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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 08.09.2000
Aktenzeichen: 22 U 39/00
Rechtsgebiete: BGB, AGB-Gesetz


Vorschriften:

BGB § 145
BGB § 147
AGB-Gesetz § 10 Nr. 1
Leitsätze:

1.

Eine in den AGB des Verkäufers vorbehaltene Annahmefrist von 4 Wochen ist bei einem Angebot auf Erwerb der Kompletteinrichtung einer Zahnarztpraxis zu einem Kaufpreis von rund 250.000 DM nicht unangemessen lang im Sinne des § 10 Nr. 1 AGB-Gesetz.

2.

Der Verkäufer handelt grundsätzlich nicht treuwidrig, wenn er das Angebot des Käufers innerhalb der vorbehaltenen Annahmefrist annimmt, obwohl ihm vorher ein Widerruf zugegangen ist; denn dieser ist wegen der Bindung des Käufers an sein Angebot unwirksam.


OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

22 U 39/00 3 O 289/99 LG Wuppertal

Verkündet am 8. September 2000

Tellmann, Justizangestellte als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

In dem Rechtsstreit

hat der 22. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 18. August 2000 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Weyer, die Richterin am Oberlandesgericht Müller-Piepenkötter und den Richter am Landgericht Fuchs

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Wuppertal vom 31.1.00 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Sachverhalt:

Die Klin befasst sich u.a. mit der Einrichtung von Zahnarztpraxen. Der Bekl ist Zahnarzt. Am 6.7.1998 unterschrieb er einen Mietvertrag über Praxisräume im Hause B-Straße 2 in V. Nach Verkaufsgesprächen mit einem Mitarbeiter der Klin unterzeichnete der Bekl am 8.7.1998 einen Formularauftrag über eine komplette Praxiseinrichtung für 216.232 DM zuzüglich MwSt. In den auf der Rückseite abgedruckten AGB behielt sich die Klin eine Annahmefrist von 4 Wochen vor. Mit Telefax vom 16.7.1998 bat der Bekl, den Auftrag wegen Finanzierungsproblemen "zurückzustellen". Unter dem 17.7.1998 bestätigte die Klin den Auftrag. Nach Fristsetzung gemäß § 326 BGB verlangt die Klin von dem Bekl Schadenersatz in Höhe von 51.869,20 DM.

Das LG hat die Klage dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt. Die Berufung des Bekl hatte keinen Erfolg.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg.

Der Klägerin steht gem. § 326 BGB dem Grunde nach ein Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung zu. Zwischen den Parteien bestand ein wirksamer Kaufvertrag, von dem sich der Beklagte nicht lösen konnte.

Die Klägerin hat das Angebot des Beklagten vom 8.7.1998 (Bl. 9, 10 d. GA) mit ihrer Auftragsbestätigung vom 17.7.1998 (Bl. 125 d. GA) angenommen.

Bei dem Antrag vom 8.7.1998 handelt es sich um ein schriftliches Angebot des Beklagten. Dieses konnte gem. 147 Abs. 2 BGB angenommen werden. In der Übergabe eines verkörperten Angebotes liegt regelmäßig zugleich die Einräumung einer angemessenen Annahmefrist (BGH NJW 1985, 196, 197), was sich vorliegend auch aus Ziff. 1.2 der AGB der Klägerin (Bl. 48 d. GA) ergibt. Diese AGB sind durch ihren Abdruck auf der Rückseite des Auftrages vom 8.7.1998, worauf auf der Vorderseite ausreichend deutlich hingewiesen wird, wirksam in den Vertrag einbezogen worden.

Dabei wird durch die AGB der Klägerin der Zeitraum für eine Annahme nach § 147 Abs. 2 BGB dahingehend bestimmt, daß eine solche innerhalb von 4 Wochen durch die Klägerin schriftlich bestätigt werden muß (Ziff. 1.2 S. 2 der AGB). Für diesen Zeitraum ist der Antragende gem. § 145 BGB, Ziff. 1.2 S. 1 der AGB an seinen Antrag gebunden. Gegen die Bindung selbst bestehen bereits deshalb keine Bedenken, weil sie der in § 145 BGB als gesetzlich vorgesehener Regelfall getroffenen Bestimmung entspricht. Auch gegen die Länge der vereinbarten Annahmefrist bestehen keine Bedenken. Sie verstößt nicht gegen § 10 Nr. 1 AGBG. Sie ist für diese Art der Verträge nicht unangemessen lang. Es handelt sich um die Kompletteinrichtung einer Zahnarztpraxis mit einem Gesamtkaufpreis von 250.829,12 DM. Dabei sind von der Klägerin, die die Gegenstände nicht selbst herstellt, eine Vielzahl von Einzelpositionen zu beschaffen. Sie muß dabei Gelegenheit haben, deren Verfügbarkeit zu klären und ihrer Kalkulation zu prüfen. Es handelt sich nicht um ein Alltagsgeschäft, sondern um einen komplexen Liefervorgang, dessen reibungslose Abwicklung auch im Interesse des Käufers liegt. Unter diesen Umständen ist die Bestimmung einer Annahmefrist, die 4 Wochen beträgt, nicht unangemessen (vergl. auch zur Angemessenheit einer solchen Frist im Kfz-Neuwagengeschäft BGHZ 109, 359, 362 = NJW 1990, 1784, 1785).

Die Klägerin hat das Angebot des Beklagten vom 8.7.1998 mit ihrer Auftragsbestätigung vom 17.7.1998, mithin deutlich innerhalb der 4 - Wochen Frist, angenommen. Damit ist ein Vertrag wirksam zustande gekommen.

Das Angebot des Beklagten war bindend und stand nicht unter dem Vorbehalt, daß die Einrichtung der Praxis in dem zunächst angemieteten Objekt tatsächlich erfolgte. Das Angebot des Beklagten enthält keinen Hinweis auf eine solche Einschränkung. Sie war aus der Sicht des Beklagten auch nicht nötig, da er die Räumlichkeiten bereits am 6.7.1998 (Widerklageantrag Ziff. 4, Bl. 39 d. GA) und mithin vor Abgabe seines Angebotes vom 8.7.1998 angemietet hatte. Dabei hatte er die Wirtschaftlichkeit des Vorhabens durch seinen Finanzberater D überprüfen lassen. Die Abgabe des Angebotes vom 8.7.1998 erfolgte ohne Einschränkung auf eigenes wirtschaftliches Risiko. Der Vortrag des Beklagten, die "Finanzierbarkeit war mündlich als Vertragsbedingung für die Bestellung der Praxiseinrichtung vereinbart worden" (Bl. 122), ist unzureichend und steht dem Angebotstext und der tatsächlichen Situation, bei der der Beklagte von einer Finanzierbarkeit der Praxis ausging, entgegen. Zudem steht nicht fest, daß eine solche Finanzierbarkeit nicht gegeben war. Der Beklagte war, wie die Aufnahme der Praxis in anderen Räumen zeigt, grundsätzlich kreditwürdig. Nachweise darüber, daß er seiner Bank ein Finanzierungskonzept vorlegte, das diese ablehnte, hat er nicht erbracht. Es ist davon auszugehen, daß der Beklagte vielmehr nach Abschluß des Mietvertrages und Abgabe des Angebotes zu der Erkenntnis kam, daß anderweitige Räumlichkeiten besser geeignet waren. Hierfür trägt die Klägerin nicht das wirtschaftliche Risiko. Soweit die AGB der Klägerin die Möglichkeit vorsehen, vor Auslieferung der Praxiseinrichtungen eine Finanzierungsbestätigung zu verlangen, und die Klägerin dies vorliegend auch mit der Auftragsbestätigung vom 17.7.1998 tat, dient dies nur dem Schutz der Klägerin, führt jedoch nicht dazu, daß der Vertragsschluß unter einem Vorbehalt der Finanzierbarkeit der Arztpraxis steht. Auf die zutreffenden weitergehenden Ausführungen des Landgerichts (Ziff. 2 der Entscheidungsgründe, Bl. 95 f. d. GA) wird Bezug genommen.

Die Klägerin war auch bei Kenntnis des Telefax des Beklagten vom 16.7.1998 (Bl. 20 d. GA) nicht gehalten, von einer Annahme des Angebotes abzusehen. Der Beklagte war gem. § 145 BGB, Ziff. 1.2 S. 2 der AGB an sein Angebot gebunden. Ein solcher Antrag kann grundsätzlich nicht widerrufen werden (Palandt-Heinrichs, 59. A., § 145 BGB Rn. 3). Die Klägerin mußte deshalb einen Widerruf des Beklagten innerhalb der Annahmefrist nicht beachten. Besondere Umstände, die die Annahme als treuwidrig erscheinen lassen, sind nicht erkennbar. Sie liegen insbesondere nicht in dem Umstand, daß bei dem Beklagten nach Angebotsabgabe Bedenken an der Wirtschaftlichkeit und Finanzierbarkeit der Arztpraxis aufkamen. Es oblag ihm, diese Gesichtspunkte vor Abgabe des Angebotes abschließend zu klären.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Streitwert für die Berufungsinstanz: 51.869,20 DM.

Beschwer des Beklagten: 51.869,20 DM.

Ende der Entscheidung

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