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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 21.11.2000
Aktenzeichen: 20 U 117/00
Rechtsgebiete: MarkenG


Vorschriften:

MarkenG § 5
Das Wort "Motorradland" ist ohne Verkehrsdurchsetzung als Bezeichnung für einen Geschäftsbetrieb des Groß- und Einzelhandels mit Motorrädern und ähnlichem schutzunfähig.
OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

20 U 117/00

Verkündet am 21. November 2000

In dem Verfahren

hat der 20. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 24. September 2000 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht B und die Richter am Oberlandesgericht S und W für Rechts erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Antragsgegnerin gegen das Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 30. März 2000 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß im Beschluß der Kammer vom 21. Dezember 1999 an die Stelle des Wortes "Kunden" bei seiner ersten Verwendung das Wort "Abnehmer" und bei seiner zweiten Verwendung das Wort "Abnehmern" tritt.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Antragsgegnerin.

Entscheidungsgründe:

Die Antragstellerin betreibt seit Anfang 1998 unter der Bezeichnung "Motorradland" einen Fachhandel mit Motorrädern und Motorradzubehör. Sie ist Inhaberin der am 13. März 1998 angemeldeten und am 20. April 1998 eingetragenen deutschen Wortmarke 39 014 144 "Motorradland by Schuh" sowie der am 13. März 1998 angemeldeten und am 15. Mai 1998 eingetragenen deutschen Wort-Bild-Marke 39 814 145 "MOTOR RAD LAND". Auf Grund ihres Marketingkonzepts gestattet sie Vertragspartnern die Benutzung der Bezeichnungen und stattet sie mit Werbematerial und Waren aus.

Die Antragsgegnerin betreibt seit 1998 einen Groß- und Einzelhandel mit Motorrädern, Motorrollern, Mofas und Mokicks sowie Ersatzteilen und Zubehör, dem ein entsprechender Betrieb ihres Geschäftsführers unter der Einzelfirma "Motorradland" vorausging. Ihr Geschäftsführer ist Inhaber der am 23. Oktober 1995 eingetragenen Wort-Bild-Marke 39 501 802 "MOTORRADLAND Weißenfels GmbH" und der am 20. April 1998 angemeldeten und am 21. Juli 1998 eingetragenen Wort-Bild-Marke 39 821 913 "MOTORRADLAND", die jeweils graphisch gestaltet sind.

Nach außergerichtlichen Auseinandersetzungen wandte sich die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 29. November 1999 an eine Abnehmerin der Antragstellerin unter Hinweis auf ihr ausschließliches Recht zur Benutzung der Bezeichnung "Motorradland". Daraufhin erwirkte die Antragstellerin im Wege der einstweiligen Verfügung einen Beschluß des Landgerichts Düsseldorf vom 21. Dezember 1999, mit dem der Antragsgegnerin untersagt wurde,

1. Kunden der Antragstellerin wegen der Verwendung der geschäftlichen Bezeichnung "Motorradland" im Zusammenhang mit dem Betrieb von Fachgeschäften für Motorräder und Motorradzubehör abzumahnen, insbesondere wenn dies nach Maßgabe der als Anlage BD 1 vorgelegten Abmahnung geschieht, insbesondere mit den Worten: "Sie werden hiermit aufgefordert, mit sofortiger Wirkung die geschäftliche Bezeichnung "Motorradland" nicht mehr im Rahmen Ihrer Werbung, Ihrer Geschäftstätigkeit oder sonstwie gewerblich zu verwenden";

2. gegenüber Kunden der Antragstellerin zu behaupten, der Name MOTORRADLAND sei für sie als geschäftliche Bezeichnung u.a. nach § 5 MarkenG durch Registereintrag national und international geschützt.

Auf den Widerspruch der Antragsgegnerin hat das Landgericht den Beschluß durch das angefochtene Urteil bestätigt.

Die Berufung der Antragsgegnerin hat keinen Erfolg. Zu Recht hat ihr das Landgericht untersagt, Abnehmer der Antragstellerin zur Unterlassung der Benutzung der geschäftlichen Bezeichnung "Motorradland" aufzufordern. Lediglich der Begriff "Kunde", welcher offenläßt, ob dazu auch nur in Vertragsverhandlungen stehende Unternehmen gehören, ist jeweils durch den genaueren Begriff "Abnehmer" zu ersetzen - welcher - entsprechend den Erörterungen im Termin vom 31. Oktober 2000 nur die Vertragsbeziehungen zur Antragstellerin aufweisenden Unternehmen umfaßt.

I.

Es besteht ein Verfügungsgrund. Dies wird von der Antragsgegnerin auch nicht in Frage gestellt. Dabei kann offenbleiben, ob der Anspruch auf Unterlassung von Schutzrechtsverwarnungen auf das UWG gestützt und ob die Vorschrift des § 25 UWG analog auch auf andere Ansprüche im Wirtschaftsverkehr angewendet werden kann (vgl. dazu Berneke, Die einstweilige Verfügung in Wettbewerbssachen, Rdnr. 62; Traub WRP 2000, 1046). Jedenfalls ergibt sich auf Grund der Tatsache, daß die Antragsgegnerin Abnehmer der Antragstellerin wegen der Benutzung der Bezeichnung "Motorradland" abmahnt, die Gefahr, daß diese die Geschäftsbeziehung abbrechen. Dies reicht für einen Verfügungsgrund nach § 940 ZPO aus.

II.

Zu Recht hat das Landgericht der Antragstellerin einen Anspruch auf Unterlassung unberechtigter Schutzrechtsverwarnungen durch die Antragsgegnerin zugesprochen. Dabei kann offenbleiben, ob dieser Anspruch auf § 14 UWG, § 1 UWG oder § 823 Abs. 1 BGB wegen Eingriffs in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb gestützt werden kann (vgl. Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 21. Aufl., Rdnrn. 8 ff. zu § 14 UWG; Rdnr. 237 zu § 1 UWG). Auf die zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Urteil unter B.I.1.b), die - abgesehen von der Frage der Aktivlegitimation (s. dazu 3.) - von der Antragsgegnerin auch nicht angegriffen werden, wird verwiesen.

Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin kann sie den Abnehmern der Antragstellerin die Benutzung der Bezeichnung "Motorradland" als Marke oder Geschäftsbezeichnung nicht untersagen.

Ein Unterlassungsanspruch gemäß § 15 Abs. 4 MarkenG steht der Antragsgegnerin nicht zu, weil die Bezeichnung "Motorradland" kein geschütztes Kennzeichen im Sinne des § 5 Abs. 2 MarkenG darstellt. Ihr kommt weder originär noch durch Verkehrsdurchsetzung Unterscheidungskraft zu (zu diesem Erfordernis s. Fezer, MarkenG, 2. Aufl., Rdnr. 40 ff. zu § 15; Ingerl/Rohnke, MarkenG, Rdnrn. 21 ff. zu § 5; Goldmann, Der Schutz des Unternehmenskennzeichens, § 5).

a) Zutreffend weist das Landgericht darauf hin, daß der Bezeichnungsteil "Land" in "Motorradland" "abgegriffen" ist, der Verkehr also mit der Gesamtbezeichnung nur noch eine Beschreibung des Unternehmensgegenstandes verbindet und ihr daher keine originäre Unterscheidungskraft - mehr - zukommt.

Der Verkehr erwartet unter dieser Bezeichnung einen Markt mit einem umfangreichen Warenangebot "rund um das Motorrad". Daß diese Waren nicht genau beschrieben werden, führt nicht zu einer phantasievollen Bezeichnung (vgl. BGH WRP 2000, 1140 Bücher für eine bessere Welt). Das Wort "Land" im Zusammenhang mit Warenbezeichnungen hat sich - zumindestens in dieser und verwandten Branchen - zu einem Ersatzwort für "Markt" entwickelt (vgl. Goldmann, a.a.O., § 5 Rdnr. 88). Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin erwarten die Kunden daher nicht etwa einen Vergnügungspark oder ein Übungsgelände für Motorradfahrer.

Dies wird durch die von der Antragstellerin in Anlage BD 6 näher dargelegte ständige Entscheidungspraxis des Deutschen Patent- und Markenamtes zu Anmeldungen mit dem Bestandteil "Land", die das Landgericht zutreffend ausgewertet hat, bestätigt. Daraus ergibt sich, daß Kombinationen aus einer Warenbezeichnung und "Land" als glatt beschreibend angesehen werden; es kommt dabei nicht darauf an, ob als Ware "Motor" oder "Motorrad" herangezogen wird, erheblich ist vielmehr allein, daß durch die häufige Verwendung von "Land" in einer Vielzahl von Kombinationen letzteres jedenfalls seit einer Reihe von Jahren keine phantasievolle und ungewöhnliche Bezeichnung mehr darstellt.

Der Sachverhalt, auf den sich das Amt stützt, wird belegt durch die umfangreiche Liste (Anlage BD 5) der Antragstellerin aus der sich ergibt, daß eine Vielzahl von Unternehmen in der gesamten Bundesrepublik die Bezeichnung "Motorland" oder "Autoland" - im allgemeinen als Teil einer weitere Bestandteile umfassenden Firma - benutzten. Der Richtigkeit dieser Liste ist die Antragsgegnerin nicht entgegengetreten.

Durch den "inflationären" Gebrauch von "Motorland" und "Autoland" hat sich der Verkehr an diese Bezeichnung in dieser dem Motorradhandel eng verwandten Branche gewöhnt und mißt ihr keine Unterscheidungskraft - mehr - zu. Dementsprechend hat der Senat bereits in seiner Entscheidung vom 1. Dezember 1992 (20 U 188/92) eine Schutzfähigkeit von "Videoland" abgelehnt und dazu ausgeführt:

"Das Wort "Land" kennzeichnet begrifflich eine Fläche. Es kann sich hier um eine sehr große Fläche im Sinne von Staatsgebiet oder auch Heimatland handeln. Gebräuchlich ist aber seine Verwendung auch zur Bezeichnung kleinerer Gebiete, wie etwa die Wörter "Gartenland" und "Bauland" zeigen. Wird das Wort "Land" mit einer Bezeichnung verknüpft, die auf einen bestimmten Geschäftsbetrieb hindeutet (hier "Video"), so wird damit nur auf eine Örtlichkeit hingewiesen, auf oder in der eine geschäftliche Tätigkeit stattfindet. Letztlich besagt das Wort "Land" in einer Gesamtbezeichnung vorstehender Art nicht viel mehr, als die Wörter "Haus", "Halle", "Stätte", "Insel", "Platz" und "Hof". Seine Eigenschaft, in einer Gesamtbezeichnung verfremdend zu wirken, um dieser damit Eigenart und Schutzfähigkeit zu verleihen, ist äußerst gering. Denkbar ist, daß der Verkehr unter einer als "Videoland" bezeichneten Videothek nur einen Geschäftsbetrieb mit größeren "Räumlichkeiten und entsprechendem Angebot versteht, ein kleineres Geschäftslokal in seinen Augen aber kein "Videoland" darstellt. ..."

Dies gilt trotz der - für Marken- durch das Markengesetz gelockerten Anforderungen.

Die Entscheidungen der Oberlandesgerichte Oldenburg (WRP 1986; 477 zu Video Land) und München (GRUR 1990, 699 zu Computerland), die ohne Auseinandersetzung mit der gegenteiligen Entscheidungspraxis des zuständigen Amtes - infolge der Kombination mit "Land" - hinreichende Unterscheidungskraft angenommen haben, betreffen andere Branchen; ob sie auch in den von diesen Gerichten angesprochen Branchen zugetroffen haben bzw. überholt sind (so der Senat in der oben zitierten Entscheidung), braucht daher nicht entschieden zu werden (vgl. Goldmann, a.a.O., zweifelnd auch Ingerl/Rohnke, a.a.O., Rdnr. 24 zu § 5; s. auch OLG Oldenburg a.a.O. "zur Zeit").

b) Fluch durch Verkehrsdurchsetzung hat die Bezeichnung "Motorradland" keine Unterscheidungskraft gewonnen. Auf die zutreffenden Ausführungen im Urteil des Landgerichts, die von der Beklagten in der Berufungsinstanz auch nicht angegriffen werden, wird verwiesen.

c) Ein Recht der Antragsgegnerin zur Abnehmerverwarnung ergibt sich auch nicht aus der Unterlassungserklärung der Antragstellerin vom 30. Oktober 1998. Dabei kann offenbleiben, ob die Antragsgegnerin diese Erklärung angenommen hat (§§ 145 ff. BGB) und ob sie zu Lasten der Abnehmer der Antragstellerin, die ihre Position von dieser ableiten, wirken würde. Das Landgericht hat zu Recht anhand des Wortlautes und der Vorverhandlungen ausgeführt, daß sich die Antragstellerin darin nicht zur Unterlassung der Benutzung von "Motorradland", sondern nur zur Vermeidung des Eindrucks, sämtliche sich als Motorradland bezeichnenden Geschäfte stünden in Geschäftsbeziehung zur ihr, verpflichtet hat. Dies wird von der Antragsgegnerin in der Berufungsinstanz auch nicht angegriffen.

d) Zutreffend - und ohne Berufungsangriff durch die Antragsgegnerin - hat das Landgericht des weiteren entschieden, daß diese sich auch nicht auf die ihrem Geschäftsführer zustehende Marken berufen kann. Für die Wort-Bild-Marke 39 501 802 ergibt sich dies bereits daraus, daß der angemeldete Wortlaut der Marke vollständig lautet "Motorradland Weißenfels" und der Gesamteindruck dieser Marke wegen des beschreibenden Inhalts von "Motorradland" (s. a) nicht überwiegend auf diesem Bestandteil beruht (vgl. BGH GRUR 2000, 605 - comtes/ComTel). Die Marke 39 821 913, ist abgesehen von den vom Landgericht ausgeführten Gründen (siehe zur Markenfähigkeit von Wort-Bild-Marken bei glatt beschreibendem Inhalt der Worte BPatG GRUB 2000, 805 - Immo-Börse), nicht prioritär gegenüber der gleichlautenden Marke 398141445 der Antragstellerin.

e) Daß der Antragsgegnerin Titelschutzrechte an "Motorradland", etwa für Warenkataloge (vgl. KG MD 2000, 940 - toolshop) zustehen, macht sie selbst nicht geltend; der grundsätzliche Schutzbereich eines Werktitels kann mithin von vornherein offenbleiben.

f) Auf die Frage, ob ein Unterlassungsanspruch der Antragsgegnerin verwirkt wäge (§ 21 Abs. 4 MarkenG), kommt es danach nicht mehr an. Es fällt jedoch auf, daß die Antragsgegnerin, nachdem sie mit Schreiben vom 03. April 1998 erstmals die Unzulässigkeit der Verwendung von "Motorradland" durch die Antragstellerin gerügt hatte, auf diese Frage letztmalig im Mai 1998 zurückgekommen ist und in der Folgezeit mit letzterer nur darüber gestritten hat, ob die Antragstellerin unzutreffend den Eindruck erweckt habe, alle mit "Motorradland" gekennzeichneten Betriebe stünden in Geschäftsbeziehung zu dieser. Erst mit Schreiben vom 29. November 1999 kam sie wieder auf ihren ursprünglichen Standpunkt zurück.

2.

Der Antragsgegnerin steht auch kein Unterlassungsanspruch aus § 1 UWG zu. Die Bezeichnung "Motorradland" weist wegen ihres beschreibenden Charakters, der eine originäre Kennzeichnungskraft ausschließt, keine wettbewerbliche Eigenart zu (vgl. BGH NJW-RR 1997, 741 - Wärme fürs Leben). Soweit es um den Schütz der Marken des Geschäftsführers der Antragsgegnerin geht, ist die Vorschrift des § 14 MarkenG abschließend (vgl. BGH GRUB 2000; 608 - ARD-1 m.w.N.).

Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin ist die Antragstellerin auch aktivlegitimiert. Die Antragsgegnerin macht den Abnehmern der Antragstellerin streitig, die Bezeichnung "Motorradland" benutzen zu dürfen. Diese Abnehmer leiten ihre Berechtigung von der Antragstellerin ab. Dadurch behindert die Antragsgegnerin den Absatz der von der Antragstellerin Vertriebenen Waren bei den Händlern, die auf die mit "Motorradland" gekennzeichneten Waren und Werbematerialien angewiesen sind, und greift zudem in das von der Antragstellerin aufgebaute Franchise-System ein.

Auf die Frage, ob und in welchem Umfange der Antragstellerin ihrerseits Marken- oder Unternehmenskennzeichnungsrechte an "Motorradland" im Hinblick auf den beschreibenden Charakter der Bezeichnung zustehen, kommt es nicht an. Selbst wenn sie keine Rechte hat und deswegen die Antragsgegnerin oder Dritte nicht von der Benutzung der Bezeichnung ausschließen könnte, wäre die Antragsgegnerin nicht berechtigt, der Antragstellerin und ihren Abnehmern die Benutzung zu untersagen. Vielmehr wären beide frei in der Nutzung.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Das Urteil ist kraft Gesetzes nicht revisibel, § 595 Abs. 2 ZPO.

Streitwert: 100.000,00 DM.

Ende der Entscheidung

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