weil der EuGH mit Urteil vom 22. Mai 2008 (Rechtssache C-439/06) auf der Grundlage eines Vorabentscheidungsersuchens nach Art. 234 EG des Senats entschieden hat, dass § 110 Abs. 1 Nr. 1 EnWG europarechtswidrig ist. Wörtlich hat der EuGH dazu ausgeführt: "Aus der Gesamtheit dieser Erwägungen ergibt sich, dass Art. 20 Abs. 1 der Richtlinie 2003/54 dahin auszulegen ist, dass er einer Bestimmung wie § 110 Abs. 1 Nr. 1 EnWG entgegensteht, nach der bestimmte Betreiber von Energieversorgungsnetzen von der Verpflichtung, Dritten freien Netzzugang zu gewähren, ausgenommen sind, weil sich diese Netze auf einem zusammengehörenden Betriebsgebiet befinden und überwiegend dem Transport von Energie innerhalb des eigenen Unternehmens und zu verbundenen Unternehmen dienen." Hieraus folgt, dass § 110 Abs. 1 Nr. 1 EnWG unwirksam ist und keine Anwendung finden kann. Die Vorabentscheidung bindet den erkennenden Senat als vorlegendes Gericht, er hat den Streitfall nach Maßgabe der Auffassung des EuGH zu entscheiden (BVerfGE 75, 223 [224]; BGHZ 125, 382 ls. 2). Er darf von dessen Spruch nicht abweichen und ist nicht befugt, den Inhalt der Vorabentscheidung zu überprüfen, zu ignorieren oder aufzuheben (vgl. Wegener in Calliess/Ruffert, Kommentar zu EU-Vertrag und EG-Vertrag, 3. Aufl. 2007, Art. 234 Rn. 36; Karpenstein in Grabitz/Hilf, Das Recht der Europäischen Union, Art. 234 Rz. 94).

b) Entgegen der Auffassung der Beteiligten zu 2. enthält das Urteil des EuGH keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass das Gericht lediglich eine Teilunwirksamkeit der Regelung des § 110 Abs. 1 Nr. 1 EnWG festgestellt hat. Der Entscheidung ist vielmehr klar und eindeutig zu entnehmen, dass die Ausnahmeregelung des § 110 Abs. 1 Nr. 1 EnWG ohne jeden Vorbehalt keine hinreichende Rechtsgrundlage in der Richtlinie findet. Das Urteil des EuGH enthält keinerlei Ausführungen, die es auch nur ansatzweise rechtfertigen könnten, eine bloße Teilunwirksamkeit und damit nur teilweise Unanwendbarkeit der Vorschrift des § 110 Abs. 1 Nr. 1 EnWG anzunehmen. Vielmehr wird in dem Ausspruch über die Unvereinbarkeit mit der Richtlinie der Wortlaut des § 110 Abs. 1 Nr. 1 EnWG zitiert. Es ist davon auszugehen, dass der EuGH eine ausdrückliche Klarstellung vorgenommen hätte, wenn er die Absicht gehabt hätte, den Ausspruch über die Europarechtswidrigkeit des § 110 Abs. 1 Nr. 1 EnWG in irgendeiner Hinsicht einzuschränken. Dies gilt umso mehr, als in der Vorlagefrage ein zusätzliches Kriterium (unzumutbare Erschwernis) aufgenommen wurde, um die Vorschrift des § 110 Abs. 1 Nr. 1 EnWG mit der Richtlinie in Einklang zu bringen. Der EuGH hat jedoch eine solche richtlinienkonforme Auslegung verworfen und insgesamt die Richtlinienwidrigkeit festgestellt. Zudem würde, blieben als Folge des Urteils des EuGH andere Privilegien als die Freistellung vom freien Netzzugang (wie Ausnahmen von den Entflechtungsregelungen der §§ 6 ff. EnWG, der Kalkulation und Genehmigungspflicht von Netzentgelten, §§ 21, 23 a EnWG; in diesem Sinn Scholtka/Helmes, NVwZ 2008, 1310 [1311]) bestehen, ein Ausnahmeregime geschaffen, das der nationale Gesetzgeber so nicht gewollt hat.

2. Es bestehen Anhaltspunkte dafür, dass von dem Ausspruch der Europarechtswidrigkeit durch den EuGH nicht nur die Regelung des § 110 Abs. 1 Nr. 1, sondern auch die des § 110 Abs. 1 Nr. 2 EnWG erfasst wird, da die Gründe, die für die Unvereinbarkeit mit den Vorgaben der Richtlinie angeführt werden, auch auf die Bestimmung des § 110 Abs. 1 Nr. 2 EnWG zutreffen. Maßgebend für die Beurteilung ist der vom EuGH aufgestellte Grundsatz, dass im mitgliedstaatlichen Recht lediglich solche Ausnahmevorschriften von der Verpflichtung zur Gewährung von Netzzugang existieren dürfen, die in den Anwendungsbereich der in der Richtlinie abschließend normierten Ausnahmen oder Abweichungen fallen. Hierzu zählen nur die Art. 20 Abs. 2, Art. 3 Abs. 8 sowie Art. 26 Abs. 1 der Richtlinie. Die hierzu vom EuGH in Rn. 57 ff. seines Urteils angestellten Erwägungen deuten darauf hin, dass auch § 110 Abs. 1 Nr. 2 EnWG von keiner der in der Richtlinie vorgesehenen Ausnahmen oder Abweichungen vom Grundsatz des freien Netzzugangs zu Elektrizitätsverteilernetzen erfasst wird.

Die in Art. 20 Abs. 2 der Richtlinie vorgesehene Möglichkeit, den Netzzugang zu verweigern, wenn der Betreiber eines Verteilernetzes nicht über die nötige Kapazität verfügt, ist nach Auffassung des EuGH auf den Einzelfall bezogen und berechtigt die Mitgliedsstaaten nicht dazu, solche Ausnahmen generell vorzusehen, ohne dass im Einzelfall für den jeweiligen Betreiber die fehlende technische Kapazität des Netzes für den nachgefragten Zugang Dritter beurteilt wird.

Auch Art. 3 Abs. 8 der Richtlinie bildet keine hinlängliche Rechtsgrundlage, auf die die Ausnahme des § 110 Abs. 1 Nr. 2 EnWG gestützt werden könnte. Die Regelung wird nämlich nicht damit gerechtfertigt, dass die in den Anwendungsbereich dieser Bestimmung fallenden Netzbetreiber durch den freien Zugang an der Erfüllung ihrer gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen im Sinne von Art. 3 Abs. 8 der Richtlinie gehindert würden.

Schließlich ist die Ausnahmeregelung des § 110 Abs. 1 Nr. 2 EnWG auch nicht durch Art. 26 der Richtlinie legitimiert, da die Bundesrepublik Deutschland eine Ausnahme nach dieser Richtlinienvorschrift nicht beantragt hat und ihr von der Kommission auch nicht gewährt wurde.

In seinem Beschluss vom 11. November 2008 (Az. EnVR 1/08) hat der BGH es für möglich gehalten, dass die Wertung des EuGH, wonach § 110 Abs. 1 Nr. 1 EnWG mit Art. 20 Abs. 1 der Richtlinie unvereinbar ist, "auf die übrigen Alternativen des § 110 Abs. 1 EnWG zu übertragen ist." (S. 8 Rn. 19). Nach Überzeugung der Bayerischen Landesregulierungsbehörde verstoßen auch § 110 Abs. 1 Nr. 2 und 3 EnWG evident gegen Gemeinschaftsrecht, da sich dies nach Auffassung der Behörde aus den Urteilsgründen der EuGH-Entscheidung ergibt. Die Bayerische Landesregulierungsbehörde betrachtet sich daher als verpflichtet, auch § 110 Abs. 1 Nr. 2 und 3 EnWG zukünftig unangewendet zu lassen (Stellungnahme der Bayerischen Landesregulierungsbehörde zur Behandlung von Objektnetzen im Sinne des § 110 EnWG im Lichte der aktuellen Rechtsprechung des EuGH, Bl. 575 d. A.). Ebenso verfährt auch die Sächsische Landesregulierungsbehörde, wie von ihrer Vertreterin in der mündlichen Verhandlung erklärt wurde.

Die Frage, ob die Wertung des EuGH-Urteils auch die Regelung des § 110 Abs. 1 Nr. 2 EnWG erfasst (in diesem Sinne Stecher, CuR 2008, 59 [62]; Boesche/Wolf, ZNER 2008, 123 [126]; Becker RdE 2008, 248) und deshalb deren Europarechtswidrigkeit folglich Unanwendbarkeit nach sich zieht, kann indes dahinstehen.

3. Es fehlt nämlich an der für die Anwendung des § 110 Abs. 1 Nr. 2 b) EnWG erforderlichen Unzumutbarkeit, so dass eine Voraussetzung für die Feststellung der Objektnetz- eigenschaft gemäß Ziff. I des angefochtenen Bescheides der Landesregulierungsbehörde vom 12.7.2006 auch nach Maßgabe des § 110 Abs. 1 Nr. 2 EnWG nicht erfüllt ist.

a) Unzumutbarkeit i.S.d. § 110 Abs. 1 Nr. 2 EnWG ist nur dann anzunehmen, wenn bei Anwendung der Teile 2 und 3 sowie der §§ 4, 52 und 92 EnWG die vertraglichen Beziehungen zwischen dem Netzbetreiber bzw. seinem Beauftragten und den Letztverbrauchern so empfindlich gestört würden, dass die Realisierung des gemeinsamen übergeordneten Geschäftszwecks gefährdet ist, etwa durch erhebliche finanzielle Belastungen (Stötzel in Britz/Hellermann/Hermes, EnWG, § 110 Rz. 10; deWyl/Becker, ZNER 2006, 101 [108]). Der Netzbetreiber müsste durch eine uneingeschränkte Anwendung der allgemeinen Bestimmungen Nachteile erleiden, die größer wären als die für die Letztverbraucher mit einem freien Netzzugang verbundenen Vorteile. Hierbei ist ein eher strenger Maßstab anzulegen, da sich der Gesetzgeber - in Umsetzung von Art. 20 Abs. 1 der Richtlinie 2003/54/EG - grundsätzlich für die Freiheit des Netzzuganges ausgesprochen hat und daher die hierdurch für den Netzbetreiber typischerweise verbundenen Beeinträchtigungen seiner unternehmerischen Gestaltungsfreiheit per se keine Unzumutbarkeit begründen können. Vielmehr kommt eine solche nur in Betracht, wenn die Erschwernisse ihrer Art oder Intensität nach den Netzbetreiber in atypischer Weise belasten.

b) Hieran gemessen erleidet die Beteiligte zu 2. durch die Anwendung der allgemeinen Bestimmungen des EnWG keine unzumutbaren Erschwernisse.

aa) Der von der Beteiligten zu 2. herangezogene personelle und organisatorische Aufwand ist der gesetzgeberischen Konzeption immanent und daher grundsätzlich tragbar. Hieran ändert für sich gesehen auch nichts, dass bei vergleichsweise kleinen Netzen, wie jenem der Beteiligten zu 2., die für die Erfüllung der gesetzlichen Pflichten erforderlichen Ausgaben in Relation zum Energieverbrauch etwas höher sein mögen als bei großen Netzen. Auch hierbei handelt es sich um eine allgemeine strukturelle Folge der unternehmerischen Entscheidung, ein vergleichsweise kleines Netz zu betreiben, so dass der mit der Erfüllung gesetzlicher Pflichten verbundene finanzielle Aufwand zumindest nicht ohne weiteres genügen kann, um gegenüber Betreibern größerer Netze Privilegien bei der Freiheit des Netzzuganges erfahren zu können.

Hinzu kommt, dass dem vergleichsweise hohen Aufwand, den kleine Netzbetreiber durch eine uneingeschränkte Anwendung des Energiewirtschaftsgesetzes erfahren, auch auf anderem Wege als durch einen generellen Ausschluss eines Rechts auf freien Netzzugang begegnet werden kann. So kommt etwa eine gesetzgeberische Konzeption in Betracht, bei der das in § 23a EnWG vorgesehene Genehmigungsverfahren für Betreiber von Netzen auf einem räumlich zusammengehörenden Betriebsgebiet vereinfacht ausgestaltet wird. Gleiches gilt für die gesetzlichen Veröffentlichungspflichten, die Beitragsregelungen (§ 92 EnWG) und - wie geschehen - für die Vorschriften zur Entflechtung (vgl. § 7 Abs. 2, § 8 Abs. 6 EnWG, Art. 15 Abs. 2 a. E. der Richtlinie 2003/54/EG). Hinzu kommt, dass durch die Anreizregulierungsverordnung (ARegV) der Aufwand für die Ermittlung der Netznutzungsentgelte deutlich geringer geworden ist (Regulierungsperiode von fünf statt bisher einem Jahr [§ 3 Abs. 2 ARegV]; vereinfachtes Verfahren für Netzbetreiber mit weniger als 30.000 Stromkunden [§ 24 Abs. 1 ARegV]). Schließlich ist auch zu bedenken, dass die Netzkosten (Personalaufwand, Investitionen, Wartungskosten) in die Netznutzungsentgelte eingerechnet werden können und daher letztlich von den Netznutzern getragen werden.

bb) Nach dem Regelungszweck des EnWG ist auch unerheblich, dass die Beteiligte zu 2. die Energieversorgung lediglich als "Nebengeschäft" betreibt. Zum einen kann es für den durch die Bestimmungen über die Freiheit des Netzzugangs geschützten Kunden von vornherein keinen Unterschied machen, aus welchen unternehmerischen Motiven heraus das Netz betrieben wird, über welches er seine Elektrizitätsversorgung erhält. Zum anderen kann aber auch auf Seiten des Netzbetreibers kein energiewirtschaftsrechtlich sachgerechter Differenzierungsaspekt sein, aus welchen geschäftspolitischen Erwägungen er sich entschlossen hat, ein eigenes Netz einzurichten.

Die von der Beteiligten zu 2. angeführten sicherheits- technischen Aspekte sind ohne inneren Zusammenhang mit Fragen des Netzzugangs. Ebenso wenig kann eine Unzumutbarkeit i. S. v. § 110 Abs. 1 Nr. 2 lit. b EnWG aus der räumlichen Begrenztheit des Versorgungsgebiets abgeleitet werden. Diese ist normative Grundvoraussetzung für eine Anerkennung als Dienstleistungsnetz und kann daher - soll das kumulative Erfordernis nicht leerlaufen - nicht zugleich als Begründung für eine Unzumutbarkeit dienen.

cc) Die über das Netz der Beteiligten zu 2. insgesamt verteilte Energiemenge ist auch nicht derart gering, dass sich eine Unzumutbarkeit ohne sonstige - weder vorgetragene noch ersichtliche - Besonderheiten von alleine verstünde.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 90 S. 2 EnWG. Angesichts des Unterliegens sieht der Senat es als billig an, dem Beschwerdegegner (Beteiligter zu 1.) die Gerichtskosten und die der Beschwerdeführerin entstandenen notwendigen Auslagen aufzuerlegen. Aus dem Unterliegen folgt weiter, dass der Beschwerdegegner und die weitere Beteiligte ihre außergerichtlichen Auslagen selbst zu tragen haben.

Die Festsetzung des Gegenstandswerts für das Beschwerdeverfahren hat seine Grundlage in § 50 Abs. 1 Nr. 2 GKG, 3 ZPO. Der Senat bemisst das für die Streitwertfestsetzung maßgebliche Interesse der Antragstellerin (OLG Düsseldorf ZNER 2008, 171 [174]) mit 600.000,00 EUR.

Der Senat hat die Rechtsbeschwerde gegen die Entscheidung zugelassen, da die streitgegenständlichen Fragen grundsätzliche Bedeutung i.S.d. § 86 Abs. 2 Nr. 1 EnWG haben.

Ende der Entscheidung

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