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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 06.09.2001
Aktenzeichen: 10 W 82/01
Rechtsgebiete: KostO, FGG


Vorschriften:

KostO § 156 Abs. 2 Satz 2
KostO § 141
KostO § 32
KostO § 146 Abs. 1 Satz 1, 1. Halbsatz
KostO § 146 Abs. 4
KostO § 20 Abs. 1 Satz 1
KostO § 151 a
KostO § 146 Abs. 1 Satz 1
KostO § 147 Abs. 2
KostO § 156 Abs. 4
KostO § 131 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1
FGG § 28 Abs. 2
FGG § 13 a
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF BESCHLUSS

10 W 82/01

In der Notarkostensache

hat der 10. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Lua sowie der Richter am Oberlandesgericht Geldmacher und Wendel am 6. September 2001

beschlossen:

Tenor:

Die weitere Beschwerde der Kostenschuldnerin gegen den Beschluß der 5. Zivilkammer des Landgerichts Mönchengladbach vom 29. Juni 2001 wird kostenfällig zurückgewiesen.

Außergerichtliche Auslagen werden nicht erstattet.

Gründe:

Die weitere Beschwerde der Kostenschuldnerin ist gemäß § 156 Abs. 2 Satz 2 KostO statthaft, weil das Landgericht sie zugelassen hat. Sie ist auch form- und fristgerecht eingelegt worden(§ 156 Abs. 2 Satz 1, Abs. 4 KostO).

In der Sache bleibt das Rechtsmittel ohne Erfolg. Zu Recht hat das Landgericht die Beschwerde der Kostenschuldnerin gegen die eingangs näher bezeichnete Rechnung des Kostengläubigers zurückgewiesen. Die Kostenrechnung ist nicht zu beanstanden.

1)

Mit Kaufvertrag vom 26. Oktober 2000 (UR-Nr. des Kostengläubigers) verkaufte die Kostenschuldnerin im einzelnen näher bezeichneten Grundbesitz für einen Kaufpreis von 2.000.000,00 DM an die Eheleute S. In § 2 Abs. 2 des Vertrages ist vereinbart worden, daß die den Eintragungen in Abteilung III des Grundbuchs zugrundeliegenden Verbindlichkeiten aus dem Kaufpreis abzulösen sind; die Eintragungen selbst sind mit Durchführung des Kaufvertrages zur Löschung zu bringen. Der Kostengläubiger ist angewiesen worden, die Löschungsunterlagen einzuholen.

Unter Zugrundelegung eines Geschäftswertes von 2.000.000,00 DM hat der Kostengläubiger für die Einholung der Löschungsunterlagen zutreffend eine Vollzugsgebühr gemäß §§ 141, 32, 146 Abs. 1 Satz 1, 1. Halbsatz KostO in Höhe der Hälfte der vollen Gebühr, also 1.555,00 DM, berechnet. Der Geschäftswert ist gemäß § 146 Abs. 4 KostO wie bei der Beurkundung zu bestimmen. Nach Maßgabe des § 20 Abs. 1 Satz 1 KostO ist bei dem Kauf von Sachen der Kaufpreis maßgebend. Mithin beträgt der Geschäftswert für die Berechnung der Vollzugsgebühr vorliegend 2.000.000,00 DM.

Der Kostengläubiger erhält nach § 151 a KostO Ersatz der auf seine Kosten in Höhe von 1.555,00 DM entfallenden Umsatzsteuer. Der Rechnungsbetrag erhöht sich deshalb um 16 % Umsatzsteuer in Höhe von 248,80 DM auf insgesamt 1.803,80 DM.

2)

Entgegen der Ansicht der Kostenschuldnerin und der im vorliegenden Verfahren geäußerten Auffassung des Kostengläubigers fällt für die Einholung der Löschungsunterlagen eine Vollzugsgebühr gemäß § 146 Abs. 1 Satz 1 KostO an.

Wenn, wie hier, die Vertragsparteien in einem notariellen Kaufvertrag vereinbaren, daß die in Abteilung III des Grundbuchs eingetragenen Belastungen zu löschen sind und der Notar angewiesen wird, die Löschungsunterlagen einzuholen, wird der Notar zum Zwecke des Vollzuges des Kaufvertrages tätig, so daß die Voraussetzungen des § 146 Abs. 1 Satz 1 KostO vorliegen. Für die Einholung der Unterlagen ist mithin eine Gebühr bestimmt, so daß keine Gebühr gemäß § 147 Abs. 2 KostO anfallen kann. Diese Vorschrift setzt gerade voraus, daß für eine ausgeübte Tätigkeit des Notars eine Gebühr nach anderen Vorschriften nicht bestimmt ist.

Diese Auffassung vertritt der Senat in ständiger Rechtsprechung (Beschlüsse vom 22. April 1993, Az. 10 W 166/92, veröffentlicht in JurBüro 1994, 497, vom 11. Mai 1993, Az. 10 W 168/92, veröffentlicht in JurBüro 1994, 755 = DNotZ 1993, 766, und vom 30. August 1994, Az. 10 W 90/94, veröffentlicht in KostRspr § 147 KostO, Nr. 119). Sie wird geteilt von weiteren Oberlandesgerichten und einem Teil des Schrifttums (OLG Celle DNotZ 1987, 738; Schleswig-Holsteinisches OLG JurBüro 1987, 1393 = DNotZ 1988, 194; OLG Frankfurt am Main JurBüro 1985, 1391 und DNotZ 1990, 321; OLG Hamm JurBüro 1988, 1052; OLG Bremen KostRspr § 146 KostO Nr. 66; OLG Braunschweig NdsRpfl 1993, 233; Pfälzisches OLG Zweibrücken JurBüro 1997, 658; KG KGRep 1998, 171, Rohs in Rohs/Wedewer, KostO, Stand 2001, § 146 Rdnr. 27; Göttlich/Mümmler, KostO, 12. Auflage 1995, "Löschungen" Anmerkung 1.5).

Dieser Rechtsauffassung wird entgegengehalten, die Einholung der Löschungsunterlagen betreffe nicht unmittelbar das von dem Notar beurkundete Veräußerungsgeschäft, so daß keine Vollzugsgebühr gemäß § 146 Abs. 1 Satz 1 KostO, sondern allenfalls eine Gebühr nach Maßgabe des § 147 Abs. 2 KostO anfalle; die Einholung der Löschungsunterlagen diene allein dem Vollzug der entsprechenden Anträge in dem beurkundeten Vertrag (vgl. OLG Köln JurBüro 1997, 41; LG Oldenburg KostRspr § 146 KostO Nr. 49 mit zustimmender Anmerkung Lappe; Bengel in Korintenberg/Lappe/Bengel/Reimann, KostO, 14. Auflage 1999, § 146 Rdnr. 26; Groth DNotZ 1988, 197; Lappe NJW 1988, 3130, 3134). Das OLG Oldenburg vertritt die Auffassung, daß, wenn die Einholung der Löschungsunterlagen im Rahmen eines Vewahrungsgeschäftes erfolge, weder eine Gebühr nach § 146 Abs. 1 Satz 1 KostO noch eine solche nach § 147 Abs. 2 KostO anfällt (DNotZ 1994, 706).

Der Senat hält auch nach nochmaliger Überprüfung an seiner bisherigen Auffassung fest. Zwar ist der dingliche Eigentumswechsel Ziel des notariellen Veräußerungsgeschäftes. Indessen ist die Vereinbarung in dem Kaufvertrag, daß die in der Abteilung III des Grundbuchs eingetragenen Belastungen gelöscht werden sollen, mit diesem Ziel untrennbar und unmittelbar verbunden. Der Käufer will das Eigentum nur unter den in dem Kaufvertrag genannten Bedingungen erhalten, also hier insbesondere unter Löschung der Belastungen. Die Vereinbarung der Löschung der Grundpfandrechte im Kaufvertrag zeigt, daß die Vertragsparteien diese als Teil der vertraglichen Verpflichtungen sehen. Aus der Sicht des Käufers wird damit deutlich, daß er das Grundstück nur unter der Voraussetzung kaufen möchte, daß die Löschung erfolgt. Die weitere Regelung in dem Kaufvertrag, daß die den Eintragungen in Abteilung III des Grundbuchs zugrundeliegenden Verbindlichkeiten aus dem Kaufpreis abzulösen sind, macht darüber hinaus den unmittelbaren Zusammenhang zwischen der Löschungsverpflichtung und dem Kauf deutlich. Die Einholung der Löschungsunterlagen erfolgt ausschließlich deshalb, weil die Löschung der Grundpfandrechte gerade in dem Kaufvertrag vereinbart worden ist.

Alle Maßnahmen, die zur Herbeiführung der vertragsgemäßen Voraussetzungen für den Wechsel des Eigentums notwendig sind, erfolgen in Vollzug des Vertrages. Dazu gehört auch die Einholung der Löschungsunterlagen. Solange die Belastungen nicht gelöscht sind, ist der Kaufvertrag (noch) nicht vollständig erfüllt und vollzogen. Der Begriff "Vollzug des Geschäfts" in § 146 Abs. 1 Satz 1 KostO ist kostenrechtlicher Art und umfaßt nicht nur das dingliche Erfüllungsgeschäft, sondern auch das diesem zugrundeliegende schuldrechtliche Verpflichtungsgeschäft und sachenrechtliche Vereinbarungen (vgl. hierzu KG KGRep 1998, 171). Auch daraus folgt, daß es sich bei der Einholung der Löschungsunterlagen um eine Vollzugstätigkeit handelt.

Die Auffassung, daß es sich bei der Einholung der Löschungsunterlagen nicht um eine Vollzugstätigkeit, sondern um ein sonstiges Geschäft des Notars handele, übersieht den unmittelbaren und untrennbaren Zusammenhang zwischen der Einholung und dem Kaufvertrag; sie wird dem Regelungsgehalt des Vertrages nicht gerecht.

3)

Der Senat hat weder Anlaß, die Sache dem Bundesgerichtshof vorzulegen, noch besteht Veranlassung/ mit der Entscheidung länger zuzuwarten.

Eine Vorlage an den Bundesgerichtshof aufgrund des Umstandes, daß die Entscheidung des Senats von einer auf weitere Beschwerde ergangenen Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts abweicht, ist nach der derzeitigen Rechtslage nicht vorgesehen.

Zwar ist es richtig, daß § 156 Abs. 4 KostO durch Artikel 33 des Gesetzes zur Reform des Zivilprozesses vom 27. Juli 2001 (BGBl. I Nr. 40, Seite 1887 ff.) dahingehend geändert worden ist, daß die für die Beschwerde geltenden Vorschriften des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FGG) anzuwenden sind. Somit gilt auch § 28 Abs. 2 FGG, wonach dann, wenn das Oberlandesgericht bei der Auslegung einer bundesgesetzlichen Vorschrift von der auf weitere Beschwerde ergangenen Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts abweichen will, es die weitere Beschwerde unter Begründung seiner Rechtsauffassung dem Bundesgerichtshof vorzulegen hat.

Indessen tritt diese Gesetzesänderung gemäß Artikel 53 des Gesetzes zur Reform des Zivilprozesses erst am 1. Januar 2002 in Kraft. Aufgrunddessen ist eine Vorlage an den Bundesgerichtshof zur Zeit nicht möglich.

Für eine Zurückstellung der Entscheidung bis zum Inkrafttreten der Gesetzesänderung fehlt eine Rechtsgrundlage. Insbesondere das Gesetz zur Reform des Zivilprozesses enthält keine Regelung, wonach die Entscheidung über bereits anhängige weitere Beschwerden bis zum 1. Januar 2002 zurückzustellen ist. Der Senat ist vielmehr gehalten, über die weitere Beschwerde des Kostenschuldners nach dem derzeit geltenden Recht zu entscheiden.

4)

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 156 Abs. 4, 131 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KostO, 13 a FGG.

Wert des Beschwerdegegenstandes: 1.803,80 DM.

Ende der Entscheidung

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