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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 24.11.2000
Aktenzeichen: 22 U 61/00
Rechtsgebiete: BGB, VOB/B


Vorschriften:

BGB § 278
BGB § 631
VOB/B § 5 Nr. 4
VOB/B § 8 Nr. 3
Leitsätze:

1.

Eine Fristsetzung nach § 5 Nr.4 VOB/B wird nicht schon dadurch hinfällig, daß der Auftraggeber sich nach Fristablauf auf Verhandlungen mit dem Auftragnehmer über eine Auftragsdurchführung einläßt.

2.

Bei der Ausschreibung einer Lärmschutzwand an einer Autobahn darf der Auftragnehmer aus einer beigefügten Richtzeichnung zur Darstellung der Wasserabführung nicht schließen, daß die darin vorgedruckten Maße der Entfernung zwischen Fahrbahnrand, Beginn der Böschung und Wand der konkreten Örtlichkeit entsprechen.

3.

Wenn der Auftraggeber von dem Auftragnehmer den statischen Nachweis der Realisierbarkeit einer angebotenen Ausführungsart verlangt und die vorgelegte Statik seinerseits durch einen Statiker überprüfen läßt, ist der Prüfstatiker nicht Erfüllungsgehilfe des Auftraggebers.


OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

22 U 61/00 6 O 420/98 LG Mönchengladbach

Verkündet am 24.11.2000

Stodola, Justizangestellte als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

In dem Rechtsstreit

hat der 22. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 22. September 2000 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Weyer, die Richterin am Oberlandesgericht Müller-Piepenkötter und den Richter am Landgericht Fuchs

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Einzelrichters der 6. Zivilkammer des Landgerichts Mönchengladbach vom 29. Februar 2000 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 84.957,65 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 10. November 1998 zu zahlen. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz tragen die Klägerin 35 % und die Beklagte 65 %, von den Kosten des Berufungsverfahrens die Klägerin 31 % und die Beklagte 69 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung von 102.000,00 DM abwenden, die Klägerin die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung von 5.000,00 DM, wenn nicht jeweils die vollstreckende Partei vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Tatbestand:

Die Klägerin verlangt Schadensersatz aus einem Werkvertrag über die Erstellung einer Lärmschutzwand entlang der A 540 in G. In einem öffentlichen Ausschreibungsverfahren gab die Beklagte am 24. April 1997 ein Angebot zur Erstellung der Lärmschutzwand ab. Sie war in diesem Verfahren Billigstbietende, dies jedoch deshalb, weil sie zu der Position Ortbeton-Bohrpfahl ein Nebenangebot abgab (Bl. 49-84 SH). Zur Überprüfung dieses Nebenangebots verlangte die Klägerin die Übergabe der Statik, welche die Beklagte vorlegte (Bl. 118-122 SH). Ein von der Klägerin mit der Überprüfung der Statik beauftragtes Ingenieurbüro bestätigte die Durchführbarkeit der von der Beklagten angebotenen Ausführungsart. Am 16. Juni 1997 erteilte die Klägerin der Beklagten den Auftrag zur Erstellung der Lärmschutzwand gemäß ihrem Angebot, den die Beklagte am 20. Juni 1997 annahm. Es wurde Geltung der VOB vereinbart und für die Ausführung die Zeit vom 1. Juli 1997 bis zum 1. September 1997 festgelegt (Bl. 85 SH).

Zur Ausführung der Arbeiten durch die Beklagte kam es nicht. Bei einem Ortstermin am 30. Juni 1997 stellten die Vertreter der Klägerin und der Beklagten fest, dass die Böschungsprofile von den Vorstellungen der Beklagten abwichen. Der genaue Inhalt der Besprechung ist streitig. In der Folgezeit kam es zu vorbereitenden Entwurfsarbeiten und Verhandlungen zwischen den Parteien. Auch beantragte die Beklagte entsprechend dem Vertrag beim Autobahnamt K die Ausnahmegenehmigung für die Benutzung des noch nicht freigegebenen Teilstücks der Autobahn und der Standspur. Die Erteilung der Genehmigung zur Benutzung der Standspur wurde am 18. Juli 1997 abgelehnt, wobei die Beklagte an die Klägerin verwiesen wurde (Bl. 133 SH). Am 12. September 1997 teilte der Mitarbeiter B der Klägerin der Beklagten telefonisch mit, dass die Genehmigung nunmehr vorliege. Gleichzeitig mahnte er den Beginn der Arbeiten an, diese Aufforderung wiederholte er am 16. September 1997. Am 6. Oktober 1997 verlangte die Klägerin von der Beklagten schriftlich der Beginn der Ausführung bis zum 20. Oktober 1997, sie wiederholte die Fristsetzung unter Hinweis auf § 5 Abs. 4 VOB/B und kündigte an, gemäß § 8 Abs. 3 VOB/B bei fruchtlosem Fristablauf einen anderen Unternehmer zu beauftragen und der Beklagten die Mehrkosten aufzugeben (Bl. 86, 87 SH). Nachdem am 24. Oktober 1997 noch einmal in einem Ortstermin über die Durchführung der Arbeiten gesprochen worden war, teilte die Beklagte am 11. November 1997 der Klägerin mit, dass sie wegen der abweichenden Hanggeometrie die Arbeiten nicht entsprechend ihrem Angebot in der darin vorgesehenen Technik ausführen könne. Sie gab ein neues Angebot zu einem höheren Preis ab, woraufhin die Klägerin ihr am 19. November 1997 den Auftrag entzog und eine andere Firma beauftragte, die die Arbeiten bis zum 19. Februar 1998 ausführte.

Mit der Klage macht die Klägerin 66.013,80 DM Mehrkosten gegenüber dem Angebot der Beklagten geltend sowie 53.349,65 DM Kosten zusätzlicher Verkehrssicherungsmaßnahmen, die angefallen seien, weil - was unstreitig ist - Ende 1997 die Autobahn freigegeben worden sei und die Arbeiten nunmehr bei laufendem Verkehr hätten durchgeführt worden müssen. Außerdem verlangt sie die Erstattung der Kosten der Überprüfung der Statik von 3.875,06 DM, die unstreitig bei Nichtdurchführung des Auftrages die Beklagte tragen sollte. Wegen der Berechnung der Klageforderung wird auf den Schriftsatz der Klägerin vom 2. September 1999 (Bl. 218 bis 221 GA) und das Angebot der Firma G (Bl. 222 224 SH) verwiesen.

Die Klägerin hat behauptet, erst nach Auftragserteilung habe die Beklagte moniert, dass die im Leistungsverzeichnis gemachten Höhenangaben nicht korrekt seien. Es sei darüber gesprochen worden, dass die Betonsockel aufgrund der Örtlichkeit tiefer gegründet werden müssten und infolgedessen die Kiesauffüllung größer werden würde. Diese Mehrkosten wären auch akzeptiert worden. Entgegen ihrer vertraglichen Verpflichtung habe die Beklagte jedoch keine ordnungsgemäßen Ausführungszeichnungen erstellt und nicht mit den Arbeiten begonnen.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 123.238,51 DM nebst 8 % Zinsen seit dem 1. August 1998 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat geltend gemacht, die Ausschreibung habe falsche Angaben über die tatsächliche Beschaffenheit vor Ort enthalten, denn die Musterzeichnung, welche unstreitig der Ausschreibung beigefügt war, habe die Abschrägung der Böschung zu flach angegeben, tatsächlich sei diese etwa 1,50 Meter tiefer gewesen als in der Zeichnung angegeben. Deshalb sei am 30. Juni 1997 besprochen worden, dass zunächst die Klägerin durch Anschütten und Verdichten von Boden ein der Zeichnung entsprechendes Bodenprofil herstellen sollte.

Weiter hat sich die Beklagte darauf berufen, dass die Genehmigung für das Befahren der Standspur nicht vorgelegen habe, auch nach dem 12. September 1997 sei ihr die schriftliche Genehmigung nicht vorgelegt worden. Sie hat die Auffassung vertreten, die hindernden Umstände seien damit von der Klägerin zu vertreten.

Das Landgericht hat durch Urteil vom 29. Februar 2000, der Beklagten zugestellt am 17. März 2000, der Klage bis auf einen Teil des Zinsanspruchs stattgegeben und hierzu ausgeführt, die Entziehung des Auftrages sei gem. § 5 Nr. 4 VOB/B gerechtfertigt gewesen, der Beginn der Ausführung sei durch die Beklagte verzögert worden. Zwar sei die Verzögerung bis zum 12. September 1997 nicht auf Umstände zurückzuführen, die in den Einflussbereich der Beklagten gehörten. Dies gelte aber für die Verzögerung ab diesem Zeitpunkt. Die Ausschreibung sei nicht zu beanstanden, sie enthalte keine Irreführung. Im übrigen hätte die Beklagte jedenfalls sofort nach Erkennen des Irrtums kurz nach Auftragserteilung mit der Umplanung beginnen können und müssen. Der Schadensberechnung trete die Beklagte letztlich nicht erheblich entgegen.

Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung sowie wegen des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes im übrigen wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.

Gegen dieses Urteil wendet sich die Beklagte mit der am 17. April 2000 eingegangenen Berufung. Sie verfolgt ihren Klageabweisungsantrag weiter. Sie ist der Auffassung, auf die mündliche Mitteilung der Genehmigung vom 12. September 1997 komme es nicht an, Genehmigungen dieser Art würden üblicherweise schriftlich erteilt. Sie bleibt dabei, dass sie durch das Leistungsverzeichnis irregeführt worden sei, und trägt vor, wegen der stärkeren Abschrägung der Böschung sei die von ihr vorgesehenen Technik nicht anwendbar gewesen. Es hätten Zusatzmaßnahmen ergriffen werden müssen, die eindeutig in den Bereich der Klägerin fielen, wie es auch am 30. Juni 1997 besprochen worden sei. Jedenfalls hätte der Klägerin ein Mitverschuldensanteil zugewiesen werden müssen. Die Kosten der Firma G seien Ohnehinkosten. Wäre die Beklagte nicht irregeführt worden, so hätte sie entweder gar nicht geboten oder ebenfalls in Höhe der Kosten der Firma G Im übrigen wiederholt sie ihr erstinstanzliches Vorbringen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Landgerichts Mönchengladbach vom 29. Februar 2000 abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Auch die Klägerin wiederholt ihr erstinstanzliches Vorbringen. Sie habe sich nicht zur Übernahme von Vorarbeiten verpflichtet, das Leistungsverzeichnis sei nicht irreführend und die Technik der Beklagten an der vorhandenen Böschung anwendbar gewesen. Die Genehmigung für die Benutzung der Standspur sei mündlich ohne weiteres wirksam, so sei es auch dem Geschäftsführer der Beklagten am 12: September 1997 mitgeteilt worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Beklagten hat in der Sache nur teilweise Erfolg. Nach dem Vortrag der Parteien und dem Ergebnis der vom Landgericht Mönchengladbach durchgeführten Beweisaufnahme liegen die Voraussetzungen für einen Schadensersatzanspruch der Klägerin gemäß § 8 Nr. 3 Abs. 2 VOB/B vor.

Die VOB/B gilt für den Vertrag zwischen den Parteien gemäß Ziff. 2.4. des Angebots, auf das im Auftrag vom 16.06.1997 Bezug genommen wird. Das wird auch von den Parteien nicht in Frage gestellt.

Die Beklagte hat den Beginn der Arbeiten verzögert, so dass die Klägerin gemäß § 5 Nr. 4 VOB/B zur Fristsetzung und Androhung der Entziehung des Auftrages und nach Fristablauf zur Kündigung gemäß § 8 Nr. 3 Abs. 1 VOB/B berechtigt war.

Maßgebend für die Verzögerung ist nicht der im Auftragsschreiben genannte Termin für den Beginn der Ausführung am 01.07.1997 (SH Bl. 85), denn zu dieser Zeit lag weder die Genehmigung des Autobahnamtes zur Errichtung der Lärmschutzwand (§ 9 BFStrG) vor noch die nach dem Schreiben des Autobahnamtes vom 18.07.1997 davon abhängende Genehmigung zum Befahren der Standspur, die für die Durchführung der Arbeiten erforderlich war. Die bis zur Erteilung dieser Genehmigung aufgetretene Verzögerung hat ihre Ursache, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, nicht im Bereich der Beklagten. Der kalendermäßig bestimmte Termin war damit hinfällig.

Die Genehmigung wurde jedoch am 12.09.1997 erteilt und der Beklagten telefonisch mitgeteilt. Dies ergibt sich aus der Aussage des Zeugen B (Bl. 204 GA), dass er am 12.09.1997 der Beklagten mitgeteilt habe, ab sofort könne mit den Arbeiten begonnen werden. Dieser Telefonanruf wird auch von der Beklagten nicht in Abrede gestellt. Darin lag zugleich die Aufforderung, die Arbeiten aufzunehmen, und die Beklagte war gemäß § 5 Nr. 2 S. 2 VOB/B verpflichtet, innerhalb von 12 Arbeitstagen mit der Ausführung zu beginnen. Als sie dies nicht tat, war die Klägerin berechtigt, mit Schreiben vom 14.10.1997 (Bl B7 SH) eine Frist für den Arbeitsbeginn zu setzen und für den Fall der Nichteinhaltung der Frist die Auftragsentziehung anzudrohen.

Die Frist war im Hinblick darauf; dass lediglich der Beginn der Arbeiten verlangt wurde, nicht unangemessen kurz.

Die Fristsetzung ist auch nicht dadurch hinfällig geworden, dass die Klägerin nach Ablauf der Frist mit der Beklagten verhandelt hat. Hinfällig wäre die Fristsetzung bei Verzicht auf das Kündigungsrecht (vgl. Ingenstau/Korbion, VOB, 13. Aufl., § 5 Rdn. 45; BGH MDR 1968, 486). Das ist nicht schon bei jeder Gesprächsbereitschaft nach Fristablauf anzunehmen. Erforderlich ist vielmehr ein Verhalten, aus dem der Vertragspartner eindeutig auf einen Verzichtswillen des Auftraggebers schließen kann und darf. Zwar hat die Klägerin sich auf einen weiteren Ortstermin eingelassen und von der Beklagten Detailzeichnungen verlangt und dazu noch einmal die Höhenangaben übersandt. Das ergibt sich aus den Aussagen der Zeugen N (Bl. 211, 213 GA) und B (Bl. 229 GA). Daraus konnte die Beklagte aber noch nicht auf einen Verzicht auf das Kündigungsrecht und Schadensersatzansprüche schließen. Ein solcher Schluss wäre erst dann gerechtfertigt, wenn die Klägerin sich mit bestimmten Leistungen der Beklagten ausdrücklich einverstanden erklärt oder diese angenommen hätte. Dazu ist es wegen des Nachtragsangebots der Beklagten, das völlig andere Leistungen enthielt, nicht gekommen.

Die Klägerin kann nach Kündigung des Auftrages wegen der Verzögerung Schadensersatz gemäß § 8 Nr. 3 Abs. 2 VOB/B verlangen, denn es ist davon auszugehen, dass die Verzögerung auf Verschulden der Beklagten zurückzuführen ist, jedenfalls hat die Beklagte den ihr obliegenden Beweis zur Ausräumung ihres Verschuldens (vgl. Ingenstau/Korbion, B § 5 Rdn. 42) nicht erbracht.

Das Verschulden ist nicht dadurch ausgeschlossen, dass eine schriftliche Genehmigung für das Befahren der Standspur nicht vorlag. Auch die mündliche Genehmigung war wirksam (§ 37 Abs. 2 VwVfG) und die Beklagte konnte sich auf die Mitteilung der Klägerin verlassen, an die sie ja gerade durch das Autobahnamt in dem Schreiben vom 18.07.1997 (Bl. 133 SH) verwiesen worden war.

Das Verschulden der Beklagten ist auch nicht etwa deshalb ausgeschlossen, weil sie den Baubeginn gegenüber der Klägerin von einer schriftlichen Mitteilung abhängig gemacht hätte. Dies ergeben schon die Bekundungen des Zeugen M nicht. Er hat nach seiner Aussage lediglich darum gebeten, ihm die Genehmigung noch schriftlich zu geben, was der Zeuge B zugesagt haben soll. Dem konnte die Klägerin nicht entnehmen, dass die Beklagte den Baubeginn vom Vorliegen der schriftlichen Genehmigung abhängig machte.

Auch andere Gründe, die ein Verschulden der Beklagten ausschlössen, sind nicht bewiesen.

Die Beklagte kann sich insbesondere nicht auf Fehler der Ausschreibung berufen. Zwar ergibt sich aus dem Angebot der Beklagten und der in ihrem Auftrag dazu erstellten Statik (Bl. 49 ff. SH, Bl. 118 ff. SH), dass die Beklagte von unzutreffenden Höhenmaßen ausging, so wie es in der vom Klägervertreter dem Landgericht vorgelegten Zeichnung (SH Bl. 186) dargestellt ist, und deshalb eine zu geringe Gründungstiefe der Pfahlgründung geplant hat. Dies ist nach der Darstellung der Beklagten durch die den Ausschreibungsunterlagen beigefügte Zeichnung verursacht worden. Das vermag die Verzögerung jedoch nicht zu entschuldigen, denn die Beklagte durfte sich auf Maße, die sie dieser Zeichnung entnahm, nicht verlassen. Aus der Zeichnung selbst ergibt sich, dass es sich um eine Richtzeichnung des Bund-/Länder-Arbeitskreises "Lärmschirme" zur Darstellung einer Sonderlösung zur Vermeidung einer gesammelten Wasserführung handelt. Damit war klar, dass die Zeichnung nicht für die konkrete Örtlichkeit erstellt worden war. Auch betraf sie nicht die Frage der Statik und der Gründungstiefe der Pfähle der Lärmschutzwand, sondern die Frage der Entwässerung. In dieser Zeichnung sind weder die Höhe der Lärmschutzwand, noch die Gründungstiefe der Pfosten angegeben. Lediglich daraus, dass in dieser unstreitig aus einem Sammelwerk kopierten Zeichnung vorgedruckte Maße für die Entfernung zwischen Fahrbahnrand, Beginn der Böschung und Lärmschutzwand enthalten waren, konnte die Beklagte nicht schließen, dass diese der konkreten Örtlichkeit entsprachen. Dies gilt um so mehr, als nach dem konkreten Ausschreibungstext eine erheblich tiefere Gründung, nämlich Pfahllängen von 3-6 m, angenommen war, als sie sie aufgrund der Zeichnung errechnete. Außerdem war in der Ausschreibung keine bestimmte Sockelhöhe angegeben, die Sockel sollten vielmehr entsprechend den statischen und konstruktiven Erfordernissen hergestellt werden. Als Wandhöhen waren 2 bis 4 m angegeben. Lediglich die Höhe der Lärmschutzwand über der Fahrbahn der Autobahn war mit 2,50 m angegeben. Daraus ergibt sich, dass die tatsächliche Wandhöhe noch nicht festlag und die Beklagte nicht davon ausgehen konnte, dass die tatsächliche Höhe schon genau ermittelt war. Jedenfalls hätte die Beklagte, wenn sie aufgrund der Zeichnung bestimmte Zahlen annahm, die im Text des Leistungsverzeichnisses gerade nicht genau festgelegt waren, sich vor Abgabe des Angebots versichern müssen, dass ihre Annahmen zutrafen.

Die Beklagte kann sich auch nicht auf etwaige Versäumnisse der Klägerin nach der Auftragserteilung berufen, insbesondere hat sie nicht bewiesen, dass die Klägerin es übernommen hätte, durch Abtragen des Mutterbodens und Kiesaufschüttung eine Geländeoberfläche herzustellen, die ihren, der Beklagten, Annahmen entsprach. Dies hat schon der Zeuge M nicht bestätigt, er will zwar bei der Ortsbesichtigung am 30.06.1997 angesprochen haben, dass der Hang noch aufgefüllt werden sollte, er hat aber nicht bestätigt, dass die Klägerin dies übernommen habe (Bl. 230, 231 GA). Nach der Aussage des Zeugen B ist lediglich darüber gesprochen worden, dass die Böschung an manchen Stellen steiler, an manchen Stellen flacher sei als in der Zeichnung angenommen, deshalb habe er der Beklagten die Böschungsprofile übersandt.

Die Beklagte hat auch kein Verhalten der Klägerin im weiteren Ablauf bewiesen, das ein Verschulden der Beklagten an der Verzögerung ausschließen könnte. Nach dem Vortrag der Klägerin bestand lediglich Einigkeit darüber, dass die Betonsockel für die Pfähle der zu errichtenden Lärmschutzwand tiefer gegründet werden mussten und infolgedessen die Kiesauffüllung größer werden müsste. Einigkeit wurde nach der Darstellung der Klägerin auch darüber erzielt, dass die Beklagte die Ausführungspläne mit statischen Berechnungen erstellen sollte, um die tatsächliche Wandsockelhöhe klarzustellen. Die Beklagte hat der Klägerin unstreitig eine Zeichnung zugesandt (Anlage K4 hinten eingelegt ins Sonderheft und Bl. 161 GA). Diese Zeichnung enthält neben einer Darstellung der Stützen der Lärmschutzwand und der Oberkanten von Wand und Fahrbahn eine Schnittzeichnung mit drei Geländeoberkantenlinien. Nach der Erläuterung der Beklagten ist diese Planung aufgrund einer geänderten Statischen Berechnung des von der Beklagten beauftragten Ingenieurbüros V vom 23.07.1997 erstellt worden. In dieser Statik ist dargestellt, dass vorhandener Mutterboden abzutragen und Kies neu aufzuschütten sei, wodurch eine Geländemodellierung erreicht worden wäre, wie sie die Beklagte ihrer Planung zugrunde gelegt hatte (Bl. 123 SH). Diese Erläuterungen enthält die von der Beklagten an die Klägerin übersandte Zeichnung jedoch nicht, so dass sie nicht eindeutig ist. Dass der Klägerin auch die Statik übermittelt worden wäre, behauptet die Beklagte nicht. Wenn nicht bereits vorher über ein Abtragen des Mutterbodens und Auffüllen mit Kies gesprochen worden ist, war dies der der Klägerin übersandten Zeichnung nicht ohne weiteres zu entnehmen. Dass darüber gesprochen worden wäre, hat die Beklagte nicht bewiesen. Insoweit stehen sich die bereits dargestellten Aussagen der Zeugen B und M gegenüber. Es ist kein Grund ersichtlich, warum der Aussage des Zeugen M der Vorzug zu geben wäre.

War somit zu dieser Zeit für die Klägerin zwar klar, dass die Beklagte mit der von ihr angebotenen Ausführung Probleme hatte, so war das aber zunächst Sache der Beklagten und konnte aus Sicht der Klägerin durch Berücksichtigung tieferer Gründung bei der Ausführungsplanung berücksichtigt werden. Ob dann eine andere Art der Verankerung als von der Beklagten vorgesehen erforderlich war, ist zwischen den Parteien streitig, war aber jedenfalls nicht Sache der Klägerin.

Der Klägerin ist auch kein Mitverschulden anzulasten. Die Ausschreibung war, wie dargelegt, nicht irreführend. Daraus, dass der von der Klägerin beauftragte Prüfstatiker die Fehleinschätzung der Beklagten nicht erkannt hat, kann die Beklagte keinen Mitverschuldenseinwand gemäß §§ 254, 278 BGB herleiten, denn der Prüfstatiker wurde nicht als Erfüllungsgehilfe bei der Erfüllung von Verpflichtungen der Klägerin gegenüber der Beklagten tätig, sondern allein für die Klägerin (vgl. Ingenstau/Korbion, a.a.O., B § 13 Rdn. 677 m.w.N.).

Die Schadensberechnung des Landgerichts wird in der Berufungsinstanz nur durch Bezugnahme auf das erstinstanzliche Vorbringen, sowie damit angegriffen, dass es sich um Ohnehinkosten handle.

Um Ohnehinkosten handelt es sich nicht. Dass die Beklagte, wie sie zur Begründung ausführt, bei Zugrundelegung der richtigen Höhenmaße entweder gar nicht geboten hätte oder ein Angebot in Höhe desjenigen der Firma G abgegeben hätte, geht, wenn ein Fehler bei der Berechnung des Angebots der Beklagten vorgelegen hat, zu ihren Lasten. Auch die zusätzlichen Verkehrssicherungskosten, die deshalb entstanden sind, weil aufgrund der Verzögerungen die Arbeiten nach Freigabe der Autobahn durchgeführt werden mussten, sind ein infolge der Verzögerung entstandener Schaden. Sie sind nicht dadurch verursacht, dass die Firma G wegen der genauen Hanglage ebenfalls Zusatzkosten geltend gemacht hat. Diese waren nicht die Ursache dafür, dass die Arbeiten erst im Januar 1998 ausgeführt werden konnten, sondern die Verzögerung der Beklagten.

Nicht schlüssig dargetan und mit der Bezugnahme auf das erstinstanzliche Vorbringen ausreichend angegriffen ist allerdings ein Betrag von 23.583,86 DM, den die Firma G aufgrund geänderter Bohrpfähle mit Stützenverlängerungen (29.580,65 DM ./. 5.637,65 DM = 23.943,00 DM ./. 1,5 % Nachlass = 23.583,86 DM) berechnet hat, sowie die Kosten der zusätzlichen Wandsockelelemente, nämlich zu den 85 qm lt. Leistungsverzeichnis weitere 90 qm aufgrund der Hanglage. Diese hätte die Klägerin auch der Beklagten bezahlen müssen und zwar zu dem von ihr angesetzten Preis von 142,00 DM zzgl. MWSt. = 14.697,00 DM.

Die Beträge von 23.583,86 DM und 14.697,00 DM = 38.280,86 DM sind von der Klageforderung abzuziehen, so dass verbleiben 84.957,65 DM.

Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 284, 288 BGB erst ab Zustellung der Klage. Für einen früheren Verzugsbeginn hat die Klägerin nichts vorgetragen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Streitwert für das Berufungsverfahren: 123.238,51 DM; Beschwer der Beklagten: 84.957,65 DM; Beschwer der Klägerin 38.280,86 DM.

Ende der Entscheidung

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