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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Dresden
Beschluss verkündet am 04.04.2006
Aktenzeichen: WVerg 1/06
Rechtsgebiete: GWB


Vorschriften:

GWB § 128 Abs. 1
Die von Verfahrensbeteiligten an einem Vergabenachprüfungsverfahren nach § 128 Abs. 1 GWB zu tragenden Kosten verjähren entweder binnen drei Jahren nach dem Ende des Kalenderjahres der Fälligstellung der Kostenschuld oder - unabhängig hiervon - binnen vier Jahren nach Eingang des Nachprüfungsantrags bei der Vergabekammer.
Oberlandesgericht Dresden Beschluss

Aktenzeichen: WVerg 1/06

vom 04.04.2006

In dem Vergabenachprüfungsverfahren

wegen Kosten

hat der Vergabesenat des Oberlandesgerichts Dresden ohne mündliche Verhandlung durch

Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Bastius, Richter am Oberlandesgericht Piel und Richter am Oberlandesgericht Bokern

beschlossen:

Tenor:

1. Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin vom 23.01.2006 wird der Beschluss der 1. Vergabekammer des Freistaates Sachsen vom 22.12.2005 - 1/SVK/122-01 - aufgehoben.

2. Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben, außergerichtliche Kosten nicht erstattet.

3. Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 3 000,00 EUR festgesetzt.

Gründe:

I.

Mit dem angefochtenen Beschluss hat die Vergabekammer der Beschwerdeführerin die zugleich auf 3 000,00 EUR festgesetzten Kosten (Gebühren und Auslagen) auferlegt, die in einem von der Beschwerdeführerin am 09.11.2001 eingeleiteten und durch Antragsrücknahme am 21.11.2001 beendeten Nachprüfungsverfahren entstanden sein sollen; die Antragsgegner hatten seinerzeit erklärt, keinen Kostenantrag zu stellen.

Die Beschwerdeführerin hält die ihrem Verfahrensbevollmächtigten am 13.01.2006 zugestellte Kostenentscheidung der Kammer - diese hatte die Übermittlung der Entscheidung an die Beteiligten am 11.01.2006 veranlasst - jedenfalls deshalb für verfehlt, weil der Zahlungsanspruch nach den einschlägigen Bestimmungen des Verwaltungskostenrechts im Zeitpunkt dieser Zustellung bereits erloschen gewesen sei.

II.

Ihre hierauf gestützte sofortige Beschwerde ist in zulässiger Weise erhoben und hat auch in der Sache Erfolg.

Das Nachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer ist ungeachtet seiner gerichtsförmigen Ausgestaltung ein Verwaltungsverfahren, auf dessen Kosten nach der ausdrücklichen Regelung in § 128 Abs. 1 GWB das Verwaltungskostengesetz Anwendung findet. Danach verjährt der Anspruch auf Zahlung von Kosten (mit der Folge, dass er mit Ablauf der Verjährungsfrist erlischt, § 20 Abs. 1 S. 3 VwKostG) entweder nach drei Jahren, beginnend mit dem Ablauf des Kalenderjahres der Fälligstellung der Gebührenschuld durch Bekanntgabe der Kostenentscheidung an den Kostenschuldner (§ 20 Abs. 1 S. 1, 1. Alt. i.V.m. § 17 VwKostG), oder spätestens mit dem Ablauf des 4. Jahres nach Entstehung der Kostenschuld (§ 20 Abs. 1 S. 1, 2. Alternative VwKostG), die sich wiederum nach § 11 VwKostG richtet. In der verwaltungsrechtlichen Rechtsprechung und Literatur besteht insoweit Einigkeit darüber, dass § 20 Abs. 1 VwKostG zwei in ihren Voraussetzungen voneinander unabhängige und deshalb separat zu prüfende Verjährungstatbestände enthält, wobei maßgebend für den wegen § 20 Abs. 1 S. 3 VwKostG von Amts wegen zu beachtenden Verjährungseintritt das für den Kostenschuldner günstigere Ergebnis ist (vgl. BVerwG, Urt. vom 24.02.2005, 3 C 38/04, 3 C 39/04 und 3 C 56/04 unter Bestätigung gleichlautender Entscheidungen des VGH Kassel und des OVG Berlin; s. auch NVwZ-RR 2005, 513 ff.; ebenso Schlabach, Verwaltungskostenrecht Loseblattsammlung Stand August 2004, § 20 VwKostG Rn. 2 ff.). Nach diesen Maßstäben sind im vorliegenden Fall die von der Beschwerdeführerin ursprünglich ggf. geschuldeten Kosten des Nachprüfungsverfahrens mit Ablauf des 09.11.2005, spätestens aber mit Ablauf des 31.12.2005 und damit vor dem Wirksamwerden der angefochtenen Kostenentscheidung gegenüber der Beschwerdeführerin erloschen.

Denn Verjährung ist zwar nicht gem. § 20 Abs. 1 S. 1, 1. Alt. i.V.m. § 17 VwKostG eingetreten, weil die Fälligkeit der Gebührenschuld frühestens mit der Zustellung des vorgenannten Beschlusses an den Verfahrensbevollmächtigten der Beschwerdeführerin herbeigeführt worden sein könnte. Dessen ungeachtet setzt aber § 20 Abs. 1 S. 1, 2. Alt. VwKostG eine absolute Grenze für die Verjährung, deren Beginn gerade nicht die vorherige Fälligstellung der Kosten voraussetzt, weil diesem Verjährungstatbestand sonst neben § 20 Abs. 1 S. 1, 1. Alt. VwKostG keine selbständige Bedeutung zukäme; § 20 Abs. 1 S. 2 VwKostG bezieht sich somit ausschließlich auf die normale dreijährige Verjährung, weil diese notwendigerweise stets bereits abgelaufen wäre, bevor die vierjährige Verjährung Platz greifen könnte, wenn man auch Letztere von der Fälligkeit der Kostenschuld abhängig machen wollte (vgl. BVerwG und Schlabach jeweils aaO.).

Bei der vierjährigen Verjährung hängt der Fristbeginn demnach allein vom Eingang des Antrags auf Vornahme einer Verwaltungshandlung bei der zuständigen Behörde oder vom Ende der gebührenpflichtigen Amtshandlung ab, § 11 Abs. 1 VwKostG. Da das Nachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer gem. § 107 Abs. 1 GWB notwendig eines verfahrenseinleitenden Antrags bedarf, kommt es im vorliegenden Fall mithin für den Verjährungsbeginn auf den Eingang dieses Antrags, d. h. hier auf den 09.11.2001 an, so dass die Kostenschuld der Beschwerdeführerin mit Ablauf des 09.11.2005 und damit noch vor der Bekanntmachung der angegriffenen Kostenentscheidung erloschen war.

An diesem Ergebnis würde sich im Übrigen selbst dann nichts ändern, wenn man § 20 Abs. 1 S. 2 VwKostG wenigstens insoweit entsprechend auf die 1. Alternative von § 20 Abs. 1 S. 1 VwKostG anwenden wollte, dass man die an ein Ereignis i.S.d. § 11 VwKostG anknüpfende Verjährungsfrist zwar unabhängig von einer Fälligstellung der Kostenschuld, aber doch erst am Ende des Kalenderjahres beginnen lassen wollte, in welches das fristauslösende Ereignis (hier die Antragstellung nach § 107 GWB) fällt. Denn auch dann wäre der streitbefangene Kostenanspruch (mit Ablauf des 31.12.2005) vor der Zustellung der Kostenentscheidung an den Schuldner untergegangen gewesen. Sonstige verjährungsunterbrechende Maßnahmen (vgl. § 20 Abs. 3 VwKostG) hat die Vergabekammer nicht ergriffen.

Vor diesem Hintergrund ist der angefochtene Beschluss ersatzlos aufzuheben. Die Entscheidung zu den Gerichtskosten beruht auf § 21 Abs. 1 GKG; ihre außergerichtlichen Kosten hat die Beschwerdeführerin demgegenüber selbst zu tragen, weil eine Rechtsgrundlage für einen Kostenerstattungsanspruch gegenüber anderen Beteiligten (die im Beschwerdeverfahren auch keine Stellungnahme abgegeben haben) nicht ersichtlich ist. Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens ergibt sich aus dem von der Beschwerdeführerin darin verfolgten Kosteninteresse.

Ende der Entscheidung

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