Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 31.05.2001
Aktenzeichen: 12 U 195/00
Rechtsgebiete: BGB, Diskontsatz-Überleitungs-Gesetzes, AnfG, ZPO, InsO


Vorschriften:

BGB § 419 a.F
BGB § 419 Abs. 1 a.F.
BGB § 819 Abs. 1
BGB § 818 Abs. 4
BGB § 292 Abs. 1
BGB § 989
BGB § 990
BGB § 288 Abs. 1
BGB § 421 ff.
Diskontsatz-Überleitungs-Gesetzes § 1
AnfG § 11
AnfG § 4
AnfG § 13
AnfG § 2
AnfG § 4 Abs. 1
AnfG § 11 Abs. 2 S. 1
AnfG § 3 Abs. 2
AnfG § 3
AnfG § 20 Abs. 1
AnfG § 7 Abs. 2 a.F.
AnfG § 11 Abs. 2
AnfG § 15 Abs. 2 Nr. 2 u. 3
AnfG § 3 Abs. 1 Nr. 2
AnfG § 11 Abs. 2 Nr. 2
ZPO § 807
ZPO § 270 Abs. 3
ZPO § 92 Abs. 2
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 711
ZPO § 713
ZPO § 546
InsO § 138 Abs. 1 Nr. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Verkündet am 31. Mai 2001

In dem Rechtsstreit

pp.

hat der 12. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 17. Mai 2001 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. S, den Richter am Oberlandesgericht E und den Richter am Landgericht K

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 27. Oktober 2000 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 9. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert und mit der Maßgabe, daß die Beklagten als Gesamtschuldner haften, wie folgt neu gefaßt:

Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, an die Klägerin -- als Gesamtschuldnerin neben der durch die Vollstreckungsbescheide des Amtsgerichts Hagen vom 21.12.1998 (Az.: 98-2482235-0-3) und vom 13.01.1999 (Az.: 98-25466617-0-4) insoweit bereits verurteilten Frau K E K -- 14.850,-- DM nebst 4 % Zinsen aus 8.910,-- DM seit dem 5.11.1998 und aus weiteren 5.940,-- DM seit dem 5.12.1998 zu zahlen.

Die Beklagte zu 2) wird verurteilt, wegen eines Betrages von 14.850,-- DM nebst 4 % Zinsen aus 8.910,-- DM seit dem 5.11.1998 und aus weiteren 5.940,-- DM seit dem 5.12.1998 die Zwangsvollstreckung der Klägerin in den 1/4 Miteigentumsanteil an dem, im Grundbuch von D; Blatt, Flur, Flurstück, Hof- und Gebäudefläche H. 24 und Gartenland, eingetragenen Grundstück, verbunden mit dem Sondereigentum an der im Erdgeschoß und Obergeschoß gelegenen Wohnung mit Kellerraum, Nr. 2 des Aufteilungsplanes, zu dulden.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden den Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Die Klägerin nimmt die Beklagte zu 1) -- Tochter der Schuldnerin Frau K E K.-- und die Beklagte zu 2) -- Mutter der Schuldnerin -- wegen einer von der Schuldnerin veranlaßten Übertragung des 1/4-Miteigentumsanteils am Grundstück H 24, D., verbunden mit dem Sondereigentum an einer der beiden Wohnungen, im Wege der Anfechtungsklage sowie aus dem Gesichtspunkt einer Vermögensübernahme (§ 419 BGB a.F.) in Anspruch.

Die Schuldnerin, Pächterin einer Gaststätte in G, blieb gegenüber den Verpächtern, die ihre diesbezüglichen Ansprüche an die Klägerin, zugleich Verwalterin des Objekts, abgetreten haben, u. a. den Pachtzins für die Monate August bis Dezember 1998 in Höhe von monatlich 2.970,-- DM schuldig. Die Klägerin erwirkte daraufhin unter dem 21.12.1998 und 13.1.1999 zwei Vollstreckungsbescheide des Amtsgerichts Hagen, durch die die Schuldnerin zur Zahlung rückständigen Pachtzinses von 8.910,-- DM bzw. 5.940,-- DM nebst Zinsen verurteilt wurde.

Die Zwangsvollstreckung gegen die Schuldnerin, die unter dem 30.4.1999 eine eidesstattliche Versicherung abgegeben hat, verlief fruchtlos, insbesondere weil sie mit notariellem Vertrag vom 30.11.1998 ihren 1/4-Miteigentumsanteil an oben bezeichnetem Grundstück schenkweise auf die Beklagte zu 1), die am 6.1.1999 als Eigentümerin im Grundbuch eingetragen wurde, übertragen hat. Die Schuldnerin behielt sich hierbei auf Lebenszeit ein ausschließliches und unentgeltliches Wohnrecht -- sowie den Schenkungswiderruf u. a. für den Fall der ohne ihre Zustimmung erfolgten Weiterübertragung, der Zwangsvollstreckung in das Vermögen der Beklagten zu 1) sowie für den Fall deren Todes vor.

Die Schuldnerin hatte den Grundbesitz ihrerseits aufgrund notariellen Schenkungsvertrages vom 13.6.1975 von der damaligen Alleineigentümerin, der Beklagten zu 2), übertragen bekommen. In diesem Vertrag (§ 2) hatte sich die Beklagte zu 2) ein -- durch eingeschriebenen Brief auszuübendes, durch Eintragung einer Vormerkung gesichertes Widerrufsrecht für den Fall vorbehalten, daß die Schuldnerin "den Grundbesitz ohne vorherige Zustimmung der Veräußerer durch Kauf, Tausch oder Schenkung oder in sonstiger Weise veräußert oder belastet".

Durch eingeschriebenen Brief vom 4.5.1999 widerriefen die Beklagte zu 2) sowie deren Ehemann die Schenkung an die Schuldnerin. Daraufhin übertrug die Beklagte zu 1) den vorbezeichneten Miteigentumsanteil durch notariellen Vertrag vom 29.6.1999, an dem auch die Schuldnerin beteiligt war, auf die Beklagte zu 2). Zugleich vereinbarte sie mit der Schuldnerin, daß damit alle wechselseitigen Forderungen aus dem Schenkungsvertrag vom 30.11.1998 ausgeglichen sein sollten.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die an die Beklagte zu 1) erfolgte Eigentumsübertragung unterfalle der Schenkungsanfechtung, wohingegen die Beklagte zu 2) als Sonderrechtsnachfolgerin hafte; zugleich würden die Beklagten als Vermögensübernehmer nach § 419 BGB a.F. haften, da -- so ihre Behauptung -- der Grundbesitz den wesentlichen Teil des Schuldnervermögens dargestellt habe. Sie hat weiterhin behauptet, die Beklagte zu 1) habe bereits im Zeitpunkt des Schenkungsvertrages die Höhe der Verpflichtungen ihrer Mutter gekannt. Bei einem Anfang/Mitte November 1998 geführten Gespräch, an welchem sie teilgenommen habe, hätten die Schuldnerin sowie die Verpächter die enormen Zahlungsrückstände der Schuldnerin aus Pachten und Warenlieferungen sowie die weitere Entwicklung des Gaststättenpachtverhältnisses, erörtert. Die Beklagte zu 1) habe sich insoweit Aufzeichnungen über die Zahlungsrückstände und die Höhe der Verpflichtungen ihrer Mütter gemacht.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagten zu verurteilen, an sie -- als Gesamtschuldner neben der durch die Vollstreckungsbescheide des Amtsgerichts Hagen vom 21.12.1998 (Az.: 98-2482235-0-3) und vom 13.01.1999 (Az.: 98-25466617-0-4) insoweit bereits verurteilten Frau K E K -- 14.850,-- DM nebst Zinsen aus 8.910,-- DM in Höhe von 4 % für den Zeitraum vom 5.11.1998 bis 30.4.2000 und in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz gemäß § 1 des Diskontsatz-Überleitungs-Gesetzes seit dem 1.5.2000 sowie aus weiteren 5.940,-- DM in Höhe von 4 % für den Zeitraum vom 5.12.1998 bis 30.4.2000 und in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz gemäß § 1 des Diskontsatz-Überleitungs-Gesetzes seit dem 1.5.2000 zu zahlen,

hilfsweise die Beklagte zu 2) zu verurteilen, die Zwangsvollstreckung wegen eines Betrages von 14.850,-- DM nebst Zinsen aus 8.910,-- DM in Höhe von 4 % für den Zeitraum vom 5.11.1998 bis 30.4.2000 und in Höhe von 5 % Über dem Basiszinssatz gemäß § 1 des Diskontsatz-Überleitungs-Gesetzes seit dem 1.5.2000 sowie aus weiteren 5.9.40,-- DM in Höhe von 4 % für den Zeitraum vom 5.12.1998 bis 30.4.2000 und in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz gemäß § 1 des Diskontsatz-Überleitungs-Gesetzes seit dem 1.5.2000 in den 1/4-Miteigentumsanteil an dem Grundstück, eingetragen im Grundbuch von D, Blatt, Flur, Flurstück, Hof- und Gebaudefläche H und Gartenland (verbunden mit Sondereigentum an der Wohnung im Erdgeschoß, Obergeschoß, Nr. 2 des Aufteilungsplanes, mit Kellerraum) zu dulden.

Die Beklagten haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt, daß es aufgrund des von der Beklagten zu 2) erklärten und ex tunc wirkenden Widerrufs der an die Schuldnerin sowie die Beklagte zu 1) bewirkten Schenkungen an einem anfechtbaren Rechtsgeschäft fehle. Aufgrund des Widerrufs, der lediglich die vor der Schenkung, bestehende Rechtslage wiederherstelle, seien auch Ansprüche aus § 419 Abs. 1 BGB a.F. nicht gegeben.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der sie ihren erstinstanzlichen Vortrag wiederholt- und vertieft. Sie ist der Ansicht, der von der Beklagten zu 2) erklärte Schenkungswiderruf habe lediglich den schuldrechtlichen Teil der Schenkung vom 13.6.1975 erfaßt, wohingegen die Schenkung der Schuldnerin an die Beklagte zu 1) sowie die dinglichen Rechtsgeschäfte vom Widerruf unberührt geblieben seien.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte zu 1) zu verurteilen, an sie -- als Gesamtschuldnerin neben der durch die Vollstreckungsbescheide des Amtsgerichts Hagen vom 21.12.1998 (Az.: 98-2482235-0-3) und vom 13.01.1999 (Az.: 98-25466617-0-4) insoweit bereits verurteilten Frau K E K -- 14.850,-- DM nebst Zinsen aus 8.910,-- DM in Höhe von 4 % für den Zeitraum vom 5.11.1998 bis 30.4.2000 und in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz gemäß § 1 des Diskontsatz-Überleitungs-Gesetzes seit dem 1.5.2000 sowie aus weiteren 5.940,-- DM in Höhe von 4 % für den Zeitraum, vom 5.12.1998 bis 30.4.2000 und in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz gemäß § 1 des Diskontsatz-Überleitungs-Gesetzes seit dem 1.5.2000 zu zahlen,

die Beklagte zu 2) zu verurteilen, die Zwangsvollstreckung wegen eines Betrages von 14.850,-- DM hebst Zinsen aus 8.910,-- DM in Höhe von 4 % für den Zeitraum vom 5.11.1998 bis 30.4.2000 und in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz gemäß § 1 des Diskontsatz-Überleitungs-Gesetzes seit dem 1.5.2000 sowie aus weiteren 5.940,-- DM in Höhe von 4 % für den Zeitraum vom 5.12.1998 bis 30.4.2000 und in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz gemäß § 1 des Diskontsatz-Überleitungs-Gesetzes seit dem 1.5.2000 in den 1/4-Miteigentumsanteil an dem Grundstück, eingetragen im Grundbuch von D, Blatt, Flur, Flurstück, Hof- und Gebäudefläche H und Gartenland (verbunden mit Sondereigentum an der Wohnung im Erdgeschoß, Obergeschoß, Nr. 2 des Aufteilungsplanes, mit Kellerraum) zu dulden, mit der Maßgabe, daß die Beklagten als Gesamtschuldner verurteilt werden.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie sind der Ansicht, auch der Schenkungsvertrag zwischen der Schuldnerin und der Beklagten zu 1) sei durch die Beklagte zu 2) wirksam widerrufen worden, so daß diese gegenüber der Beklagten zu 1) einen Anspruch auf Rückübertragung des Eigentums gehabt habe. Sie behaupten, über die finanzielle Situation der Schuldnerin Acht informiert gewesen zu sein.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes werden die wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen in Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Klägerin hat in der Sache überwiegend Erfolg.

A.

Die Berufung ist zulässig.

Soweit die Klägerin in der Berufungsinstanz gegenüber der Beklagten zu 2) nur noch den ursprünglichen Hilfsantrag weiterverfolgt, ist sie dennoch beschwert. Das Landgericht hat nämlich die Klage sowohl mit dem Haupt- als auch dem Hilfsantrag abgewiesen.

Der Hauptantrag ist in der zweiten Instanz demgegenüber bereits nicht mehr angefallen, die Klage insoweit rechtskräftig abgewiesen.

B.

I.

Die Klägerin kann die Beklagte zu 1) gemäß §§ 11, 4 AnfG -- die Anfechtung wurde erst nach dem 1.1.1999 gerichtlich geltend gemacht -- in Verbindung mit §§ 819 Abs. 1, 818 Abs. 4, 292 Abs. 1, 989, 990 BGB auf Zahlung von 14.850,-- DM in Anspruch nehmen.

Die Beklagte zu 1) hat als Empfängerin einer in anfechtbarer Weise erlangten unentgeltlichen Leistung, die sie der Anfechtungsgläubigerin aufgrund der wiederum unentgeltlichen Weitergabe an die Beklagte zu 2) nicht mehr zwecks Befriedigung zur Verfügung stellen kann, dieser Wertersatz zu leisten.

1.

Die gegen die Beklagte zu 1) gerichtete Anfechtungsklage ist zulässig, insbesondere ist der gestellte Klageantrag im Sinne des § 13 AnfG bestimmt und ist die Klägerin gemäß § 2 AnfG anfechtungsberechtigt.

a.

Die Klägerin hat gegen die Schuldnerin aus abgetretenem Recht der Verpächter Anspruch auf Zahlung rückständigen Pachtzinses für die Monate August bis Oktober 1998 in Höhe von 8.910,-- DM sowie für die Monate November und Dezember 1998 in Höhe von 5.940,-- DM.

b.

Bezüglich dieser Forderungen hat sie rechtskräftige Vollstreckungsbescheide des Amtsgerichts Hagen vom 21.12.1998 und 13.1.1999, jeweils auf eine Geldsumme lautend, erwirkt.

Die weiterhin zuerkannten laufenden Zinsen in Höhe von 4 % finden ohne Beschränkung auf den Schluß der mündlichen Verhandlung als Grundlage der Anfechtung ebenfalls Berücksichtigung (Mauer, Der Anfechtungsprozeß, Rz. 422).

Dagegen fehlt es am Erfordernis eines Titels als Grundlage der Anfechtung, soweit die Klägerin ab dem 1.5.2000 eine 4 % übersteigende Verzinsung geltend macht. Insoweit bleibt die Berufung ohne Erfolg.

Darüberhinaus könnte die Klägerin auch materiell eine solche Verzinsung nicht verlangen, da die Neufassung des § 288 Abs. 1 BGB nur Anwendung findet, soweit eine Forderung nach dem 1.5.2000 -- und nicht, wie hier, bereits zuvor -- fällig geworden ist (Art. 229 Abs. 1 S. 3 EGBGB).

c.

Weiterhin führte die von der Klägerin versuchte Zwangsvollstreckung aus dem Vollstreckungsbescheid vom 13.1.1999 nicht zu ihrer Befriedigung. Ausweislich der Mitteilung des Gerichtsvollziehers N vom 20.3.1999 verlief die durchgeführte Vollstreckung fruchtlos. Am 30.4.1999 hat die Schuldnerin zudem die eidesstattliche Versicherung gemäß § 807 ZPO abgeleistet. Aus dem von ihr in diesem Zusammenhang erstellten Vermögensverzeichnis ergaben sich keinerlei Vollstreckungsmöglichkeiten.

Aufgrund dieser Umstände ist anzunehmen, daß auch die Vollstreckung aus dem Vollstreckungsbescheid vom 21.12.1998 erfolglos bleiben wird.

2.

Die Anfechtungsklage ist ebenfalls begründet.

a.

Durch die in Vollzug des notariellen Schenkungsversprechens vom 30.11.1998 erfolgte Übertragung des fraglichen Grundstücksmiteigentumsanteils hat sich das dem Zugriff der Gläubiger offenstehende Schuldnervermögen verringert. Die Klägerin weist insoweit zu Recht darauf hin, daß sich die Beklagte zu 2) -- anders als im Falle der ohne Zustimmung erfolgten Weiterübertragung des Wohnungseigentums -- im Falle der Zwangsvollstreckung kein Widerrufsrecht vorbehalten hatte, und somit trotz der zu ihren Gunsten eingetragenen Vormerkung eine Befriedigungsmöglichkeit für die Gläubiger der Schuldnerin bestanden hatte.

b.

Der Schenkungsvertrag zwischen der Schuldnerin und der Beklagten zu 1) einschließlich dessen dinglichen Vollzugs ist nach § 4 Abs. 1 AnfG anfechtbar.

aa.

Gegenstand der Anfechtung sind vorliegend sowohl das Grund- als auch das Erfüllungsgeschäft, d. h. das der Beklagten zu 1) durch die Schuldnerin gegebene notarielle Schenkungsversprechen vom 30.11.1998 sowie die entsprechende Auflassung des Wohnungseigentums. Schenkungsversprechen und Vollzug der Schenkung bilden zusammen die unentgeltliche Verfügung (BGH NJW 1999, 1549, 1551).

Die anfechtbaren Geschäfte sind nicht nachträglich mit Wirkung ex tunc wieder entfallen. Der von der Beklagten zu 2) mit Schreiben vom 4.5.1999 erklärte Widerruf bezog sich allein auf die Schenkung an die Schuldnerin aus dem Jahre 1975.

Soweit die Beklagte zu 2) diesbezüglich die Ansicht vertritt, der von ihr ausgeübte Widerruf habe auch den Schenkungsvertrag zwischen der Schuldnerin und der Beklagten zu 1) erfaßt, kann dem nicht gefolgt werden. Sie kann sich insoweit nicht auf § 2 des Schenkungsvertrages vom 13.6.1975 berufen, in dem sie sich ein Widerrufsrecht auch gegenüber Rechtsnachfolgern im Eigentum vorbehalten hat. Der Vertrag enthält insoweit eine unwirksame Vereinbarung zu Lasten Dritter. Die Beklagte zu 1) hat ausweislich § 2 Ziffer 4 des Vertrages vom 30.11.1998 gegenüber der Schuldnerin lediglich die Verpflichtung übernommen, den Grundbesitz nicht ohne vorherige Zustimmung auch der Beklagten zu 2) weiterzuübertragen.

Das der Schuldnerin im Vertrag vom 30.11.1998 eingeräumte Widerrufsrecht (§ 2 Ziffer 3) war demgegenüber bereits weder vererblich noch übertragbar, so daß eine konkludente Ausübung durch die Beklagte zu 2) ebenfalls, nicht in Betracht kommt.

Die Schenkung an die Beklagte zu 1) ist weiterhin nicht durch die Schuldnerin selbst widerrufen worden. Beide Vertragsparteien heben vielmehr ausweislich Ziffer 3 des notariellen Vertrages vom 29.6.1999 lediglich vereinbart, daß mit Vollzug der Urkunde sämtliche gegenseitigen Ansprüche aus der Urkunde vom 30.11.1998 ausgeglichen und abgegolten sein sollen. Die Wirksamkeit des ursprünglichen Schenkungsversprechens bleibt dadurch unberührt, wohingegen das dingliche Geschäft ohnehin selbst bei Widerruf der Schenkung wirksam geblieben wäre (BayObLG NJW-RR 1992, 1236).

bb.

Die 4-jährige Anfechtungsfrist ist, da die unentgeltliche Leistung Ende 1998 vorgenommen und die Anfechtung Anfang Januar 2000 gerichtlich geltend gemacht worden ist, eingehalten.

cc.

Die Schenkungsanfechtung hat demgegenüber keinerlei subjektive Voraussetzungen, insbesondere sind weder Gläubigerbenachteiligungsabsicht noch Kenntnis des Anfechtungsgegeners hiervon erforderlich (BGH MDR 1992, 1050).

dd.

Gemäß § 11 Abs. 2 S. 1 AnfG muß der Empfänger einer unentgeltlichen Leistung diese zwar nur zur Verfügung stellen, soweit er durch sie (noch) bereichert ist. Obwohl die Beklagte zu 1) das ihr übertragene Wohnungseigentum bereits mit notariellem Vertrag vom 29.6.1999 an die Beklagte zu 2), die nachfolgend unter dem 2.8.1999 auch in das Grundbuch eingetragen worden ist, weiterübertragen hat, kann sie sich aber nicht auf einen Wegfall der Bereicherung (§ 818 Abs. 3 BGB) berufen.

(1)

Es wird insoweit vermutet, daß die Beklagte zu 1) als der Schuldnerin im Sinne des § 138 Abs. 1 Nr. 2 InsO nahestehende Person spätestens im Zeitpunkt der Eigentumsübertragung an die Beklagte zu 2) wußte, daß die unentgeltliche Leistung die Gläubiger benachteiligt (§ 11 Abs. 2 S. 2 AnfG).

Nach Auffassung des Senats ist bezüglich der Beurteilung der Bösgläubigkeit im Rahmen des § 11 AnfG nach dem auch insoweit tragenden Rechtsgedanken des § 3 Abs. 2 AnfG eine Beweislastumkehr zu Lasten nahestehender Personen (§ 128 InsO) angezeigt. Diese rechtfertigt sich aus einem Vergleich mit der Rechtsstellung im Falle des entgeltlichen Erwerbs.

Bei einer entgeltlichen Verfügung zugunsten einer -- wie hier -- dem Schuldner nahestehenden Person steht der Anfechtungsberechtigte insoweit günstig, als nach § 3 Abs. 2 AnfG der Gegner die Nichtkenntnis von der Gläubigerbenachteiligungsabsicht beweisen muß. Es besteht kein Grund, den Anfechtungsberechtigten bei einer unentgeltlichen Verfügung schlechter zu stellen. Umgekehrt ist der Anfechtungsgegner bei einer unentgeltlichen Verfügung sogar weniger schutzwürdig als bei einer entgeltlichen. Im Wege des Erst-Recht-Schlusses ist es daher gerechtfertigt, die Beweislastumkehr aus § 3 AnfG auch in den § 11 AnfG zu übertragen.

Bedenken aus dem Gesichtspunkt des § 20 Abs. 1 AnfG bestehen insoweit nicht. Nach § 7 Abs. 2 AnfG a.F. mußte nämlich der Anfechtungsgegner beweisen, daß er in gutem Glauben war (Kilger/Huber; AnfG, 8. Aufl., § 7 Anm. IV 6).

Bedenken bestehen auch nicht vor dem Hintergrund, daß nach dem Regierungsentwurf zu § 162 (dem jetzigen § 143 InsO) entgegen der zuvor herrschenden Auffassung dem Anfechtungsgegener nicht der "Negativbeweis", im Hinblick auf die Gläubigerbenachteiligung in gutem Glauben gewesen zu sein, aufgebürdet werden sollte (vgl. BT-Drucksache 12/2443, S. 168). In der Begründung wird die besondere Problematik bei Zuwendungen an nahestehende Personen nicht erörtert. Daher ist ihr ein der analogen Anwendung des § 3 Abs. 2 AnfG im Rahmen des § 11 Abs. 2 AnfG entgegenstehender gesetzgeberischer Wille nicht zu entnehmen.

(2)

Den ihr somit obliegenden Entlastungsbeweis hat die Beklagte zu 1) nicht geführt. Im Gegenteil gibt es keinen nachvollziehbaren Grund als den der Gläubigerbenachteiligung, daß sie sich eine Eigentumswohnung schenken läßt, zugleich aber ihrer Mutter, der Schuldnerin, ein lebenslanges unentgeltliches Wohnrecht einräumt. Angesichts des im Vertrag angegebenen Einheitswertes von 7.400,-- DM sowie der Vermögenslosigkeit der Schuldnerin im übrigen scheidet das Ersparen von späterer Erbschaftssteuer als Motiv der Schenkung aus.

II.

Die Klägerin kann die Beklagte zu 2) als Sonderrechtsnachfolgerin der Beklagten zu 1) gemäß §§ 11, 15 Abs. 2 Nr. 2 und 3 AnfG auf Duldung der Zwangsvollstreckung in das im Tenor näher bezeichnete Mit- und Wohnungseigentum in Anspruch nehmen.

Die allgemeinen Anfechtungsvoraussetzungen sind erfüllt (s.o. A. I. 1.).

1.

a.

Die Klägerin kann die Anfechtbarkeit zum einen bereits gemäß § 15 Abs. 2 Nr. 2 AnfG geltend machen, da die Beklagte zu 2) als Mutter der Schuldnerin zu den dieser nahestehenden Personen im Sinne des § 138 Abs. 1 Nr. 2 InsO gehört.

b.

Die Beklagte zu 2) hat demgegenüber nicht nachgewiesen, daß ihr zur Zeit ihres Erwerbs -- August 1999 -- die Umstände, die die Anfechtbarkeit des Erwerbs der Beklagten zu 1) begründeten, unbekannt waren. Die Klägerin weist diesbezüglich zu Recht darauf hin, daß nach dem Vortrag der Beklagten zu 2) gerade die Kenntnis der unentgeltlichen Rechtsübertragung auf die Beklagte zu 1) sie zum Widerruf der Schenkung an die Schuldnerin veranlaßt hat.

Unerheblich, da nicht die Anfechtbarkeit des Erwerbs betreffend, ist, ob die Beklagte zu 2) auch um die Bösgläubigkeit der Beklagten zu 1) wußte.

2.

Die Beklagte zu 2) hat das Wohnungseigentum zum anderen von der Beklagten zu 1) im Sinne des § 15 Abs. 2 Nr. 3 AnfG unentgeltlich erlangt, weil sie aufgrund des Widerrufs des Schenkungsvertrages nur gegen die Schuldnerin einen Anspruch auf Rückübertragung des Eigentums, gegen die Beklagte zu 1) dagegen aufgrund der Vormerkung allenfalls einen Anspruch auf Zustimmung zur Grundbuchberichtigung hatte (s.o.).

III.

Die gemäß § 8 Abs. 2 S. 1 vor dem 1.1.1999 vorgenommenen Rechtshandlungen (aufgrund der bereits am 6.1.1998 erfolgten Grundbucheintragung der Beklagten zu 1) kann ein Eintragungsantrag im Jahr 1998 unterstellt werden) wären weiterhin nach dem bisherigen Recht weder der Anfechtung entzogen oder in geringerem Umfang unterworfen gewesen, so daß es gemäß § 20 Abs. 1 AnfG bei der Anwendung des am 1.1.1999 in Kraft getretenen Anfechtungsgesetzes bleibt.

Da unter Geltung der alten Fassung des Anfechtungsrechts bezüglich der Vornahme der Rechtshandlung die Eintragung im Grundbuch -- hier 6.1.1999 -- maßgeblich war, wäre die am 4.1.2000 anhängig gemachte -- im Sinne des § 270 Abs. 3 ZPO demnächst zugestellte -- Klage ebenfalls noch während laufender Anfechtungsfrist erhoben worden.

Auch im übrigen hätte die Anwendung der Vorschriften der §§ 3 Abs. 1 Nr. 2, 7 Abs. 2 und 11 Abs. 2 Nr. 2 AnfG a.F. vorliegend zu keiner von §§ 4, 11 Abs. 2 und 15 Abs. 2 Nr. 2 AnfG abweichenden Anfechtbarkeit geführt.

IV.

Zwischen den Beklagten besteht ein Gesamtschuldverhältnis.

Die Rückgewährpflicht des Rechtsnachfolgers tritt nicht an die Stelle des Rechtsvorgängers, sondern neben sie und führt, da sie weder den gleichen Tatbestand zum Verpflichtungsgrund, noch den gleichen Inhalt zu haben braucht wie die Anfechtungsschuld des Vormannes, grundsätzlich ein selbständiges Dasein. Nur soweit sich die Rückgewährpflichten von Rechtsvorgänger und Rechtsnachfolger inhaltlich und umfänglich decken, besteht ein Gesamtschuldverhältnis, auf welches §§ 421ff. BGB Anwendung finden (Kilger/Huber, AnfG, 8. Aufl., § 11 Anm. 6; Huber, AnfG, 9. Aufl., § 15 Rz. 22).

So liegt der Fall hier. Ohne daß es auf eine völlige Identität von Leistungsinhalt und -umfang ankäme, sind die Pflichten der Beklagten auf dasselbe Leistungsinteresse gerichtet und kann der Gläubiger die Leistung insgesamt nur einmal fordern, so daß beide innerlich zu einer Tilgungsgemeinschaft zusammengefaßt sind (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, § 421 Rz. 2ff.).

C.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 2, 97 Abs. 1 ZPO.

Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Der Streitwert für die Berufungsinstanz sowie die Beschwer der Beklagten betragen 14.850,-- DM. Die Zulassung der Revision ist nicht veranlaßt, § 546 ZPO.

Ende der Entscheidung

Zurück