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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 14.09.2001
Aktenzeichen: 22 U 55/01
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 276
BGB § 631
BGB § 635
Auch wenn der Auftragnehmer ein Angebot nebst Leistungsbeschreibung erstellt, verbleibt die Verantwortung für die ausreichend genaue Beschreibung und Abgrenzung der zu erbringenden Leistung dem Auftraggeber; er muss deshalb bei Auftragserteilung klar und eindeutig zum Ausdruck bringen, falls Abbrucharbeiten nach einem Brand bestimmte Elektroleitungen nicht umfassen sollen.
Oberlandesgericht Düsseldorf Im Namen des Volkes Urteil

22 U 55/01

Verkündet am 14. September 2001

In dem Rechtsstreit

hat der 22. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 17. August 2001 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Weyer, den Richter am Oberlandesgericht Muckel und die Richterin am Landgericht Schuh-Offermanns

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Einzelrichters der 6. Zivilkammer des Landgerichts Mönchengladbach vom 13. Februar 2001 teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefaßt:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 12.650,00 DM nebst 5% Zinsen seit dem 21. Juni 2000 zu zahlen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Die Bekl beauftragte die Kl nach einem Brandschaden in einem von ihr genutzten Geschäftsgebäude in M mit dem Demontieren und Entsorgen von jeweils ca. 250 m² "alte Gitter-Deckenabhängung" in den Verkaufsetagen im EG und 1.OG. Auf ein Ergänzungsangebot der Kl übertrug sie ihr zusätzlich folgende Leistungen:

"Die unterhalb der alten Gitter-Deckenabhängung befindlichen Elektrokabel, Zuleitungen, Verteilerstationen und Lampenanschlüsse demontieren und in einen Container laden."

Die Kl entfernte außer der Gitter-Deckenabhängung sämtliche Elektroleitungen, die sich unterhalb der Betondecke befanden, an der die Deckenabhängung befestigt war, darunter auch die dort verlegten Steuerleitungen der Klimaanlage. Auf die für ihre Leistungen berechneten 54.469,44 DM zahlte die Bekl 41.819,44 DM. Mit der Klage verfolgt die Kl den restlichen Vergütungsanspruch von 12.650 DM. Die Bekl hat behauptet, der der Kl erteilte Auftrag habe sich nicht auf das Entfernen der Steuerleitungen der Klimaanlage erstreckt. Die Neuinstallation habe einen Aufwand von 12.650 DM erfordert. Mit einem Schadenersatzanspruch in dieser Höhe hat die Bekl die Aufrechnung erklärt.

Das LG hat der Klage in Höhe eines Teilbetrages von 4.950 DM stattgegeben und die weitergehende Klage abgewiesen, weil die Restwerklohnforderung der Kl in Höhe von 7.700 DM infolge der erklärten Aufrechnung erloschen sei.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Klägerin ist auch begründet.

Die Klägerin kann von der Beklagten über den bereits durch das angefochtene Urteil zuerkannten restlichen Werklohn von 4.950,00 DM hinaus weitere 7.700,00 DM Vergütung für Abbrucharbeiten verlangen. Der Beklagten steht aus der von ihr behaupteten Schlechterfüllung der Abbruchaufträge, die sie der Klägerin gegen Ende des Jahres 1997 für das von ihr genutzte Gebäude A Straße/Ecke H straße in M erteilt hat, kein Schadensersatzanspruch zu, der im Wege der Verrechnung der gegenseitigen Ansprüche oder aufgrund der von der Beklagten erklärten Aufrechnung die restliche Werklohnforderung der Klägerin zum Erlöschen gebracht hätte.

Entgegen der dem angefochtenen Urteil zugrunde liegenden Auffassung umfaßte der der Klägerin erteilte Auftrag die Entfernung aller Elektroleitungen, die oberhalb der abgehängten Decke der Verkaufswagen im EG und 1.OG angebracht waren, und damit auch die Beseitigung der Steuerleitungen für die Klimaanlage. Der Wortlaut des Ergänzungsangebots der Klägerin vom 05.12.1997 (K1, Bl. 5 GA), das der Auftragserweiterung zugrunde lag, ist in diesem Sinne eindeutig. Der Auftragsgegenstand beschränkte sich keineswegs auf die Lampenanschlüsse, die sich "unterhalb" - gemeint ist ersichtlich "über" oder "oberhalb" - der durch einen Brand zerstörten abgehängten Decke der Verkaufsetagen im EG und 1.OG befanden. Außer den ausdrücklich aufgeführten Lampenanschlüssen, also den elektrischen Zuleitungen zu den in der zerstörten Zwischendecke angebrachten Lampen, sind vielmehr als Gegenstand der im Zusammenhang mit dem Abbruch der Reste der Deckenabhängung auszuführenden Arbeiten auch die Demontage der oberhalb der Abhängung befindlichen Elektrokabel, Zuleitungen und Verteilerstationen genannt. Das hat die das Ergänzungsangebot unterbreitende Klägerin ersichtlich in dem Sinne gemeint, sämtliche zwischen den Betondecken und den abgehängten Decken liegenden Elektroleitungen sollten entfernt werden, und konnte auch von der dieses Angebot annehmenden Beklagten nicht anders verstanden werden. Dabei kann nicht außer Betracht bleiben, daß es sich bei den in Rede stehenden Leistungen um Aufräumungsarbeiten nach einem Brandschaden handelte und schon aus diesem Grund damit zu rechnen war, daß sämtliche in dem Bereich zwischen den Betondecken und den abgehängten Decken verlaufenden Elektrokabel durch den Brand mehr oder weniger stark in Mitleidenschaft gezogen waren. Offenbar ist auch die Beklagte bei der Erteilung des zu den Abbrucharbeiten an der abgehängten Decke hinzutretenden Ergänzungsauftrags davon ausgegangen, alle oberhalb dieser Decke verlaufenden Elektroleitungen seien zu entfernen. Wie aus der Zeugenaussage des von ihr als Bauleiter eingeschalteten Architekten B hervorgeht, war die Beklagte sich bei Erteilung des Zusatzauftrages gar nicht bewußt, daß in dem genannten Bereich Steueranlagen für die schon vor dem Brand vorhandene Klimaanlage verliefen, die im Rahmen der Wiederherstellung der Verkaufsräume wiederverwendbar waren. Dem entspricht, daß die Beklagte - wie sie in der Klageerwiderung vom 29.08.2000 vorgetragen hat (vgl. Bl. 20 GA) - das Ingenieurbüro L & Partner erst nach Ausführung der Abbrucharbeiten der Klägerin mit der Bestandsaufnahme und (Neu)Planung der haustechnischen Anlage beauftragt und diese sodann im Rahmen der Bestandsaufnahme die Beseitigung der Steuerleitungen festgestellt hat.

Da die Entfernung aller Elektroleitungen, die zwischen der Unterseite der Betondecke und abgehängter Decke verliefen, Gegenstand der Abbrucharbeiten waren, stellte das Entfernen der Steuerleitungen der Klimaanlage keinen Mangel der Werkleistung der Klägerin im Sinne der §§ 633 ff BGB dar. Eine andere Frage ist, ob die Klägerin dadurch, daß sie die Steuerkabel nicht als solche erkannt und keine Nachfrage bei der Beklagten gehalten hat, ob diese tatsächlich auch entfernt werden sollten, vertragliche Nebenpflichten verletzt und sich dadurch gegenüber der Beklagten unter dem Gesichtspunkt der positiven Vertragsverletzung schadensersatzpflichtig gemacht hat.

Daß das fehlende Bewußtsein der Parteien, in dem Bereich zwischen Unterseite Betondecke und abgehängter Decke könnten sich Steuerkabel der Klimaanlage befinden, die nicht entfernt werden mußten, zu Lasten der Klägerin geht, kann entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht angenommen werden. Zwar hat die Klägerin das Ergänzungsangebot mit der umfassenden Leistungsbeschreibung erstellt, nachdem ihr Mitarbeiter D die Arbeiten zuvor mit dem Architekten B besprochen hatte. Die Verantwortung für die ausreichend genaue Beschreibung und Abgrenzung der zu erbringenden Leistung verblieb aber gleichwohl der Beklagten als Auftraggeberin und zwar auch dann, wenn sie die Leistungsbeschreibung der Klägerin überließ. Wollte die Beklagte bestimmte Elektroleitungen, die in dem vom Auftrag betroffenen Bereich verliefen, von der Demontage ausnehmen, so hätte sie dies bei der Auftragserteilung (-erweiterung) durch entsprechende Hinweise klar und eindeutig zum Ausdruck bringen müssen. Wenn sie sich keine Gedanken darüber machte, ob in dem beschriebenen Bereich möglicherweise Leitungen verliefen, die erhalten bleiben sollten, brauchte die Klägerin dies erst recht nicht zu tun, zumal sie jedenfalls bei der Unterbreitung des Angebotes davon ausgehen konnte, alle im Deckenbereich verlegten Leitungen seien durch Brandeinwirkung in Mitleidenschaft gezogen worden und müßten erneuert werden. Insbesondere bestand für die Klägerin als Abbruchunternehmen keine Veranlassung, vor der Abgabe des Angebots die vorhandenen Leitungen auf ihre Funktionsfähigkeit und Wiederverwendbarkeit zu prüfen.

Ob die Klägerin - wie das Landgericht angenommen hat - bei sorgfältiger Ausführung der Abbrucharbeiten aufgrund der Beschaffenheit der Steuerkabel und der Art ihrer Lage hätte erkennen können, daß es sich um Leitungen handelte, "die bei einer optischen Neugestaltung der Innenräume üblicherweise an ihrem Platz verbleiben und nicht entfernt werden" (vgl. S. 12 UA), erscheint fraglich. Zum einen dienten die Abbruchmaßnahmen im vorliegenden Fall nicht lediglich einer Neugestaltung der Verkaufsräume aus optischen Gründen, sondern der Beseitigung von Brandfolgen, von denen erfahrungsgemäß gerade die Isolierung von Elektroleitungen wegen ihrer Hitze- und Feuerempfindlichkeit auch außerhalb des eigentlichen Brandherdes häufig betroffen ist. Nach der Darstellung des Zeugen T (Bl. 79 GA), der die Beklagte nicht, jedenfalls nicht mit hinreichend substantiiertem Sachvortrag entgegengetreten ist, waren alle in Erfüllung des Zusatzauftrags entfernten Elektroleitungen - also auch die Steuerleitungen der Klimaanlage - verrußt und völlig schwarz. Sie waren mithin ersichtlich Einwirkungen des Brandes ausgesetzt gewesen. Schließlich kann auch nicht außer Betracht bleiben, daß es sich bei den der Klägerin in Auftrag gegebenen Leistungen, auch soweit sie als Demontage von Elektroleitungen bezeichnet worden sind, um Abbrucharbeiten handelte, die im Rahmen der Beseitigung von Brandschäden auszuführen waren. Derartige Arbeiten werden jedenfalls dann, wenn - wie hier - die Erhaltung bestimmter Einzelteile der Ausstattung nicht Vertragsbestandteil ist, üblicherweise mit relativ grobem Gerät ausgeführt, ohne das Vorgefundene im einzelnen zu überprüfen.

Der Berufung der Klägerin mußte hiernach der Erfolg versagt bleiben. Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91, 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Für die Zulassung der Revision besteht kein gesetzlich begründeter Anlaß (§ 546 Abs. 1 ZPO).

Streitwert für die Berufungsinstanz und zugleich Beschwer der Beklagten 7.700,00 DM.

Ende der Entscheidung

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