Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 27.04.2001
Aktenzeichen: 22 U 153/00
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 177 Abs. 1
BGB § 177 Abs. 1

Leitsatz:

Ein Architekt, der ein eigenes Bauvorhaben durchführt und Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit des beauftragten Heizungsinstallateurs hat, muss, wenn er von einer Handelsfirma auf ihn ausgestellte Rechnungen über die Lieferung von Heizungsmaterialien erhält, daraus entnehmen, dass der Heizungsinstallateur die Materialien in seinem - des Architekten - Namen bestellt hat; mit einer Teilzahlung auf diese Rechnungen genehmigt er deshalb die Bestellungen.

OLG Düsseldorf, Urteil vom 27.4.2001 - 22 U 153/00 - rechtskräftig


OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

22 U 153/00 5 O 125/99 LG Wuppertal

Verkündet am 27. April 2001

Gehenzig, Justizangestellte als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

In dem Rechtsstreit

hat der 22. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 30. März 2001 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Weyer, den Richter am Oberlandesgericht Muckel und die Richterin am Landgericht Fuhr

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Einzelrichters der 5. Zivilkammer des Landgerichts Wuppertal vom 28. Juli 2000 unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 13.810,12 DM nebst 8 % Zinsen seit dem 24.11.1998 sowie 15,-- DM aussergerichtliche Mahnkosten zu zahlen. Wegen des weitergehenden Zinsanspruches wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Beklagten auferlegt mit Ausnahme der Mehrkosten, die durch die Anrufung des unzuständigen Gerichtes entstanden sind. Diese Kosten hat die Klägerin zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Sachverhalt: Der Bekl ist Architekt und ließ 1998 als Bauherr in E ein Wohn- und Geschäftshaus errichten. Mit der Heizungsinstallation beauftragte er den Zeugen L, welcher im Sommer 1998 zahlungsunfähig wurde. Am 21.8.1998 bestellte L bei der Kl mit dem Vermerk: "Rechnungsanschrift Architekt M in H" Heizungsmaterialien. Die Kl übersandte dem Bekl unter dem 24.9., 10.10. und 20.10.1998 drei Rechnungen über insgesamt 20.946 DM, auf welche sie dem Bekl später 2.100 DM gut schrieb. Am 22.10.1998 zahlte der Bekl an die Kl 5.000 DM.

Mit ihrer Klage macht die Kl geltend, L habe die Materialien mit Vollmacht des Bekl bestellt, und verlangt restliche 13.810,12 DM. Der Bekl bestreitet eine Bevollmächtigung des L.

Das LG hat den Bekl antragsgemäß verurteilt.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung des Beklagten hat in der Sache überwiegend keinen Erfolg. Das erstinstanzliche Urteil war nur hinsichtlich der Zinsentscheidung abzuändern.

Der Beklagte ist gem. § 433 Abs. 2 BGB verpflichtet, der Klägerin den Kaufpreis für die von dieser gelieferten Heizungsmaterialien zu zahlen.

Zwar ist ein Vertragsverhältnis zwischen den Parteien nicht bereits dadurch zustandegekommen, dass der Zeuge L die für die Heizungsinstallation am Bauvorhaben des Beklagten benötigten Zubehörteile bei der Klägerin bestellte. Denn es kann nach der in erster Instanz durchgeführten Beweisaufnahme nicht festgestellt werden, dass diese Bestellungen im Rahmen einen dem Zeugen L vom Beklagten erteilten Vertretungsmacht erfolgten und somit unmittelbar für und gegen den Beklagten Rechtswirkungen erzeugten (§ 164 BGB). Es ist weder bewiesen, dass der Beklagte gegenüber dem Zeugen L , noch, dass er gegenüber der Klägerin eine Erklärung über die Erteilung einer Vollmacht an den Zeugen L abgegeben hat.

Der Zeuge L hat bei seiner Vernehmung vor dem Landgericht bekundet, dass er vor seiner Bestellung vom 21.8. per Fax (Bl. 11 d.A.) mit dem Beklagten nicht abgesprochen habe, dass er im Namen und auf Rechnung des Beklagten bestellen dürfe. Die Aussage des Zeugen L , dass für ihn klar gewesen sei, dass die Bezahlung über den Beklagten laufen würde (Protokoll der Sitzung v. 7.7.2000, Bl. 130 unten d.A.) und er die Äußerung des Angestellten des Beklagten, dass das Bauvorhaben weitergehen solle, so verstanden habe, dass der Beklagte die weiteren Kosten zahlen würde (Bl. 131 oben d.A.), bezieht sich nicht auf die den hier streitigen Rechnungen zugrundeliegenden Bestellungen von Heizungsartikeln, sondern auf die unstreitig vom Beklagten selbst bei der Klägerin bestellten Sanitärartikel. Dies ergibt sich aus dem vom Zeugen geschilderten Ablauf, dass zunächst Angebote abgewartet worden seien und die Arbeiten erst einmal stillgelegen hätten. Dies kann sich nicht auf die Heizungsartikel bezogen haben, denn diese sind bereits unmittelbar nach dem Besuch in den Geschäftsräumen der Klägerin vom Zeugen L bestellt worden, ohne dass darüber gesonderte Angebote von der Klägerin gemacht wurden. Auch der Zeuge P , der Verkaufsmitarbeiter der Klägerin, hat bekundet, dass der Beklagte ihm gegenüber weder ausdrücklich noch sinngemäß erklärt habe, für Bestellungen des Zeugen L aufzukommen bzw. den Zeugen L bevollmächtigt zu haben. Dass sich die vom Beklagten bestätigte Erklärung des Zeugen L gegenüber dem Zeugen P , die Rechnungen sollten an den Beklagten gehen, auch auf die hier streitgegenständlichen Bestellungen bezog, kann der diesbezüglichen Aussage des Zeugen P nicht entnommen werden.

Es kann auch nicht festgestellt werden, dass der Beklagte die Bestellungen des Zeugen L nach den Grundsätzen über die Anscheins- oder Duldungsvollmacht gegen sich gelten lassen muss.

Eine Anscheinsvollmacht wäre zu bejahen, wenn der Beklagte das Handeln des Zeugen L bei pflichtgemäßer Sorgfalt hätte erkennen und verhindern können und schuldhaft einen Rechtsschein verursacht hätte (vgl. Palandt, 60. Aufl., § 173 BGB Rdnr. 14).

Allein das Erscheinen des Beklagten mit dem Zeugen L den Geschäftsräumen der Klägerin war aus objektiver Sicht nicht geeignet, den Anschein zu erzeugen, der Zeuge L dürfe zukünftig auf Rechnung des Beklagten Bestellungen tätigen. Auffällig ist insofern allerdings, dass weder der Beklagte noch der Zeuge L einen plausiblen Grund für ihr gemeinsames Erscheinen in den Geschäftsräumen der Klägerin angeben können. Das Aussuchen von Sanitärartikeln, das der Beklagte als Zweck seines Besuches bei der Klägerin bezeichnet (Schreiben vom 31.3.1999, Bl. 66 d.A.; Seite 2 des Schriftsatzes v. 24.3.2000, Bl. 74 d.A.), konnte ohne Mithilfe des Zeugen L geschehen und ist auch nach der Schilderung des Zeugen L und P durch den Beklagten allein erfolgt. Der Zeuge L konnte auf Nachfrage des Erstgerichtes bei seiner Vernehmung nicht sagen, warum er mit dem Beklagten zur Klägerin gefahren war. Sein - als Möglichkeit aufgezeigter - Erklärungsversuch, dass der Beklagte nicht gewusst habe, wo die Klägerin sich befand, ist wenig überzeugend. Daraus kann jedoch nicht der Umkehrschluss gezogen werden, dass der Beklagte aufgrund des einmaligen gemeinsamen Auftretens mit dem Zeugen L bei der Klägerin damit rechnen musste, dieser werde fortan in seinem - des Beklagten - Namen bei der Klägerin bestellen, zumal der Beklagte für die von ihm ausgesuchten Artikel selbst als potentieller Besteller aufgetreten ist.

Da der Beklagte die Rechnungen der Klägerin erst nach Ausführung sämtlicher Bestellungen zugesandt bekam, kann auch nicht angenommen werden, dass er das Auftreten des Zeugen L als sein Vertreter wissentlich geduldet hat. Dies gilt auch in bezug auf die dem Beklagten unter dem 2.9.1998 zugesandte Abschlagsrechnung (Bl. 98 d.A.). Zwar hat der Zeuge L - wie sich aus den Lieferscheinen Bl. 19-26 d.A. ergibt - danach (am 4.9. u. 11.9.1998) noch Bestellungen bei der Klägerin getätigt. Es kann jedoch nicht festgestellt werden, wann dem Beklagten die Abschlagsrechnung zugegangen ist und ob er in der Zwischenzeit das Handeln des Zeugen L hätte verhindern können.

Ein Vertragsverhältnis zwischen den Parteien ist jedoch dadurch zustandegekommen, dass der Beklagte die vom Zeugen L ohne Vertretungsmacht geschlossenen Verträge mit der Klägerin genehmigt hat (§ 177 Abs. 1 BGB).

Die Genehmigung kann sowohl ausdrücklich als auch durch schlüssiges Verhalten erklärt werden, wobei im letzteren Fall der Genehmigung der Genehmigende zumindest mit der Möglichkeit der Zustimmungsbedürftigkeit und damit mit der schwebenden Unwirksamkeit des Geschäftes gerechnet haben muss (BGH, Urt. v. 21.9.1967, WM 1967, 164, 1165; BGH, Urt. v. 16.11.1987, NJW 1988, 1199, 1200; OLG Hamm, Urt. v. 20.9.1993, NJW-RR 1994, 439, 440; MünchKomm-Schramm, 3. Aufl., § 177 BGB, Rdnr. 24). Eine Genehmigung durch schlüssiges Verhalten ist in der Regel anzunehmen, wenn der Zustimmungsberechtigte das Rechtsgeschäft als gültig behandelt, insbesondere wenn er Erfüllungshandlungen vornimmt (Soergel-Leptien, 13. Aufl., § 182 BGB Rdnr. 7, 8; Staudinger-Gursky, 13. Aufl., § 182 BGB Rdnr. 6).

Durch die am 22.10.1998 an die Klägerin geleistete Zahlung von 5.000,-- DM hat der Beklagte konkludent seine Genehmigung zu den den Rechnungen vom 24.9.1998, 10.10.1998 und 20.10.1998 zugrundeliegenden Geschäften erklärt.

Der Beklagte konnte aus den ihm zugesandten Rechnungen ersehen, dass diese für die Installation der Heizung erforderliches Material betrafen, das, da er es nicht selbst bestellt hatte, nur der von ihm mit der Heizungsinstallation beauftragte Unternehmer L auf seine - des Beklagten Rechnung für sein Bauvorhaben in E bestellt haben konnte. Zudem wusste der Beklagte, dass die Firma des Zeugen L zum damaligen Zeitpunkt zahlungsunfähig und zur Fortführung des Bauvorhabens nicht mehr in der Lage war (wie der Zeuge L bekundet hat, Bl. 129 d.A.). Als mit den Gepflogenheiten am Bau vertrauter Architekt ergab sich für den Beklagten daraus zwangsläufig, dass die Klägerin den Zeugen L nicht mehr als Vertragspartner akzeptieren und beliefern würde, so dass ein Geschäft, das der Zeuge L im eigenen Namen geschlossen haben könnte, nicht in Betracht kam. Damit war dem Beklagten, der dem Zeugen L keine Vollmacht erteilt hatte, klar, dass die von diesem vorgenommenen Geschäfte mit der Klägerin, wenn sie für und gegen ihn - den Beklagten - wirken sollten, seiner nachträglichen Zustimmung bedurften.

Die ohne nähere Bestimmung erfolgte Zahlung des Beklagten von 5.000,-- DM konnte von der Klägerin, die bereits von einer vorherigen Zustimmung des Beklagten ausging, nur als nochmalige Zustimmung zu den Bestellungen aufgefasst werden.

Zum Zeitpunkt der Zahlung am 22.10.1998 bestanden keine anderen als die mit den Rechnungen vom 24.9., 10.10. und 20.10.1998 geltend gemachten Forderungen der Klägerin gegenüber dem Beklagten. Insbesondere war zwischen den Parteien noch kein Vertrag über die vom Beklagten ausgesuchten Sanitärartikel zustandegekommen; die diesbezügliche Auftragsbestätigung datiert vom 6.11.1998 (Bl. 108-119 d.A.). Damit konnte sich die Zahlung nur auf die erteilten Rechnungen beziehen und zum Ausdruck bringen, dass der Beklagte sich als Schuldner ansieht und die Geschäfte gegen sich gelten lassen will. Entgegen der rechtlichen Einordnung der Klägerin ist die Zahlung in Höhe von 5.000,-- DM nicht als Abschlagszahlung zu sehen, denn für eine solche bestand, nachdem die Klägerin ihre Lieferungen im einzelnen abgerechnet hatte, keine Veranlassung mehr. Die Zahlung stellt vielmehr eine Teilleistung und damit eine teilweise Erfüllungshandlung des Beklagten dar. An dieser Wertung können auch seine späteren Erklärungen, dass die Zahlung lediglich eine "Gute-Willen-Aktion", verbunden mit der Bitte, zwei Brausetassen zu liefern (Schreiben v. 9.11.1998, Bl. 84 d.A.), dargestellt habe, nichts ändern. Zum einen ist schon nicht plausibel, welche Veranlassung der Beklagte, der auf Seite 5 der Berufungsbegründung (Bl. 199 unten d.A.) selbst vorträgt, dass ihm die Ausführung der Bestellung vom 6.11.1998 durch die Klägerin nicht wichtig gewesen sei, gehabt haben könnte, gegenüber der Klägerin aus reiner Gefälligkeit eine Zahlung von 5.000,-- DM zu leisten. Zum anderen steht der Zahlungsbetrag auch in keinem Verhältnis zu dem Preis der vom Beklagten erbetenen zwei Brausetassen.

Die vom Zeugen L mit der Klägerin über die Heizungsartikel geschlossenen Verträge sind somit gemäß § 177 Abs. 1 BGB für und gegen den Beklagten durch dessen Genehmigung wirksam geworden, so dass es darauf, ob der Beklagte ausserdem noch im November 1998 gegenüber dem Zeugen P telefonisch eine Zahlungszusage abgegeben hat und wie diese rechtlich zu bewerten ist, für die Entscheidung des Rechtsstreits nicht ankommt.

Der Beklagte kann sich nicht mit Erfolg auf ein Leistungsverweigerungsrecht mit der Begründung berufen, er bestreite, dass die Klägerin gemäß den Lieferscheinen Bl. 13- 26 d.A. Material für ein Bauvorhaben geliefert habe.

Zum einen ist sein Bestreiten unsubstantiiert. Da der Beklagte nicht behauptet, dass derartige Materialien für die Installation der Heizung an seinem Objekt überhaupt nicht benötigt wurden, hätte er, der selbst die Bauleitung übernommen hatte, im einzelnen darlegen müssen, welche andere Firma die Heizungsgegenstände geliefert haben soll. Die pauschale Behauptung, die gesamten Heizungs- und Sanitärmaterialien gegenüber der Firma mit 30.000,-- DM bezahlt zu haben, ist insofern unerheblich, da die Bezahlung nicht die Lieferung der Waren belegt und der Beklagte selbst vorträgt, dass die Firma L mehr abgerechnet habe, als zum damaligen Zeitpunkt geleistet gewesen sei.

Zum anderen haben die Zeugen B , Z und L bei ihrer Vernehmung vor dem Landgericht bestätigt, dass die Klägerin entsprechend den Bestellungen des Zeugen L die Materialien zum Bauvorhaben des Beklagten geliefert hat.

Zinsen kann die Klägerin jedoch nur in Höhe von 8 % verlangen, da ein weitergehender Verzugsschäden i.S. von § 286 Abs. 1 BGB, den der Beklagte in zweiter Instanz bestritten hat, nicht festgestellt werden kann. In Höhe von 8 % ist der Zinsschaden durch die Bestätigung der Dresdner Bank Fulda vom 21.2.2001 (Bl. 223 d.A.) belegt. Für einen darüber hinausgehenden Verzugsschaden hat die Klägerin auf S. 6 des Schriftsatzes vom 23.2.1999 (Bl. 9 d.A.) keinen ordnungsgemäßen Beweis angetreten (vgl. MünchKomm.-Damrau 2. Aufl., § 373 ZPO, Rdnr. 23).

Die Kostenentscheidung für die erste Instanz folgt aus §§ 92 Abs. 2, 281 Abs. 3 ZPO. Die Kostenentscheidung für die zweite Instanz ergibt sich aus § 92 Abs. 2 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10 i.V.m. § 713 ZPO.

Für die Zulassung der Revision besteht kein gesetzlich begründeter Anlass (§ 546 Abs. 1 ZPO).

Streitwert für die Berufungsinstanz und zugleich Beschwer für den Beklagten: 13.810,12 DM.

Ende der Entscheidung

Zurück