Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 08.09.2000
Aktenzeichen: 22 U 25/00
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 631
Leitsätze:

1.

Der Auftraggeber, der einen vereinbarten Skontoabzug vornehmen will, trägt die Darlegungs- und Beweislast für die Rechtzeitigkeit der Zahlungshandlung und damit auch für den Beginn der Skontierungsfrist, also für das Datum des Rechnungszugangs.

2.

Von dem für einen Skontoabzug erforderlichen Ausgleich der Rechnung im Umfang ihrer Berechtigung kann nicht ausgegangen werden, wenn der Auftraggeber eine Abschlagsrechnung über netto 100.000 DM ohne jede Begründung auf netto 60.000 DM kürzt und auch später kein nachvollziehbare Begründung hierfür gibt.


Oberlandesgericht Düsseldorf Im Namen des Volkes Urteil

22 U 25/00 12 O 21/98 LG Wuppertal

Verkündet am 08. September 2000

(Tellmann) Justizangestellte als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

In dem Rechtsstreit

hat der 22. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 11. August 2000 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Weyer, den Richter am Oberlandesgericht Muckel und die Richterin am Oberlandesgericht Müller-Piepenkötter für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Wuppertal vom 30. Dezember 1999 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Sachverhalt:

Die Bekl hatte die Kl mit Entkernungs-, Abbruch- und Asbestsanierungsarbeiten zum Pauschalpreis von netto 525.000 DM beauftragt. Auf ihre Restwerklohnklage hat das LG der Kl 24.113,41 DM nebst Zinsen zugesprochen. Mit ihrer Berufung verfolgt die Bekl die von der ersten sowie der vierten bis sechsten Abschlagsrechnung und der Schlußrechnung vorgenommenen Skontoabzüge in Höhe von insgesamt 9.428,56 DM weiter.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Beklagten ist nicht begründet.

Die Beklagte ist zum Skontoabzug nicht berechtigt und zwar weder von den Zahlungen, die sie auf die Abschlagsrechnungen der Klägerin geleistet hat, noch von den Zahlungen auf die Schlußrechnung der Klägerin vom 30.06.1997.

Eine Skontoabrede ist regelmäßig dahin aufzufassen, daß der vereinbarte Skontoabzug nur zulässig sein soll, wenn der Auftraggeber dem begründeten Zahlungsverlangen des Auftragnehmers innerhalb der vereinbarten Frist in vollem Umfang nachkommt (vgl. die Senatsurteile vom 13.11.1992 - 22 U 119/92 - OLGR 1993, 164 L und vom 19.11.1999 - 22 U 90/99 - BauR 2000, 729/730 = NJW-RR 2000, 545 = OLGR 2000, 121/122 sowie den Senatsbeschluß vom 15.04.1997 - 22 U 58/96 -). Ob dies in einem Falle, in dem die Vertragsparteien - wie hier - Abschlagszahlungen auf die Werklohnforderungen vereinbart haben, stets bedeutet, daß der Skontoabzug erst von der Schlußrechnung vorgenommen werden darf und nur zulässig ist, wenn außer der Schlußzahlung auch alle Abschlagszahlungen fristgemäß geleistet wurden (vgl. OLG München - NJW-RR 1992, 790), ist in Literatur und Rechtsprechung streitig, braucht aber im vorliegenden Fall nicht entschieden zu werden. Durch die Klausel unter § 3 Abs. 4 der "Nachunternehmervereinbarung" vom 02.12.1996 (Bl. 6 ff, 8 GA) "Abschlagszahlungen erfolgen... innerhalb von 14 Tagen abzüglich 2 % Skonto" ist hinreichend klar zum Ausdruck gebracht, daß die Beklagte als Auftraggeberin berechtigt sein sollte, den Skontoabzug unter den genannten Voraussetzungen auch schon von Abschlägen vorzunehmen, die sie auf Anforderung der Klägerin zahlte. Die inhaltliche Zulässigkeit einer solchen Vereinbarung, durch die die Skontogewährung auf Abschlagszahlungen erstreckt wird, begegnet keinen durchgreifenden Bedenken (vgl. BGH NJW 1996, 1346, 1347). Voraussetzung ist aber auch insoweit, daß die Beklagte die Abschlagsrechnungen der Klägerin ebenso wie die Schlußrechnung jeweils im Umfang ihrer Berechtigung innerhalb der Skontierungsfrist ausgeglichen hat. Das kann aber hier nicht festgestellt werden.

Auf die Abschlagsrechnungen und die Schlußrechnung der Klägerin hat die Beklagte wie folgt Zahlungen geleistet:

|Rechnung v.|Rechnung Nr.|Seite GA |Betrag der Rechnung|gezahlter Betrag|Zahlgs-Datum|1.|27.03.97|970299|307|115.000,00 DM|67.620,00 DM|17.04.97|2.|17.04.97|970406|139|115.000,00 DM| | |3.|29.04.97|970453|139|58.880,00 DM| | | | | | | |67.620,00 DM|14.05.97| | | | | |11.270,00 DM|22.05.97|4.|21.05.97|970552|309|56.120,00 DM|50.000,00 DM|27.05.97| | | | | |88.494,00 DM|02.06.97|5.|31.05.97|970602|315|115.000,00 DM|121.716,00 DM|17.06.97|6.|17.06.97|970691|318|57.500,00 DM|61.006,87 DM|02.07.97|SR|30.06.97| |321|86.250,00 DM|72.670,27 DM|24.07.97

1. Abschlagsrechnung vom 27.03.1997 (Bl. 307 GA)

Auf die 1. Abschlagsrechnung über 115.000 DM, die ihr nach ihrer Darstellung in der Berufungsbegründung erst am 04.04.1997, also 8 Tage nach Rechnungsdatum, zugegangen ist (Bl. 301 GA), hat die Beklagte am 17.04.1997 einen Teilbetrag von 67.620,00 DM (69.000 DM - 1.380 DM Skonto) gezahlt. Die Zahlung war im Hinblick auf die Berechtigung zum Skontoabzug nur dann rechtzeitig, wenn die Abschlagsrechnung der Klägerin vom 27.03.1997 der Beklagten am 04.04.1997 oder später zugegangen ist. Das läßt sich aber nicht feststellen.

Daß die von ihr bewirkte Zahlung innerhalb der durch den Zugang der Rechnung in Lauf gesetzten Skontierungsfrist erfolgt ist, muß die Beklagte darlegen und beweisen. Sie trägt als Schuldnerin die Darlegungs- und Beweislast für die Rechtzeitigkeit der Zahlungshandlung (vgl. OLG Zweibrücken OLGR 1998, 73, 74) und damit auch für den Beginn der Skontierungsfrist.

Ihre Behauptung, die Abschlagsrechnung vom 27.03.1997 sei ihr erst am 04.04.1997 zugegangen, war zunächst beweislos. Der Eingangsstempel auf der Abschlagsrechnung Bl. 307 GA ist unleserlich und läßt ein Eingangsdatum nicht erkennen. Erstmals im Schriftsatz vom 09.08.2000, der am selben Tage bei Gericht eingegangen ist, hat die Beklagte durch das Zeugnis ihrer Mitarbeiterin A M unter Beweis gestellt, daß sämtliche in ihrem Betrieb eingehenden Rechnungen und so auch die Abschlagsrechnung vom 27.03.1997 am Tage ihres Eingangs mit einem Eingangstempel versehen worden seien. Zwar bezieht sich der Beweisantritt der Beklagten ausdrücklich nur auf die Behauptung, alle eingehenden Rechnungen [würden am Eingangstage mit einem Eingangsstempel versehen. Selbst wenn man aber davon ausgeht, daß der Beweisantritt sich auch auf die Behauptung erstreckt, die Abschlagsrechnung vom 27.03.1997 sei ihr erst am 04.04.1997 zugegangen, ist ihm nicht mehr nachzugehen. Der Beweisantritt ist verspätet und deshalb gemäß den §§ 527, 519, 296 Abs. 1 und 4 ZPO zurückzuweisen.

Auf den erst am 09.08.2000 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz konnte die Zeugin nicht mehr rechtzeitig zu der Berufungsverhandlung am 11.08.2000 geladen werden. Da die Beklagte die Zeugin auch nicht zur Berufungsverhandlung gestellt hat, könnte diese erst in einem noch anzuberaumenden neuen Termin vernommen werden. Die Zulassung des Beweismittels würde deshalb die Erledigung des Rechtsstreits verzögern. Gründe die sie daran gehindert hätten, die Zeugin schon in der Berufungsbegründung zu benennen, und geeignet wären, den verspäteten Beweisantritt zu entschuldigen, trägt die Beklagten nicht vor.

Schon deshalb, weil nicht festgestellt werden kann, daß die Beklagte bei der am 17.04.1997 geleisteten Zahlung von 67.620 DM die Skontofrist von 14 Tagen eingehalten hat, liegen mithin die Voraussetzungen für einen Skontoabzug von der auf die erste Abschlagsrechnung geleisteten Zahlung nicht vor.

Ein Skontoabzug von dieser Abschlagsrechnung ist aber auch deshalb nicht gerechtfertigt, weil die Beklagte die mit der Abschlagsrechnung vom 27.03.1997 geforderte Abschlagszahlung durch die am 17.04.1997 geleistete Zahlung nicht im Umfang ihrer Berechtigung beglichen hat.

Ob und inwieweit die Bewertung dieser Leistungen mit 100.000 DM zutreffend war, kann allerdings anhand der zu den Akten gereichten Unterlagen nicht beurteilt werden. Ein Angebot mit Einzelpreisen für die von der Klägerin zu erbringenden Leistungen liegt nicht vor. Die Leistungen waren von der Beklagten (oder deren Auftraggeber) pauschaliert ausgeschrieben worden und die Bieter mußten - wie der Zeuge F ausgesagt hat (Bl. 202 f GA) - sich selbst darüber informieren, welchen Umfang diese hatten. Demgemäß war auch das Angebot der Klägerin pauschal (vgl. Bl. 54 GA).

Es kann auch nicht davon ausgegangen werden, daß die Höhe des geforderten Abschlags von 100.000 DM netto, wie die Klägerin in der Berufungserwiderung unter Beweisantritt behauptet hat (vgl. Bl. 332/333 GA), zuvor zwischen ihrem Betriebsleiter F und dem Bauleiter der Beklagten F bei einem Treffen vor Ort festgelegt worden war. Die Beklagte hat diese Behauptung der Klägerin in ihrem Schriftsatz vom 09.08.2000 ausdrücklich bestritten und gegenbeweislich ihren Bauleiter F als Zeugen benannt (vgl. Bl. 355/356 GA).

Gleichwohl brauchen die von den Parteien angebotenen Beweise nicht erhoben zu werden. Auch dann, wenn die von der Klägerin behauptete Absprache über die Höhe der mit der Abschlagsrechnung vom 27.03.1997 geforderten Akontozahlung nicht zustande gekommen war, durfte die Beklagte sich gegenüber dem Zahlungsbegehren der Klägerin nicht mit einem einfachen, in der unkommentierten Kürzung der geforderten Netto-Abschlagszahlung von 100.000 DM auf 60.000 DM liegenden Bestreiten begnügen. Sie mußte vielmehr zumindest angegeben, ob sie die Kürzung vorgenommen hat, weil nach ihrer Auffassung die in der Abschlagsrechnung aufgeführten Leistungen zum Teil noch nicht ausgeführt waren oder die Leistungen zwar ausgeführt, ihr Anteil an der Gesamtvergütung aber zu hoch bewertet worden war. Daran fehlte es. Auch der von dem Zeugen F auf der Abschlagsrechnung vom 27.03.1997 angebrachte Prüfvermerk gab darüber keinen Aufschluß.

Nunmehr behauptet die Beklagte zwar in ihrem Schriftsatz vom 09.08.2000, die Abrechnungen der Klägerin hätten nicht den tatsächlichen Leistungsstand ausgewiesen. Die Klägerin habe es versäumt, das Abbruchmaterial umgehend abzutransportieren. Insbesondere wegen der sich anhäufenden Abbruchmengen habe sie die Abschlagsrechnungen der Klägerin gekürzt, in denen jeweils nur die Abbrucharbeiten und nicht der gleichfalls geschuldete Abtransport des Bauschutts angeführt worden seien, der zusammen mit dem Abbruch eine einheitliche Leistungsposition dargestellt habe (vgl. Bl. 348/349 GA).

Abgesehen davon, daß der letztgenannte Einwand jedenfalls auf die Abschlagsrechnung vom 27.03.1997 nicht zutrifft, in der die der Akontoforderung zugrunde liegenden Leistungen mit "Für Baustelleneinrichtung, Gerüstgestellung, Entkernungsarbeiten und Entsorgung" beschrieben sind, trägt die Beklagte auch jetzt nicht die Gründe vor, die sie zu der Kürzung der Akontozahlung von 100.000 DM auf 60.000 DM netto veranlaßt haben. Ihr Vortrag beschränkt sich vielmehr auf allgemeine Ausführungen zur Gesamtmenge der abzubrechenden und zu entsorgenden Massen sowie auf den Zeitraum nach der Erteilung der Abschlagsrechnung vom 27.03.1997 betreffende Hinweise, wonach die Klägerin sich mit ihren Leistungen in Verzug befunden habe. Daß und in welchem Umfang diese Umstände sich bereits auf die Leistungen ausgewirkt haben, die der Abschlagsrechnung vom 27.03.1997 zugrunde lagen, trägt sie aber nicht konkret vor.

4.- 6. Abschlagsrechnung vom 21.05.97 (Bl. 309 GA)

Da die Beklagte bereits die 1. Abschlagsrechnung vom 27.03.1997 nicht vollständig ausgeglichen hatte und die - nach eigener Darstellung nicht innerhalb der Skontierungsfrist - erbrachten Zahlungen von 78.890 DM nicht ausreichten, die 2. und 3. Abschlagsrechnung über zusammen 173.880 DM, deren Berechtigung die Beklagte nicht, jedenfalls nicht hinreichend substantiiert bestreitet, zumindest zu 90% auszugleichen, lagen weder hinsichtlich der 4. noch hinsichtlich der weiteren Abschlagsrechnungen die Voraussetzungen für einen Skontoabzug vor. Die Zahlungen der Beklagten blieben auch in der Folgezeit stets hinter der Summe der zuvor in Rechnung gestellten Abschlagsforderungen zurück und erreichten - wie die nachfolgenden Ausführungen zur Schlußrechnung zeigen - mit insgesamt 467.726,87 DM nicht annähernd 90% der letztlich begründeten Werklohnforderung der Klägerin.

Schlußrechnung vom 30.06.1997 (Bl. 321 GA)

Schließlich hat die Beklagte auch die begründete restliche Werklohnforderung der Klägerin nicht in der Skontierungsfrist gezahlt.

Nach der dem angefochtenen Urteil zugrunde liegenden Abrechnung, von deren Richtigkeit die Parteien im Berufungsverfahren ausgehen, bestand ausgehend von einem Vergütungsanspruch der Klägerin von 597.080,00 DM (525.000 DM abzgl. 5.800 DM Minderleistung zzgl. 15% Mehrwertsteuer) unter Berücksichtigung der von der Beklagten geleisteten Abschlagszahlungen (467.726,87 DM), der nach Erteilung der Schlußrechnung erbrachten Zahlungen (72.670,27 DM + 32.076,45 DM) und nach Aufrechnung mit einem Schadensersatzanspruch (493,00 DM wegen Beschädigung von Kabelkanälen) ein restlicher Vergütungsanspruch von 24.113,41 DM, den das Landgericht der Klägerin zuerkannt hat. Da mithin auch die nach der Erteilung der Schlußrechnung von der Beklagten geleisteten Zahlungen die begründete restliche Werklohnforderung der Klägerin nicht vollständig ausgeglichen haben, liegen auch insoweit die Voraussetzungen für einen Skontoabzug nicht vor.

Der Berufung der Klägerin mußte hiernach der Erfolg versagt bleiben. Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 97, 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Für die Zulassung der Revision besteht kein gesetzlich begründeter Anlaß (§ 546 Abs. 1 ZPO).

Streitwert für die Berufungsinstanz und zugleich Beschwer der Beklagten: 9.428,58 DM.

Ende der Entscheidung

Zurück