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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 25.04.2000
Aktenzeichen: 20 U 113/99
Rechtsgebiete: HOAI, BGB, UWG, ZPO


Vorschriften:

HOAI § 5
HOAI § 4 Abs. 1
HOAI § 4 Abs. 2
HOAI § 78 Abs. 1 Nr. 3
HOAI § 78 HOAI
HOAI § 66 Abs. 5
HOAI § 64
HOAI § 53
HOAI § 63
BGB § 1004
UWG § 1
UWG § 13 Abs. 2 Nr. 2
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 713
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

20 U 113/99 7 O 38/99 LG Kleve

Verkündet am 25. April 2000

G, Justizsekretärin z.A. als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

In pp.

hat der 20. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 14. März 2000 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht B und die Richter am Oberlandesgericht Dr. S und W

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das am 17. September 1999 verkündete Urteil der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Kleve wird zurückgewiesen, jedoch mit der Maßgabe, daß die Verurteilung klarstellend wie folgt neu gefaßt wird:

Die Beklagte wird verurteilt, es unter Androhung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 500.000 DM, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten,

zu unterlassen,

schriftliche Anfragen an Ingenieure über die Kosten für die Erbringung von Planungsleistungen nach der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure zu richten,

a) ohne die Honorarzone anzugeben,

b) ohne die Bewertung der Grundleistungen nach der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure in Prozentsätzen anzugeben,

c) in denen das Erstellen der bauphysikalischen Nachweise für den Wärmeschutz und der bauphysikalischen Nachweise für den Schallschutz als "Besondere Leistung" eingeordnet ist,

d) in denen der Umbau- und der Anpassungszuschlag zum und im Altbau als "Besondere Leistung" eingeordnet ist.

Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits in erster und zweiter Instanz zutragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Die beklagte Stadt versandte unter dem 8.9.1998 ein Schreiben an vier Ingenieure, um zur Vorbereitung der Auftragsvergabe zu ermitteln, welche Honorare für Ingenieurleistungen bei der Tragwerksplanung für den Neubau einer Schulmensa gefordert würden. Das dem Schreiben beigefügte Antwortformular "Kostenermittlung gem. HOAI" war wie folgt gestaltet:

Drei der vier Ingenieure gaben Angebote ab, das niedrigste lahm die Beklagte an.

Die Klägerin ist die örtlich zuständige Ingenieurkammer zu deren Aufgaben die Förderung der beruflichen Belange ihrer Mitglieder einschließlich der Wahrung des lauteren Wettbewerbs (§ 29 Abs. 1 Nr. 1 und 7 BauKaG NRW) gehören. Sie sieht in der Honoraranfrage einen Wettbewerbsverstoß und forderte die Beklagte erfolglos zur Abgabe einer Unterlassungserklärung auf. Sie hat das Verhalten der Beklagten als wettbewerbswidrig beanstandet, weil diese die Honorarzone für das Objekt nicht angegeben und die Prozentsätze bei den Grundleistungen offengelassen habe. Ferner habe sie den Nachweis des Wärmeschutzes und den Umbauzuschlag unzutreffend, als "Besondere Leistungen" im Sinne von § 5 HOAI aufgeführt. Auf diese Weise habe sie die angeschriebenen Ingenieure zu Angeboten unterhalb der Mindestsätze der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) verleitet.

Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen,

1. es unter Androhung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 500.000 DM, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu unterlassen, schriftliche Anfragen über die Kosten für die Erbringung von Planungsleistungen nach der HOAI an Ingenieure zu richten,

a) ohne die für die Honorarberechnung nach der HOAI erforderlichen Honorarparameter, insbesondere die Honorarzone, anzugeben,

b) ohne die von der HOAI vorgegebene Bewertung der Grundleistung in Prozentsätzen ohne gleichzeitige Mitteilung anzugeben, welche der Leistungsphasen oder Grundleistungen der Tragwerksplanung entfallen, weil sie von dem Auftraggeber oder einem Dritten beigebracht werden,

c) in denen das Erstellen der bauphysikalischen Nachweise für den Wärmeschutz und den Schallschutz als "Besondere Leistung" eingeordnet ist,

d) in denen der Umbau- und der Anpassungszuschlag zum und im Altbau als "Besondere Leistung" eingeordnet sind.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat vorgetragen: Die angeschriebenen Ingenieure hätten die Einordnung der Honorarzone selbst beurteilen können. Sie, die Beklagte, sei dazu nicht in der Lage gewesen. Es sei auch nicht zu beanstanden, daß sie die Bewertung der Grundleistungen nicht in Prozentsätzen vorgegeben habe, da sie sich vorbehalten habe, den Auftrag in Teilleistungen zu vergeben bzw. Eigenleistungen zu erbringen. Sie habe, eine Unterschreitung der Mindestsätze auch nicht dadurch veranlaßt, daß sie das Erstellen des bauphysikalischen Nachweises für den Wärmeschutz und für den Schallschutz als "Besondere Leistungen" eingeordnet habe. Gleiches gelte für den Umbau- und Anpassungszuschlag zum und im Altbau.

Das Landgericht hat der Klage entsprochen. Dagegen wendet sich die Beklagte mit der Berufung und trägt vor: Die Honoraranfrage habe sich nicht an einen bestimmten Ingenieur gerichtet bzw. habe keinen bestimmten Ingenieur begünstigt, so daß es schon deshalb an einer Wettbewerbshandlung fehle. Da die Honorarzonen nicht ohne Wertungsmöglichkeit festgelegt würden, seien diesbezügliche Vorgaben nicht zu machen. Ihre - zusätzliche - Frage nach DM-Beträgen belege ihr ganz überwiegendes Informationsinteresse. In bezug auf die Nachweise für den Wärme- und Schallschutz sowie hinsichtlich des Umbau- und Anpassungszuschlages sei erst recht kein Verstoß gegen das Preisrecht ersichtlich.

Die Beklagte beantragt,

unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen, jedoch mit der Maßgabe, daß zu Buchstabe a) der Verurteilung nur das "Insbesondere"-Begehren verfolgt werde, und daß zu Buchstabe b) der Verurteilung der dort vorgesehene Vorbehalt hinsichtlich Teilleistungen entfallen solle.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil und macht geltend: Die Beklagte habe zur Förderung fremden Wettbewerbs gehandelt. Zwar bestehe bei der öffentlichen Hand keine Vermutung, daß Handlungen Wettbewerbszwecken dienten. Anders sei es aber, wenn die Gemeinde sich erwerbswirtschaftlich betätige. Die Honoraranfrage der Beklagten laufe auf eine versteckte Aufforderung zum Bruch der Preisbildungsregeln hinaus. Jedenfalls sei die Beklagte Störerin und hafte nach § 1004 BGB analog in Verbindung mit § 1 UWG für die Wettbewerbsverstöße der Ingenieure, die Honorare unterhalb der Mindestsätze angeboten hätten.

Wegen aller Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der eingereichten Schriftsätze und Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Beklagten hat keinen Erfolg. Die Klägerin kann von der Beklagten nach Maßgabe der zuletzt gestellten Sachanträge Unterlassung ihres wettbewerbswidrigen Verhaltens verlangen (§§ 1, 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG).

Ein Handeln zu Zwecken des Wettbewerbs liegt in jedem Verhalten, das äußerlich geeignet ist, den Absatz oder Bezug einer Person zum Nachteil einer anderen zu fördern. Auch Handlungen Dritter, die selbst kein Gewerbe betreiben und keine Mitbewerber sind, sich jedoch in den Wettbewerb anderer einmischen, können Wettbewerbshandlungen im Sinne des § 1 UWG sein. So verhält es sich hier im Falle der Beklagten.

Die Honoraranfrage der Beklagten war geeignet, den Wettbewerb der Ingenieure negativ zu beeinflussen. Ihr Berechnungsschema konnte die Ingenieure veranlassen, unter Verstoß gegen § 4 Abs. 1 HOAI ein Honorar unterhalb der Mindestsätze anzubieten. Die Ingenieure durften generell erwarten, daß derjenige von ihnen den Auftrag erhalten würde, der das niedrigste Angebot abgab. Dies konnte aber gerade auch derjenige sein, der d== Mindestsätze unterschritt. Zu einem Unterschreiten der Mindestsätze gab das Antwortformular der Beklagten an verschiedenen Stellen Raum. Vor diesem Hintergrund stellte die Überschrift "Kostenermittlung gem. HOAI" kein taugliches Mittel zur Einhaltung der Preisregeln dar. Daß hier ein Ausnahmefall nach § 4 Abs. 2 HOAI vorgelegen hätte, der ein Unterschreiten der Mindestsätze allgemein gestattet hätte, ist nicht ersichtlich und macht die Beklagte auch nicht geltend.

Zu den Leistungen für "Thermische Bauphysik" gehört der Nachweis des Wärmeschutzes (§ 77 Abs. 2 Nr. 1 HOAI). Diese Leistung ist nach § 78 Abs. 1 Nr. 3 HOAI in Höhe von 25 % des Betrages zu vergüten, der sich aus den anrechenbaren Kosten des Gebäudes, der Honorarzone und der Honorartafel errechnet. Demgegenüber bezeichnete die Beklagte den Nachweis für den Wärmeschutz als "Besondere Leistung" (§ 5 Abs. 4 HOAI; s. Ordnungsnummer 3.1 des Berechnungsschemas). Dies konnten die Ingenieure zum Anlaß nehmen, kein gesondertes Honorar für die Leistung zu verlangen, oder es so zu berechnen, daß sich ein niedrigerer Betrag als im Falle einer Berechnung nach § 78 HOAI ergab. Entsprechendes gilt, soweit in Nr. 3.2. des Berechnungsschemas der Nachweis für den Schallschutz als "Besondere Leistung" aufgeführt ist (§ 80 Abs. 2 Nr. 1, 81 Abs. 1 Nr. 2 HOAI). Tatsächlich gelangten die Ingenieure in ihren Angeboten zu vollkommen unterschiedlichen Ansätzen (pauschal jeweils 300,- DM für Wärmeschutz und Schallschutz; pauschal 1.000,- DM für Wärmeschutz/keine Berechnung für Schallschutz; jeweils 2 des Grundhonorars = 1.730,- DM für Wärmeschutz und Schallschutz).

In Ordnungsnummer 3.6 des Berechnungsschemas ist unter der Überschrift "Besondere Leistungen" auch der Umbau-/ Anpassungszuschlag zum und im Altbau angegeben. In Wahrheit handelte es sich jedoch um einen Zuschlag für die Erschwerung der Grundleistungen, der nicht fakultativ, sondern vom Ingenieur zumindest in irgendeiner Höhe zu berechnen ist (vgl. Hessse/Korbion/Mantscheff/Vygen, HOAI, 5. Aufl., § 66 Rdn. 7). Die Einordnung als "Besondere Leistung" konnte die Ingenieure animieren, den nach § 66 Abs. 5 HOAI vorgesehenen Zuschlag nicht zu erheben, um preisgünstig zu erscheinen. Tatsächlich wurde in zwei Angeboten der Umbauzuschlag nicht berechnet, in einem Fall nur in Höhe von 5 % (statt mindestens 20 % nach § 66 Abs. 5 HOAI).

Ferner ließ die Beklagte in Ordnungsnummer 2 ihres Berechnungsschemas die Prozentsätze für die Bewertung der Grundleistungen in den Leistungsphasen 1 - 6 (§ 64 Abs. 1 HOAI) offen. Auch dies gab den Ingenieuren Anreiz, die Mindestsätze zu unterbieten. Das Argument der Beklagten, sie habe sich vorbehalten wollen, einzelne Grundleistungen selbst zu erbringen, ist ohne Substanz. Sie teilt nicht mit, welche Leistungen sie meint und warum sie dies den Ingenieuren nicht angezeigt hat. Die von ihr angeblich angestrebten, auf ihre Bedürfnisse zugeschnittenen Angebote konnte sie ohnedies nur erlangen, wenn sie vorher klarstellte, welche Grundleistungen sie selbst erbringen wollte. Tatsächlich hielt keines der eingereichten Angebote die Prozentsätze nach § 64 HOAI ein: Ein Ingenieur bewertete die Grundlagenermittlung mit 0 %, in allen Angeboten ist die Vorplanung mit 5 % angesetzt (statt 10 % nach § 64 Abs. 1 Nr. 2 HOAI). Die Entwurfsplanung ist in einem Angebot mit 6 % und in einem anderen mit 10 % bewertet (statt 12 % nach § 64 Abs. 1 Nr. 3 HOAI). Die Ausführungsplanung ist in einem Fall mit 40 % bewertet (statt 42 % gemäß § 64 Abs. 1 Nr. 5 HOAI). In zwei Angeboten ist die Vorbereitung der Vergabe mit 0 %, in einem Fall mit 2 % angegeben (statt 3 % nach § 64 Abs. 1 Nr. 6 HOAI).

Das Berechnungsschema fragte unter Ordnungsnummer 2 ohne weitere Angaben nach der Honorarzone (§ 63 HOAI). Dies konnte die Ingenieure verleiten, eine unzutreffend niedrige Honorarzone anzusetzen, um im Vergleich zu den Mitbewerbern preisgünstig zu erscheinen. Tatsächlich wählten zwei Anbieter die Honorarzone II, einer die Honorarzone III. Das Argument der Beklagten, die Ingenieure hätten diese Fachfrage besser beurteilen können als sie selbst, vermag nicht zu überzeugen. Die Beklagte verfügte über die erforderliche personelle Ausstattung und hätte unter Rückgriff auf ihre Fachämter, die anschließend ohnehin die Angebote zu prüfen hatten, zumindest die ihrer Ansicht nach in Betracht kommenden Honorarzonen benennen können, um z. B. die Gefahr unterschiedlicher Einschätzungen auf seiten der Ingenieure zu vermindern und die Angebote besser vergleichen zu können. Dies wäre auch deshalb angebracht gewesen, weil für die Bewertung der Honorarzone in der Regel eine nähere Befassung unter Heranziehung detaillierter Unterlagen und Pläne erforderlich ist (vgl. Hesse/Korbion/Mantscheff/Vygen, a.a.O. § 63 Rdn. 7), die hier den Ingenieuren nur in Auszügen zur Verfügung standen. Auch bei der Erörterung im Senatstermin vermochte die Beklagte nicht darzulegen, aus welchen triftigen Gründen sie von jeglichem Hinweis absah. Letzteres läßt sich insbesondere nicht durchgreifend damit begründen, die Ingenieure seien bei der Einordnung weitgehend frei gewesen, zumal anders als bei Ingenieurbauwerken und Verkehrsanlagen nach § 53 HOAI (vgl. hierzu Senat, Urteil vom 20.9.1994 - 20 U 44/94) die subjektive Bewertungsfreiheit der Ingenieure bei der Tragwerksplanung durch die in § 63 HOAI angegebenen Beispielsfälle deutlich enger gezogen ist.

Allerdings ist ein Erfahrungssatz, daß eine objektiv den Wettbewerb eines anderen fördernde Handlung auch in Wettbewerbsabsicht erfolgt ist, nicht gerechtfertigt, wenn der Handelnde kein Wettbewerber ist (vgl. BGH GRUR 1995, 270 - Dubioses Geschäftsgebaren; GRUR 1982, 234/235 - Großbanken-Restquoten; GRUR 1965, 110, 115 - Eumed). Namentlich bei Handlungen der öffentlichen Hand außerhalb ihres erwerbswirtschaftlichen Tätigkeitsbereichs besteht keine Vermutung für eine Wettbewerbsförderungsabsicht. Nur entsprechend eindeutige Anhaltspunkte erlauben daher die Feststellung, daß die Gemeinde zur Förderung fremden Wettbewerbs gehandelt hat (vgl. hierzu BGH, GRUR 1991, 540 - Gebührenanfrage; auch GRUR 1991, 769 Honoraranfrage; GRUR 1995, 601 - Bahnhofs-Verkaufsstellen). Dies kann insbesondere der Fall sein, wenn die Gemeinde aus dem Wettbewerbsvorteil des Dritten einen eigenen Nutzen gezogen hat (vgl. BGH, GRUB 1990, 463; 464 - Firmenrufnummer). So liegen die Dinge aber hier. Von dem Unterschreiten der Mindestsätze profitierte die Beklagte durch die damit einhergehende Kostenersparnis unmittelbar. Dabei war sie ungeachtet eines Verstoßes gegen die Preisregeln bereit, das billigste Angebot anzunehmen. Dies belegt der weitere Verlauf mit Deutlichkeit. Alle bietenden Ingenieure unterschritten die Mindestsätze, keinen machte die Beklagte auf die eindeutigen Verstöße aufmerksam; im Gegenteil: Sie gab schließlich demjenigen den Zuschlag, der das mit Abstand niedrigste Angebot vorlegte und die Honorarordnung am klarsten verletzte. Ohne Erfolg bleibt ihr Einwand, sie habe davon ausgehen dürfen, daß die von ihr angeschriebenen Ingenieure selbständig prüfen würden, ob der ausgeschriebene Wettbewerb mit dem Preisrecht und den Bestimmungen ihres Berufsstandes im Einklang stand. Zwar ist es grundsätzlich Sache der Ingenieure, die Bestimmungen ihrer Honorarordnung einzuhalten (vgl. Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche, 7. Aufl., Kapitel 14 Rdn. 10 c); so können sie bei einem Unterschreiten der Mindestsätze standesrechtlch zur Verantwortung gezogen werden (vgl. Hesse/Korbion/Mantscheff/Vygen, HOAI, 5. Aufl., § 4 Rdn. 92). Darauf kann sich die Beklagte im Streitfall jedoch nicht berufen, weil für sie (mindestens) deutlich erkennbar war, daß ihre Ausschreibung gegen das für Architekten und Ingenieure geltende Preisrecht der Honorarordnung verstieß (vgl. hierzu BGH, NJW 1997, 2180, 2181 - Architektenwettbewerb). Tatsächlich hat sie auf die Rechtstreue der Ingenieure auch nicht vertraut. Erneut ist darauf zu verweisen, daß sie trotz der klar zu tage liegenden Preisverstöße keines der Angebote beanstandete und ausgerechnet jenes wählte, daß die Preisregeln am deutlichsten verletzte. Etwas anderes folgt auch nicht aus dem Umstand, daß die Beklagte zusätzlich nach einer Angabe der Kosten in "DM" fragte. Im zitierten Senatsurteil konnte dies noch als Indiz für ihr überwiegendes Informationsinteresse gewertet werden, im Streitfall scheidet diese Interpretation mit Blick auf die Anzahl und Klarheit der Verstöße jedoch aus.

Daß die Beklagte bei allen Ingenieuren in gleicher Weise anfragte, also zunächst einmal nicht den Wettbewerb eines bestimmten Ingenieurs förderte, zieht ihre Wettbewerbsförderabsicht ebenfalls nicht in Zweifel. Für das Vorliegen einer Wettbewerbshandlung muß sich die Absicht des Verletzers nicht von Beginn an auf einen namentlich feststehenden Mitbewerber konzentrieren. Vielmehr genügt es, daß der Verletzer ganz allgemein demjenigen Wettbewerber einen Vorsprung vor den anderen verschaffen will, der sich wettbewerbswidrig verhält.

Die Beklagte verleitete die angeschriebenen Ingenieure zur Verletzung des HOAI-Preisrechts. Damit erweist sich ihr Verhalten als Verstoß gegen die guten Sitten im Wettbewerb. Denn es ist mit den Regeln des lauteren Wettbewerbs nicht zu vereinbaren, sich als Nachfrager von Leistungen in den Wettbewerb der Anbieter einzumischen und so provozierte Rechtsverletzungen zum eigenen Vorteil auszunutzen.

Über die Prozeßführungsbefugnis der Klägerin streiten die Parteien zu Recht nicht. Zwar bezieht sich ihre Verfolgungsbefugnis nach § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG nur auf Wettbewerbsverstöße, die von Wettbewerbern ihrer Mitglieder oder von Mitgliedern selbst begangen worden sind; denn nur insofern verfügt sie unter ihren Mitgliedern über eine erhebliche Zahl von Gewerbetreibenden, die Leistungen gleicher oder verwandter Art auf demselben räumlichen Markt anbieten. Zu ihrer Befugnis, Verstöße eigener Mitglieder zu verfolgen, gehört aber auch die Inanspruchnahme eines Dritten, der zu einem Wettbewerbsverstoß ihrer Mitglieder beigetragen hat. So liegt es im Falle der Beklagten, weil die angeschriebenen Ingenieure auf die Honoraranfrage der Beklagten gegen das Preisrecht verstoßen haben, um sich einen Wettbewerbsvorteil zu verschaffen. In Rede steht damit eine Beteiligung der Beklagten an Wettbewerbsverstößen von Mitgliedern, die die Klägerin auch unmittelbar in Anspruch nehmen könnte. Die der Klägerin eingeräumte Möglichkeit der Rechtsverfolgung wäre aber unvollständig, wenn sie nicht gegen alle an einem Wettbewerbsverstoß Beteiligten vorgehen könnte (vgl. hierzu BGH, NJW 1997, 2180 - Architektenwettbewerb).

Die Nebenentscheidungen beruhen auf § 97 Abs. 1, § 708 Nr. 10, § 713 ZPO.

Für die Zulassung der Revision besteht kein Anlaß (§ 546 Abs. 1 ZPO).

Der Streitwert für das Berufungsverfahren und die Beschwer der Beklagten betragen 40.000 DM.

Ende der Entscheidung

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