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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 30.05.2000
Aktenzeichen: 12 U 52/99
Rechtsgebiete: KO, ZPO


Vorschriften:

KO § 30 Nr. 1 u. 2
KO § 37
KO § 41 Abs. 1 Satz 1
KO § 30 Nr. 1, 2. Fall
ZPO § 693 Abs. 2
ZPO § 696 Abs. 3
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 708 Nr. 10
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

12 U 52/99

Verkündet am 30. Mai 2000

In dem Rechtsstreit

hat der 12. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 9. Mai 2000 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht sowie die Richter am Oberlandesgericht

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Krefeld vom 8. Februar 1999 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.

Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung von 19.090,60 DM aus §§ 30 Nr. 1 und 2, 37 KO.

Auf die vom Kläger geltend gemachte Anfechtung von Zahlungen der Gemeinschuldnerin an die Beklagte aufgrund der Ratenzahlungsvereinbarung vom 25.11.1996 ist altes Recht anzuwenden, Art. 103 EGInso, weil es um ein vor dem 1.1.1999 beantragtes Konkursverfahren geht.

Die Anfechtungsfrist des § 41 Abs. 1 Satz 1 Konkursordnung ist gewahrt. Der Kläger hat rechtzeitig vor Ablauf von einem Jahr seit Eröffnung des Konkursverfahrens am 1. Mai 1997 am 28. April 1998 ein Mahnverfahren eingeleitet, das so zügig betrieben wurde, daß die Rechtshängigkeit gemäß § 693 Abs. 2, 696 Abs. 3 ZPO auf die Einreichung des Mahnantrags zurückwirkt.

Der Kläger ist durch die Jahresfrist auch nicht gehindert, die Anfechtung nunmehr ergänzend - wie schon im Urteil des Landgerichts beschieden - auf § 30 Nr. 1, 2. Fall KO zu stützen. Die Anfechtung ist nicht wie bei einem Gestaltungsrecht ausdrücklich unter Nennung einer bestimmten Norm zu erklären, es reicht vielmehr aus, wenn der Sachverhalt fristgemäß vorgetragen wird, der unter die in Betracht kommende Norm durch das Gericht subsumiert werden kann, und ein dem § 37 KO entsprechender Klageantrag gestellt wird (BGH NJW 1998, 1857 ff, 1859). Der Kläger hat schon im Mahnantrag sogar beide Alternativen der genannten Vorschrift genannt und in der Anspruchsbegründung auch zu der streitigen Kenntnis der Beklagten von der Zahlungseinstellung ergänzend vorgetragen.

Die vom Kläger bevorzugte, ihm hinsichtlich der Beweislast deutlich günstigere Vorschrift des § 30 Nr. 2 KO kann allerdings nicht zur Stützung des Anspruchs herangezogen werden.

Es liegt keine inkongruente Deckung durch die Zahlungen der Beklagten aufgrund des Ratenzahlungsvergleichs vor.

Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs in BGHZ 136, 311 ff läßt sich nicht dahin erweitern, daß freiwillige Zahlungen des Gemeinschuldners in der Krise bei nur bevorstehender Titulierung des Anspruchs des Gläubigers solchen zur Abwendung der Zwangsvollstreckung gleichzustellen sind.

Der Bundesgerichtshof stellt in der genannten Entscheidung ersichtlich zur Begründung vorrangig darauf ab, daß der Gläubiger eine Sicherung oder Befriedigung erlangt hat, die er ohne Einschaltung der für die Zwangsvollstreckung zuständigen staatlichen Organe nicht erhalten hätte. Auf die Ausübung staatlichen Zwangs stellt auch die Literatur entscheidend ab (Jaeger/Henckel, KO, 9. Aufl., § 30 Rdnr. 232 u. 298 f: Kreft in HK-Inso, § 131 Rn 15). Für die Anfechtbarkeit dürfe nicht den Ausschlag geben, wieweit Vollstreckungszwang tatsächlich habe ausgeübt werden müssen, um zum Ziel zu gelangen (BGHZ 136, 311, 312 = BGH ZIP 1997,1929 = BGH NJW 1997,3995). Zutreffend weist die Beklagte darauf hin, daß der Bundesgerichtshof in der genannten Entscheidung deutlich gemacht hat, daß der Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz allein die Konkursanfechtung nach § 30 Nr. 2 KO nicht rechtfertige, weil dann nämlich auch der Fall erfaßt werde, daß der Schuldner mit Hilfe seiner letzten frei verfügbaren Mittel auf eine fällige Forderung freiwillig zahle.

Von einer freiwilligen Zahlung ist im vorliegenden Fall aber noch auszugehen.

Die Zwangsvollstreckung unter Eingreifen staatlicher Organe stand noch nicht unmittelbar bevor.

Dies gilt für den Zeitpunkt des Abschlusses der Ratenzahlungsvereinbarung schon deshalb, weil das Mahnverfahren nach dem Widerspruch der Gemeinschuldnerin in absehbarer Zeit zu einer Titulierung und einer erst danach möglichen Zwangsvollstreckung noch nicht führen konnte. Die Gemeinschuldnerin zahlte zwar unter dem Druck einer bevorstehenden gerichtlichen Auseinandersetzung und möglicherweise nicht aufzuhaltenden Titulierung der Forderung, war aber wirklichem Zwang zur Zahlung durch die Möglichkeit des Zugriffs der Beklagten auf ihr Vermögen unter Einschaltung staatlicher Organe noch nicht ausgesetzt. Es lag jeweils eine freiwillige Zahlung auf eine gestundete und dann fällige Forderung vor.

Die Beklagte erhielt durch die Ratenzahlungsvereinbarung auch keine zusätzliche Sicherheit. Ihr wurde kein verwertbarer Vermögensgegenstand übertragen. Ihre formale Position in dem Mahnverfahren wurde zwar, wenn auch erst später nach Aufnahme der Zahlungen verbessert, wobei aber in der Hinnahme einer Säumnisentscheidung noch keine Vermögensdisposition der Gemeinschuldnerin im Sinne einer Sicherung oder Befriedigung zu sehen ist. Dafür mußte die Beklagte noch als Nachteil in Kauf nehmen, die Forderung ratenweise zu stunden.

Nach allem käme nur eine Anfechtung gemäß § 30 Nr. 1, 2. Fall KO in Betracht, die mangels Kenntnis der Beklagten von der Zahlungseinstellung bis zum 15.2.1997, dem Zeitpunkt der letzten Ratenzahlung, scheitert.

Im Rahmen diese Tatbestandes muß der Kläger die Zahlungseinstellung der Gemeinschuldnerin zum Zeitpunkt der Befriedigung der Beklagten und deren jeweilige Kenntnis von die sein Konkursgrund darlegen und beweisen.

Zur Zahlungseinstellung hat der Kläger schon in erster Instanz, erst recht unter Ergänzungen und Vertiefung seines Vortrages in zweiter Instanz hinreichend Einzelheiten vorgetragen, die in ihrer Gesamtheit klar auf eine Zahlungseinstellung schließen lassen. Dem ist die Beklagte durch ihr pauschales Bestreiten nur unzureichend entgegengetreten. Der Beklagte hätte sich mit den zahlreichen Indizien, die teils schon alleine, teils gemeinsam auf die Zahlungseinstellung schließen lassen, im einzelnen auseinandersetzen müssen. Der Sachverhalt ist von dem Kläger mit einer hohen Dichte und Intensität vorgetragen. Insbesondere das vorgelegte Zahlenwerk zu den offenen Forderungen und den liquiden Mitteln sowie das methodische Hinhalten der Gläubiger bei Nachgiebigkeit gegen besonders hartnäckiges Vorgehen sprechen für sich. Hinzu kommt, daß ein den Vortrag des Klägers bestätigendes Gutachten von Wirtschaftsprüfern vorliegt, das aus dem überprüften Material entsprechende nachvollziehbare Schlüsse gezogen hat. Demgegenüber sind die Angriffe der Beklagten unzureichend.

Unbewiesen bleibt aber nach Anhörung der Zeuginnen und daß die Beklagte Kenntnis von der Zahlungseinstellung vor dem Frühjahr 1997, mithin zum Zeitpunkt der Leistungen der Gemeinschuldnerin hatte.

Die Kenntnis ist aus den Äußerungen der Bevollmächtigten der Gemeinschuldnerin gegenüber den Bevollmächtigten der Beklagten im Mahnverfahren nach den übereinstimmenden Aussagen der Zeuginnen nicht herzuleiten.

Die als Zeugin gehörte Rechtsanwältin die die Gemeinschuldnerin in dem Mahnverfahren vertrat, hat aufgrund fehlender Erinnerung an das konkrete Telefonat am 22.10.1996 nicht bestätigt, der Beklagten die Zahlungseinstellung oder den drohenden Konkurs als Druckmittel vor Augen gestellt zu haben. Man sei zudem noch von der Möglichkeit der Sanierung der Gemeinschuldnerin ausgegangen und habe in diesem Rahmen Teilzahlungen angeboten, ohne stets auf mögliche negative Folgen eines Scheiterns der Einbeziehung der drängendsten Gläubiger hinzuweisen.

Entsprechend hat die Zeugin früher den Inhalt des Telefonats mit Rechtsanwältin auch ohne jeden Hinweis auf einen drohenden Konkurs dokumentiert. Nach ihrer glaubhaften Aussage hätte sie eine solche Mitteilung wegen der Bedeutung für die Mandantin notiert und weitergeleitet, was aber nicht geschehen sei.

Die übrigen mitgeteilten Umstände ergeben eine Kenntnis der Beklagten nicht mit der gebotenen Deutlichkeit. Daß die Beklagte zu den von dem Kreditoren-Manager abgewiesenen Gläubigern gehörte, wird nicht dargetan. Das Schreiben der Gemeinschuldnerin an ihre Gläubiger vom 14. Juni 1996 (in Kopie Blatt 82) ist eher beschönigend, wie das Landgericht zutreffend festgestellt hat, keinesfalls wird darin die Zahlungseinstellung mitgeteilt. In das Wissen des Inkassobüros werden nur Mutmaßungen gestellt.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Anordnung der vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10 ZPO.

Die Zulassung der Revision ist nicht veranlaßt.

Der Streitwert und die Beschwer für den Kläger betragen 19.090,60 DM.

Ende der Entscheidung

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