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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 20.10.2000
Aktenzeichen: 22 U 55/00
Rechtsgebiete: BGB, HOAI


Vorschriften:

BGB § 635
HOAI § 15 Nr. 5
HOAI § 15 Nr. 6
Leitsätze:

1.

Der mit den Leistungsphasen 5 und 6 des § 15 HOAI für Freianlagen beauftragte Architekt muß das zu verwendende Material besonders sorgfältig bestimmen und im Leistungsverzeichnis so klar und eindeutig beschreiben, daß Unklarheiten und Mißverständnisse bei der Ausführung vermieden werden.

2.

Die Beschreibung "Schotter 0/45 mm" des Materials der Tragschicht für die wasserdurchlässige Pflasterung einer Pkw-Abstellfläche ist eindeutig, weil der ausführende Unternehmer daraus ohne weiteres erkennen kann, daß auch für die Tragschicht wasserdurchlässiges Material zu liefern ist und daß das Schottermaterial deshalb die untere Sieblinie einhalten muß.

3.

Für eine Pkw-Abstellfläche ist Naturstein-Rasenpflaster (hier: Basaltsteinpflaster mit 3 cm breiten Fugen) geeignet.


Oberlandesgericht Düsseldorf Im Namen des Volkes Urteil

22 U 55/00 5 O 294/99 LG Krefeld

Verkündet am 20. Oktober 2000

Linskens, Justizangestellte als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

In dem Rechtsstreit

hat der 22. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 15. September 2000 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Weyer, den Richter am Oberlandesgericht Muckel und den Richter am Landgericht Fuchs

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Krefeld vom 25. Februar 2000 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Sachverhalt:

Die Kl, deren Geschäftsführer Architekt ist, beauftragte den Bekl durch Vertrag vom 1.8.1997 mit den Architektenleistungen der Leistungsphasen 1-3 und 5-7 für die Gestaltung der Außenanlagen des Bauvorhabens K-Straße 116 a-c in K. Das vereinbarte Pauschalhonorar von 7.739,00 DM sollte nach den weiteren Vereinbarungen drei Arbeitsstunden in der Leistungsphase 8 umfassen. Die vom Bekl geplanten Außenanlagen umfaßten u.a. eine etwa 120 m² große Abstellfläche für Pkw, die der Planung entsprechend mit Basaltsteinen gepflastert worden ist. In dem vom Bekl aufgestellten Leistungsverzeichnis ist das Material der Tragschicht mit "Schotter 0/45 mm" beschrieben und eine Verlegung des Pflasters mit 3 cm breiten Fugen angeordnet. Die Kl behauptet, die entsprechend der Planung des Bekl ausgeführte Tragschicht sei nicht ausreichend wasserdurchlässig. Dadurch werde die Tragfähigkeit des Pflasters beeinträchtigt. Außerdem falle dem Bekl auch ein Bauüberwachungsfehler zur Last. Die Kl nimmt den Bekl auf Schadenersatz in Höhe der angeblichen Mängelbeseitigungskosten von 15.555,60 DM in Anspruch.

Das LG hat die Klage abgewiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet.

Zu Recht hat das Landgericht sowohl einen Planungsfehler als auch einen Bauüberwachungsfehler des Beklagten als Ursache des von der Klägerin behaupteten Mangels der mit Naturstein gepflasterten PKW-Abstellfläche auf dem Grundstück K Straße 118-120 in Krefeld verneint. Aus zutreffenden Gründen hat es auch eine Haftung des Beklagten für den behaupteten Schaden wegen einer Verletzung ihm obliegender Aufklärungspflichten abgelehnt. Sowohl der auf Ersatz von Mängelbeseitigungskosten gerichtete Zahlungsantrag als auch der im Wege der Klageerweiterung geltend gemachte Antrag auf Feststellung der Ersatzpflicht des Beklagten für alle weiteren Schäden aus der behaupteten mangelhaften Planung des PKW-Abstellplatzes sind deshalb unbegründet.

Es trifft allerdings zu, daß der mit den Leistungen der Phasen 5 und 6 für Freianlagen beauftragte Architekt bei der Bestimmung (Leistungsphase 5) und Beschreibung (Leistungsphase 6) des zu verwendenden Materials besondere Sorgfalt anzuwenden hat. Das von ihm erstellte Leistungsverzeichnis muß deshalb die zu erbringenden Bauleistungen klar und eindeutig beschreiben, damit Unklarheiten und Mißverständnisse bei der Ausführung vermieden werden (Locher/Koeble/Frik, HOAI, 7. Auflage, § 15 Rdn. 152 und 155). Diesen Anforderungen genügte jedoch die Leistungsbeschreibung unter Pos. 16 des vom Beklagten gefertigten Leistungsverzeichnisses Bl. 80 ff, 84 GA, wo bezüglich des zu verwendenden Materials bestimmt ist: "Schotter 0/45 mm". Diese Bestimmung war, wie der Sachverständige bei seiner mündlichen Anhörung durch das Landgericht dargelegt hat, jedenfalls für einen Fachmann, an den sich die Leistungsbeschreibung richtete, klar und eindeutig. Zwar kann seinen weiteren Ausführungen zufolge von einer ausreichenden Wasserdurchlässigkeit von Schottermaterial mit der Körnung "0/45 mm" nur ausgegangen werden, wenn die untere Grenze der Sieblinie nach ZTVT eingehalten worden ist, das Material also nicht so viel Feinanteile enthält. Schon der Hinweis unter Pos. 17 des Leistungsverzeichnisses, daß 3 cm breite Pflasterfugen anzulegen seien, habe aber - so hat der Sachverständige bei seiner Anhörung weiter ausgeführt - jeden Handwerker, der sich mit der Verlegung von Natursteinpflastern befasse, ohne weiteres erkennen lassen, daß es sich um eine Ausschreibung für eine wasserdurchlässige Pflasterung handelte. Der Beklagte habe sich deshalb als Architekt darauf verlassen können, daß der ausführende Unternehmer sich darüber im klaren war, für die Tragschicht wasserdurchlässiges Material liefern zu müssen, und durch Rückfrage bei dem Lieferanten sicherstellte, daß das Schottermaterial hinsichtlich der Kornmischung (Einhaltung der unteren Sieblinie) diesen Anforderungen genügte.

Eines ausdrücklichen Hinweises in der Leistungsbeschreibung, Voraussetzung für die Verwendung von Schotter-Material der Körnung 0/45 mm als Tragschicht des Naturstein-Rasenpflasters sei die Einhaltung der unteren Grenze der Sieblinie, bedurfte es deshalb nicht. Eine solche Hinweispflicht des Beklagten bestand entgegen der Ansicht der Klägerin (vgl. Bl. 229 GA) auch nicht deshalb, weil diesem die Bauüberwachung nicht oblag. Der Beklagte konnte davon ausgehen, daß (auch) der von der Klägerin eingeschaltete Bauführer über genügende Fachkenntnisse verfügte und auf die Einhaltung der Qualität des als Tragschicht der Naturstein-Rasenpflasterung gelieferten Schottermaterials achten werde, zumal der Geschäftsführer der Klägerin - wenn auch nicht für das Fachgebiet Freianlagen - Architekt ist.

Die Planung des Beklagten ist auch nicht deshalb mangelhaft, weil sich die "Naturstein-Pflasterung"- wie die Klägerin behauptet - in der vom Beklagten vorgesehenen Ausführung nicht für einen PKW-Abstellplatz eignet.

Mangelnde Eignung kann nicht schon daraus hergeleitet werden, daß es durch Kippen und Verdrehen von Pflastersteinen insbesondere dort zu Unebenheiten in der gepflasterten Fläche gekommen ist, wo die Belastung durch die Räder der abgestellten Fahrzeug besonders groß ist. Ursache dieser Schäden ist vor allem die unzureichende Wasserdurchlässigkeit des als Tragschicht eingebauten Schotter-Materials. Die Tragfähigkeit und Festigkeit der gepflasterten Fläche geht nach den Ausführungen des Sachverständige R in seinem schriftlichen Gutachten vom 21.03.1999 sehr stark zurück, wenn Niederschlagswasser sich oberhalb der Tragschicht staut, so daß Bettungschicht und Fugen, wie der Sachverständige anschaulich dargelegt hat, gleichsam unter Wasser stehen (Bl. 57/58 GA unter 3.5.2).

Zwar hat der Sachverständige eingeräumt, daß es auch bei ausreichender Wasserabführung durch die Tragschicht zu Lageveränderungen von Pflastersteinen kommen kann, wenn die Räder schwerer PKW auf der Stelle gedreht werden (Bl. 57 GA unter 3.5.2). Die Tatsache, daß es, wie den mit dem schriftlichen Gutachten vorgelegten Lichtbildern zu entnehmen ist, in der Zeit bis zu der Ortsbesichtigung des Sachverständigen am 03.03.1998 trotz der infolge Wasserstaus eingeschränkten Festigkeit nur zu verhältnismäßig geringen Schäden durch Kippen und Verdrehen von Pflastersteinen gekommen ist, berechtigt zu der Annahme, daß es im Rahmen der bisherigen Nutzung der Abstellfläche künftig nicht zu erheblichen Schäden kommen wird, wenn die Ursache des Wasserstaus, für die der Beklagten nicht verantwortlich ist, beseitigt ist. Geringfügige Lageveränderungen einzelner Pflastersteine können bei der beabsichtigen rustikalen Oberflächenbeschaffenheit der mit breiten Fugen verlegten Basaltsteine nicht als Mangel gelten.

Bei dieser Sachlage kann dem Beklagten auch nicht zum Vorwurf gemacht werden, er habe dadurch eine ihm gegenüber der Klägerin als Auftraggeberin obliegende vertragliche Nebenpflicht verletzt, daß er nicht von einem Naturstein-Rasenpflaster als PKW-Abstellfläche abgeraten habe.

Es besteht kein Anlaß, ein weiteres Sachverständigengutachten einzuholen.

Die Voraussetzungen, unter denen die Einholung eines neuen Gutachtens durch einen anderen Sachverständigen in Betracht käme (§ 412 Abs. 1 ZPO), liegen nicht vor. Zwar hatte der Sachverständige R ursprünglich in seinem schriftlichen Gutachten vom 21.03.1999, das er in dem selbständigen Beweisverfahren 81 H 3/98 AG Krefeld erstattet hat, festgestellt, daß die Planung des Beklagten "in Bezug auf die Anforderungen des Tragschichtmaterials nicht entsprechend den Regeln der Technik" erfolgt sei, denn zur Gewährleistung der Wasserdurchlässigkeit sei es "günstig", eine Schottertragschicht der Körnung 2/45 mm zu verwenden. Diese im Hinblick auf das als Tragschicht eingebaute Recycling-Material mit hohem Anteil an feinen Bestandteilen getroffene Feststellung (vgl. 55 unter "e" sowie letzter Absatz) stand im Widerspruch zu der vom Sachverständigen fälschlich als feststehend angenommenen Tatsache, daß Kalkstein und nicht Recycling-Material ausgeschrieben war. Die Feststellungen des Sachverständigen R in dem schriftlichen Gutachten vom 21.03.1999 reichten deshalb ausgehend von der Richtigkeit des vom Sachverständigen angenommenen Auschreibungstextes - nicht aus, einen Planungsfehler des Beklagten als Ursache des von der Klägerin behaupteten Mangels der Natursteinpflasterung zu begründen. Im Rahmen der mündlichen Erläuterung seines Gutachtens hat der Sachverständige R seine frühere Beurteilung jedoch revidiert und die Auffassung, daß die Leistungsbeschreibung hinsichtlich der Angaben zur Qualität des Tragschicht-Materials für die Natursteinpflasterung ausreichend klar und eindeutig sei, - wie oben bereits ausgeführt ist nachvollziehbar und widerspruchsfrei damit begründet, ein auf dem Gebiet des Pflasterns tätiger Handwerker habe nicht verkennen können, daß ein wasserdurchlässiges Naturstein-Rasenpflaster ausgeschrieben worden sei.

Das nach Maßgabe der mündlichen Erläuterungen in dem Termin vom 07.01.2000 berichtigte und ergänzte Gutachten des Sachverständigen R ist auch weder unvollständig noch aus anderen Gründen mangelhaft. Der Sachverständige ist bei der letztlich maßgeblichen mündlichen Berichtigung und Ergänzung seines Gutachtens von zutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgegangen. Er verfügt als öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für das Straßenbauer-Handwerk ersichtlich auch über die notwendige Sachkunde. Die hier in Rede stehende Herstellung einer mit Natursteinen gepflasterten Abstellfläche für PKW und die damit zusammenhängenden Fragen der Flächenentwässerung fallen in sein Fachgebiet als Sachverständiger für das Handwerk des Straßenbauer, auch wenn die Fläche nicht im öffentlichen Straßenraum gelegen ist. Schließlich ist von der Beklagten auch nicht dargetan, daß ein anderer Sachverständiger über überlegene Forschungsmittel oder Erfahrungen verfügt.

Schließlich fällt dem Beklagten im Hinblick darauf, daß bei der Herstellung der Tragschicht für das Naturstein-Rasenpflaster Recycling-Material mit hohem Feinanteil verwendet worden ist, ein Bauüberwachungsfehler nicht zur Last.

Die Bauüberwachung (Grundleistung gemäß § 15 Abs. 2 Nr. 8 HOAI) war dem Beklagten nicht übertragen worden. Diese ist vielmehr von der Klägerin selbst bzw. von ihrem Geschäftsführer, einem Architekten, wahrgenommen worden. Daß die Parteien in dem als "Honorarvereinbarung" überschriebenen letzten Absatz der Nr. 2 des "Werkvertrag" vom 01.08.1997 abgesprochen haben, das vereinbarte Pauschalhonorar umfasse "3 Arbeitsstunden für die Ziff. 2.8", führt zu keiner anderen Beurteilung. Diese Abrede kann nur so verstanden werden, daß der Beklagte lediglich auf Abruf bis zu drei Stunden Aufgaben der Bauüberwachung ausführen sollte. Die Auffassung der Klägerin, dem Beklagten habe aufgrund dieser Klausel die ordnungsgemäße Ausführung der Stellfläche oblegen; die vereinbarten drei Stunden hätte dafür ohne weiteres ausgereicht, da es nur kurzer Stichproben bedurft hätte, ist lebensfremd. Warum haben die Parteien denn dann die Bauführung - ebenso wie die Vergabe - von den in Auftrag gegebenen Architektenleistungen ausgenommen? Der dem Beklagten erteilte Planungsauftrag beschränkte sich im übrigen nicht auf die Herstellung der PKW-Abstellfläche mit Naturstein-Rasenpflasterung. Er umfaßte auch umfangreiche andere Planungen der Außenanlagen. Von dem Angebotspreis der W KG für die Außenanlagen von insgesamt über 60.000 DM netto entfielen auf das Naturstein-Rasenpflaster nur gut 11.000 DM. Es wäre deshalb auch praktisch gar nicht ausführbar, in nur drei Stunden die Ausführung aller geplanten Maßnahmen zu überwachen.

Daß sie den Beklagten zur Überwachung der Herstellung des Natursteinpflaster und des Unterbaus hinzugezogen habe, behauptet die Klägerin nicht.

Der Berufung der Klägerin mußte hiernach der Erfolg versagt bleiben.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 97, 708 Nr. 10; 713 ZPO.

Streitwert für die Berufungsinstanz und zugleich Beschwer des Klägers: 15.555,60 DM.

Ende der Entscheidung

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