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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 05.10.2001
Aktenzeichen: 16 U 44/01
Rechtsgebiete: HGB, ZPO


Vorschriften:

HGB § 87 c Abs. 2
ZPO § 711
ZPO § 713
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 546 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

16 U 44/01

Verkündet am 05. Oktober 2001

In dem Rechtsstreit

hat der 16. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 21. September 2001 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. L den Richter am Oberlandesgericht L und die Richterin am Oberlandesgericht R

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das am 30. Januar 2001 verkündete Teilurteil der 3. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Mönchengladbach wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beklagten ist zulässig, hat aber aus den mit den Parteien in der mündlichen Verhandlung im einzelnen erörterten Gründen keinen Erfolg. Das Landgericht hat richtig entschieden. Das Berufungsvorbringen kann eine abweichende Entscheidung nicht rechtfertigen. Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Erteilung eines Buchauszugs gemäß § 87 c Abs. 2 HGB.

1. Voraussetzung für den Anspruch auf Erteilung des Buchauszugs ist lediglich, dass der Handelsvertreter ihn fordert und die Möglichkeit von Vergütungsansprüchen des Handelsvertreters besteht. Die Beklagte hat den Anspruch bislang nicht erfüllt.

a) Nach Gesetz und ständiger Rspr. des Senats - vgl. nur OLG-Report 1996, 219 - folgt aus dem Zweck des Buchauszugs, dass sein Inhalt für den Zeitpunkt seiner Aufstellung eine bis ins einzelne gehende Bestandsaufnahme der Kundenbeziehungen des Unternehmers darstellen muss. Er muss eine aus sich selbst heraus verständliche Übersicht sein und in übersichtlicher Weise eine Zusammenstellung der Geschäfte bringen, die für den Handelsvertreter von Bedeutung sein können.

Der Senat folgt damit der Rspr. des Bundesgerichtshofs, der in der Entscheidung WM 1982, 152 zum Ausdruck bringt:

"Der Buchauszug muss die zum Zeitpunkt seiner Aufstellung für die Berechnung, Höhe und Fälligkeit der Provisionen relevanten geschäftlichen Verhältnisse in klarer und übersichtlicher Weise widerspiegeln."

aa) Ob es in einem besonders gelagerten Einzelfall für die Erteilung des Buchauszugs genügen kann, dass der Unternehmer für bestimmte Zeiträume Provisionsabrechnungen überreicht, die im Zusammenhang mit gleichzeitig erteilten Informationen die Daten enthalten, die ein Buchauszug enthalten muss, was der Bundesgerichtshof in der von der Beklagten angeführten Entscheidung aus dem Jahr 1965 als ausreichend angesehen hat, kann im vorliegenden Fall dahinstehen. Die von der Beklagten erteilten Provisionsabrechnungen erfüllen im Zusammenhang mit den sonstigen übergebenen Unterlagen, unter anderem Rechnungen und Gutschriften, diese Anforderungen ohnehin nicht.

bb) Dabei kann unterstellt werden, dass die Beklagte die Klägerin durch die erteilten Provisionsabrechnungen und die verschiedenen überreichten Unterlagen zu den Namen und Anschriften der Kunden, Datum der einzelnen Aufträge, Beschreibung der Aufträge, Datum der einzelnen Lieferungen, Inhalt der Rechnungen, Datum und Höhe der Zahlungen, Angabe der nicht gelieferten und zurückgesandten Waren unter Angabe der Gründe in die Lage versetzt hat, sich selbst über den notwendigen Inhalt des Buchauszugs zu informieren. Es ist aber grundsätzlich nicht Sache des Handelsvertreters, den Buchauszug selbst zu erstellen. Der Unternehmer schuldet den Buchauszug. Er kann diese Verpflichtung nicht auf den Handelsvertreter abwälzen, sondern nur selbst durch die oben dargestellte geordnete Darstellung erfüllen.

cc) Im vorliegenden Fall verweist die Beklagte zu dem beispielhaft auf die in dem überreichten Ordner für den Monat März 2000 enthaltenen Unterlagen. Enthielten die Unterlagen die zu den einzelnen Kunden gehörenden Geschäfte und sonstigen in einen Buchauszug aufzunehmenden Angaben übersichtlich und wären nur wenige einzelne weitere Daten zur Erlangung der notwendigen Kenntnis über die Geschäfte erforderlich, dann könnte die Klägerin vielleicht verpflichtet sein, diese einzelnen Daten selbst nachzutragen. Darum geht es im vorliegenden Fall nicht. Die notwendigen Angaben sind hier über fünf verschiedene Arten von Unterlagen verstreut, unterteilt in Angaben zu den Namen der Kunden, allgemeine Informationen über die angebotenen Waren und Kunden, Provisionsabrechnungen, Rechnungen und Gutschriften. Daraus einen Buchauszug zu erstellen, ist Aufgabe der Beklagten. Dazu gehört auch die notwendige Zuordnung der in den Provisionsabrechnungen fehlenden Angaben. Im übrigen macht die Klägerin, zu Recht geltend, dass die Aufgabe des Buchauszugs über die einer ordnungsgemäßen Abrechnung hinausgeht.

dd) Der Bundesgerichtshof hat in der vom Beklagten angeführten Entscheidung aus dem Jahre 1965, NJW 1965,1136 zu einem besonders gelagerten Ausnahmefall ausgesagt, dass dann, wenn ein Handelsvertreter wegen der Größe seines Geschäftsbetriebs Vollkaufmann sei und er von dem Unternehmer fortlaufend Provisionsabrechnungen sowie Durchschläge der den Kunden erteilten Auftragsbestätigungen und Rechnungen erhalten habe, in der jahrelangen widerspruchslosen Hinnähme dieser Unterlagen ein sich ständig wiederholendes Anerkenntnis gefunden werden könne, dass ihm weitere Provisionsansprüche nicht zustehen, auch wenn die Unterlagen möglicherweise in einer Reihe von Einzelfällen nicht ausreichten, um ihm volle Klarheit über alle Provisionsansprüche zu verschaffen. Der Handelsvertreter könne unter solchen Umständen für die zurückliegende Zeit auch keinen Buchauszug mehr verlangen (Abweichung von Urt. - VII ZR 90/62 - v. 28.11.1963).

Diese Rechtsprechung hat der Bundesgerichtshof in der Entscheidung NJW 1996, 588 zu Recht ausdrücklich aufgegeben und erklärt:

Die jahrelange widerspruchslose Hinnahme der Provisionsabrechnungen des Unternehmers kann nicht als ein sich ständig wiederholendes negatives Schuldanerkenntnis des Handelsvertreters ausgelegt werden, daß ihm Ansprüche auf Erteilung eines Buchauszugs und auf Zahlung weiterer Provision nicht zustehen (Aufgabe von BGH, NJW 1965, 1136 L = LM § 87c HGB Nr. 5).

b) Der Anspruch entfällt auch nicht deshalb, weil die Parteien sich über Grund und Höhe der Provisionsansprüche geeinigt hätten. Auch wenn die Klägerin die Richtigkeit der erteilten Abrechnungen nicht bestritten hat, so hat dies auf den Anspruch auf Erteilung des Buchauszugs keinen Einfluss.

Der Anspruch entfällt erst dann, wenn der Handelsvertreter sich ausdrücklich mit den übergebenen Unterlagen zufrieden gibt, auf den Anspruch verzichtet oder die Einigung über die Provisionsansprüche feststeht (BGH NJW 1981,457). Das ist im vorliegenden Fall gerade nicht feststellbar, denn die Klägerin reklamiert Geschäfte, für die sie keine Provision erhalten habe (vgl. zu alldem Ebenroth/Boujong/Joost, HOB, 2001, § 87 c RdNr. 39 ff).

2. Die Durchsetzung des nach der Vorschrift des § 87 c Abs. 2 HGB vorgesehenen Anspruchs auf Erteilung des Buchauszugs ist nicht rechtsmissbräuchlich. Wäre feststellbar, dass die Klägerin ihren Anspruch allein deshalb geltend macht, um der Beklagten zu schaden, dann könnte ein Verstoß gegen das unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben bestehende Schikaneverbot vorliegen mit der Folge, dass die Durchsetzung des Rechts ausgeschlossen wäre. Die Klägerin reklamiert indessen weitere Provisionen, deshalb kann die Geltendmachung des im Gesetz für sie vorgesehenen Anspruchs nicht rechtsmissbräuchlich sein.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Es besteht kein gemäß § 546 Abs. 1 ZPO gerechtfertigter Anlass zur Zulassung der Revision.

Beschwer für die Beklagte: 11.050 DM.

Ende der Entscheidung

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