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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 29.02.2000
Aktenzeichen: 20 U 53/99
Rechtsgebiete: ZPO, UWG


Vorschriften:

ZPO § 91 a
ZPO § 92 Abs. 1
ZPO § 515 Abs. 3
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 713
UWG § 1
UWG § 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

20 U 53/99 43 O 29/97 LG Duisburg

Verkündet am 29. Februar 2000

R, Justizobersekretärin als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

In dem Rechtsstreit

hat der 20. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf hinsichtlich der Berufung des Beklagten zu 2. auf die mündliche Verhandlung vom 11. Januar 2000 und hinsichtlich der Berufung der Beklagten zu 1. nach dem Sach- und Streitstand vom 29. Februar 2000 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht B sowie die Richter am Oberlandesgericht Dr. S und W

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Beklagten zu 2. wird das Urteil der 43. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Duisburg vom 9. April 1999 teilweise dahin abgeändert, daß im ersten Absatz des Tenors die Worte "und/oder ausländische" entfallen.

Insoweit (Versendung an ausländische Kunden oder potentielle Abnehmer) wird die Klage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung des Beklagten zu 2. wird zurückgewiesen.

Die Beklagte zu 1. hat das Rechtsmittel der Berufung verloren.

Die Gerichtskosten der ersten Instanz und die außergerichtlichen Kosten der Klägerin in der ersten Instanz tragen die Klägerin zu 1/5, die Beklagte zu 1. zu 3/5 und der Beklagte zu 2. zu 1/5. Die erstinstanzlichen außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 2. trägt die Klägerin zur Hälfte. Die restlichen außergerichtlichen Kosten der Beklagten in der ersten Instanz tragen sie jeweils selbst.

Von den Gerichtskosten der zweiten Instanz und den außergerichtlichen Kosten der Klägerin tragen die Klägerin und der Beklagte zu 2. jeweils 95 %, die Beklagte zu 1. trägt 10 %. Ihre außergerichtlichen Kosten der zweiten Instanz trägt die Beklagte zu 1. selbst.

Die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 2. tragen er selbst und die Klägerin zur Hälfte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Entscheidungsgründe:

Nachdem die Beklagte zu 1. innerhalb der Spruchfrist ihre Berufung zurückgenommen hat, die sich nur gegen eine Kostenverurteilung nach § 91 a ZPO wandte, ist nur noch über die Berufung des Beklagten zu 2. zu entscheiden. Diese Berufung ist zulässig und etwa zur Hälfte auch begründet.

Das angefochtene Urteil hat dem Beklagten zu 2. verboten, im geschäftlichen Verkehr Schreiben an inländische und/oder ausländische Kunden und/oder potentielle Abnehmer von Wassertrögen für den Bergbaubedarf in deutscher Sprache und/oder Fremdsprachen mit folgendem Inhalt zu versenden:

"Heute senden wir Artikel von F und Zeitung W vom 10. Dezember 1996. Daraus werden Sie entnehmen, daß gegen die Verantwortlichen der R AG - ebenso wie K G Herrn T und Herrn G - Ermittlungen des Staatsanwaltes wegen strafbarer Handlungen laufen.

Inzwischen ist endgültig festgestellt worden, daß K G nicht Wassertrogsperren ("water barrier troughs") geliefert hat, die aus dem gemäß Zulassung durch das L erlaubten Werkstoff PVC "Typ C Vinol H" der W C M hergestellt worden waren, vielmehr verwendete sie einen anderen, nicht zugelassenen Werkstoff.

Die Wassertrogsperren ("water barrier troughs") von K G wurden verbrannt, was nicht geschehen kann/darf. Dadurch trat das hochgiftige Dioxin aus. Anliegend finden Sie einen Entwurfdes Tests "Feuertechnologie-Eigenschaften" des Wassertrogs EBVKG 80 NOL.

Foto 5 zeigt den Feuertest.

Foto 6 zeigt die Tröge nach dem Feuertest.

Sie werden feststellen, daß während des Feuertests die Wassertrogsperren (" water barrier troughs" EBVKG 80 NOL nicht brannte, sondern nur schmolz. Durch diesen Vorgang trat sicher kein Dioxin aus.

Wir werden Sie über weitere Ermittlungen auf dem laufenden halten."

Dieses Verbot ist hinsichtlich inländischer Kunden/potentieller Abnehmer begründet, hinsichtlich ausländischer Kunden/ potentieller Abnehmer dagegen nicht.

Die Klägerin hat gegen den Beklagten zu 2. einen entsprechenden Anspruch aus § 14 UWG und § 1 UWG, die Versendung solcher Schreiben an inländische Adressaten zu unterlassen. Zwar wurde das im Tenor zitierte Schreiben vom 12. Dezember 1996 nur an die Firma G in A gerichtet. Es kann aber offen bleiben, ob sich daraus eine Wiederholungsgefahr auch für das Inland ergibt. Denn jedenfalls besteht insoweit eine Erstbegehungsgefahr. Der Klageantrag erfaßte von vornherein auch die Begehung im Inland und der Beklagte zu 2. hat sich auch dagegen verteidigt, indem er ausführte, die Behauptungen in dem besagten Schreiben seien richtig. Wer sich in dieser Weise im Prozeß des Rechtes berühmt, eine bestimmte Handlung vornehmen zu dürfen, begründet eine Erstbegehungsgefahr, es sei denn, er bringt eindeutig und unmißverständlich zum Ausdruck, daß die Berühmung ausschließlich der Rechtsverteidigung dienen und nicht die Inanspruchnahme des Rechts erneuter Begehung bedeuten soll (BGH NJW-RR 92, 618 - Systemunterschiede; NJW-RR 99, 1563, 1565 - Preissturz ohne Ende). Diesen notwendigen Vorbehalt haben die Beklagten bzw. der Beklagte zu 2. nie gemacht. Auf den Gesichtspunkt der daraus resultierenden Erstbegehungsgefahr hat der Senat in der mündlichen Verhandlung hingewiesen, ohne daß daraufhin der Beklagte zu 2. seine Berühmung fallengelassen hätte (vgl. Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 21. Aufl., Einl. UWG, Rdnr. 301).

Der Unterlassungsanspruch der Klägerin ist aus § 14 UWG für das Inland begründet, weil der Beklagte zu 2. zu Zwecken des Wettbewerbs über gewerbliche Leistungen der Klägerin in dem Schreiben vom 12. Dezember 1996 Tatsachen behauptet hat, die nicht erweislich wahr und geeignet sind, den Betrieb des Geschäfts der Klägerin zu schädigen. Die unwahre Tatsachenbehauptung fällt auch unter § 1 UWG (vgl. Köhler/Piper, UWG, 14, Rdnr. 2).

Zu Recht hat das Landgericht festgestellt, daß der Beklagte zu Zwecken des Wettbewerbs gehandelt habe, weil er mit dem Schreiben vom 12. Dezember 1996 die Firma G veranlassen wollte, keine Wassertröge mehr bei der Klägerin zu bestellen. Der Beklagte zu 2. wollte, wie sein Schreiben auch ergibt, den Absatz nicht brennbarer Wassertröge gemäß seiner Erfindung fördern zu Lasten von Wassertrögen der Klägerin, die nach dem Schreiben bei dem Grubenunglück auf der Zeche "H" am 2. Juni 1996 angeblich verbrannt waren. Das hat die Berufung sogar ausdrücklich bekräftigt, und sich dazu u.a. darauf bezogen, daß der Beklagte zu 2. der Erfinder solcher Wasser trogsperren sei. Hier besteht die erforderliche Wechselbeziehung zwischen den Nachteilen, die für den Verletzten eintreten und den Vorteilen, die der Verletzer für sich oder einen Dritten erstrebt (Baumbach/Hefermehl a.a.O., § 14 UWG, Rdnr. 2). Die Förderung eines bestimmten Mitbewerbers, wie etwa der Beklagten zu 1., braucht nicht bezweckt zu sein, es können Interessengruppen oder Wirtschaftszweige sein, die gefördert werden sollen (Baumbach/Hefermehl a.a.O., Einl. UWG, Rdnr. 233).

Der vom Beklagten zu 2. unterschriebene Brief vom 12. Dezember 1996 enthält zumindest insoweit eine unwahre Tatsachenbehauptung, als dort beim Adressaten fälschlich der Eindruck hervorgerufen wird, die Staatsanwaltschaft ermittele gegen die Verantwortlichen der Klägerin, weil die von ihr gelieferten - angeblich brennbaren - Wassertröge den Grubenbrand auf der Zeche "H" verursacht oder doch dazu beigetragen hätten. Das ergeben auch die beigefügten Veröffentlichungen, in denen noch einmal von staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen (gegen Mitarbeiter der R) die Rede ist.

Selbst wenn bei dem Empfänger nur ein solcher Eindruck entsteht, ist die entsprechende Behauptung des Beklagten zu 2. unwahr. Hier wird ein strenger Maßstab angelegt. Unwahr ist eine Behauptung, wenn sie den Eindruck einer anderen als der wirklichen Sachlage erweckt. Selbst eine objektiv zutreffende Darstellung kann daher unwahr sein, wenn die Empfänger aufgrund der Art und Weise der Darstellung (z.B. durch Auslassungen, Halbwahrheiten, Übertreibungen) oder ihres begrenzten Informationsstandes einen falschen Eindruck von der Sachlage gewinnen. Der Verletzer trägt also auch das Risiko von unbeabsichtigten Mißverständnissen (Köhler/Piper a.a.O., § 14, Rdnr. 9; v. Gamm, UWG, 3. Aufl., § 14, Rdnr. 7).

Hieran gemessen ist die Behauptung im ersten Absatz des Schreibens vom 12. Dezember 1996 unwahr, auch wenn dort nur farblos davon gesprochen wird, daß gegen die Verantwortlichen der Klägerin - ebenso wie gegen die Verantwortlichen der R AG - "Ermittlungen des Staatsanwaltes wegen strafbarer Handlungen" liefen. Beim Empfänger kann zumindest das Mißverständnis entstehen, daß das Verfahren gegen die Klägerin den gleichen Grund hat wie das gegen die R AG, nämlich den Verdacht einer Verursachung des Grubenbrandes. Viel näher liegt allerdings, daß der Beklagte zu 2. einen solchen Eindruck sogar erwecken wollte, denn auch der Berufungsvortrag spricht noch von Ermittlungen "im Zusammenhang mit dem Grubenbrand" und hält das angegriffene Schreiben auch insoweit für richtig.

Die Richtigkeit dieser Behauptung ist indes weder dargelegt, noch ordnungsgemäß unter Beweis gestellt. Die Beweis- und Darlegungslast trifft den Beklagten zu 2. mit der Erschwerung, daß nicht schon die Wahrheit befreit, sondern erst die Erweislichkeit (Baumbach/Hefermehl a.a.O., § 14 UWG, Rdnr. 27). Dieser Darlegungslast genügt selbst der Berufungsvortrag nicht, obwohl das angefochtene Urteil ausdrücklich festgestellt hatte, es sei falsch, daß im Zusammenhang mit dem Grubenbrand auch Ermittlungen gegen die Klägerin und ihre Mitarbeiter eingeleitet wurden.

Die hierzu angegebenen Aktenzeichen der Ermittlungsakten (9 Js 265/95 und 68 Js 475/95, jeweils StA D) stammen schon aus dem Jahre 1995, wozu die Klägerin in beiden Instanzen darauf hingewiesen hat, daß der Grubenbrand auf der Zeche "H" sich erst am 2. Juni 1996 ereignete. Außerdem räumt die Berufung selbst ein, daß es sich bei diesen Ermittlungen um solche wegen Betruges handelte. Der geschilderten zeitlichen Diskrepanz soll offenbar der Vortrag "Rechnung tragen", "die Vorgänge im Zusammenhang mit dem Grubenbrand" seien in dieses Ermittlungsverfahren "mit einbezogen worden".

Diese Angaben rechtfertigen keine Beweiserhebung, weil sie unsubstantiiert und so ungenau sind, daß ihre Erheblichkeit nicht beurteilt werden kann (vgl. BGH NJW-RR 2000, 208). Darauf hat der Senat in der mündlichen Verhandlung auch hingewiesen, ohne daß das Vorbringen substantiiert worden wäre.

Unklar ist schon, ob die "einbezogenen" Vorgänge etwa auch weiterhin nur Betrugsvorwürfe betreffen. Nach dem Eindruck, den das angegriffene Schreiben hervorruft, müßte es sich um Ermittlungen handeln, die zumindest im Zusammenhang mit den Ursachen des Grubenbrandes stehen. Das ergibt sich aber auch nicht aus der unsubstantiierten Behauptung der Berufungsbegründung, bei der Staatsanwaltschaft Duisburg würden Ermittlungen "nicht nur wegen Betruges" geführt. Der Beklagte zu 2. muß schon bestimmt behaupten, welches Delikt den Verantwortlichen der Klägerin vorgeworfen wird, damit sein Vorbringen auf rechtliche Erheblichkeit überprüft werden kann. Es reicht auch nicht aus, wenn die angeblichen Ermittlungen lediglich in einen unklaren "Zusammenhang" mit dem Grubenbrand gebracht werden. Wer Behauptungen in die Welt setzt, wie der Beklagte zu 2., muß deren Erweislichkeit im Prozeß schon etwas konkreter dartun.

Ein substantiiertes Vorbringen kann auch nicht durch den wiederholten Antrag auf Beiziehung der Ermittlungsakten ersetzt werden. Grundsätzlich genügt ein Antrag auf Beiziehung von Akten nach § 932 ZPO nicht den gesetzlichen Erfordernissen, wenn die Partei nicht näher bezeichnet, welche Urkunden oder Aktenteile sie für erheblich hält. Der Richter ist nicht verpflichtet, von sich aus die Akten daraufhin zu überprüfen, ob sie Tatsachen enthalten, die einer Partei günstig sind; andernfalls betriebe er unzulässige Beweisermittlung (BGH NJW 94, 3295, 3296).

Aus denselben Gründen ist auch der von der Berufung in Bezug genommene erstinstanzliche Vortrag zu den Ermittlungsverfahren unerheblich.

Nachdem in der mündlichen Verhandlung vom 25. Februar 1998 zunächst nur vorgetragen wurde, zu der Behauptung, gegen die Klägerin oder ihre Mitarbeiter werde im Zusammenhang mit dem Brand auf der Zeche "H" staatsanwaltlich ermittelt, könne nichts weiter vorgetragen werden, wurden dann mit Schriftsatz vom 11. März 1998 acht schriftsätzlich nicht aufgearbeitete Unterlagen vorgelegt, die "gleichzeitig zum Zwecke des Beweises" in den Prozeß eingeführt werden sollten. Ein derartiges Verfahren widerspricht den Grundsätzen des Prozeßrechts.

Die Vorlage der Urkunden als Beweismittel dient nur dazu, mittels Augenschein nachzuweisen, daß die Behauptungen der beweispflichtigen Partei über den in den Urkunden enthaltenen Text zutreffend sind. Sie haben nicht den Zweck, daß das Gericht daraus die zur rechtlichen Begründung erforderlichen Tatsachen entnimmt, die von der Partei nicht vorgetragen sind (BGH LM Nr. 1 zu § 137 ZPO).

Bei näherem Hinsehen handelt es sich dann bei den ersten vier vorgelegten Schreiben auch noch um solche, die aus der Zeit vor dem Brand vom 2. Juni 1996 stammen, sich also auf Ermittlungen im Zusammenhang mit diesem Brand überhaupt nicht beziehen können. Von den zeitlich späteren Schreiben stammt nicht eines von der Staatsanwaltschaft D sondern es handelt sich insgesamt um Schreiben des Beklagten zu 2. selbst an diese Staatsanwaltschaft, mit denen der Beklagte zu 2. überwiegend nur Kopien seiner Schreiben "an Herrn Minister Dr. W C" übersandte. Inwieweit die Staatsanwaltschaft daraufhin tätig geworden ist, kann man nicht erkennen. Insbesondere hat der Beklagte zu 2. kein Schreiben der Staatsanwaltschaft vorgelegt, aus dem sich das ergäbe. Wenn es außerdem nur der Beklagte zu 2. war, der "im Zusammenhang mit dem Grubenbrand" strafrechtliche Ermittlungen gegen die Klägerin in Gang brachte, dann wäre er aufgrund der oben geschilderten gesetzlichen "Vollständigkeitspflicht" im übrigen auch gehalten gewesen, dies in dem Schreiben vom 12. Dezember 1996 zu offenbaren. Es ist etwas anderes, ob eine Staatsanwaltschaft von sich aus Ermittlungen aufnimmt, oder ob sie dies - wie häufig - nur auf die Anzeige eines am Ausgang des Verfahrens interessierten Anzeigeerstatters hin tut. Selbst diese Auslassung des Beklagten zu 2. ist noch geeignet, den Empfänger über das Gewicht der Mitteilungen zu täuschen.

Es ist offensichtlich, daß das Schreiben vom 12. Dezember 1996 geeignet war, den Betrieb des Geschäfts der Klägern zu schädigen, denn G bezog das angeblich brennbare Material für ihre Wassertröge von der Klägerin und davon wollte der Beklagte zu 2. sie mit seinem Schreiben abbringen.

Die Klägerin kann aber nicht verlangen, daß der Beklagte zu 2. die Versendung solcher Schreiben auch an ausländische Kunden/potentielle Abnehmer unterläßt, obwohl das Schreiben in englischer Sprachen an einen Kunden der Klägerin in A gerichtet wurde. Der Senat hat hierzu in der mündlichen Verhandlung im Anschluß an die Berufungserwiderung darauf hingewiesen, daß der Fall insoweit nicht nach deutschem Recht zu beurteilen sei, und die Klägerin sich auf die Anwendung ausländischen Wettbewerbsrechts nicht berufen habe. Insbesondere wurde auf Zweifel hingewiesen, ob der Leitsatz d) der von der Berufungserwiderung zitierten Stahlexport Entscheidung (BGHZ 40, 391 = NJW 64, 969) heute und im vorliegenden Fall noch angewandt werden kann. Danach kann das anwendbare Recht an das gemeinsame Heimatrecht von Verletzer und Verletztem angeknüpft werden, wenn sich eine im Ausland begangene Wettbewerbshandlung eines Inländers nach Art und Zielrichtung ausschließlich oder doch überwiegend gegen die schutzwürdigen Interessen eines inländischen Mitbewerbers richtet.

Diese Anknüpfung an die gemeinsame Staatsangehörigkeit ist eine Ausnahme vom Recht des Tatorts, das sonst für Wettbewerbsverstöße gilt, weil sie nämlich unerlaubte Handlungen darstellen (vgl. Baumbach/Hefermehl a.a.O., Einl. UWG, Rdnr. 176; zum Tatortprinzip allgemein Kegel/Schurig, Internationales Privatrecht, 8. Aufl., S. 624 ff). Diese Ausnahme kann nach Auffassung des Senats heute nicht mehr in einem Fall angewendet werden, in dem ein deutscher Wettbewerber sich mit einem hier abgesandten Schreiben an einen Kunden eines anderen deutschen Wettbewerbers wendet, um diesen bei dem Kunden "anzuschwärzen".

Dabei kommt Art. 40 EGBGB noch nicht zur Anwendung, weil er erst am 1. Juni 1999 in Kraft getreten ist. Da keine Übergangsvorschrift erlassen wurde, geht man entsprechend Art. 220 Abs. 1 EGBGB von dem Grundsatz aus, "alter Vorgang, altes Recht" (Kegel/Schurig a.a.O., S. 40; Palandt/Heldrich, BGB, 59. Aufl., vor Art. 38 EGBGB, Rdnr. 1; Spickhoff, NJW 99, 2209, 2210). Der Unterlassungsanspruch, den die Klägerin aus dem Schreiben des Beklagten zu 2. vom 12. Dezember 1996 erlangt hat, war aber ein vor dem 1. Juni 1999 lange "abgeschlossener" Vorgang.

Die Anknüpfung an das gemeinsame Staatsangehörigkeitsrecht paßt nicht für Wettbewerbsverstöße wie schon für die (durch die neue Regelung von 1999 aufgehobene) VO vom 7. Dezember 1942. angenommen wurde (Baumbach-/Hefermehl a.a.O. Einl. UWG Rdn. 189 a.E.) Der oben wiedergegebene Leitsatz d) der Stahlexport-Entscheidung ist ein Relikt des von der Rechtsprechung im Laufe der Zeit immer mehr aufgegebenen Grundsatzes, daß sich deutsche Wettbewerber auch im Ausland nach UWG-Recht richten müßten (Baumbach/Hefermehl, Einl. UWG a.a.O., Rdn. 175 a.E.). Diese Regel konnte nämlich deutsche Unternehmer im Ausland gegenüber ausländischen Wettbewerbern benachteiligen (Kegel/Schurig a.a.O. S. 629).

Nach der heute grundlegenden Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGHZ 113, 11 - Kauf im Ausland; auch NJW 98, 1227 - Gewinnspiel im Ausland) ist als Ort der wettbewerblichen Interessenkollision grundsätzlich der Marktort anzusehen, an dem durch dieses Verhalten im Wettbewerb mit anderen Unternehmen auf die Entschließung des Kunden eingewirkt werden soll. Dort soll das Wettbewerbsrecht unlauteres Konkurrenzverhalten verhindern: Auf diesen Ort bezieht sich auch das durch das Wettbewerbsrecht ebenfalls geschützte - und deshalb bei der Rechtsanknüpfung mit zu beachtende - Interesse der Allgemeinheit an einem lauteren Wettbewerb bei der Gewinnung von Kunden und das Interesse möglicher Kunden als Marktteilnehmer vor unlauterem Verhalten bei der Werbung und dem Abschluß von Verträgen geschützt zu werden. Auf die Staatsangehörigkeit, den Wohnsitz oder den gewöhnlichen Aufenthalt der angesprochenen möglichen Kunden kommt es daher grundsätzlich ebensowenig an wie darauf, wo Vorbereitungshandlungen stattfinden oder ein etwaiger Schaden eintritt (BGHZ 113, 11, 15; s. auch Senat NJW 94, 869). Dabei bezieht sich der Bundesgerichtshof nur auf die Kindersaugflaschen-Entscheidung (BGHZ 35, 329), mit der der Umschwung in der Rechtsprechung begann (Kegel/Schurig a.a.O. S. 629), nicht aber auf die spätere Stahlexport-Entscheidung, obwohl sich deren Leitsatz d) ausdrücklich als "Ergänzung zu BGHZ 35, 329 - Kindersaugflaschen" versteht.

Schon die Stahlexport-Entscheidung hatte allerdings dahingestellt gelassen, ob inländisches Recht in Fällen dieser Art auch dann anzuwenden sei, wenn sich die Wettbewerbsmaßnahme in nicht unerheblichem Maße auch gegen die Interessen anderer Mitbewerber oder der Allgemeinheit richtet (BGHZ 40, 399). Nach einer späteren Entscheidung (BGH NJW 68, 1572, 1574 Bierexport) gilt das Recht des ausländischen Marktes, wenn ein Deutscher nicht unerheblich oder allein die Interessen ausländischer Mitbewerber oder der Allgemeinheit des ausländischen Marktlandes verletzt (vgl. Kegel/Schurig a.a.O. S. 630). Der Geltungsanspruch der Marktortregel endet erst dort, wo das zu beurteilende Verhalten - nach dem insoweit maßgeblichen deutschen Recht - ausschließlich Individualschutzansprüche auslöst. Unterfällt ein Verhalten - wie die Anschwärzung - einem Tatbestand, den - der Gesetzgeber als Individualschutz-Tatbestand ausgestaltet hat (hier: § 14 UWG), bleibt immer noch zu prüfen, ob nicht zugleich der Tatbestand einer auch überindividuelle Interessen schützenden Norm (insbesondere der Tatbestand der §§ 1, 3 UWG) erfüllt ist. Soweit dies - wie gerade bei der Anschwärzung naheliegend - zu bejahen ist, bleibt es bei der Marktortregel (Lindacher, WRP 96, 645, 649 f). So liegt es hier, wo die Klage von Anfang an auch auf die §§ 1, 3 UWG gestützt wurde, und die wahrheitswidrige Behauptung des Beklagten zu 2. auch § 1 UWG verletzt und darüber hinaus auch geeignet ist, den bzw. die Abnehmer auf dem ausländischen Markt irrezuführen.

Marktort ist im vorliegenden Fall der Sitz des Adressaten G in A, sei es als Ort, an dem der Beklagte zu 2. auf die Entschließung von G einwirken wollte, sei es als Ort an dem die Klägerin gehindert wurde, ihre Leistung zur Geltung zu bringen (vgl. Köhler/Piper a.a.O. Einführung, Rdn. 75, 77). Keiner Feststellung bedarf, ob A ein Land mit einer bundesstaatlichen Rechtsspaltung (vgl. Kegel/ Schurig a.a.O. S. 360) ist, denn auf die Anwendung ausländischen Rechts hat sich die Klägerin nicht berufen, wie in der mündlichen Verhandlung noch einmal festgestellt wurde.

Allerdings könnten die Parteien auch nachträglich die Anwendung deutschen Rechts vereinbart haben (vgl. jetzt Art. 42 EGBGB). Dazu genügt aber nicht die bloße, irrige Argumentation auf der Basis deutschen Rechts, ohne daß ein entsprechendes "Problembewußtsein" vorliegt (vgl. Palandt/Heldrich a.a.O. Art. 42 EGBGB, Rdn. 1; Ullmann, NJW 95, 1140). Im übrigen ist das deutsche internationale Privatrecht in Fällen mit Auslandsberührung von Amts wegen zu beachten und anzuwenden (BGH NJW 96, 54).

Schließlich ist noch darauf hinzuweisen, daß auch bei Anwendung deutschen Rechts gemäß der Stahlexport-Entscheidung berücksichtigt werden müßte, ob das zu beurteilende Verhalten mit der ausländischen Rechtsordnung und den auf dem Auslandsmarkt anerkannten Gebräuchen und Auffassungen im Einklang steht (BGHZ 40, 391, 399; Baumbach/Hefermehl a.a.O., Einl. UWG, Rdn. 185, 179). Vorliegend erscheint es durchaus möglich, daß das in A anwendbare Recht nach weniger strengen Kriterien urteilt als das deutsche. Letztlich zeigt sich auch daran, daß das Recht des Marktortes darüber entscheiden muß, ob ein Verhalten wettbewerblich erlaubt ist oder nicht.

Die Kostenentscheidung beruht hinsichtlich des Prozeßrechtsverhältnisses zum Beklagten zu 2. auf § 92 Abs. 1 ZPO. Hinsichtlich der Beklagten zu 1. beruht sie für die erste Instanz auch auf § 91 a ZPO und für die zweite Instanz auf § 515 Abs. 3 ZPO. Die die Beklagte zu 1. belastende Kostenentscheidung nach § 91 a ZPO steht nach der Rücknahme ihres Rechtsmittel insofern nicht zur Überprüfung, als der Beklagten zu 1. ein voraussichtliches Unterliegen in der Sache angedacht worden ist (vgl. BGH LM Nr. 5 zu § 100 ZPO).

Bei den Quoten der Kostenentscheidung ist der für die erste Instanz festgesetzte Streitwert von 50.000 DM mit 30.000 DM auf das Prozeßrechtsverhältnis zur Beklagten zu 1. und mit 20.000 DM auf das Prozeßrechtsverhältnis zum Beklagten zu 2. verteilt worden.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Berufungsstreitwert: 23.000 DM.

Davon entfallen auf die Berufung des Beklagten zu 2. 20.000 DM und auf, die zurückgenommene Berufung der Beklagten zu 1. 3.000 DM.

Beschwer für die Klägerin und den Beklagten zu 2.: jeweils 10.000 DM.

Ende der Entscheidung

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