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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 25.04.2002
Aktenzeichen: 2 Ws 103/02
Rechtsgebiete: StPO


Vorschriften:

StPO § 329 Abs. 3
StPO § 342 Abs. 2
StPO § 342 Abs. 3
StPO § 344 Abs. 1
StPO § 344 Abs. 2
1.

Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen ein auf Ausbleiben des Angeklagten ergangenes Urteil (§ 329 Abs. 1 StPO) kann nur auf (neue) Tatsachen gestutzt werden, die dem Tatgericht weder bekannt waren noch bekannt sein mußten.

2.

Mit der Revisionsrüge kann nur beanstandet werden, dass das Tatgericht das Ausbleiben des Angeklagten aufgrund der gegebenen Umstände zu Unrecht als nicht entschuldigt angesehen hat.


OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF BESCHLUSS

2a Ss 91/02 - 35/02 II und 2 Ws 103/02

In der Strafsache

wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz

hat der 2. Strafsenat durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht S., den Richter am Oberlandesgericht B. und die Richterin am Oberlandesgericht H.-R. am

25. April 2002

auf die sofortige Beschwerde des Angeklagten gegen den Beschluss der 6. kleinen Strafkammer des Landgerichts Mönchengladbach vom 5. Dezember 2001 und auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Mönchengladbach vom 28.November 2001 nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde wird als unbegründet und die Revision als unzulässig auf Kosten des Angeklagten verworfen.

Gründe:

Die sofortige Beschwerde ist unbegründet. Das Landgericht hat mit zutreffender Begründung den Antrag des Angeklagten auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung des Hauptverhandlungstermins vom 28. November 2001 verworfen. Das Beschwerdevorbringen rechtfertigt keine abweichende Beurteilung.

Die Revision ist unzulässig.

Gemäß § 344 Abs. 1 StPO muss der Revisionsführer die Erklärung abgeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage, und die Anträge begründen. Aus der Begründung muss gemäß § 344 Abs. 2 StPO hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer Rechtsnorm über das Verfahren oder wegen Verletzung einer anderen Rechtsnorm angefochten wird. Bei Erhebung der Verfahrensrüge müssen die den Mangel enthaltenden Tatsachen angegeben werden. Diesen Anforderungen ist durch die angebrachten Schriftsätze nicht genügt. Mit Schriftsatz vom 18. Dezember 2001 hat der Angeklagte für den Fall der Verwerfung seines Wiedereinsetzungsantrages Revision eingelegt. Nach Zustellung des Urteils des Landgerichts Mönchengladbach am 12. Dezember 2001 hat der Angeklagte innerhalb der Revisionsbegründungsfrist lediglich den Schriftsatz vom 18. Januar 2002 einreichen lassen, mit diesem die Verletzung des § 329 StPO gerügt und dazu seinen Vortrag aus dem Wiedereinsetzungsverfahren wiederholt und ergänzt.

Nach § 329 Abs. 3 StPO kann der Angeklagte, wenn die Hauptverhandlung ohne ihn stattgefunden hat und seine Berufung verworfen worden ist, binnen einer Woche nach Zustellung des Urteils Wiedereinsetzung in den vorigen Stand unter den gleichen Voraussetzungen wie bei Versäumung einer Frist beantragen. Mit einem solchen Gesuch kann nach § 342 Abs. 2 StPO die Revision für den Fall der Verwerfung des Gesuchs verbunden werden. Die Einlegung der Revision ohne Verbindung mit einem Wiedereinsetzungsgesuch gilt gemäß § 342 Abs. 3 StPO als Verzicht auf die Wiedereinsetzung. Hieraus ergibt sich, dass die Rüge einer Verletzung des § 329 StPO und das Wiedereinsetzungsgesuch nach § 329 Abs. 3 StPO sich nicht nur in ihren Zielen, sondern auch hinsichtlich ihrer Voraussetzungen grundsätzlich unterscheiden. Der Gesetzgeber hat nicht das gleiche auf zwei verschiedene Arten regeln wollen. Ziel der Wiedereinsetzung ist das unmittelbare Wiederaufleben der Tatsacheninstanz, während Ziel der Revisionsrüge die obergerichtliche Prüfung und Entscheidung der Rechtsfrage ist, ob die gegebenen Umstände das Ausbleiben des Angeklagten als nicht schuldhaft erscheinen ließen, so dass das Urteil gegen ihn nicht hätte ergehen dürfen. Das Wiedereinsetzungsgesuch kann nur auf neue Gründe gestützt werden, über die sich das angefochtene Urteil mangels Kenntnis des Landgerichts nicht verhält. Umstände, die der Tatrichter bereits als nicht genügende Entschuldigung gewürdigt hat, scheiden aus. Die Richtigkeit der dazu getroffenen Entscheidung kann nur im Wege des Revisionsverfahrens nachgeprüft und damit die Frage geklärt werden, ob der Tatrichter aufgrund von Umständen, die ihm bekannt waren oder sein mussten, die Abwesenheit des Angeklagten zutreffend als nicht entschuldigt gewertet und deshalb zulässigerweise ohne ihn verhandelt hat (vgl. OLG Düsseldorf NJW 1962, 2022; Kleinknecht/Meyer-Goßner, 45. Aufl., § 329 StPO Rdnr. 42 mwN). Daraus wird deutlich, dass der Rechtsbehelf der Wiedereinsetzung nach Versäumung der Berufungshauptverhandlung und die Revision gegen ein Verwerfungsurteil unterschiedlichen Voraussetzungen unterliegen, nicht deckungsgleiche Ziele verfolgen und verschiedene Prüfungsgegenstände aufweisen. Insofern ist die Wiederholung des Vorbringens zur Stützung des angebrachten Wiedereinsetzungsgesuchs nicht geeignet, eine zulässige Verfahrensrüge der Verletzung des § 329 StPO zu erheben.

Bei einem Verwerfungsurteil kann mit der Revision nur die Verletzung des § 329 StPO geltend gemacht werden. Die Prüfung des Revisionsgerichts, ob der Angeklagte ordnungsgemäß geladen worden war, das Berufungsgericht seine Aufklärungspflicht erfüllt und seiner Entscheidung alle in diesem Zeitpunkt erkennbaren Entschuldigungsgründe zugrundegelegt sowie die Rechtsbegriffe des Ausbleibens oder der genügenden Entschuldigung rechtsfehlerfrei beurteilt hat, ist nur auf eine entsprechende Rüge, die den Anforderungen des § 344 Abs. 2 StPO genügen muss, eröffnet (vgl. Kleinknecht/Meyer-Goßner, 45. Aufl., § 329 StPO Rdnr. 48 mwN).

Der Beschwerdeführer hat insoweit nichts dargetan. Sein Vorbringen enthält lediglich die Wiederholung und Darlegung von vermeintlichen Wiedereinsetzungsgründen. Die Behauptung von Tatsachen, die einen Mangel des Urteils begründen können, liegt darin indessen nicht.

Der Beschwerdeführer hat mit der Revisionsbegründung auch nicht die allgemeine Sachrüge erhoben, die zu der eingeschränkten Prüfung führt, ob Verfahrenshindernisse vorliegen. Nur durch die Erhebung der materiellen Rüge wird dem Revisionsgericht die Einsicht in das angefochtene Urteil ermöglicht (vgl. BGH NStZ 1997, 378 mwN; BGHSt 36, 384, 385 mwN; BayObLGSt 1987, 33, 35 mwN). Auch aus dem Gesamtzusammenhang der Revisionsbegründung kann die Erhebung der allgemeinen Sachrüge nicht entnommen werden.

Die Kostenentscheidungen beruhen auf § 473 Abs. 1 StPO.

Ende der Entscheidung

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