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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 18.11.2002
Aktenzeichen: 1 U 33/01
Rechtsgebiete: DÜG, ZPO


Vorschriften:

DÜG § 1
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 100 Abs. 4
ZPO § 108 Abs. 1 S. 1
ZPO § 543 Abs. 2
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 711 S. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

1 U 33/01

Verkündet am 18. November 2002

In dem Rechtsstreit

hat der 1. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 23. September 2002 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. E den Richter am Oberlandesgericht und die Richterin am Landgericht S

für Recht erkannt:

Tenor:

I.

Die Berufung des Klägers und die Anschlussberufung der Beklagten gegen das am 18. Januar 2001 verkündete Teil- und Grund-Urteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Duisburg werden zurückgewiesen.

II.

Die Kosten des Berufungsrechtszugs werden wie folgt verteilt:

Der Kläger trägt 81 % der Gerichtskosten, 81 % der eigenen außergerichtlichen Kosten und 81 % der außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1. und 3.

Die Beklagten zu 1. bis 3. tragen gesamtschuldnerisch 19 % der Gerichtskosten und 19 % der außergerichtlichen Kosten des Klägers.

Die Beklagten zu 1. und 3. tragen ferner gesamtschuldnerisch 19 % der eigenen außergerichtlichen Kosten.

Der Beklagte zu 2. trägt die gesamten eigenen außergerichtlichen Kosten.

III.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagten zu 1. bis 3. dürfen die Zwangsvollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung in Höhe von 14.500,00 € abwenden, und der Kläger darf die Zwangsvollstreckung der Beklagten zu 1. und 3. durch Sicherheitsleistung in Höhe von 10.500,00 € abwenden, wenn nicht die jeweils die Zwangsvollstreckung betreibende Partei vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit in jeweils gleicher Höhe leiste.

Die Sicherheiten können auch durch die unbedingte, unbefristete und selbstschuldnerische Bürgschaft einer in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Großbank oder öffentlichen Sparkasse oder einer der Sicherungseinrichtung des Bundesverbandes der Volksbanken und Raiffeisenbanken angeschlossenen Genossenschaftsbank erbracht werden.

Tatbestand:

Der Kläger nimmt die Beklagten auf Erstattung seines materiellen und immateriellen Schadens aus einem Verkehrsunfall vom 2. März 2000 um 6.55 Uhr auf der A 31, Fahrtrichtung E, Anschlussstelle Sch, in Anspruch.

Die Zeugin S K war auf winterglatter Fahrbahn mit ihrem Pkw Peugeot 106, RE-SK 980 in Höhe der Beschleunigungsspur der Anschlussstelle Sch ins Schleudern gekommen Ihr Fahrzeug stand anschließend quer zur Fahrtrichtung, entweder teilweise auf dem Grünstreifen und teilweise auf der Beschleunigungsspur oder teilweise auf der Beschleunigungsspur und teilweise auf dem rechten der beiden Richtungsfahrstreifen, wobei auch streitig ist, in welcher Höhe. Kurz danach kam der Kläger als Fahrer des Pkw Daimler Benz 210 K der S C B G, ST auf der Fahrbahn der A 31 ebenfalls ins Schleudern, geriet zunächst an die Mittelleitplanke und dann hinter dem Ende der Beschleunigungsspur gegen die Seitenleitplanke, wo er mit der Front entgegen der Fahrtrichtung stehen blieb. Der Kläger stieg aus und begab sich zu Fuß zu der Zeugin K und ihrem Peugeot 106 zurück. Er und die Zeugin hielten sich danach im Umfeld des Peugeot 106 auf, wo genau, ist streitig.

Die Beklagte zu 1. geriet mit dem bei der Beklagten zu 3 haftpflichtversicherten BMW Z 3 ihres Lebensgefährten, des Beklagten zu 2., E auf der Fahrbahn der A 31 ebenfalls ins Schleudern, stieß gegen den Peugeot 106 der Zeugin K und verletzte bei dem weiteren Auslaufen des BMW Z 3 die Zeugin K und den Kläger. Der Kläger trug unter anderem ein Schädel-Hirn-Trauma, eine drittgradig offene sprunggelenksnahe Unterschenkeltrümmerfraktur rechts und eine Sprunggelenksluxationsfraktur links davon.

Der Kläger hat mit der vorliegenden Klage ein Schmerzensgeld von 100.000,00 DM und Erstattung materiellen Schadens von bislang 15.864,19 DM verlangt sowie die Feststellung der Verpflichtung zur Erstattung künftiger materieller und immaterieller Schäden begehrt. Der Kläger hat vorgetragen:

Der Peugeot 106 der Zeugin K sei quer zur Fahrbahn halb auf dem Grünstreifen und halb auf der Beschleunigungsspur zum Stillstand gekommen und habe mit der Front zur Fahrbahn gestanden. Er und die Zeugin K hatten hinter dem Fahrzeug gestanden, als die Beklagte zu 1. mit dem BMW Z 3 gegen den Peugeot 106 geprallt sei und den Kläger weggeschleudert habe. Die Ausgangsgeschwindigkeit der BMW Z 3 habe mehr als 100 km/h betragen.

Der Kläger hat beantragt,

1.

die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, ein angemessenes Schmerzensgeld nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz nach § 1 des Diskontüberleitungsgesetzes vom 9. Juni 1998 seit dem 2. März 2000 zu zahlen.

2.

festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner sämtlichen materiellen und immateriellen Schaden aufgrund des Unfalls vom 2. März 2000 zu tragen hätten, soweit er nicht auf Sozialversicherungsträger übergegangen sei;

3.

die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger 15.864,19 DM nebst 5 % Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagten haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagten haben vorgetragen:

Der Peugeot 106 der Zeugin K habe halb in den rechten Fahrstreifen hineingeragt. Der Kläger und die Zeugin K hätten vor dem Peugeot 106 auf der Fahrbahn gestanden. Die Verletzungen habe der Kläger nicht allein durch den Aufprall des BMW Z 3, sondern zum Teil bereits durch den eigenen Vorunfall mit dem Mercedes erlitten. Die materiellen Schäden würden nach Grund und Höhe bestritten.

Durch das angefochtene Teil- und Grund-Urteil hat das Landgericht die Beklagten dem Grunde nach als Gesamtschuldner verurteilt, dem Kläger die infolge des Unfalls entstandenen materiellen Schäden zu ersetzen, und festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner dem Kläger die noch entstehenden materiellen Schäden zu ersetzen hätten, soweit diese nicht auf Sozialversicherungsträger übergegangen seien. Im übrigen hat es die Klage abgewiesen.

Das Landgericht hat ausgeführt:

Eine Haftung des Beklagten zu 2. (Halter) auf Schmerzensgeld scheide mangels eigenen Verschuldens aus.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sei auch ein Verschulden der Beklagten zu 1. an dem Unfall nicht festzustellen, so dass diese und die Beklagte zu 3. ebenfalls nicht auf Schmerzensgeld in Anspruch genommen werden könnten. Die Beweisaufnahme habe nicht ergeben, dass das Blitzeis für die Beklagte zu 1 vorhersehbar gewesen sei.

Für die entstandenen materiellen Schäden hafteten die Beklagten dem Grunde nach aufgrund der Betriebsgefahr des BMW Z 3. Ein Mitverschulden des Klägers, der neben dem Wagen der Zeugin K auf dem Grünstreifen gestanden habe, sei nicht festzustellen. Die Art der Verletzungen des Klägers sowie der Beschädigungen von Gegenständen schließe aus, dass diese bereits bei seinem eigenen Erstunfall entstanden seien.

Mit der gegen dieses Urteil eingelegten Berufung verfolgt der Kläger hinsichtlich der Beklagten zu 1. und 3. den abgewiesenen Teil seines Klagebegehrens weiter.

Er trägt vor:

Die Beklagte zu 1. habe den Unfall verschuldet. Aufgrund des neben der Fahrbahn sichtbaren Rauhreifs und der unter 0 ° C liegenden Temperaturen hätte sie damit rechnen müssen, dass die Fahrbahn zumindest teilweise vereist sein könne. Zudem hätten sich auf der Gegenfahrbahn bereits mehrere Unfälle ereignet gehabt. Polizeifahrzeuge mit weithin sichtbarem Blaulicht seien bereits da gewesen. Auch den Unfall auf ihrer Fahrbahn habe die Beklagte zu 1. wahrnehmen können. Anhaltspunkte für eine Fremdeinwirkung auf ihr Fahrzeug seien nicht ersichtlich. Wo das Blitzeis begonnen habe, sei unbeachtlich. Wenn es bei Sicht auf die verunfallten Fahrzeuge für ein Bremsen bereits zu spät gewesen sei, sei der Beklagten zu 1. schon daraus ein Fahrlässigkeitsvorwurf zu machen. Sie sei mit mehr als 120 km/h in den Peugeot 106 gerast.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils

1.

die Beklagten zu 1. und 3. zu verurteilen, an den Kläger ein angemessenes Schmerzensgeld nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz nach § 1 des Diskontüberleitungsgesetzes vom 9. Juni 1998 seit dem 2. März 2000 zu zahlen.

2.

festzustellen, dass die Beklagten zu 1. und 3. als Gesamtschuldner sämtliche zukünftigen immateriellen Schäden aufgrund des Unfalls vom 2. März 2000 zu tragen hätten, soweit diese nicht auf Sozialversicherungsträger übergegangen seien.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen,

sowie im Wege der Anschlussberufung,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage in vollem Umfang abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Anschlussberufung zurückzuweisen.

Die Beklagten tragen gegenüber der Berufung vor:

Die Beklagte zu 1. habe den Umständen nach nicht mit Glatteis rechnen müssen. Dass die hierfür von der Rechtsprechung kumulativ geforderten Anzeichen vorgelegen hätten, werde nicht behauptet. Dass Raureif sichtbar gewesen sei, werde bestritten. Sichtbare Unfälle auf der Gegenfahrbahn seien kein Anzeichen für plötzliches Glatteis auf der eigenen Fahrbahn. Dass sich für die Beklagte zu 1. rechtzeitig sichtbar auf der Gegenfahrbahn mehrere Unfälle ereignet gehabt hätten, werde bestritten. Auch aus Unfallfahrzeugen auf dem Seitenstreifen könne nicht auf plötzliches Glatteis geschlossen werden. Es sei auch ungeklärt, ob es bei Wahrnehmung verunfallter Fahrzeug für ein Verlangsamen des eigenen Fahrzeugs nicht bereits zu spät gewesen sei.

Nach dem Ergebnis der erstinstanzlichen Beweisaufnahme habe der Peugeot 106 teils auf dem Standstreifen, teils auf dem Grünstreifen gestanden. Der Unfall habe sich mithin nicht auf, sondern neben der Fahrbahn zugetragen. Von überhöhter Geschwindigkeit könne nicht die Rede sein.

Zur Begründung der Anschlussberufung machen die Beklagten geltend. Der Peugeot 106 sei auf dem Beschleunigungsstreifen zum Stillstand gekommen, also im Bereich der Fahrbahn. Auf diese habe der Kläger sich gestellt. Sein Aufenthalt auf dem Beschleunigungsstreifen sei die eigentliche Unfallursache. Ihn treffe ein erhebliches Mitverschulden, hinter welches ein etwaiges Verschulden der Beklagten gänzlich zurücktrete. Zumindest einen Teil seiner Verletzungen - wenn auch nicht die Beinverletzungen - könne der Kläger sich schon bei seinem Erstunfall zugezogen haben.

Der Kläger tritt der Anschlussberufung entgegen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die von ihnen gewechselten Schriftsätze, auf die zu den Gerichtsakten überreichten Unterlagen, auf die Sitzungsniederschriften und auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Die Akte 64 Js 585/00 StA Essen hat zur Information vorgelegen und ist Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Der Senat hat Beweis erhoben. Wegen des Ergebnisses wird auf die Niederschrift über die öffentliche Sitzung vom 7. Januar 2002, auf das schriftliche Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen Dipl.-Ing. M S vom 24. April 2002 mit mündlicher Erläuterung gemäß Niederschrift über die öffentliche Sitzung vom 23. September 2002 und auf das schriftliche Gutachten des Deutschen Wetterdienstes vom 26. August 2002 verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Beide Rechtsmittel bleiben ohne Erfolg.

I.

Die zulässige Berufung des Klägers, mit welcher der Kläger die gegen die Beklagten zu 1. und 3. gerichteten Anträge auf Erstattung immateriellen Schadens aus dem Verkehrsunfall vom 2. März 2000 gegen 6.55 Uhr auf der A 31 in Fahrtrichtung Emden in Höhe der Anschlussstelle Sch weiter verfolgt, ist nicht begründet. Mit "Verkehrsunfall" ist dabei im Sprachgebrauch der vorliegenden Entscheidungsgründe stets der für den Kläger bereits zweite Unfall gemeint, in welchen er nach dem Verlassen des zuvor verunfallten Mercedes im Rahmen des Kollisionsgeschehens zwischen dem Peugeot 106 der Zeugin K und dem von der Beklagten zu 1. gefahrenen BMW Z 3 verwickelt wurde.

1.

Ansprüche auf Erstattung immateriellen Schadens (§§ 823, 831, 847 BGB, § 3 PflVersG) setzen Verschulden der als Fahrer und/oder Halter unmittelbar in Anspruch genommenen bzw. versicherten Personen voraus.

2.

Ein Verschulden des Beklagten zu 2. als des Halters des von der Beklagten zu 1. gefahrenen BMW Z 3, für welches die Beklagte zu 3. dem Kläger einzustehen hätte, wird im Berufungsrechtszug nicht geltend gemacht.

3.

Ein Verschulden der Beklagten zu 1. als der berechtigten Fahrerin des BMW Z 3 zum Zeitpunkt des Unfalls, für welches die Beklagte zu 3. ebenfalls eintrittspflichtig wäre, haben die Beweisaufnahme und die mündliche Verhandlung nicht ergeben.

a)

Der Senat hat trotz eingehender Beweisaufnahme wesentliche Teile des Unfallgeschehens nicht aufklären können.

Nachdem schon die Anhörungen der Parteien und die Vernehmung der Zeugen ein klares Bild von dem Unfallhergang nicht ergeben hatten, hat der Senat auch mit Hilfe des gerichtlichen Sachverständigen Dipl.-Ing. M S (vgl. schriftliches Gutachten vom 24. April 2002 und mündliche Erläuterung im Senatstermin vom 23. September 2002) nicht herausfinden können, wo genau der Peugeot 106 der Zeugin H zum Zeitpunkt des Anstoßes mit dem BMW Z 3 stand,

auf welchem Fahrstreifen der BMW Z 3 sich genähert hatte,

welche Kollisionsgeschwindigkeit der BMW Z 3 hatte,

wie hoch - hiermit zusammenhängend - die Ausgangsgeschwindigkeit des BMW Z 3 bei dem Einsetzen von dessen Schleudervorgang gewesen war,

was letztlich - ggfs. in Verbindung mit Fahrbahnglätte - die Schleuderbewegung des BMW Z 3 eingeleitet hatte,

ob und wie die Beklagte zu 1. nach Beginn des Schleudervorgangs noch versucht hatte, eine Kollision mit dem Peugeot 106 und/oder den beiden in seiner Nähe befindlichen Personen zu vermeiden,

wo genau die Zeugin K und der Kläger sich im Umfeld des Peugeot 106 aufgehalten hatten.

Fest steht als Kerngeschehen nur, dass der BMW Z 3 schleuderte und mit dem Heck in Fahrtrichtung gegen die rechte Längsseite des annähernd quer zum Fahrbahnverlauf stehenden Peugeot 106 prallte, und dass beide Fahrzeuge durch den Erstkontakt in Rotation versetzt wurden, in deren Folge es zu einem Sekundärkontakt zwischen dem Peugeot 106 und der Fahrertür des BMW Z 3 kam.

Bei diesem Geschehen dürften die Zeugin K und der Kläger von der linken Längsseite des Peugeot 106 erfasst und in die Fundlage geschleudert worden sein, ohne dass dieser letztgenannte Vorgang von einer der betroffenen oder der beobachtenden Personen konkret so hätte wiedergegeben werden können.

b)

Ein unfallursächliches Verschulden der Beklagten zu 1. lässt sich auf dieser tatsächlichen Grundlage nicht feststellen, auch nicht mit Hilfe der Grundsätze über den Anscheinsbeweis.

Insbesondere steht eine überhöhte Annäherungsgeschwindigkeit der Beklagten zu 1. nicht fest.

Stand der Peugeot 106 zum Zeitpunkt der Erstkollision mit dem BMW Z 3 weitestgehend auf dem rechten Fahrstreifen, dann können die Kollisionsgeschwindigkeit des BMW 73 - 88 km/h und die Ausgangsgeschwindigkeit des BMW bis zu 120 km/h betragen haben.

Stand der Peugeot 106 hingegen zumindest mit dem Frontbereich auf dem Grünstreifen, dann können die Kollisions- und die Ausgangsgeschwindigkeit des BMW Z 3 auch deutlich geringer als 73 km/h bzw. 120 km/h gewesen sein.

Die erstgenannte Möglichkeit darf zu Lasten der Beklagten zu 1. nicht zugrundegelegt werden, weil die letztgenannte Möglichkeit nicht auszuschließen ist, vielmehr nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme im übrigen viel für sie spricht. Sowohl die Zeugin K als auch der unbeteiligte Zeuge S haben bekundet, der Peugeot 106 habe schräg gestanden, dabei aber "bis auf das Heck im Grün" (K) bzw. "mehr zum Grün hin als auf dem Beschleunigungsstreifen" (S ). Nach diesem Beweisergebnis darf zu Lasten der Beklagten zu 1. und 3. nur ein Unfallhergang zugrundegelegt werden, wie der Sachverständige ihn in Anlage 13 zu seinem Gutachten zeichnerisch dargestellt hat. Ob die Beklagte zu 1. - mit, wie gesagt, nicht bekannter Ausgangsgeschwindigkeit, die deutlich unter 120 km/h gelegen haben kann - von dem rechten oder von dem linken Fahrstreifen aus mit dem BMW Z 3 ins Schleudern geriet und was letztlich den Schleudervorgang ausgelöst hatte - es kann, insbesondere wenn der BMW in Höhe der Auffahrt Sch von dem rechten auf den linken Fahrstreifen bewegt worden war, wie bei der Zeugin K und zuvor bei dem Kläger Eis oder überfrierende Nässe gewesen sein -, hat sich ebenfalls auch durch die Parteianhörungen und mit Hilfe der Zeugenaussagen nicht klären lassen. Dass die Beklagte zu 1. mit ihrer Annäherungsgeschwindigkeit von möglicherweise deutlich weniger als den unter optimalen Bedingungen im Streckenabschnitt zulässigen 120 km/h unter den örtlich für sie auf und außerhalb der Fahrbahn erkennbaren Verhältnissen noch immer zu schnell gewesen sein sollte, lässt sich nicht feststellen. Die Höhe der gefahrenen Geschwindigkeit ist nicht zu ermitteln. Es kann auch nicht gesagt werden, dass die Beklagte zu 1. in der konkreten Situation mit dem plötzlichen Auftreten von "Blitzeis"/Fahrbahnglätte hätte rechnen müssen. Dafür, wann dies der Fall ist, lassen sich starre Regeln nicht aufstellen. Es kommt immer auf die im Einzelfall konkret erkennbaren Umstände an (vgl. z.B. Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 35. A., § 3 StVO, Rdn. 21, mit weiteren Nachweisen). Auch bei 0 ° C muss ein Kraftfahrer ohne besondere Anzeichen auf trockener Fahrbahn nicht mit Glatteis rechnen, auch nicht ohne weiteres in den frühen Morgenstunden im Winter und auch nicht in jedem Fall bei Reif. Dass die Fahrbahn der A 31 im Streckenabschnitt erkennbar nass oder feucht gewesen sein - so dass die Beklagte zu 1. sich möglicherweise schon deshalb bei Temperaturen um 0 ° C kurz vor 7.00 Uhr an einem 2. März auf Fahrbahnglätte hätte einstellen müssen -, wird nicht behauptet. Auch dass Reif nicht lediglich auf dem mittleren und seitlichen Grünstreifen, sondern auch auf der Fahrbahn wahrnehmbar gewesen sei, behauptet der Kläger nicht. Dass sich auf der Gegenfahrbahn ein Unfall oder mehrere Unfälle ereignet haben mochte(n) und dass die Polizei bereits mit Blaulicht an der dortigen Unfallstelle war, bedeutete, selbst wenn dies für die Beklagte zu 1. rechtzeitig wahrnehmbar gewesen sein sollte, noch keinen Hinweis auf einen Unfall, der sich gerade wegen plötzlicher Straßenglätte ereignet hatte. Entsprechendes gilt, soweit sich - wie zu Lasten der Beklagten nur zugrundegelegt werden darf - nicht etwa auf den beiden Richtungsfahrstreifen, sondern neben; diesen, teils auf dem Beschleunigungsstreifen einer Auffahrt und teils auf dem seitlichen Grünstreifen, ein einzelnes liegengebliebenes Fahrzeug der Peugeot 106 befand.

Der Vorwurf zu hoher Annäherungsgeschwindigkeit ist der Beklagten zu 1. unter diesen Umständen auch nicht zu machen, wenn man ferner berücksichtigt, dass vor dem Unfall in der aus den von dem Deutschen Wetterdienst übermittelten Wetterberichten ersichtlichen allgemeinen Weise im Rundfunk vor Straßenglätte gewarnt worden war. Zunächst ist der Fahrer auch zur Winterzeit nicht verpflichtet, Autoradio zu hören und insbesondere über Autoradio ständig die Wettervorhersagen zu verfolgen. Wäre es anders, müssten der Einbau und die Benutzung von Rundfunkgeräten in jedem Fahrzeug vorgeschrieben sein. Im übrigen sind allgemeine Vorhersagen des Inhalts, im Lauf der Nacht abklingende Niederschläge könnten besonders im Bergland für Straßenglätte sorgen, doch auch in tieferen Lagen würden die Straßen in der Nacht streckenweise glatt, zwar geeignet, Autofahrer, die am frühen Morgen kurz vor 7.00 Uhr unterwegs sind, zu allgemeiner Vorsicht und Wachsamkeit anzuhalten. Sie lassen ihn aber nicht erkennen, in welchen Streckenabschnitten des Flachlands - wie hier in Höhe der Anschlussstelle Sch - um diese Zeit mit Fahrbahnglätte zu rechnen ist. Über die tatsächliche Fahrweise der Beklagten zu 1., insbesondere ihre Geschwindigkeit, ist im übrigen zu wenig bekannt, als dass man sagen könnte, die Beklagte zu 1. sei nicht ohnehin so gefahren, wie man es von einem Autofahrer, welcher die allgemeinen Wettervorhersagen gehört hatte, hätte erwarten dürfen.

Beim Schleudern eines Fahrzeugs mit nachfolgendem Abkommen von der Fahrbahn infolge Eisglätte kann allerdings unter bestimmten Umständen der Beweis des ersten Anscheins für ein Verschulden des Kraftfahrers sprechen (vgl. BGH VersR 1969, 895; BGH VersR 1971, 842, jeweils mit weiteren Nachweisen). Der Senat sieht für einen derartigen Anscheinsbeweis keine tragfähige Grundlage. Einiges spricht dafür, dass die Beklagte zu 1) - nicht anders als der Kläger - ohne warnende Anzeichen plötzlich auf Glatteis gestoßen ist. Jedenfalls war die Glätte für sie, wie ausgeführt, nicht vorhersehbar. Dann fehlt es aber an einer entscheidenden Voraussetzung dafür, prima facie auf eine Sorgfaltswidrigkeit der Beklagten zu 1) zu schließen (vgl. OLG Celle, Urt. v. 21.03.2002, 14 U 176/01 mit Hinweis auf OLG Schleswig, VersR 1999, 375 mit Nichtannahmebeschluss des BGH VI ZR 303/97)

Auch eine vorwerfbare Fehlreaktion der Beklagten zu 1. bei dem Fahrmanöver, das zu der Schleuderbewegung geführt hatte, oder nach dem Einsetzen der Schleuderbewegung lässt sich nicht feststellen. Insbesondere wäre ihr nicht vorwerfbar, wenn sie bei Wahrnehmung des rechts voraus liegen gebliebenen Peugeot 106 von dem rechten auf den linken Fahrstreifen gewechselt haben und hierbei auf glatter Fahrbahn ins Schleudern geraten sein sollte. Der Sachverständige hat es mit Recht als normale und natürliche Reaktion bezeichnet, dass man Raum zwischen ein verunglücktes und das eigene Fahrzeug zu bringen versucht.

II.

Die zulässige Anschlussberufung der Beklagten zu 1. bis 3., mit welcher die Beklagten die Klage auch insoweit abgewiesen haben wollen, als es um die Erstattung des dem Kläger durch den Verkehrsunfall entstandenen materiellen Schadens geht, bleibt ebenfalls ohne Erfolg.

Die Beklagten schulden dem Kläger, der bei dem Betrieb des von der Beklagten zu 1. gefahrenen und bei der Beklagten zu 3. haftpflichtversicherten BMW Z 3 des Beklagten zu 2. verletzt wurde, gesamtschuldnerisch Erstattung seines vollen durch den Verkehrsunfall entstandenen und wahrscheinlich noch entstehenden materiellen Schadens (§§ 7, 17, 18 StVG, § 3 PflVersG).

1.

Unabwendbarkeit des Unfalls für die Beklagte zu 1 steht schon deshalb nicht fest, weil die Beklagten angesichts der nur teilweise möglichen Aufklärung des Unfallgeschehens nicht beweisen können, dass auch ein besonders vorsichtiger Fahrer in der Situation der Beklagten zu 1. den Unfall nicht hätte vermeiden können.

Auch fehlendes Verschulden der Beklagten zu 1 steht unter diesen Umständen nicht fest.

2.

Auf der anderen Seite kann der Senat ein Mitverschulden des Klägers an der eigenen Verletzung im Rahmen des Kollisionsgeschehens zwischen dem BMW Z 3 und dem Peugeot 106 nicht feststellen.

Der Kläger und die Zeugin K dürften - so der gerichtliche Sachverständige - im Rahmen dieses Kollisionsgeschehens von der linken Längsseite des Peugeot 106 erfasst und in die Fundlage geschleudert worden sein.

Wenn es so war, ist dem Kläger daraus ein Schuldvorwurf nicht zu machen. Nach der Aussage des Zeugen S vor dem Senat standen der Kläger und die Zeugin K zwei bis drei Meter neben dem Peugeot auf dem Grünstreifen. Der Zeuge sah dann, wie der Mann die Frau packte, und sah unmittelbar danach, wie der BMW in den Peugeot fuhr. Diese Beobachtung deutet darauf hin, dass der Kläger nach dem eigenen Erstunfall, den er weiter voraus in Fahrtrichtung E erlitten hatte und nach welchem er sich zurück zu der Unfallstelle des Peugeot 106 begeben hatte, um nach der Zeugin M zu sehen, soeben erst an dem Peugeot 106 und bei der Zeugin K angekommen und gerade dabei war, sich bei ihr zu erkundigen, wie es ihr gehe, als auch schon der Anstoß mit dem BMW Z 3 erfolgte. Mithin darf nicht etwa davon ausgegangen werden, dass der Kläger über einen längeren Zeitraum unnötigerweise und selbstgefährdend mit der Zeugin K neben dem wegen Straßenglätte verunglückten Peugeot 106 herumgestanden hatte.

Erst recht hat die Beweisaufnahme nicht ergeben, dass der Kläger und die Zeugin K sich etwa in der Beschleunigungsspur und damit auf der Fahrbahn aufgehalten haben sollten.

3.

Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger, dessen Fahrzeug lediglich im Bereich des linken vorderen und des linken hinteren Kotflügels beschädigt worden war - und zwar bei je einem Anstoß gegen die Mittelleitplanke und gegen die Seitenleitplanke im Zuge des Erstunfalls des Klägers ohne Beteiligung eines anderen Fahrzeugs -, einen Teil der behaupteten und ärztlich dokumentierten Verletzungen bereits dadurch und nicht erst durch den hier erörterten Zweitunfall mit dem BMW Z 3 erlitten haben sollte, kann der Senat mit dem Landgericht nicht erkennen.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 97 Abs. 1, 100 Abs. 4 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 S. 1, 108 Abs. 1 S. 1 ZPO.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision nach § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor.

Der Streitwert für den Berufungsrechtszug wird auf 130.000,00 DM = 66 467,94 € festgesetzt.

Davon entfallen 105.000,00 DM = 53.685,65 € auf die Berufung des Klägers und 25.000,00 DM = 12.782,30 € auf die Anschlussberufung der Beklagten.

Die Beschwer des Klägers liegt über 20.000,00 €.

Die Beschwer der Beklagten liegt unter 20.000,00 €.

Ende der Entscheidung

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