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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 28.08.2000
Aktenzeichen: 21 W 36/00
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 567 Abs. 1
ZPO § 492 Abs. 1
ZPO § 411 Abs. 4
ZPO § 411 Abs. 4 S. 2
ZPO § 485 Abs. 2 S. 2
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 92 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF BESCHLUSS

21 W 36/00 2 OH 25/98 Landgericht Duisburg

In dem selbständigen Beweisverfahren

hat der 21. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Prof. Dr. Vygen sowie die Richter am Oberlandesgericht Jenssen und Leupertz am 28. August 2000

beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde der Antragsteller wird der Beschluß der 2. Zivilkammer des Landgerichts Duisburg vom 30.05.2000 abgeändert.

Es wird angeordnet, daß das selbständige Beweisverfahren fortgesetzt wird. Es soll durch Einholung (eines) ergänzender(n) Sachverständigengutachtens) im einzelnen geklärt werden,

a) ob die gemäß Beweisfragen Nr. 18) und 19) (Kammerbeschluß vom 21.08.1998) festgestellten Baumängel (fehlerhafte Entkoppelung der Wendeltreppen) ursächlich für eine nicht dem Stand der Technik entsprechende Körperschallübertragung sind;

b) welche baulichen Maßnahmen erforderlich sind, um die gemäß Beweisfragen Nr. 12, 18 und 19 feststellbaren Mängel zu beseitigen und welche Kosten hierdurch entstehen.

Die für eine geordnete Fortsetzung des selbständigen Beweisverfahrens erforderlichen Anordnungen bleiben dem Landgericht vorbehalten (§ 575 ZPO).

Im übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden den Antragstellern zu 10 % und der Antragsgegnerin zu 90 % auferlegt.

Gründe:

Das Landgericht hat den Antrag der Beschwerdeführer auf Fortsetzung des selbständigen Beweisverfahrens mit der Begründung zurückgewiesen, das Beweisverfahren sei im Zeitpunkt der ergänzenden Antragstellung bereits beendet gewesen. Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Antragsteller ist gemäß § 567 Abs. 1 ZPO zulässig und hat auch in der Sache überwiegend Erfolg.

Zwar stellt das Landgericht im Ausgangspunkt zu Recht darauf ab, daß Einwendungen gegen die im selbständigen Beweisverfahren erstatteten Sachverständigengutachten, ebenso die Begutachtung betreffende Anträge und Ergänzungsfragen, gemäß §§ 492 Abs. 1, 411 Abs. 4 ZPO entweder innerhalb einer vom Gericht hierfür gesetzten Frist (§ 411 Abs. 4 S. 2 ZPO), sonst innerhalb eines angemessenen Zeitraumes nach Erledigung der Beweisaufnahme mitzuteilen sind. Andernfalls ist das Beweisverfahren beendet (OLG Düsseldorf NJW-RR 1996, 1526 f.,1527; OLG Braunschweig BauR 1993, 251; OLG Frankfurt a. M. BauR 1994, 139 f. 140) und seine Fortsetzung ist nicht veranlaßt (OLG Köln NJW-RR 1998, 210). Das war allerdings in dem Zeitpunkt, in dem die Antragsteller hier weitere sachverständige Feststellungen erbeten haben, noch nicht der Fall.

Grundsätzlich ist die Beweissicherung mit ihrer sachlichen Erledigung beendet, bei schriftlichen Sachverständigengutachten zumeist schon dann, wenn das Gutachten den Parteien übergeben wird (BGHZ 120, 329 = BauR 1993, 221; Werner/Pastor, Der Bauprozess, 9. Auflage, Rdn. 111). Ergänzt oder erläutert der Sachverständige sein Gutachten, so tritt die Erledigungswirkung in der Regel mit dem Verlesen des Protokolls bzw. dem Zugang der schriftlichen Ergänzung ein (BGH 60, 212; Ingenstau/Korbion, Kommentar zur VOB, § 13 VOB/B, Rdn. 378).

Vorliegend ist auch nach Anhörung der Sachverständigen und im Termin am 25.11.1999 (Bl. 205 ff. GA) weitgehend unklar geblieben, ob in den Verantwortungsbereich der Antragsgegnerin fallende bautechnische Versäumnisse ursächlich für die mit den Beweisfragen Nr. 12, 18 und 19 des Beweisbeschlusses vom 21.08.1998 angesprochenen Schallschutzmängel sind, ebenso, welche Kosten ggfls. durch die Mängelbeseitigung entstehen werden. Fraglich ist bereits, ob angesichts dieses Beweisergebnisses von einer sachlichen Erledigung der Beweisthemen i. o. S. ausgegangen werden kann, was vorbehaltlich anderweitiger Erklärungen der Verfahrensbeteiligten notwendige Voraussetzung für die Beendigung des Beweisverfahrens ist (vgl. §§ 492 Abs. 1, 360 ZPO). Jedenfalls aber bestand Anlaß, den Verfahrensbeteiligter, nach des Sitzungsprotokolls vom 25.11.1999 Gelegenheit zu geben, auf eine vollständige Beantwortung der o. g. Beweisfragen durch weitergehende sachverständige Feststellungen anzutragen. Von diesem Recht haben die Antragsteller mit Schriftsatz ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 11.05.2000 Gebrauch gemacht. Der Antrag war noch rechtzeitig i. S. d. § 411 Abs. 4 ZPO.

Es ist davon auszugehen, daß die unter dem 30.11.1999 verfügte Übersendung des Sitzungsprotokolls vom 25.11.1999 Anfang Dezember 1999 ausgeführt wurde. Eine Stellungnahmefrist gemäß § 411 Abs. 4 S. 2 ZPO hat das Gericht den Verfahrensbeteiligten nicht gesetzt, und zwar auch nicht mit Verfügung vom 09.12.1999 (Bl. 218 GA), die schon ihrem Wortlaut nach nicht den Anforderungen an eine eindeutige und unmißverständliche Fristbestimmung mit Ausschlußwirkung genügt, im übrigen nicht mit dem vollen Namenszug des Verfügenden unterzeichnet ist.

(vgl. zu den Anforderungen an eine wirksame Fristbestimmung: Zöller, ZPO, 21. Aufl., § 411, Rdn. 5a).

Für die Beantwortung der demnach entscheidende Frage, ob die Beschwerdeführer den Antrag auf Fortsetzung des selbständigen Beweisverfahrens zeitnah nach Zugang des Sitzungsprotolls innerhalb eines angemessenen Zeitraumes gestellt haben, war auf die besonderen Umstände des vorliegenden Falles unter Berücksichtigung der schützenswerten Interessen der Beteiligten und des Sinn und Zwecks des selbständigen Beweisverfahrens abzustellen. Die Frage ist im Ergebnis zu bejahen. Dabei kommt dem Umstand besondere Bedeutung zu, daß die Verfahrensbeteiligten; wie von den Antragstellern dem Gericht bereits mit Schriftsatz vom 25.01.2000 angezeigt und durch den mit der Beschwerdeschrift vorgelegten Schriftverkehr belegt, im fraglichen Zeitraum ernsthaft um eine gütliche Einigung bemüht waren. Besteht nämlich, wie § 485 Abs. 2 S. 2 ZPO hervorhebt, ein rechtliches Interesse an der Einleitung eines selbständigen Beweisverfahrens insbesondere dann, wenn anzunehmen ist, daß durch die zu treffenden Feststellungen ein Rechtsstreit vermieden werden kann, so muß es den Verfahrensbeteiligten im Rahmen eines laufenden Beweisverfahrens gestattet sein, sich unter dem Eindruck des bisherigen, unvollständigen Beweisergebnisses zunächst um eine vergleichsweise Beilegung ihrer rechtlichen Auseinandersetzung zu bemühen, ohne innerhalb eines für den erfolgreichen Abschluß der Vergleichsverhandlungen nicht ausreichenden Zeitraumes die Fortsetzung des Beweisverfahrens in die Wege leiten zu müssen. Das gilt insbesondere dann, wenn - wie hier - absehbar ist, daß die vollständige Erledigung der Beweisthemen kostenintensive Messungen und Untersuchungen erfordern wird, an deren Vornahme die Parteien für die Dauer ernsthafter Vergleichsverhandlungen kein Interesse haben können. In Erwägung all dessen und unter besonderer Berücksichtigung des Umstandes, daß der verfahrensbevollmächtigte der Antragsgegnerin außergerichtlich noch mit Schreiben vom 28.03.2000 (Bl. 248 GA) Vergleichsbereitschaft signalisiert hat, erweist sich der ca. 6 Wochen später gestellte Antrag der Beschwerdeführer vom 11.05.2000 auf Fortsetzung des Verfahrens auch in Ansehung der zu diesem Zeitpunkt seit der Sachverständigenanhörung verstrichenen 5 1/2 Monate ausnahmsweise als (noch) rechtzeitig.

Weitere Beweiserhebungen sind allerdings nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang veranlaßt. Das gilt nicht für die vom Sachverständigen F im Termin vom 25.11.1999 bereits verneinte Frage, ob fachgerechte Abdeckungen unter den Rollschichtfensterbänken vorhanden sind (S. 6 des Sitzungsprotokolls, 210 GA).

Die Kostenentscheidung ergeht entsprechend §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 1 ZPO.

Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren: 15.000,- DM (§ 3 ZPO).

Ende der Entscheidung

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