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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 05.06.2001
Aktenzeichen: 10 WF 8/01
Rechtsgebiete: GKG, ZPO


Vorschriften:

GKG § 8
GKG § 5 Abs. 2
GKG § 54 Nr. 1
GKG § 5 Abs. 1
GKG § 8 Abs. 1
GKG § 5 Abs. 6
GKG § 8 Abs. 1 Satz 1
ZPO § 293
ZPO § 92 Abs. 1 Satz 2
Eine Nichterhebung von Kosten gemäß § 8 Absatz 1 Satz 1 GKG setzt voraus, daß das Gericht gegen eine zwingende gesetzliche Vorschrift verstoßen hat und dieser Gesetzesverstoß offensichtlich und zweifelsfrei ist.
OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF BESCHLUSS

10 WF 8/01

In der Kostensache

hat der 10. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Lua sowie der Richter am Oberlandesgericht Geldmacher und Wendel

am 5. Juni 2001

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Kostenschuldners gegen den Beschluß des Amtsgerichts - Familiengericht - Emmerich vom 15. März 2001 wird zurückgewiesen.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet.

Gründe:

Die gemäß § 5 Abs. 2 GKG zulässige Beschwerde des Kostenschuldners hat in der Sache keinen Erfolg.

Zu Recht hat das Amtsgericht - Familiengericht - durch die angefochtene Entscheidung die Erinnerung des Kostenschuldners gegen den Kostenansatz vom 7. Dezember 2000

über

DM 3.272,25 zurückgewiesen.

1.)

Die grundsätzliche Zahlungspflicht des Kostenschuldners folgt aus § 54 Nr. 1 GKG, denn das Amtsgericht hat in dem Urteil vom 20. November 2000 angeordnet, daß die Kosten des Verfahrens gegeneinander aufgehoben werden. Gemäß § 92 Abs. 1 Satz 2 ZPO hat der Kostenschuldner mithin die Hälfte der Gerichtskosten zu tragen.

a)

Der Kostenansatz des Amtsgerichts vom 7. Dezember 2000 ist sachlich und rechnerisch zutreffend. Gemäß Nr. 1510 und Nr. 1516 des Kostenverzeichnisses zum GKG sind insgesamt zwei Gebühren angefallen, die sich nach dem maßgeblichen Streitwert von DM 18.000,00 auf jeweils DM 355,00, insgesamt also DM 710,00, belaufen.

Hinzu kommen Auslagen für das vom Amtsgericht eingeholte Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. M in Höhe von DM 6.544,50, so daß sich ein Gesamtbetrag von DM 7.254,50 ergibt. Hiervon hat der Kostenschuldner die Hälfte, also DM 3.627,25 zu tragen. Abzüglich des bereits von ihm gezahlten Vorschusses von DM 355,00 verbleibt mithin ein zu zahlender Betrag von DM 3.272,25, den das Amtsgericht zutreffend berechnet hat.

b)

Die Berechnung der Auslagen für den Sachverständigen Prof.-Dr. M, gegen die sich der Kostenschuldner wendet, ist nicht zu beanstanden:

Zwar kann im Rahmen einer Erinnerung gegen den Kostenansatz gemäß § 5 Abs. 1 GKG grundsätzlich eingewandt werden, daß bestimmte Kosten gemäß § 8 GKG wegen unrichtiger Sachbehandlung nicht zu erheben und damit bei der Berechnung des Kostenansatzes nicht zu berücksichtigen seien. § 8 GKG betrifft nicht nur Gebühren, sondern auch Auslagen des Gerichts, insbesondere Auslagen für Sachverständige (vgl. Hartmann, Kostengesetze, 30. Aufl. 2001, Einführung vor § 8 Rdnr. 5 und § 8 Rdnr. 4). Die Beauftragung des Sachverständigen Prof. Dr. M durch das Gericht ist indessen keine unrichtige Sachbehandlung im Sinne des § 8 Abs. 1 Satz 1 GKG, so daß eine Nichterhebung der hierdurch verursachten Auslagen ausscheidet.

Im Rahmen der Prüfung der Nichterhebung von Kosten gemäß § 8 Abs. 1 GKG sind die von dem Gericht getroffenen Entscheidungen nicht auf ihre sachliche Richtigkeit zu überprüfen (OLG Frankfurt am Main JurBüro 1995, 210; Markl/Meyer, GKG, 4. Aufl. 2001, § 8 Rdnr. 5; Hartmann, a.a.O., § 8 Rdnr. 12).

Für die Nichterhebung von Kosten genügt nicht jede unrichtige Anwendung materiell-rechtlicher oder verfahrensrechtlicher Vorschriften. Eine unrichtige Sachbehandlung liegt vielmehr nur dann vor, wenn das Gericht gegen eine zwingende gesetzliche Vorschrift verstoßen hat und dieser Gesetzesverstoß offensichtlich und zweifelsfrei ist (Senat NJW-RR 1998, 1694, 1695; OLG Hamm KostenRspr § 8 GKG Nr. 107; BFH KostenRspr § 8 GKG Nr. 112; Markl/Meyer, a.a.O., § 8 Rdnr. 7).

Die Einholung des Gutachtens zu der Frage, ob nach Maßgabe des anzuwendenen Rechts des Staates New York der Ausspruch der Scheidung der zwischen dem Kostenschuldner und Frau W geschlossenen Ehe und die Durchführung des Versorgungsausgleichs möglich sind, stellt entgegen der Ansicht des Kostenschuldners keinen derartigen Gesetzesverstoß dar.

aa)

Aus der Antragsschrift der Verfahrensbevollmächtigten des Kostenschuldners ergibt sich, daß der Kostenschuldner deutscher Staatsangehöriger ist, während seine (frühere) Ehefrau die brasilianische Staatsangehörigkeit besitzt. Letzter gemeinsamer gewöhnlicher Aufenthaltsort der Eheleute war M im Staat New York (USA). Gemäß Art. 17, 14 Abs. 1 Nr. 2 EGBGB unterlag die Scheidung der Ehe daher grundsätzlich dem Recht des Staates, in dem beide Ehegatten während der Ehe zuletzt ihren gewöhnlichen Aufenthalt hatten, also dem Recht des Staates New York. Nach Maßgabe des § 293 ZPO ist es nicht zu beanstanden, daß das Amtsgericht hinsichtlich des dort geltenden Rechts eine Beweiserhebung durch die Einholung eines Gutachtens angeordnet hat.

bb)

Ob das Gericht verpflichtet war, den Kostenschuldner vor der Übersendung der Akte an den Sachverständigen Prof. Dr. M über die Absicht, ein Gutachten einzuholen, informieren mußte und ob eine mögliche Unterlassung der Mitteilung eine unrichtige Sachbehandlung darstellt (so LG Freiburg i.Br. MDR 1993, 911 und LG Baden-Baden ZfS 1994, 263 jeweils für das Bußgeldverfahren, sowie Markl/Meyer, a.a.O., § 8 Rdnr. 6), kann hier dahinstehen.

Ausweislich der angefochtenen Entscheidung hat das Amtsgericht, nachdem es bereits in dem Verhandlungstermin vom 19. Juli 2000 die Verfahrensbevollmächtigte des Kostenschuldners darauf hingewiesen hatte, daß nach vorläufiger Prüfung der Rechtslage das materielle Recht des Staates New York anzuwenden sein dürfte, am 10. August 2000 vor der Aktenübersendung an den Sachverständigen in einem Telefonat mit dem Prozeßbevollmächtigten des Kostenschuldners die Übersendung der Akte angekündigt. Eine Mitteilung über die Einholung des Gutachtens ist mithin vor Aktenübersendung erfolgt.

cc)

Eine unrichtige Sachbehandlung liegt auch nicht darin, daß das Gericht nicht schon vor dem 12. Oktober 2000 den Sachverständigen aufgefordert hat, die Sache nicht weiter zu bearbeiten und die Akte ohne Gutachten zurückzusenden.

Zwar ist es richtig, daß die Verfahrensbevollmächtigten des Kostenschuldners mit Schriftsatz vom 8. September 2000, der am 9. September 2000 beim Amtsgericht eingegangen ist, eine Ablichtung einer notariellen Urkunde vom 30. Dezember 1981 reicht haben, ausweislich derer der Kostenschuldner und seine (frühere) Ehefrau eine Gütertrennung und Regelungen zum Unterhalt im Falle der Scheidung der Ehe vereinbart haben. Eine ausdrückliche Wahl des deutschen Rechts hinsichtlich einer Scheidung der Ehe im Sinne des Art. 14 Abs. 3 EGBGB enthält diese Urkunde indessen nicht, so daß das Gericht Bedenken an einer wirksamen Rechtswahl hatte. Daß das Gericht diese Bedenken hatte, stellt angesichts der Komplexität der Angelegenheit jedenfalls keine offensichtliche Verkennung von Rechtsnormen dar. Es ist auch nicht zu beanstanden, daß das Gericht die Rechtslage zunächst eingehend überprüfen mußte und den Sachverständigen nicht sofort nach Eingang der notariellen Urkunde aufgefordert hat, eine weitere Bearbeitung der Sache zu unterlassen.

Ausweislich des angefochtenen Beschlusses sind die Bedenken des Gerichts gegen die Wirksamkeit der Rechtswahl erst in dem Telefonat zwischen dem Gericht und der Verfahrensbevollmächtigten des Kostenschuldners am 12. Oktober 2000 ausgeräumt worden. Noch am selben Tage hat das Gericht dem Sachverständigen ein Telefax übersandt und ihn aufgefordert, die Angelegenheit nicht weiter zu bearbeiten und die Akte zurückzusenden.

Im übrigen ergibt sich auch aus dem Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. M, daß hinsichtlich des anzuwendenen Rechts schwierige und komplexe Rechtsfragen unter Einbeziehung des Rechtes des Staates New York zu beurteilen waren. Hieran vermag die abschließende Feststellung des Sachverständigen, daß deutsches Recht sowohl für die Scheidung als auch für den Versorgungsausgleich anzuwenden ist, nichts zu ändern.

2.)

Die Kostenentscheidung für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 5 Abs. 6 GKG.

Ende der Entscheidung

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