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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 17.03.2000
Aktenzeichen: 22 U 142/99
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 635
Leitsätze:

1.

Der Architekt ist bei der ihm übertragenen Planung eines Bauvorhabens grundsätzlich verpflichtet, sich Klarheit über die Grundwasserverhältnisse zu verschaffen, wenn insoweit aufgrund der örtlichen Verhältnisse mit Problemen zu rechnen ist; denn er hat seine Planung nach dem höchsten aufgrund langjähriger Beobachtung bekannten Grundwasserstand auszurichten, mag dieser auch seit Jahren nicht mehr erreicht worden sein.

2.

Die Statik einer wegen der Grundwasserverhältnisse erforderlichen Druckwasserwanne ist mangelhaft, wenn der rechnerische Nachweis hinsichtlich des zu erwartenden Grundwasserdrucks fehlt.

3.

Ein dem Auftraggeber von dritter Seite erteilter warnender Hinweis auf das Grundwasser entbindet den Architekten nicht von seiner Pflicht, umfassend und richtig über das Grundwasserrisiko aufzuklären.


Oberlandesgericht Düsseldorf Im Namen des Volkes Teilurteil

22 U 142/99 3 O 461/98 LG Krefeld

Verkündet am 17. März 2000

Tellmann, Justizangestellte als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

In dem Rechtsstreit

hat der 22. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 25. Februar 2000 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Weyer, den Richter am Oberlandesgericht Mucket und die Richterin am Oberlandesgericht Müller-Piepenkötter für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Beklagten zu 2 gegen das Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Krefeld vom 17. Juni 1999 wird zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die weiteren Entscheidungen bleiben dem Schlußurteil vorbehalten.

Tatbestand

Die Klägerin verpflichtete sich durch Bauleistungsvertrag vom 20.03.1996 gegenüber der Streithelferin, auf dem Grundstück O, N weg 14, das diese von dem Geschäftsführer der Klägerin erwarb, ein Einfamilienhaus mit Einliegerwohnung schlüsselfertig zu einem Festpreis zu errichten. Mit Vertrag vom 14.02./02.09.1996 (Bl. 48 d. A.), auf den wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, beauftragte die Klägerin den Beklagten zu 2 mit den Architektenleistungen (Grundleistungen der Phasen 1-5 und 8-9 des § 15 Abs. 2 HOAI) sowie mit der kompletten Statik. Dieser erbrachte die Architektenleistungen bis einschließlich der Ausführungsplanung. Die Baugenehmigung für das von ihm geplante Bauvorhaben wurde am 02.07.1996 erteilt. Die genehmigte Planung sah vor, daß die UK der Betonsohle von Keller und Terrasse bei 30,53 über NN lag.

Durch Vertrag vom 28.08.1996 (Bl. 53 d. A.) übertrug die Klägerin dem Beklagten zu 1 die Bauleitung, die Überarbeitung der Ausführungspläne, die Vorbereitung der Vergabe und Mitwirkung bei dieser sowie die Objektüberwachung. Diese Aufgaben hatte sie zuvor bereits einem U N aus G übertragen. Der Beklagte zu 1 veranlaßte im Rahmen der Bauausführung u. a., daß abweichend von den Plänen des Beklagten zu 2 die an das im Souterrain gelegene Wohnzimmer anschließende Terrasse von einer Betonwand mit einer Höhe von 1,05 m umgeben wurde.

Die Streithelferin hat gegen die Klägerin das selbständige Beweisverfahren 3 OH 27/97 Landgericht Krefeld eingeleitet, das u. a. das Maß der Grundwassergefährdung des von der Klägerin errichteten Gebäudes, die Ursachen und Nachbesserungsmaßnahmen zum Gegenstand hatte. In diesem Verfahren hat die Klägerin den Beklagten zu 1 und 2 den Streit verkündet.

Die Klägerin hat behauptet: Die Planungen der Beklagten zu 1 und 2 berücksichtigten nicht, jedenfalls nicht ausreichend, daß das Gebäude im grundwassergefährdeten Bereich liege. Nach dem höchsten in der Vergangenheit gemessenen Grundwasserstand würde das Kellergeschoß, dessen Betonsohlenunterkante unstreitig bei 30,51 über NN liegt (S. 7 des Gutachtens des Sachverständigen A vom 29.05.1998 - Bl. 65 d. BeiA 3 OH 27/97), etwa 1 m hoch vom Grundwasser überflutet.

Die Klägerin hat beantragt,

festzustellen, daß die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet seien, ihr allen Schaden zu erstatten, der ihr dadurch entstanden sei, daß an dem Bauvorhaben in G - O, N weg 14, eine Absicherung gegen Grundwasser nicht erfolgt sei.

Die Streithelferin hat sich dem Antrag der Klägerin angeschlossen.

Die Beklagten haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte zu 1 hat behauptet: Die von ihm unter Abänderung der Planung des Beklagten zu 2 im Rahmen der Bauausführung durch Errichten der 1,05 m hohen Abschlußwand umgesetzte Einbeziehung der Terrasse in eine wasserdichte Wanne genüge den Anforderungen. Das Haus der Streithelferin, insbesondere dessen Kellergeschoß, seien trocken und uneingeschränkt nutzbar. Das - so meint er - beweise nachhaltig, daß die von ihm angeordnete Ausführung den Anforderungen an die Wasserdichtigkeit entspreche. Die Streithelferin habe gewünscht, daß die freie Sicht aus dem Wohnzimmer durch die Abschlußmauer der Terrasse nicht beeinträchtigt werde. Das wäre bei einer höheren Abschlußmauer nicht gewährleistet gewesen.

Der Beklagte zu 2 hat behauptet: Das Bauvorhaben sei nicht nach seinen Plänen ausgeführt worden; der Beklagte zu 1 habe sie erheblich verändert. Im Zeitpunkt der Beendigung des Vertragsverhältnisses habe er überdies in Unkenntnis, daß ihm der Auftrag durch die Beauftragung des Beklagten zu 1 entzogen gewesen sei, seine ursprünglichen Pläne überarbeitet. Zum Schutz des Gebäudes vor Grund- und Überschwemmungswasser habe er eine wasserundurchlässige Betonwanne geplant, die sowohl den Keller als auch die mit einer 1,50 m hohen Brüstungswand versehene Terrasse eingeschlossen habe. Die geänderten Pläne (Bl. 23 bis Hülle Bl. 26 GA) habe er dann Herrn Nitsch zur Weiterleitung an die Klägerin ausgehändigt (80).

Die Klägerin hat der Bauherrin B den Streit verkündet; diese ist dem Rechtsstreit auf ihrer Seite beigetreten.

Das Landgericht hat der Klage durch das angefochtene Urteil stattgegeben. Zur Begründung ist ausgeführt: Die Beklagten seien der Klägerin als Gesamtschuldner gemäß § 635 BGB schadensersatzpflichtig, weil sie im Hinblick auf die fehlende Absicherung des errichteten Gebäudes gegen Grundwasser ihre Pflichten aus den Architektenverträgen schuldhaft verletzt hätten. Aufgrund des Gutachtens, das der Sachverständige A in dem Beweisverfahren 3 OH 27/97 LG Krefeld erstattet habe, stehe fest, daß das Gebäude nicht ausreichend gegen Grundwasser gesichert sei. Der zu erwartende Grundwasserdruck sei bei der Berechnung der Statik nicht berücksichtigt worden. Es fehle jeder rechnerische Nachweis für die Druckfestigkeit der Sohlplatte und der Wandbewehrung, so daß davon ausgegangen werden müsse, daß eine ausreichende Armierung fehle. Da den Beklagten in dem Beweisverfahren der Streit verkündet worden sei, könne das Gutachten auch im vorliegenden Verfahren berücksichtigt werden.

In der fehlenden Absicherung des Gebäudes gegen die Belastung durch Grundwasser liege ein Mangel der Architektenleistung.

Dem Beklagten zu 1 habe nach dem mit der Klägerin geschlossenen Vertrag vom 28.08.1996 sowohl die Überarbeitung der Ausführungspläne als auch die Objektüberwachung oblegen. Er habe die für die Vollständigkeit und Richtigkeit der unterschriebenen Vertragsurkunde sprechende Vermutung nicht widerlegt. Es fehle insoweit bereits an einem Beweisangebot für die streitige Tatsache. Der bauüberwachende Architekt sei nach gefestigter Rechtsprechung verpflichtet, die statischen Berechnungen einzusehen und sich zu vergewissern, ob der Statiker von den gegebenen tatsächlichen Verhältnissen ausgegangen sei. Dabei müsse er sich an dem höchsten, je erreichten Grundwasserstand orientieren, auch wenn dieser seit Jahren nicht mehr erreicht worden sei. Ausgehend von einem Höchststand von 31,85 m über NN im Jahre 1960 hätte die Höhe der Brüstungswände an der Terrasse 1,50 m betragen müssen. Darin, daß die geplanten und ausgeführten Brüstungswände nur 1,05 m hoch seien, liege ein weiterer Architektenfehler. Daß die Streithelferin eine nur 1,05 m hohe Wand gewünscht habe, entlaste den Beklagten zu 1 nicht; er hätte die Streithelferin über die damit verbundenen Gefahren aufklären müssen. Ein Mitverschulden der von ihr beauftragten Statiker müsse sich die Klägerin nicht zurechnen lassen.

Der Beklagte zu 2 hafte der Klägerin ebenfalls gemäß § 635 BGB. Seine ursprüngliche, der Klägerin übergebene Planung sei schon deshalb mangelhaft gewesen, weil sie keine Brüstungsmauer an der Terrasse und damit keinen Schutz gegen Grundwasser vorgesehen habe. Darüber hinaus habe auch die von ihm gefertigte und, wovon mangels abweichenden Sachvortrags des Beklagten zu 2 auszugehen sei, der Klägerin übergebene Statik keinen rechnerischen Nachweis zur Kellersohle und zu den Kellerwänden enthalten. Daß der Vertrag zwischen der Klägerin und dem Beklagten zu 2 vor Ausführung des Bauwerks beendet worden sei, sei für seine Haftung unerheblich. Als bauplanender Architekt habe er mit seinen Plänen dafür sorgen müssen, daß das Bauwerk frei von Mängeln vollendet werde. Die fehlende Bewehrung und die unzureichende Berücksichtigung der Grundwassergefahr im Zusammenhang mit einer Brüstungswand an der Terrasse gingen letztlich unmittelbar auf die mangelhafte Planung des Beklagten zu 2 zurück. Das vom Beklagten zu 2 durch die mangelhafte Planung gesetzte Risiko habe sich in den Baumängeln realisiert.

Der Beklagte zu 2 behaupte zwar, er habe die Ausführungspläne nach dem 28.08.1996 geändert und dem Zeugen N zur Weiterleitung an die Klägerin übergeben, bevor Schäden an dem Bauvorhaben eingetreten seien und das Beweisverfahren eingeleitet worden sei. Er behaupte aber nicht, daß dies vor der Ausführung des Baus gewesen sei. Im übrigen habe die Klägerin die geänderten Pläne nach ihrer unwidersprochenen Darstellung nicht erhalten. Einen Sachverhalt, nach dem sich die Klägerin eine Kenntnis des Zeugen N zurechnen lassen müsse, habe der Beklagte zu 2 nicht bewiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung sowie wegen des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes im übrigen wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.

Der Beklagte zu 1 ist am 19.07.1999 verstorben, nachdem ihm das angefochtene Urteil zugestellt worden war. Auf den nach Einlegung der Berufung gestellten Antrag seiner zweitinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten hat der Senat das diesen Beklagten betreffende Verfahren durch Beschluß vom 27.09.1999 (Bl. 190-191 GA) gemäß § 246 Abs. 1 ZPO ausgesetzt.

Mit der Berufung verfolgt der Beklagte zu 2 den Antrag auf Abweisung der gegen ihn gerichteten Klage weiter.

Der Beklagte zu 2 behauptet: Die Klägerin habe ihm im Februar 1996 mitgeteilt, daß sie den Zeugen NR» mit der Bauleitung, Objektüberwachung und -betreuung beauftragt habe. Nach der Erteilung der Baugenehmigung am 02.07.1996 habe er die Ausführungsplanung durchgeführt und im September mit dem aus den Zeichnungen Hülle Bl. 26 GA ersichtlichen Ergebnis abgeschlossen. Im Auftrage der Klägerin habe der Zeuge N die Planunterlagen Anfang September 1996 bei ihm abgeholt. Bei dieser Gelegenheit habe er dem Zeugen auch den von ihm unterzeichneten Architektenvertrag behändigt. Davon, daß die Klägerin den Zeugen N am 28.08.1996 aus seinen Funktionen entlassen habe, habe er nichts gewußt. N habe ihm nur mitgeteilt, daß die Klägerin auch noch einen anderen Architekten eingeschaltet habe.

Im übrigen vertritt er die Auffassung, eine etwaige Fehlplanung sei für den Schaden am Gebäude der Streithelferin nicht ursächlich geworden. Die Schäden hätte ihre Ursache im Sinne einer überholenden Kausalität ausschließlich in dem Fehlverhalten des Beklagten zu 1.

Im übrigen wiederholt und ergänzt der Beklagte zu 2 seinen erstinstanzlichen Vortrag nach Maßgabe seiner Berufungsbegründung vom 21.10.1999 (Bl. 199-206 GA).

Der Beklagte zu 2 beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die gegen ihn gerichtete Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung des Beklagten zu 2 zurückzuweisen.

Sie wiederholt und ergänzt ihren erstinstanzlichen Vortrag nach Maßgabe ihrer Berufungserwiderung vom 04.01.2000 (Bl. 214-226 GA).

Beide Parteien beantragen, als Sicherheiten auch Bank- oder Sparkassenbürgschaften zuzulassen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den vorgetragenen Inhalt der Schriftsätze der Parteien Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des Beklagten zu 2 ist nicht begründet.

Das Landgericht hat zu Recht festgestellt, daß der Klägerin gegen den Beklagten zu 2 ein Schadensersatzanspruch aus § 635 BGB zusteht. Der Beklagte hat zu vertreten, daß die Klägerin der Streithelferin Ersatz dafür leisten muß, daß das von ihr in G-O, N weg 14, errichtete Gebäude nicht über eine Abdichtung gegen drückendes Wasser verfügt. Der Mangel beruht auf einem Planungsfehler des Beklagten zu 2.

Mangel der Planung des Beklagten zu 2

Für die mangelfreie Erbringung der Architektenleistungen ist die genaue Kenntnis der Boden- und Grundwasserverhältnisse notwendig. Die Berücksichtigung der Grundwasserverhältnisse gehört bei Gebäudeplanungen in Gebieten mit relativ hohem Grundwasserstand zu den zentralen Aufgaben eines planenden Architekten (Senatsurteil vom 30.3.1990 - 22 U 203/89 - NJW-RR 1992, 156 = BauR 1992, 536). Ein ordnungsgemäß planender Architekt hat seine Planung nach dem höchsten aufgrund langjähriger Beobachtung bekannten Grundwasserstand ausrichten, mag dieser auch seit Jahren nicht mehr erreicht worden sein (Senatsurteile vom 30.03.1990, a. a. O. und 12.01.1996 - 22 U 257/92 - NJW-RR 1996,1300 = OLGR 1996, 240 = IBR 1996, 467 - Kniffka). Der Architekt ist deshalb im Rahmen der ihm übertragenen Planung eines Bauvorhabens grundsätzlich verpflichtet, sich Klarheit über die Grundwasserverhältnisse zu verschaffen, wenn aufgrund der örtlichen Verhältnisse (hier: Ufergebiet der Niers) mit problematischen Bodenverhältnissen zu rechnen ist.

Ob der Beklagte zu 2 eine solche Auskunft des Staatlichen Amtes für Wasser- und Abfallwirtschaft oder anderer behördlicher Organisationen, die die gemessenen Grundwasserstände über längere Zeiträume archivieren, eingeholt hat, kann dem Vortrag der Parteien nicht entnommen werden. Hätte er aber eine solche Auskunft eingeholt, wäre ihm nicht verborgen geblieben, daß im Jahre 1960 bezogen auf das Baugrundstück der höchste Grundwasserstand im Gebiet des Bauvorhabens bei 31,89 m über NN gelegen hatte, noch im Jahre 1994 ein Grundwasserstand von 31,57 m über NN gemessen worden war und der Stand am 02.09.1996 noch 31,38 m über NN betrug. Wie der Sachverständigen A in seinem Gutachten vom 29.05.1998 dargelegt hat, das er in dem Beweisverfahren 3 OH 27/97 LG Krefeld erstattet hat (Bl. 59 ff, 65 d. A. 3 OH 27/97 LG Krefeld), werden die Grundwasserstände, die in jüngerer Zeit in einem nahe der Baustelle gelegenen Meßbrunnen ermittelt worden sind, auch durch die Meßergebnisse bestätigt, die die öffentlich bestellten Vermessungsingenieure B und R ausweislich ihrer "Bescheinigung" vom 02.07.1997 (Bl. 11 d. A. 3 OH 27/97 LG Krefeld) und der dieser beigefügten Skizze (Bl. 12 d. A. 3 OH 27/97 LG Krefeld) seinerzeit ermittelt haben. Mit einem Wiederanstieg des Grundwassers auf den im Jahre 1960 für den nahe gelegenen Meßbrunnen gemessenen Höchststand von 31,89 m über NN mußte deshalb auch im Bereich des Baugrundstücks N weg 14 in G-O gerechnet und dieser Höchststand unter Berücksichtigung eines Sicherheitszuschlages von ca. 30 cm in die Planungen für das Bauvorhaben einbezogen werden.

Die genehmigte Bauplanung des Beklagten zu 2 wurde diesen Anforderungen nicht gerecht. Die Unterkante der Keller- und Terrassensohle lag, wie den der Baugenehmigung des Kreises V vom 02.07.1996 zugrunde liegenden Zeichnungen zu entnehmen ist (vgl. Fußnote 2), bei 30,53 m über NN. Das höchste, jemals gemessene Hochwasser überstieg diese daher um 1,36 m und sogar bei dem noch im Jahre 1994 gemessenen Stand von 31,57 m über NN wäre die Bodenplatte noch mehr als 1 m im Grundwasser gelegen.

Der Gefährdung durch das Grundwasser hätte, wie der Sachverständige AM ausgehend allerdings von einer tatsächlichen Höhe der Unterkante der Kellersohle von 30,51 m über NN - in seinem Gutachten vom 29.05.1998 überzeugend dargelegt hat, bei der Planung dadurch Rechnung getragen werden müssen, daß das Kellergeschoß einschließlich der Terrasse als etwa 1,50 m hohe Druckwasserwanne ausgeführt wurde, wobei die Außenseiten der Terrasse im Hinblick darauf, daß das Kellergeschoß auf der ihr zugewandten Seite eine großflächige, bis zur Sohle reichende Fenster- Türanlage erhalten sollte, entsprechend hohe wasserdichte Begrenzungsmauern erhalten mußten (S. 9/10 des Gutachtens).

Die genehmigte Bauplanung des Beklagten zu 2 trägt diesem Erfordernis in keiner Weise Rechnung. Das Kellergeschoß mit der Terrasse ist insbesondere nicht als Wanne, die Terrasse vielmehr zum rückwärtigen Gartengelände hin als offen dargestellt.

Der Beklagte zu 2 hat zwar im vorliegenden Verfahren mit der Klageerwiderung eine ausweislich der Legende unter dem 02.09.1996 nachgebesserte Planung vorgelegt (vgl. die Zeichnung "Schnitt" in Hülle Bl. 26 GA), auf der als Abschluß der [allerdings nur 20 cm starken] Terrassenplatte eine als "Wannenaussenwand" bezeichnete Abschlußwand von 1,00-1,50 m Höhe eingezeichnet ist. Weiterhin ist der Beschreibung der Bodenplatte der Zusatz "Fugenband" beigefügt und es finden sich am unteren Rand die Zusätze: "Statische-Berechnung und Bewehrungszeichnungen einhalten ! Mauerwerksstärken mit Bewehrungszeichnungen abstimmen !". Auch sie enthielt aber keine eindeutigen Hinweise auf die Notwendigkeit, das Kellergeschoß einschließlich der mit einer ca. Höhe (1,00-1,50) erstmals dargestellten "Wannenabschlußwand" als eine etwa 1,50 m hohe Druckwasserwanne auszuführen. Zwar ist - wie bereits in der Genehmigungsplanung - zumindest die Kellersohle als Platte aus wasserdichtem Beton dargestellt, die ausweislich der vom Beklagten zu 2 gefertigten Statik oben und unten mit je einer Baustahlgewebematte konstruktiv bewehrt sein sollte (siehe Plan "Bodenplatte" zur Statischen Berechnung des Beklagten zu 2). Es fehlt aber hinsichtlich der Bodenplatte und der Terrassenplatte ebenso wie hinsichtlich der aufstehenden Kelleraußenwände bis zur Wannenhöhe und der "Wannenaußenwand" der rechnerische Nachweis im Hinblick auf den zu erwartenden Grundwasserdruck. Worin die auch nach seiner Auffassung notwendige (vgl. Bl. 203 GA) Bewehrung der vor den Grundwassereinwirkungen schützenden Wanne bestanden haben soll, legt der Beklagte auch in der Berufungsbegründung nicht dar.

Da auch die nachgebesserte Planung den Anforderungen nicht genügte, insbesondere ein rechnerischer Nachweis der zeichnerisch dargestellten Konstruktion fehlte, kommt es letztlich weder darauf an, ob der Beklagte zu 2, wie er nunmehr behauptet, die geänderten Pläne Anfang September 1996 dem Zeugen N ausgehändigt hat, noch darauf, ob dieser berechtigt war, die geänderten Pläne für die Klägerin entgegenzunehmen.

Ursächlichkeit des Planungsmangels für den Schaden

Das aufgrund der genehmigten Bauplanung des Beklagten zu 2 errichtete Gebäude ist mangelhaft. Das Kellergeschoß und die an dieses anschließende Terrasse sind nicht, jedenfalls nicht bis zu der erforderlichen Höhe von etwa 1,50 m über UK Keller-(Terrassensohle, als Druckwasserwanne ausgebildet. Abgesehen davon, daß eine (notwendige) Bewehrung der Wannenwände (Kelleraußenwände und Terrassenabschlußwände) nicht einmal dargetan ist, fehlt nach wie vor jeder rechnerische Nachweis dafür, daß die ausgeführte Wannen-Konstruktion den statischen Anforderungen durch die zu erwartende Grundwasserbelastung genügt. Der Planungsfehler des Beklagten zu 2 hat sich mithin bei der Errichtung des Gebäudes als Baumangel verwirklicht.

Daß es, wie der Beklagte zu 2 behauptet, abgesehen möglicherweise von den inzwischen nachgebesserten Rissen in der Kellersohle (vgl. die Lichtbilder Nr. 14 -16 zum Gutachten A), bisher noch nicht zu Schäden am Gebäude der Streithelferin durch anstehendes Grundwasser gekommen ist, beweist entgegen der Auffassung der Beklagten nicht, daß die ausgeführte Konstruktion des Kellergeschosses und der Terrasse den an sie zu stellenden, am höchsten jemals gemessenen Grundwasserstand auszurichtenden Anforderungen genügt.

Für die in der Nichtberücksichtigung des Grundwasserhöchststandes liegende Fehlplanung würde der Beklagte zu 2 als Architekt allerdings dann nicht haften, wenn er die Klägerin über das Risiko der Grundwassergefährdung und die in Betracht kommenden Schäden umfassend aufklärt hätte (vgl. Senatsurteil vom 30.03.1990 - 22 U 203/89 - NJW-RR 92, 156 = BauR 1992, 536). Das getan zu haben, trägt der Beklagte aber nicht, jedenfalls nicht hinreichend substantiiert, vor. Die versteckten Hinweise in seiner geänderten Planung ("Wannenaußenwand", "Fugenband") reichten dazu - vorausgesetzt er hatte sie der Klägerin überhaupt rechtzeitig zur Kenntnis gebracht - nicht aus.

Den Beklagten zu 2 entlastet auch nicht, daß die Klägerin Ende August 1996 den Beklagten zu 1 damit beauftragt hat, seine, des Beklagten zu 2, Pläne zu überprüfen und an seiner Statt fortan die Bauüberwachung zu übernehmen.

Der mit der Bauführung (Bauüberwachung) beauftragte Architekt hat allerdings die ihm zur Verfügung gestellte Ausführungsplanung eines anderen Architekten darauf zu überprüfen, ob sie mängelfrei ist, und zwar unabhängig davon, ob ihm dazu - wie hier - ausdrücklich ein Auftrag vom Bauherrn erteilt worden ist oder nicht (vgl. Senatsurteil vom 19.12.1997 = 22 U 68/97 - NJW-RR 1998, 741= BauR 1998, 582 = VersR 1998, 1418 = OLGR 1998, 236 = IBR 1998, 72 - Brößkamp). Das hat aber nicht zur Folge, daß der Architekt, der die Baupläne erstellt hat, von der Haftung für Mängel seiner Planung befreit ist. Die Haftung des bauüberwachenden Architekten tritt in einem solchen Fall vielmehr zu der des lediglich bauplanenden Architekten gesamtschuldnerisch hinzu, wenn er es pflichtwidrig versäumt hat, den erkennbaren Fehler der Ausführungsplanung im Rahmen der Bauüberwachung zu korrigieren (vgl. OLG Köln NJW-RR 1997, 597 = BauR 97, 505 = VersR 97, 830).

Etwas anderes könnte allenfalls dann gelten, wenn der mit der Bauüberwachung beauftragte Architekt die ihm übergebene Ausführungsplanung in einer Weise abgeändert hätte, daß nicht mehr die Rede davon sein könnte, der ursprüngliche Planungsfehler habe sich bei der Errichtung des Bauwerks als Mangel verwirklicht. Das ist hier aber nicht der Fall.

Die Änderungen gegenüber der Bauplanung des Beklagten zu 2, die der Beklagte zu 1 vorgenommen hat und bei der Errichtung des Gebäudes verwirklicht worden sind, bestehen - abgesehen von nicht relevanten Veränderungen im Inneren des Gebäudes - im wesentlichen darin, daß die Betonsohle des Kellergeschosses statt in wasserdichtem, durch Stahlmatten oben und unten armiertem Beton in stahlfaserarmiertem wasserdichtem Beton ausgeführt worden ist und die Terrassenplatte an den Außenseiten 1,05 m hohe Abschlußmauern erhalten hat, die ebenso wie die auf der Kellersohle aufstehenden Außenwände aus Beton durch eingelegtes Fugenband zu der Betonplatte abgedichtet sind (S. 8 des Gutachten des Sachverständigen A vom 29.05.1998). Das mag zwar, wie der Sachverständige A angenommen hat (ebenfalls S. 8 seines Gutachtens), dafür sprechen, daß man sich wohl über die Notwendigkeit einer Wanne im klaren gewesen sein muß". Die tatsächlich ausgeführte "Wanne" ist aber - wie oben bereist ausgeführt ist - konstruktiv unzulänglich und es fehlt der rechnerische Nachweis.

Daraus, daß das Kellergeschoß und die Terrasse - jedenfalls andeutungsweise als Wanne ausgeführt worden sind, kann nicht schon geschlossen werden, daß der Beklagten zu 1 die Klägerin über das Risiko der Grundwassergefährdung und die in Betracht kommenden Schäden umfassend aufklärt hat. Der Umstand, daß die ausgeführte Konstruktion unzulänglich ist, spricht eher dagegen. Es reichte dazu auch nicht aus, daß die Klägerin gleich zu Beginn der Bauausführung" von Dritter Seite warnend auf das Grundwasser hingewiesen worden sein soll (so der Beklagte zu 2 Bl. 204 GA). Eine umfassende Risikoaufklärung, wie sie der bauplanende und/oder bauüberwachende Architekt schuldet, kann darin nicht gesehen werden. Im übrigen sprechen aber auch die Schreiben der VSK-GmbH an den Beklagten zu 1 vom 17.11.1996 (Bl. 8 GA), der Klägerin an VSK GmbH vom 07.01.1997 (Bl. 11 b GA) und der Klägerin an den Beklagten zu 1 vom 15.01.1997 (Bl. 9 GA) gegen eine umfassende und vor allem richtige Aufklärung der Klägerin über das Grundwasserrisiko.

Mitverschulden der Klägerin

Selbst wenn die Klägerin, wie der Beklagte zu 2 behauptet, den Erstbeklagten angewiesen hat, von einer Bewehrung der Bodenplatte gänzlich abzusehen und insbesondere das aufgehende Mauerwerk nicht in Sperrbeton auszuführen, kann daraus ein Mitverschulden der Klägerin, das sie sich auf ihren Schadensersatzanspruch aus § 635 BGB gegen den Beklagten zu 2 anrechnen lassen müßte, nicht hergeleitet werden.

Da die vom Beklagten zu 2 geplante Bewehrung der Sohle des Kellerbodens mit Baustahlgewebe in Verbindung mit der Ausführung des aufgehenden Kellermauerwerks in wasserdichtem Beton als konstruktive Maßnahmen gegen die drohende Schädigung des Gebäudes durch Grundwasser nicht entfernt ausreichten, hat nicht erst die Unterlassung dieser Maßnahmen zu dem in Rede stehenden Mangel des Gebäudes geführt. Im übrigen wäre eine Berücksichtigung der behaupteten Anweisungen der Klägerin unter dem rechtlichen Gesichtspunkt einer Mitschuld (§ 254 Abs. 1 BGB) nur in Erwägung zu ziehen, wenn die Klägerin zuvor von einem der Beklagten umfassend über die in die Bauplanung einzubeziehenden Risiken der Grundwassergefährdung aufgeklärt worden wäre. Das war aber - wie bereits ausgeführt - nicht der Fall.

Der Berufung des Beklagten zu 2 war hiernach der Erfolg zu versagen.

Nebenentscheidungen Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Alle übrigen Entscheidungen waren dem Schlußurteil vorzubehalten.

Streitwert für die Berufungsinstanz und zugleich Beschwer des Beklagten zu 2: 100.000,00 DM.

Ende der Entscheidung

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