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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 08.12.2000
Aktenzeichen: 22 U 107/00
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 640
ZPO § 287
Leitsätze:

1.

Wird eine vom Auftragnehmer hergestellte maschinelle Anlage zum Auftraggeber gebracht und von diesem abgenommen, einigen sich die Vertragspartner jedoch anschließend, daß der Auftragnehmer die Anlage überarbeitet und fertigstellt, so ist davon auszugehen, daß eine erneute Abnahme stattfinden soll.

2.

Eine Beweisvereitelung, die zu einer Beweislastumkehr oder zu einer Beweiserleichterung für die beweispflichtige Gegenpartei führt, liegt nur vor, wenn eine Partei die Beweisführung schuldhaft unmöglich macht oder erschwert; dabei ist das Verhalten beider Parteien zu würdigen und eine Umkehr der Beweislast jedenfalls zu verneinen, wenn der Beweispflichtige selbst die Beweisnot schuldhaft mitverursacht hat.


OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

22 U 107/00 11 U 45/98 LG Wuppertal

Verkündet am 08.12.00

Gehenzig, Justizangestellte als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

In dem Rechtsstreit

hat der 22. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 10. November 2000 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Weyer, die Richterin am Oberlandesgericht Müller-Piepenkötter und den Richter am Landgericht Fuchs

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin und Widerbeklagten wird das Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Wuppertal vom 16.05.2000 mit dem ihm zugrundeliegenden Verfahren aufgehoben und die Sache wird zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung auch über die Kosten des Rechtsmittels an das Landgericht Wuppertal zurückverwiesen.

Tatbestand:

Die Klägerin nimmt die Beklagte aus einer Bürgschaft in Anspruch, welche diese zur Absicherung einer von der Klägerin geleisteten Anzahlung auf eine Werklohnforderung der J GmbH (J) gegeben hatte.

Die Klägerin stellt Autozubehörteile als Zulieferer für Autohersteller her und bestellte 1996 bei der J eine Anlage zur automatischen Herstellung von Befestigungswinkeln für die Dachreling für den Pkw VW Passat B 5 zu einem Preis von 335.000 DM zuzüglich Mehrwertsteuer. Sie leistete eine Anzahlung von 128.416,67 DM, zu deren Absicherung die Bürgschaft dient. Die Anlage sollte aus Halbfertigteilen - Halterblechen, Kugelscheiben, Dichtungsscheiben, Kugelpfannen, Gewindebolzen und Fixierkappen - die Befestigungswinkel montieren. Wegen der Einzelheiten der vertraglichen Vereinbarungen und des Vertragsgegenstandes wird auf die Ausführungen auf Seite 3 des angefochtenen Urteils (Bl. 351 GA) Bezug genommen.

Am 03.03.1993 hatte die J im Zuge einer Globalzession der Beklagten die ihr gegenwärtig und zukünftig zustehenden Forderungen abgetreten.

Bereits vor der Fertigstellung der Anlage kam es zu Auseinandersetzungen zwischen der J und der Klägerin wegen Lieferverzögerungen. Schließlich lieferte die J nach Mahnung durch die Klägerin am 28.04.1997 die Montageanlage in das Werk der Klägerin in S. Alsbald rügte die Klägerin, dass die Anlage nicht funktionstüchtig sei, und setzte Nachfristen für die Mangelbehebung. Am 15.07.1997 erklärte sie den Rücktritt vom Vertrag und verlangte von der J Rückzahlung des bereits bezahlten Betrages (Bl. 27 BA 11 O 115/97 LG Wuppertal). Sie machte diese Forderung beim Landgericht Wuppertal geltend. Während des Rechtsstreits kam es am 18.09.1997 zu einer außergerichtliche Einigung, dass die J die Anlage zurücknehme, um Nacharbeiten vorzunehmen. Diese Nacharbeiten führte die J in der Folgezeit bis März 1998 durch. Dabei kam es auch zu Veränderungen der Anlage. Zwischen den Parteien ist streitig, inwieweit die Veränderungen auf Änderungen der zu verarbeitenden Halbfertigprodukte zurückzuführen waren und wer von ihnen diese Änderungen veranlasst hat. Am 04.03.1998 kam, nachdem seit Januar Schriftwechsel zwischen den Parteien wegen der Frist für die Fertigstellung stattgefunden hatte, ein Abnahmetermin im Betrieb der J zustande, bei dem Mängel festgestellt wurden, deren Umfang zwischen den Parteien streitig ist, und eine Abnahme nicht stattfand. Am 06.03.1998 erklärte die Klägerin den Rücktritt vom Vertrag und listete die ihrer Behauptung nach noch vorhandenen Mängel auf (Bl. 8 f. GA).

Die Klägerin hat behauptet, die verschiedenen auf Grund der Vereinbarung vom 18.09.1997 durch die J vorgenommenen Nacharbeiten hätten nicht zur Behebung der von Anfang an vorhandenen Mängel geführt. Soweit die J im Jahre 1997 fehlerhaftes Vormaterial gerügt habe, hat die Klägerin bestritten, fehlerhaft geliefert zu haben, jedenfalls am 22.12.1997 seien alle Teile ordnungsgemäß gewesen. Bei dem Abnahmetermin am 04.03.1998 seien immer noch erhebliche Mängel vorhanden gewesen, es habe so gut wie nichts funktioniert, die Fixierkappe sei nicht ordnungsgemäß aufgeschraubt worden, die Befestigungsbolzen und die Bleche seien nicht ordnungsgemäß zugeführt worden, ebenso nicht die aufzuklebenden Gummiringe. Es sei kein weiterer Abnahmetermin vereinbart worden. Sie hat die Auffassung vertreten, die Wandelung im Schreiben vom 06.03.1998 sei zu Recht erfolgt, weil es seit der Rückgabe der Anlage an die Ja nur um Beseitigung vorhandener Mängel gegangen sei und der J diese nicht gelungen sei.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 128.416,67 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 31.03.1998 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen,

widerklagend,

die Klägerin zu verurteilen, an sie 259.066,66 DM Zug um Zug gegen Lieferung der Montageanlage nebst 4 % Zinsen seit dem 06.05.1998 zu zahlen.

Die Klägerin hat beantragt,

die Widerklage abzuweisen.

Die Beklagte hat behauptet, die Klägerin habe der J fehlerhafte Halbfertigprodukte zur Verfügung gestellt. Diese seien im Automatenbetrieb nicht zu verarbeiten gewesen, außerdem habe die Klägerin Änderungen der Maschine verlangt, die einen erheblichen Aufwand erfordert und die Tests erheblich erschwert hätten.

Deshalb sei nach der Rücknahme der Maschine erheblicher Zeitaufwand erforderlich gewesen. Bei dem Abnahmetermin am 04.03.1998 seien lediglich kleinere Störungen aufgetreten, deren Beseitigung lediglich einen halben Tag in Anspruch genommen habe. Im Abnahmetermin am 04.03.1998 habe der Mitarbeiter der Klägerin einem weiteren Abnahmetermin für den 10.03.1998 zugestimmt. Bei Verwendung fehlerfreien Materials sei bei einem Prüftermin am 11.03.1998, den ein Gutachter des TÜV Rheinland durchgeführt habe, die Maschine störungsfrei gelaufen. Die Beklagte hat auf das Gutachten des TÜV Rheinland vom 16.03.1998 verwiesen (Bl. 24 - 27 GA).

Das Landgericht hat Beweis erhoben über den Inhalt der Verhandlungen am 04.03.1998, wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 03.03.1999 (Bl. 150 - 160 GA) Bezug genommen. Weiter hat das Landgericht Beweiserhebung darüber angeordnet, ob die Maschine in ihrem jetzigen Zustand fehlerfrei arbeitet, wenn das von der Klägerin zu stellende Vormaterial seinerseits fehlerfrei ist (Bl. 166 f. GA). Der vom Landgericht bestellte Sachverständige hat zwei Besichtigungstermine am 23.08.1999 und am 24.09.1999 durchgeführt. Bei beiden Terminen ist eine Funktionsprüfung der Maschine nicht vorgenommen worden. Insoweit wird auf die Protokolle Bl. 199 f. GA und 267 f. GA verwiesen. Nach Durchführung des zweiten Ortstermins hat die Beklagte, bevor es zu einem dritten Ortstermins kam, am 01.10.1999 mitgeteilt, dass die Anlage habe abgebaut werden müssen, weil das Mietverhältnis über die Betriebsräume der J gekündigt worden sei und der Vermieter auf Räumung bestanden habe.

Durch das angefochtene Urteil vom 16.05.2000 hat das Landgericht Wuppertal die Klage abgewiesen und auf die Widerklage die Klägerin verurteilt, an die Beklagte 269.066,66 DM Zug um Zug gegen Lieferung der Montageanlage zu Montage von Dachrelinghaltern für den VW Passat B 5 nebst 4 % Zinsen seit dem 06.05.1998 zu zahlen. Es hat ausgeführt, die Klage sei unbegründet, weil der Klägerin weder unter dem Gesichtspunkt der Wandelung noch unter dem Gesichtspunkt des Verzuges ein Rückzahlungsanspruch zustehe, da eine wirksame Nachfristsetzung zur Beseitigung von Mängeln nicht vorliege. Dagegen könne die Beklagte aus abgetretenem Recht den restlichen Werklohn beanspruchen, weil nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme davon auszugehen sei, dass die nach dem 04.03.1998 überarbeitete Maschine fehlerfrei und abnahmefähig sei. Davon sei deshalb auszugehen, weil das Gutachten des TÜV Rheinland ein gewichtiges Indiz für die Fehlerfreiheit der Anlage biete und die Klägerin die Beweisaufnahme durch Sachverständigengutachten vereitelt habe, so dass der Beklagten das Erbringen weitere Beweise nicht mehr zuzumuten sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung sowie wegen des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes im übrigen wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.

Gegen dieses ihr am 31.05.2000 zugestellte Urteil wendet sich die Klägerin mit der am 30.06.2000 eingegangenen Berufung.

Sie macht geltend, Beweisvereitelung ihrerseits liege nicht vor. Ihr sei kein in hohem Maße fahrlässiges Verhalten vorzuwerfen. Bereits im Termin am 23.08.1999 wäre es mit den zwei von ihr angelieferten Winkeln ohne weiteres möglich gewesen, die Maschine zu testen, wenn die für diesen Fall erforderliche Umrüstung vorgenommenen worden wäre. Das Landgericht habe nicht beachtet, dass es für die Beweisvereitelung auch auf das Verhalten der beweispflichtigen Partei ankomme. Die Überprüfung der Funktionsfähigkeit der Anlage wäre sowieso nicht möglich gewesen, weil der von der Beklagten gestellte Kompressor zu klein gewesen sei und keinen dauerhaften Betrieb ermöglicht hätte. Das Schreiben der Beklagten vom 01.10.1999, dass die Maschine hätte abgebaut werden müssen, sei völlig überraschend gewesen. Jedenfalls hätte die Beklagte im Termin am 24.09.1999 darauf hinweisen müssen, dann wäre eine Durchführung eines neuen Ortstermins innerhalb einer Woche möglich gewesen.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Landgerichts Wuppertal vom 16.05.2000 abzuändern, die Widerklage abzuweisen und die Beklagte zu verurteilen, an sie 128.416,67 DM nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 31.03.1998 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Sie meint, das Landgericht habe zu Recht Beweisvereitelung angenommen, weil die Klägerin schon im Beweisbeschluss und dann wiederholt durch Schriftsatz der Beklagten, weiteren Beschluss des Landgerichts und die Ladung des Sachverständigen darauf hingewiesen worden sei, dass die angelieferten Halbfertigprodukte fehlerfrei sein müssten. Der Kompressor sei für den Probebetrieb ausreichend dimensioniert gewesen. Die Überprüfung sei auch im zweiten Termin an ungeeignetem Material der Klägerin gescheitert. Damit habe sie, die monatelang die Maschine zur Beweisaufnahme bereitgehalten und die Miete für die Stellfläche gezahlt habe, nicht rechnen müssen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Klägerin hat auch in der Sache Erfolg.

Das Verfahren des Landgerichts Wuppertal leidet an einem wesentlichen Verfahrensmangel gemäß § 539 ZPO, weil das Landgericht fehlerhaft bei der Feststellung der Beweisvereitelung Vortrag zum Verhalten der Klägerin übergangen hat und weil, selbst wenn mit dem Landgericht die Beweisvereitelung anzunehmen wäre, noch keine Entscheidung aufgrund von Beweislastregeln hätte getroffen werden dürfen, bevor alle Beweismittel ausgeschöpft waren.

Die Widerklage ist nur dann begründet und die Klage unbegründet, wenn die von der Ja hergestellte Anlage mangelfrei und abnahmereif war. Davon geht das Landgericht zutreffend aus. Die Beweislast für Mangelfreiheit trifft die Beklagte; auch davon gehen die Parteien übereinstimmend und zutreffend aus.

Darauf, ob, wie die Klägerin im Schriftsatz vom 18.08.1998 (Bl. 66, 67 GA) bezogen auf die erste Lieferung der Anlage im Jahre 1997 ausführt, die Anlage damals bereits zur Klägerin gebracht und dort abgenommen worden war, kommt es dabei nicht an, denn aufgrund der außergerichtlichen Vereinbarung der Werkvertragsparteien vom 18.09.1997, dass die Anlage im Betrieb der J überarbeitet und fertiggestellt werden sollte, ist - auch ohne die vom Landgericht aufgeführten Veränderungen - davon auszugehen, daß auch eine erneute Abnahme stattfinden sollte.

Zutreffend geht das Landgericht auch davon aus, dass der Werkvertrag nicht durch den "Rücktritt" der Klägerin am 06.04.1998 beendet worden ist, weil weder die Voraussetzungen des § 634 BGB noch die des § 326 BGB vorlagen. Das Landgericht hat dazu richtig ausgeführt, dass eine Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung gemäß § 634 BGB bzw. § 326 BGB nicht entbehrlich war. Die Anlage war, wie die Beklagte unwidersprochen vorträgt, umfassend umgebaut worden, was jedenfalls teilweise auf Änderungen der zugeführten Halbfertigteile zurückzuführen war. Eine weitere Funktionsprüfung, die Anhaltspunkte dafür ergeben hätte, dass die Beseitigung der am 04.03.1998 noch festgestellten Mängel nicht erwartet werden konnte, hatte nicht stattgefunden. Deshalb war der Klägerin ein weiterer Versuch, einzelne konkrete noch vorhandene Mängel zu beheben, und jedenfalls eine kurze Fristsetzung auch angesichts des langen Fertigstellungszeitraums noch zumutbar. Gerade bei komplizierten Maschinen ist mit einzelnen Fehlern beim ersten Abnahmetermin, um den es sich hier praktisch handelte, noch zu rechnen.

Die Fristsetzung vom 17.02.1998 machte die konkrete Mängelbeseitigungsaufforderung nicht entbehrlich, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat.

Das Landgericht geht davon aus, dass die Beklagte den ihr obliegenden Beweis für die Mangelfreiheit nicht voll erbracht hat und dass die Klägerin diesen vollen Beweis durch Beweisvereitelung unzumutbar gemacht hat. Es geht demnach wohl - ohne das konkret auszuführen - von einer Beweislastumkehr zugunsten der Beklagten aus, denn eine bloße Beweiserleichterung. wäre erst im Rahmen der Beweiswürdigung nach Ausschöpfen aller Beweismittel zu berücksichtigen (vgl. BGH NJW 1986, 59, 60 f.; OLG Naumburg, OLGR Brandenburg/Dresden/Jena/Naumburg/Rostock 1999,179,180).

Von einer Vereitelung des Sachverständigenbeweises durch die Klägerin kann schon nicht ausgegangen werden. Das Landgericht sieht die Beweisvereitelung darin, dass die Klägerin zum Ortstermin mit dem Sachverständigen am 24.09.1999 ungeeignete Gummiringe und Kappen zur Verfügung gestellt habe. Beweisvereitelung, die zu einer Beweislastumkehr oder Erleichterung des Beweises für die beweispflichtige Gegenpartei führt, liegt jedoch nur dann vor, wenn eine Partei schuldhaft die Beweisführung unmöglich macht oder erschwert (vgl. BGH NJW 1997, 3311, 3312; 1977, 1315, 1316; OLG Naumburg, a.a.O.; OLG Köln, OLGR Köln, 1997, 359, 360 jeweils m. w. N.).

Das hat das Landgericht nicht hinreichend geprüft. Es hat insbesondere nicht geprüft, inwieweit tatsächlich ein schuldhaftes Verhalten der Klägerin die Durchführung der Beweisaufnahme am 24.09.1999 verhindert hat. Ein Verschulden der Klägerin wegen des zu breiten Trägerbandes der Dichtungsringe kann nicht ohne weiteres unterstellt werden, wenn, wovon auszugehen ist, die Herstellerfirma innerhalb des letzten Jahres die Breite um wenige Millimeter geändert hat, denn bei der Prüfung durch die Gutachter des TÜV Rheinland lag Trägerband in der richtigen Breite vor. Bei einer von der Klägerin unwidersprochen vorgetragenen Handfertigung im letzten Jahr vor dem Beweisaufnahmetermin konnte eine so geringfügige Veränderung nicht auffallen, so dass die Klägerin keinen Anlass zu einer Nachprüfung hatte. Dass der Überstand des Klebers Auswirkungen auf die Funktion gehabt hätte, ist den Ausführungen des Sachverständigen (Bl. 267 GA) nicht zu entnehmen. Was die Ausführungen über Verklebungen auf der Oberseite der Gummiringe zu bedeuten haben, ist unklar. Die Kappen mit störenden Materialnasen hätten, davon geht auch der Sachverständige aus (Bl. 268 GA), aussortiert werden können. Dass dies für die automatische Fertigung kontraproduktiv ist, ist für die Prüfung der Funktionsfähigkeit der Maschine irrelevant.

Im übrigen ist, wenn Beweisvereitelung in Frage steht, das Verhalten beider Parteien zu würdigen und eine Umkehr der Beweislast jedenfalls dann zu verneinen, wenn der Beweispflichtige selbst in schuldhafter Weise die Beweisnot mit verursacht hat (vgl. OLG Hamm, OLGR Hamm 1993,93; BGH BB 1979,1527,1528; DB 1985, 1019, 1020; NJW 1976, 1315, 1316). Das Vorbringen der Klägerin zum Verschulden der Beklagten an der Beweisnot hat das Landgericht vollständig übergangen. Bei Berücksichtigung aller Umstände fällt jedenfalls ein gravierendes Mitverschulden an der Beweisnot der Beklagten zur Last. Die Beklagte hat nach ihrem eigenen Vortrag seit langem gewusst, dass die Räumung der Betriebshalle der J drohte. Das ergibt sich daraus, dass sie vorträgt, durch Zahlung des Mietzinses monatelang die Maschine zur Beweisaufnahme bereitgehalten und durch Verhandlungen mit dem Vermieter sich bemüht zu haben, die Anlage so lange wie möglich in der Halle stehen zu lassen (Bl. 312, 343, 408 GA). Gleichwohl hat die Beklagte zu keinem Zeitpunkt nach Erlass des Beweisbeschlusses vom 04.05.1999 darauf hingewiesen, dass der Abbau der Maschine drohte. Auch beim Ortstermin am 23.08.1999 und in den Schriftsätzen vom 31.08.1999 (Bl. 205 GA, in dem sie mitteilt, einen von dem Sachverständigen vorgeschlagenen Termin am 10.09.1999 nicht wahrnehmen zu können), vom 07.09.1999 (Bl. 213 GA, mit dem sie die vom Sachverständigen vorgeschlagenen Termin 17., 20. und 21.09.1999 ablehnt, um eine Vorlaufzeit von mindestens 3 Wochen und Beachtung der Schulferien in NRW, die im Oktober liegen, bittet, sowie als Termine den 23.09., 24.09., 30.09. oder 01.10. vorschlägt) und in zwei Schriftsätzen 08.09. (Bl. 216, 220 GA, in denen sie mitteilt, dass der Probelauf frühestens am 30.09.1999 oder am 01.10.1999 stattfinden und der ins Auge gefasste Termin 24.09.1999 nicht stattfinden könne) hat sie keinen Hinweis auf die drohende Behinderung gegeben und nicht einmal in dem sechs Tage vor dem Abbau der Maschine durchgeführten Ortstermin am 24.09.1999 darauf hingewiesen, dass aktuell der Abbau der Maschine drohte. Die Beklagte hat so mindestens fahrlässig dazu beigetragen, dass die Funktionsprüfung nicht vor dem 30.09.1999 stattfinden konnte. Hätten der Sachverständige und die Klägerin am 23.08.1999 bereits gewusst, dass der Abbau der Maschine aktuell bevorstand, weil, wie die Beklagte vorträgt, das Mietverhältnis "schon lange", also jedenfalls vor diesem Zeitpunkt, gekündigt war, so hätten sie jedenfalls die Funktionsfähigkeit für die beiden bei diesem Termin vorhandenen Teile schon testen können, wenn dies entgegen der Behauptung der Klägerin nicht aufgrund von der Beklagten anzulastenden Umständen - Unfähigkeit zur Umrüstung der Maschine - unmöglich war, und den weiteren Test für einen früheren und nicht erst den letztmöglichen Termin Ende September vorsehen können. Die Beklagte hat verhindert, dass die Klägerin und der Sachverständige den Umstand der drohenden Räumung der Halle bei der Terminplanung berücksichtigen konnten. Die drohende Räumung ergab sich entgegen der Ansicht der Beklagten nicht schon aus dem Konkurs der J. Welche Dispositionen der Konkursverwalter trifft, ist für Dritte nicht offenbar.

Jedenfalls hätte das Landgericht - und darin liegt ein weiterer Verfahrensfehler - von seinem Standpunkt aus die Beweisantritte der Klägerin zur Erschütterung des Gutachtens des TÜV Rheinland nicht übergehen dürfen. Eine Entscheidung aufgrund der Beweislast kommt nur dann in Betracht, wenn die möglichen Beweise erschöpft sind. Mindestens hätte das Landgericht bei angenommener Umkehr der Beweislast dem von der Klägerin angebotenen Sachverständigenbeweis nachgehen müssen, dass die vom TÜV Rheinland vorgenommene Prüfung keineswegs ausreiche, um einen störungsfreien Betrieb nachzuweisen (Bl. 41 GA).

Bei richtiger Bewertung des Prozessverhaltens der Parteien wäre der von der Beklagten angebotene Zeugenbeweis über fehlerhafte Halbfertigteile und deren Ursächlichkeit für die Funktionsstörungen sowie die Beseitigung der nicht auf diese fehlerhaften Halbfertigteile zurückzuführenden Mängel (Bl. 57, 58 GA) zu erheben.

Wegen des Umfangs der noch durchzuführenden Beweisaufnahme erscheint ein eine Absehen von der Zurückverweisung und eine eigene Sachentscheidung durch den Senat gemäß § 540 ZPO nicht sachdienlich. Die Kostenentscheidung auch bezüglich des Berufungsverfahrens war dem Landgericht vorzubehalten.

Beschwer beider Parteien: mehr als 60.000,00 DM.

Ende der Entscheidung

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