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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 05.09.2002
Aktenzeichen: 10 W 131/01
Rechtsgebiete: ZPO, BGB


Vorschriften:

ZPO § 114
ZPO § 287
BGB § 134
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF BESCHLUSS

10 W 131/01

In Sachen

pp.

hat der 10. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht K. sowie die Richter am Oberlandesgericht E. und G. am 5. September 2002

beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Einzelrichters der 9. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 15. August 2001 unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Dem Kläger wird unter Beiordnung von Rechtsanwalt R. in D. Prozesskostenhilfe bewilligt, soweit er Schadensersatzansprüche in Höhe von 75.000,00 DM (Weiterverkauf des Inventars) und 79.500,00 DM (Automatenerlöse) geltend macht.

Das weitergehende Prozesskostenhilfegesuch des Klägers wird zurückgewiesen.

Gründe:

Die zulässige Beschwerde des Klägers ist nur in geringem Umfang auch sachlich gerechtfertigt. Seine Rechtsverfolgung bietet nur insoweit hinreichende Aussicht auf Erfolg im Sinne des § 114 ZPO, als er im Höheverfahren die Zahlung eines Betrages von insgesamt 154.500,00 DM beansprucht. Dies ergibt sich aufgrund der im Prozesskostenhilfeverfahren gebotenen summarischen Überprüfung der Sach- und Rechtslage im wesentlichen aus folgenden Erwägungen:

Nach seinen eigenen Angaben hat der Kläger von der Beklagten während der Mietzeit in erheblichem Umfang "Schwarzbier" bezogen und anschließend an Kunden veräußert, ohne die dabei erzielten Erlöse zu versteuern. Eine Ersatzpflicht für entgangenen Gewinn, der aufgrund einer verbotenen Tätigkeit erzielt worden wäre, besteht jedoch in Übereinstimmung mit dem angefochtenen Beschluss grundsätzlich nicht (vgl. z.B. die Nachweise bei Palandt/Heinrichs, 61. Aufl., § 252 BGB Rdn. 3). Dies setzt allerdings voraus, dass das Verbotsgesetz, gegen das verstoßen worden wäre, nicht nur die Vornahme des gewinnbringenden Rechtsgeschäfts mißbilligt, sondern auch dessen zivilrechtliche Wirksamkeit auf der Grundlage des § 134 BGB verhindert (BGHZ 75, 366, 368). Dies ist indes auch bei Verträgen, mit denen eine Steuerhinterziehung verbunden ist, dann der Fall, wenn diese Steuerhinterziehung den Hauptzweck bildet, wie dies in der Regel insbesondere bei sog. Ohne-Rechnung-Geschäften anzunehmen ist (so z.B. Palandt/Heinrichs, a.a.O., § 134 BGB Rdn. 22 im Anschluss an OLG KoblenzDB 1979, 833 und § 138 BGB Rdn. 44). Davon ist auch vorliegend auszugehen, weil nach Darstellung des Klägers (Bl. 588 d.A.) das angebliche "System" der Beklagten von ihm akzeptiert werden musste, wenn er nicht "von vornherein pleite gehen" wollte. Die Situation ist nach Auffassung des Senats insgesamt derjenigen vergleichbar, dass von einem Unfallgeschädigten Verdienstausfall aufgrund eines Vertrages beansprucht wird, der gegen das Gesetz zur Bekämpfung von Schwarzarbeit verstieß (vgl. dazu z.B. OLG Oldenburg NJW-RR 1988, 1496).

Damit steht nicht nur fest, dass dem Kläger kein entgangener Gewinn aus "inoffiziellem" Bierverkauf in Höhe von 2.467.044,00 DM zusteht. Ebenso wenig lässt sich unter den gegebenen Umständen ein erstattungsfähiger Schaden aufgrund der Nichterzielung von Gewinn aus "offiziellem" Bierverkauf auch nur einigermaßen zuverlässig feststellen. Die durch Vernehmung des Zeugen S. (Bl. 568 d.A.) unter Beweis gestellte Behauptung, letzterer habe mit 60 Hektolitern den gleichen Umfang gehabt wie der Anteil an "Schwarzbier", reicht insoweit nicht aus. Die auch im Rahmen einer Schadensschätzung nach § 287 ZPO unabdingbare Abgrenzung zwischen beiden Bereichen im Sinne gesicherter Anknüpfungstatsachen wäre vielmehr unter den gegebenen Umständen nur aufgrund aussagekräftiger Belege möglich, wie sie vom Landgericht im einzelnen beschrieben worden sind. Ohne derartige Belege ist selbst die Schätzung eines Mindestschadens (vgl. dazu z.B. BGH NJW 1987, 909 und NJW-RR 1996, 1077) nicht möglich. Dies gilt umso mehr, als der Kläger, wie bereits erwähnt, selbst vorträgt, er wäre ohne weiteres "pleite gegangen", wenn er nicht auf das Ansinnen der Beklagten eingegangen wäre, "Schwarzbier" bei ihr zu beziehen und unversteuert weiterzuverkaufen, weil dies darauf hindeutet, dass ein nennenswerter Gewinn aufgrund des Betreibens der Gaststätte "S." nur auf diese Weise zu erzielen war, dass die gesetzeskonforme Ausübung des Gewerbes dagegen nicht ausgereicht hätte, die Gewinnzone zu erreichen.

Den Verlust der somit notwendigerweise vorzulegenden schriftlichen Unterlagen hat der Kläger ausweislich seiner eidesstattlichen Versicherung vom 08.10.2001 (Bl. 742/743 d.A.) selbst herbeigeführt. Dabei kann dahinstehen, in welcher geistigen Verfassung er sich befand, als er sich der bei seinem Steuerberater in Empfang genommenen Aktenordner entledigte, wobei die Tatsache seiner "Flucht" nach Ibiza allerdings durchaus auf die Möglichkeit orientierten und zielgerichteten Verhaltens hindeutet. Jedenfalls könnte eine etwaige "Kopflosigkeit" aufgrund der vorangegangenen Ereignisse nicht in der Weise der Beklagten angelastet werden, dass dem Kläger eine Prozessführung auf Kosten der Allgemeinheit ermöglicht wird, ohne dass hinreichende Anknüpfungstatsachen für eine Schadensschätzung vorhanden sind. Dass die Beklagte zur Entstehung der Situation durch die von ihr ausgesprochene unberechtigte Kündigung in erheblichem Maße beigetragen hatte, vermag eine andere Beurteilung nicht zu rechtfertigen.

Die vorstehend dargelegten Gesichtspunkte haben weiter zur Folge, dass die Rechtsverfolgung des Klägers auch insoweit nicht hinreichend erfolgversprechend ist, als er entgangenen Gewinn aus dem Verkauf "anderer Getränke" beansprucht. Auch in dieser Hinsicht bestehen keine Anhaltspunkte für die Annahme, dieser Verkauf sei gewinnbringend erfolgt, weil zumindest nicht ausgeschlossen werden kann, dass erst der Verkauf von "Schwarzbier" dazu geführt hat, dass der Kläger den "S." - anders als die Gaststätte "La M." - erfolgreich betreiben konnte. Zumindest bleibt offen, in welchem Maße sich etwaige Gewinne aus beiden Geschäftszweigen gegenüberstanden.

Nichts anderes gilt hinsichtlich der angekündigten Klageanträge zu 2) und 3), die den Schaden betreffen, den der Kläger infolge der Zwangsversteigerung des Objekts "B. Hof" erlitten haben will. Es erscheint bereits zweifelhaft, ob dieser Schaden ggf. durch die streitgegenständliche ungerechtfertigte Kündigung der Beklagten adäquat verursacht worden ist. Jedenfalls ist zumindest denkbar, dass der Kläger und seine Ehefrau die von der Stadtsparkasse M. fällig gestellten Kredite nicht zurückzahlen konnten, weil sie nicht mehr über die Einkünfte aufgrund des Verkaufs von "Schwarzbier" verfügten, auf die sie aus den dargelegten Gründen unter dem Gesichtspunkt der Gesetzeswidrigkeit keinen Anspruch hatten.

Der vom Landgericht als hinreichend erfolgversprechend angesehene Schadensersatzanspruch in Höhe von 75.000,00 DM (50 % von 150.000,00 DM) aufgrund des Weiterverkaufs von Gaststätteninventar kann nicht aufgrund der erstmals in der Beschwerdeschrift vom 08.10.2001 (Bl. 722 d.A.) im Anschluss an den Schriftsatz vom 23.08.2001 (Bl. 691 d.A.) aufgestellten Behauptung mit 150.000,00 DM bemessen werden, inzwischen habe sich "herausgestellt" dass der Nachfolgemieter S. in Wirklichkeit 300.000,00 DM für den Erwerb des Inventars gezahlt habe. Worauf sich diese nachträgliche Kenntnis des höheren Verkaufspreises stützen soll, wird auch nicht andeutungsweise mitgeteilt. In gleicher Weise fehlt es an einem Beweisantritt, dem nach dem Vorstehenden ohnehin unter dem Gesichtspunkt der Ausforschung kaum stattgegeben werden könnte. Die erweiterte Bewilligung von Prozesskostenhilfe kommt daher auch in dieser Hinsicht nicht in Betracht.

Entgegen dem angefochtenen Beschluss kann eine hinreichende Erfolgsaussicht des Klagebegehrens jedoch nicht schlechthin verneint werden, soweit der Kläger entgangenen Gewinn in Gestalt des Erlöses aus dem Betrieb von Automaten in Höhe von 79.500,00 DM (50 % von 159.000,00 DM) geltend macht. Dem Landgericht ist zwar zuzugeben, dass die Behauptung, die Einspielerlöse während der Mietzeit hätten monatlich "durchschnittlich" 3.000,00 DM betragen, relativ pauschal ist. Gleichwohl ist der Senat der Auffassung, dass der entsprechenden Behauptung im Wege der Vernehmung des Automatenaufstellers Z. nachgegangen werden kann, ohne dass ein solches Vorgehen der Ausforschung dient. Dem Fehlen von in dieser Hinsicht aussagekräftigen Unterlagen mag alsdann eventuell im Rahmen der nachfolgenden Beweiswürdigung Rechnung getragen werden. Von dem gesetzwidrigen Bezug und Verkauf von "Schwarzbier" werden diese Einkünfte jedenfalls nicht berührt.

Ende der Entscheidung

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