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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 01.08.2000
Aktenzeichen: 20 U 83/00
Rechtsgebiete: GewO, HGB, ZPO


Vorschriften:

GewO § 6
GewO § 15 a, b
HGB § 23
ZPO § 92 Abs. 1
ZPO § 545 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

20 U 83/00 42 O 186/99 LG Duisburg

Verkündet am 1. August 2000

R, Justizobersekretärin als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

In dem Verfahren

hat der 20. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 18. Juli 2000 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Berneke und die Richter am Oberlandesgericht Dr. Schmidt und Schüttpelz

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Antragsgegners wird das Urteil der 42. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Duisburg vom 18. Februar 2000 teilweise abgeändert.

Der Beschluß der Kammer vom 13. Dezember 1999 wird aufgehoben, soweit der Antragsgegner verurteilt worden ist, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken Fahrschulleistungen zu bewerben und dabei auf eine langjährige fast 40-jährige Tradition der "Fahrschule" hinzuweisen.

Insoweit wird der Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits 1. Instanz werden gegeneinander aufgehoben. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Antragsteller.

Entscheidungsgründe:

Das Landgericht hat mit dem angefochtenen Urteil seinen Beschluß vom 13. Dezember 1999 bestätigt, durch den dem Antragsgegner unter Androhung von Ordnungsmitteln untersagt wurde, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken Fahrschulleistungen zu bewerben und dabei

a) auf eine langjährige fast 40-jährige Tradition der "Fahrschule G hinzuweisen

und/oder

b) jedem Ersterwerber ein kostenloses Sicherheitstraining anzubieten oder durchzuführen, insbesondere wie nachstehend abgebildet zu werben:

Die Berufung des Antragsgegners, mit der er sich nur gegen die Verurteilung zur Unterlassung des Hinweises auf eine fast 40jährige Tradition der Fahrschule G wendet, hat Erfolg. Entgegen der Auffassung des Landgerichts ist dies nicht irreführend oder aus sonstigen Gründen wettbewerbswidrig.

1.

Eine Alterswerbung ist nur dann zulässig, wenn das Unternehmen seit dem angegebenen Datum im wesentlichen besteht. Dies setzt voraus, daß es zum gegenwärtigen Zeitpunkt trotz der zwischenzeitlich eingetretenen Änderungen mit dem früheren Unternehmen als wesensgleich angesehen werden kann. Eine Rechtsnachfolge ist nicht unbedingt schädlich, solange das Unternehmen als solches fortgeführt wird (Baumbach/Hefermehl, UWG, 21. Aufl., Rdnr. 393 zu § 3). Die mit dem Alter eines Unternehmens verbundene positive Erwartung des Verkehrs, insbesondere an die Solidität an eine auch Krisen bewältigende kaufmännische Führung, erfahrenes und eingespieltes Personal ist in derartigen Fällen nicht an die Person des Inhabers gebunden. Insoweit ist auch darauf hinzuweisen, daß der Verkehr zum einen bei höheren Jahreszahlen mit einem Inhaberwechsel rechnet und angesichts der Schnellebigkeit der Verhältnisse - teilweise je nach Branche - Altersangaben nur eine begrenzte Aussagekraft über die Leistungskraft des Unternehmens beimißt.

2.

Nach diesen Grundsätzen ist die Werbung nicht zu beanstanden.

a) Unstreitig ist die "Fahrschule G" vor etwa 40 Jahren gegründet worden.

b) Darauf kann sich auch der Antragsgegner berufen, selbst wenn er persönlich die Fahrschule erst seit etwa 15 Jahren betreibt.

aa) Entgegen der Auffassung des Antragstellers fehlt es an einer Kontinuität des Unternehmens "Fahrschule G" nicht bereits deswegen, weil aus Rechtsgründen die Übertragung des Unternehmens an Dritte nicht möglich gewesen sei. Es handelte sich nicht um ein höchstpersönliches Unternehmen, welches derart mit der Person des Inhabers verknüpft wäre, daß es mit seinem Ausscheiden unterginge (in diese Richtung jedoch OLG Frankfurt WRP 1986, 483).

Die Tatsache, daß es sich bei dem Fahrschulbetrieb des Antragsgegners möglicherweise um die Ausübung eines freien Berufs handelt, reicht dazu nicht aus. Dabei ist darauf hinzuweisen, daß es sich jedenfalls nicht um einen "klassischen" freien Beruf handelt, dieser sich vielmehr im Grenzbereich zum Gewerbebetrieb befindet. Gewerberechtlich handelt es sich um einen Gewerbebetrieb, nicht um "Unterrichtswesen" im Sinne des § 6 GewO (vgl. Landmann/Rohmer, GewO, Rdnr. 20/21 zu § 6). Die steuerrechtliche Beurteilung hängt vom Einzelfall ab (vgl. Schmidt/Wacher, EStG, 21. Aufl., Rdnr. 153 zu § 18; Glanegger/Günoff, GewStG, 4. Aufl., Rdnr. 98 zu § 2, Stichwort: Schule). Auch die zivilrechtliche Einordnung als Handelsgewerbe schwankt (vgl. K. Schmidt in Münchner-Kommentar, Rdnr. 27 zu § 1 HGB: gewerblich, aber Organisation als Partnerschaftsgesellschaft möglich; Röhricht/Graf von Westphalen, HGB, Rdnr. 39 vor §§ 1 - 7: gewerblich; Michalski/Römermann, PartGG, 3. Aufl., Rdnr. 92/93 zu § 1: Lehrer; ebenso P. Ulmer in Münchener Kommentar, Rdnr. 69 zu § 1 PartGG). Auf die genaue Einordnung kommt es jedoch nicht an.

Zwar steht bei freien Berufen die Person und die Wertschätzung des Inhabers im Vordergrund. Er persönlich erbringt im wesentlichen die betrieblichen Leistungen. Das bedeutet aber keine Höchstpersönlichkeit des Betriebes. Insoweit hat sich die Verkehrsanschauung gewandelt und auch dem durch die geschaffene Organisation und der Mitarbeit Dritter geschaffenen "good-will" - die letztlich eine Werbung mit dem Alter des Unternehmens rechtfertigt - einen eigenständigen Wert zuerkannt, der auch nach Ausscheiden des Inhabers fortbesteht und von diesem übertragen werden kann. Bereits frühzeitig hat die Rechtsprechung trotz der zentralen Bedeutung des Inhabers und der sich daraus ergebenden Bedenken einen Praxisverkauf zugelassen (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, 59. Aufl., Rdnr. 60 zu § 138). Das Partnerschaftsgesellschaftsgesetz hat die Gleichstellung mit gewerblichen Betrieben verstärkt. Dies gilt insbesondere für die Kontinuität des Unternehmens unabhängig von den jeweiligen Gesellschaftern. U.a. ist die analoge Anwendung der Firma bei Obergang des Unternehmens angeordnet (§ 2 Abs. 2 PartGG).

Auch das Fahrlehrergesetz hat den Betrieb eines Fahrschulinhabers nicht als höchstpersönlich konzipiert. Der Inhaber ist nicht verpflichtet, die praktische oder theoretische Ausbildung der Fahrschüler persönlich zu übernehmen, sondern kann dies abhängig Beschäftigten überlassen (§ 10 Abs. 1 Fahrlehrers). Ihn treffen lediglich die Überwachungs-, Anzeige- und Aufzeichnungspflichten der §§ 16 - 18 Fahrlehrers. Damit ist er eher einem Handwerker vergleichbar, der gleichfalls seinen Betrieb zwar verantwortlich leiten, nicht aber im übrigen die Tätigkeiten selber verrichten muß. Auch insoweit wird nicht vertreten, ein Handwerker dürfe nur auf die Jahre hinweisen, in denen der Betrieb von ihm persönlich geleitet wurde. Die Inhaberschaft an einer Fahrschule unterscheidet sich erheblich von einem Notariat, bei dem der Betrieb mit der Person des Notars steht und fällt (vgl. BAG NJW 2000, 1739).

Es ist nichts dafür ersichtlich, daß der Verkehr auf die Person des Inhabers einen größeren Wert legt als das Gesetz. Im Gegenteil ist den betroffenen Kreisen bekannt, daß der Inhaber nicht zwingend persönlich den theoretischen und/oder praktischen Unterricht erteilt.

bb) Auch die Kooperation des Antragsgegners mit der "Lkw-/ Bus-Fahrschule R. H" steht einer Kontinuität nicht entgegen. Allerdings darf ein Unternehmensinhaber nicht mit dem Alter des Stammunternehmens für später ein- oder angegliederte Betriebsteile werben, soweit diese nicht aus einer "organischen Entwicklung" des Stammunternehmens hervorgegangen sind. Dies ist jedoch nicht der Fall. Der Hinweis des Antragsgegners auf eine nahezu 40jährige Tradition am Orte bezieht sich ausweislich der Anzeige nur auf die Fahrschule des Antragsgegners, nicht dagegen auf den Kooperationspartner oder die Kooperation. Der Antragsgegner wirbt mithin mit der langjährigen Tradition nicht für den LKW-/Bus-Fahrschulunterricht.

cc) Daß der Antragsgegner den Betrieb vom Vorinhaber mit dessen Zustimmung zur Fortführung der Bezeichnung "Fahrschule G" übernommen hat, ist unstreitig. Auch im übrigen ist das Unternehmen im wesentlichen identisch geblieben. Sowohl Standort als auch Gegenstand sind nicht verändert worden.

c) Das Fehlen eines Inhaberzusatzes ist nicht Gegenstand des Antrages. Im übrigen ist darauf hinzuweisen, daß weder § 23 HGB noch §§ 15a, b GewO noch das Fahrlehrergesetz einen derartigen Zusatz bei Anzeigen vorschrieben.

3.

Die Kostenentscheidungen beruhen auf § 92 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung ist kraft Gesetzes nicht revisibel, § 545 Abs. 2 ZPO.

Der Berufungsstreitwert wird auf 15.000,00 DM festgesetzt.

Dabei ist zu berücksichtigen, daß eine Altersangabe nur eine begrenzte Aussage zur Leistungskraft eines Unternehmens aufweist und ihnen daher lediglich - im Gegensatz etwa zu kostenlosen Angeboten - ein beschränkter Werbewert zukommt.

Ende der Entscheidung

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