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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 15.12.2000
Aktenzeichen: 22 U 92/00
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 826
BGB § 852
1.

Der auf Unterlassung der Zwangsvollstreckung gerichtete Anspruch aus § 826 BGB unterliegt zwar der dreijährigen Verjährungsfrist des § 852 Abs. 1 BGB, entsteht aber mit jeder Vollstreckungshandlung neu.

2.

Auch nach einer Verjährung des Schadenersatzanspruchs aus § 826 BGB bleibt der Schuldner gemäß § 852 Abs.3 BGB zur Herausgabe des unrichtigen Titels verpflichtet.

3.

§ 826 BGB ermöglicht es dem Schuldner nur ganz ausnahmsweise, sich gegen die Vollstreckung aus einem rechtskräftigen Titel zu schützen: Der Titel muss objektiv unrichtig sein, der Gläubiger muss hiervon subjektiv Kenntnis haben und es müssen besondere Umstände hinzutreten, aufgrund derer es dem Gläubiger zuzumuten ist, die ihm unverdient zugefallene Rechtsposition aufzugeben.

4.

Ein objektiv unrichtiges Urteil kann nicht über § 826 BGB korrigiert werden, wenn es auf nachlässiger Prozessführung beruht.


Oberlandesgericht Düsseldorf Im Namen des Volkes Urteil

22 U 92/00

Verkündet am 15. Dezember 2000

In dem Rechtsstreit

hat der 22. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 24. November 2000 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Weyer, den Richter am Oberlandesgericht Muckel und den Richter am Landgericht Fuchs

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Krefeld vom 13. April 2000 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger kann die Zwangsvollstreckung der Beklagten durch eine Sicherheitsleistung in Höhe von 25.000,00 DM abwenden, wenn nicht die Beklagte in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Die Sicherheiten können auch durch Bank- oder Sparkassenbürgschaften erbracht werden.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt von der Beklagten, seiner geschiedenen Ehefrau, Herausgabe eines rechtskräftigen Titels des Landgerichts München.

Die Parteien lebten bis Dezember 1979 in einer Wohnung in D, S Straße. In dieser Wohnung hing seit dem Jahre 1975 ein Bild des Malers J. Im Dezember 1979 verzogen die Parteien mit ihren Kindern von D nach B. Im Rahmen des Umzuges wurde das genannte Bild vor Weihnachten 1979 in die neue Wohnung in B verbracht. Am 25.12.1979 gab der Kläger gegenüber der Beklagten, seiner damaligen Ehefrau, folgende schriftliche Erklärung ab:

"Liebe H,

hiermit bestätige ich Dir, daß ich Dir anläßlich unseres Umzuges nach B mit dem heutigen Tag schenkungsweise das Alleineigentum an allen Einrichtungsgegenständen einschließlich Teppichen und Bildern unserer Wohnung in D, Straße, und B, W straße, übertragen habe ...

B am 25.12.79"

Die Beklagte erwirkte gestützt auf die vorstehende Erklärung des Klägers gegen diesen am 03.07.1989 die einstweilige Verfügung des Landgerichts München I - 20 O 12 925/89 -, durch die ihm aufgegeben wurde, das Bild des Malers Alexander J, Öl auf Leinwand, Stilleben, gelbe Blumen in grüner Vase auf blauem Tisch vor dunkelrotem Hintergrund, ca. 60 x 60 cm, an einen von der Beklagten zu beauftragenden Gerichtsvollzieher als Sequester herauszugeben. Auf den Widerspruch des Klägers wurde die einstweilige Verfügung, nachdem der Kläger u. a. eine eidesstattliche Versicherung der älteren Tochter der Parteien, A R, verheiratete L, vom 18.08.1989 vorgelegt hatte, durch Urteil des LG München I vom 16.02.1990 aufgehoben; das Bild wurde von dem Gerichtsvollzieher an den Kläger zurückgegeben. In ihrer eidesstattlichen Versicherung hatte die Tochter A der Parteien die Darstellung des Klägers bestätigt, das streitgegenständliche Bild habe sich am 25.12.1979 in seinem damaligen Münchener Büro in München befunden.

Im Verfahren zur Hauptsache hat das Landgerichts München I den jetzigen Kläger durch das Urteil vom 17.01.1992 - 20 O 12926/89 - verurteilt, das oben bezeichnete Bild an die Beklagte herauszugeben. Die Berufung des Klägers gegen das vorgenannte Urteil wurde durch Urteil des Oberlandesgerichts München vom 07.10.1993 - 19 U 2538/92 - zurückgewiesen. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Urteile Bl. 62-82 GA und Bl. 83-105 GA Bezug genommen. Die Revision des Klägers nahm der BGH nicht zur Entscheidung an.

Die Beklagte erstattete gegen die Tochter A Strafanzeige wegen Abgabe einer falschen Versicherung an Eides Statt (§ 156 StGB). Durch das Urteil des Schöffengerichts in München vom 20.02.1998 - 8840 Ls 256 5531 1/95 - wurde die Tochter der Parteien von dem Vorwurf der falschen uneidlichen Aussage mangels Tatnachweis freigesprochen. Auf das Urteil des Schöffengerichts in München vom 20.02.1998 (Bl. 36-60 GA) wird verwiesen.

Mit der vorliegenden Klage begehrt der Kläger die Herausgabe des Vollstreckungstitels.

Der Kläger hat behauptet: Der Titel sei falsch; die Beklagte habe ihn erschlichen. Das streitgegenständliche Bild habe sich - wie er schon in dem Verfahren 20 O 12 926/89 LG München I vorgetragen hat - am 25.12.1979 nicht (mehr) in der Wohnung in B, sondern in seinem Münchener Büro befunden, wohin er es am 24.12.1979 zusammen mit der Tochter A gebracht habe. Zum Beweis für die Richtigkeit seiner Darstellung hat er sich u. a. auf die Zeugenaussage der Tochter A in dem Verfahren 20 O 12 926/89 LG München I berufen, deren Glaubhaftigkeit nach seiner Auffassung durch den Brief der Zeugin an einen Jugendfreund Bl. 159-162 GA, der das Datum 23.12.1979 trägt, untermauert wird. Von der Existenz dieses Briefes und weiterer Zeugen (Dr. Sch und Gräfin F), die das Bild zur Jahreswende 1979/80 in seinem Münchner Büro gesehen hätten - so hat er weiter vorgetragen -, habe er erst durch das freisprechende Strafurteil des Schöffengerichts in München vom 20.02.1998 Kenntnis erlangt.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen,

1.

ihm den vollstreckbaren Titel, "Endurteil Landgericht München I vom 17.01.1992 (20 O 12926/89)" herauszugeben;

2.

bis zur Herausgabe des vorgenannten Titels an ihn alle weiteren Zwangsvollstreckungsmaßnahmen zu unterlassen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Krefeld gerügt (Bl. 191/192 GA) und gegenüber dem Schadensersatzanspruch des Klägers die Einrede der Verjährung erhoben (Bl. 193 GA).

Das Landgericht hat durch das angefochtene Urteil die Klage abgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt: Die Klage sei zulässig, aber nicht begründet. Das angerufene Gericht sei zuständig. Für die Klage gelte gemäß § 32 ZPO der besondere Gerichtsstand des Begehungsortes. Gegen den Kläger sei zu einer Zeit, als er seinen Wohnsitz in Krefeld gehabt habe, die Vollstreckung aus dem Urteil des LG München I betrieben worden. Die spätere Aufgabe des Wohnsitzes lasse die einmal eingetretene Zuständigkeit unberührt (§ 261 Abs. 3 Nr. 2 ZPO). Dem Kläger stehe jedoch kein Anspruch aus § 826 BGB auf Herausgabe des vollstreckbaren Titels zu. Es lasse sich schon nicht feststellen, daß der Titel offensichtlich objektiv unrichtig sei. Dafür sei es nicht ausreichend, daß der Kläger nochmals dieselben Tatsachenbehauptungen, Beweismittel und Rechtsausführungen wie im Vorprozeß vorbringe. Es genüge auch nicht, daß er zusätzliche Beweisanträge stelle, mit denen im Grunde das bisherige Vorbringen nur untermauert werden solle. Es lasse sich nicht feststellen, daß die eingehende Beweiswürdigung des Landgerichts München i aufgrund der nunmehr vorgetragenen Beweisantritte - ein Beweisergebnis zugunsten des Klägers unterstellt - zu korrigieren wäre. Der vorgelegte Brief spreche allenfalls für die Glaubwürdigkeit der Zeugin A R beweise jedoch nicht die Behauptung des Klägers, er habe das Bild vor dem 25.12.1979 in sein Büro nach München gebracht. Auch etwaige Aussagen der Zeuginnen Dr. Sch und Gräfin F führten nicht zwangsläufig dazu, daß es sich bei dem Urteil des Landgerichts München I um ein Fehlurteil handele.

Im übrigen beruhe es auf nachlässiger Prozeßführung des Klägers im Vorprozeß, daß er die neuen Beweismittel erst jetzt vortrage. Der Kläger habe, nachdem er vor dem Landgericht München I unterlegen sei, genug Anlaß und Gelegenheit gehabt, nach weiteren Beweismitteln Ausschau zu halten. Das gelte um so mehr, als das Landgericht in seinem Urteil auf einen anderen Brief der Tochter A und deren Freundin vom 24.12.1979 Bezug genommen habe. Auch der nunmehr vorgelegte Brief hätte daher bei ordnungsgemäßer Prozeßführung bereits 1991 vorgelegt werden können.

Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung sowie wegen des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes im übrigen wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Klägers.

Der Kläger - im einzelnen aus den Gründen seiner Schriftsätze vom 28.07.2000 (Bl. 305-340 GA), 04.09.2000 (Bl. 348-349 GA) und 23.10.2000 (Bl. 372-377 GA) - beantragt,

das angefochtenen Urteil abzuändern und die Beklagte zu verurteilen,

1. ihm den vollstreckbaren Titel "Endurteil Landgericht München I vom 17. Januar 1992 - 20 O 12926/89 -" herauszugeben, sowie

2. bis zur Herausgabe des vorgenannten Titels an ihn alle weiteren Zwangsvollstreckungsmaßnahmen zu unterlassen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Die Beklagte tritt unter Wiederholung und Ergänzung ihres erstinstanzlichen Sachvortrags nach Maßgabe ihres Schriftsatzes vom 09.10.2000 (Bl. 358-367 GA) dem Berufungsvorbringen des Klägers entgegen.

Beide Parteien beantragen,

als Sicherheiten auch Bank- oder Sparkassenbürgschaften zuzulassen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den vorgetragenen Inhalt der Schriftsätze der Parteien Bezug genommen.

Die zur Information beigezogenen Akten 8440 Ls 256 Js 55311/95 StA München I und 20 O 12926/89 LG München I waren Gegenstand der Berufungsverhandlung.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des Klägers, mit der dieser - wie er in der Berufungsverhandlung auf Hinweis des Gerichts klargestellt hat - die erstinstanzlichen Klageanträge weiter verfolgt, ist nicht begründet.

I. Verjährung

Dem mit der Klage geltend gemachten, auf Unterlassen der Zwangsvollstreckung und Herausgabe des Titels gerichteten Anspruch aus § 826 BGB steht allerdings nicht bereits die von der Beklagten erhobene Verjährungseinrede entgegen. Zwar mag der Unterlassungsanspruch aus § 826 BGB der dreijährigen Verjährungsfrist des § 852 Abs. 1 BGB unterliegen. Er entsteht aber mit jeder Vollstreckungshandlung neu. Demgemäß geht es nicht um die Fortdauer von schädigenden Einwirkungen ein und derselben Handlung und ihre Beseitigung, sondern um die Wiederholung unberechtigter Vollstreckungsmaßnahmen und deren Unterlassung. Mit der am 16.12.1999 (Bl. 179 GA) bewirkten Zustellung einer vollstreckbaren Ausfertigung des Urteil des Landgerichts München vom 17.01.1992 ist - die Begründetheit der Klage unterstellt - ein neuer Unterlassungsanspruch des Klägers entstanden, der im Zeitpunkt der Zustellung der Klage (22.12.1999 - 165/165R GA) noch nicht verjährt war.

Ungeachtet einer möglichen Verjährung des Schadensersatzanspruchs aus § 826 BGB bleibt der Schuldner gemäß § 852 Abs. 3 BGB zur Herausgabe des unrichtigen Titels nach den Vorschriften über die ungerechtfertigte Bereicherung verpflichtet.

II. Klage auf Unterlassen der Zwangsvollstreckung und Herausgabe des Titels (§ 826 BGB)

Die Voraussetzungen für einen auf Unterlassen der Zwangsvollstreckung und Herausgabe des Titels gerichteten Schadensersatzanspruch des Klägers aus § 826 BGB liegen aber nicht vor.

Nach gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung bietet § 826 BGB dem Schuldner nur unter besonderen Umständen die Möglichkeit, sich gegen die Vollstreckung aus einem rechtskräftigen, aber materiell unrichtigen Titel zu schützen. Die Rechtskraft muß zurücktreten, wenn es mit dem Gerechtigkeitsgedanken schlechthin unvereinbar wäre, daß der Titelgläubiger seine formelle Rechtsstellung unter Mißachtung der materiellen Rechtslage zu Lasten des Schuldners ausnutzt. Eine solche Anwendung des § 826 BGB muß jedoch auf besonders schwerwiegende, eng begrenzte Ausnahmefälle beschränkt bleiben, weil jede Ausdehnung das Institut der Rechtskraft aushöhlen, die Rechtssicherheit beeinträchtigen und den Eintritt des Rechtsfriedens in untragbarer Weise in Frage stellen würde (BGHZ 101, 380, 383 f>= BGH NJW 1987, 3256, 3257 f = MDR 1988, 126 mit weiteren Nachweisen). An dieser Rechtsprechung, der auch der Senat gefolgt ist (vgl. Senatsurteile vom 06.05.1988 - 22 U 55/88 - und vom 03.12.1993 - 22 U 103/93 - OLGR 1994, 184 L), hat der BGH trotz der im Schrifttum geäußerten Kritik festgehalten (vgl. NJW-RR 1988, 957, 959; NJW 1993, 3204, 3205; NJW-RR 1996, 826, 827).

Erste Voraussetzung einer Anwendung des § 826 BGB ist hiernach die materielle Unrichtigkeit des Titels; der für vollstreckbar erklärte Anspruch darf nicht oder nicht im titulierten Umfang bestehen. Dabei kommt es - worauf der Kläger zutreffend hinweist (Bl. 312 GA) - für die Frage der inhaltlichen Richtigkeit entscheidend darauf an, ob der geltend gemachte Anspruch nach Auffassung des nunmehr entscheidenden Gerichts berechtigt war, nicht hingegen, ob damals das zuständige Gericht ihn bei rechtlicher Überprüfung tatsächlich bejaht hätte (BGH NJW 1987, 3256, 3257). Hinzutreten muß, daß der Titelgläubiger die Unrichtigkeit des Titels kennt (BGHZ 40, 130, 132 = NJW 1964, 349). Die objektive Unrichtigkeit des Titels und die - spätestens im Prozeß auch vom Gläubiger erworbene - subjektive Kenntnis davon reichen aber grundsätzlich allein nicht aus, um die weitere Vollstreckung aus einem rechtskräftigen Titel als sittenwidrig erscheinen zu lassen. Es müssen vielmehr besondere Umstände hinzutreten, aufgrund derer es dem Gläubiger zugemutet werden muß, die ihm unverdient zugefallene Rechtsposition aufzugeben (BGH, NJW 1993, 3204, 3205 = MDR 1994, 724, 725).

Im vorliegenden Fall fehlt es bereits an der ersten Voraussetzung: Der Kläger hat nicht den ihm obliegenden Beweis dafür erbracht, daß das Urteil des Landgerichts München I vom 17.01.1992 objektiv falsch ist und der für vollstreckbar erklärte Anspruch auf Herausgabe des Bildes nicht besteht.

Das Bild, zu dessen Herausgabe der Kläger verurteilt worden ist, war Teil der Wohnungseinrichtung der Parteien, als diese im Dezember 1979 ihren Wohnsitz von D nach B verlegten. Unstreitig ist das Bild auch vor Weihnachten 1979 von der gemeinsamen Wohnung der Parteien in D in die neue Wohnung in B gebracht worden. Seine abweichende, bei der mündlichen Anhörung im Vorprozeß am 18.10.1989 bekräftigte Darstellung, er habe das Bild an Heiligabend zusammen mit der Tochter A von D unmittelbar in sein Büro in München gebracht (Bl. 361/362 GA), hat der Kläger schon im weiteren Verlauf des Vorprozesses nicht mehr aufrechterhalten und hält er auch jetzt nicht aufrecht (Bl. 372 GA).

Die schenkweise Übertragung des Alleineigentums an allen Einrichtungsgegenständen der Wohnungen in D und B auf die Beklagte umfaßte deshalb nach dem Wortlaut der Urkunde vom 25.12.1979 auch das hier in Rede stehende Bild. Auf die zutreffenden Ausführungen in dem Urteil des OLG München vom 07.10.1993 - 19 U 2538/92 - kann insoweit Bezug genommen werden.

Etwas anderes könnte allenfalls dann gelten, wenn das in Rede stehende Bild am 25.12.1979, als der Kläger der Beklagten das Alleineigentum an allen Gegenständen der Wohnungseinrichtung übertrug, bereits aus dem Verband der Einrichtungsgegenstände ausgeschieden war und sich in dem Münchner Büro des Klägers befand, und dieser - wie er behauptet (Bl. 313 GA) - die in dem Büro befindlichen Teppiche und Bilder ausdrücklich von der Schenkung ausgenommen hätte. Schon die erste Voraussetzung kann nicht festgestellt werden.

Die Tochter A der Parteien hat allerdings bei ihrer Vernehmung im Vorprozeß (Bl. 124 ff GA) am 06.09.1993 bestätigt, sie habe das Bild, das - so wörtlich - "in der Wohnung in B irgendwo herumstand, ich nehme an auf dem Dachboden", am 24.12.1979 zusammen mit dem Kläger in das Büro in München gebracht (Bl. 125 GA). Der Kläger habe - so hat die Zeugin weiter bekundet - sie dort um ihren Rat gebeten, wo das Bild aufgehängt werden solle; zum Aufhängen sei es aber aus Zeitmangel nicht mehr gekommen (Bl. 126 GA). Diese Darstellung stimmt auch mit den Angaben der Zeugin in ihrer eidesstattlichen Versicherung vom 18.08.1989 (Bl. 61 GA) sowie bei ihrer Vernehmung durch den Generalkonsul in C vom 20.09.1991 (Bl. 224 ff GA) überein und die Zeugin hat sich - wie aus dem Urteil des Schöffengerichts in München vom 20.02.1998 (8840 Ls 256 Js 55311/95) hervorgeht - auch in dem vorgenannten, u. a. wegen falscher uneidlicher Aussage vor dem Generalkonsul in C und im Vorprozeß gegen sie gerichteten Strafverfahren in gleicher Weise geäußert. Für ihre Richtigkeit mögen auch die Aussagen der Zeuginnen Dr. Sch und Gräfin F in dem genannten Strafverfahren sprechen. Beide Zeuginnen haben in dem gegen die Zeugin A R gerichteten Strafverfahren ausgesagt, sie hätten das streitige Bild im Büro des Klägers in München gesehen (Zeugin Dr. Sch bei der StA - Bl. 436 ff, 441 - und in der Hauptverhandlung - Bl. 842 ff d. A. 256 Js 55311/95 StA München I; Zeugin Gräfin F vor der Polizei - Bl. 503 f - und in der Hauptverhandlung - Bl. 863 ff d. A. 256 Js 55311/95 StA München I), und das Schöffengericht hat daraus gefolgert, das könne dann nur um die Jahreswende 1979/1980 gewesen sein, da das Bild unstreitig ab Mitte des Jahres 1980 "wieder" in dem Hause in B gehangen habe (S. 18 unten UA). Die Aussagen der Zeuginnen Dr. Sch und Gräfin F widersprechen aber der Darstellung des Klägers und auch untereinander insoweit, als die Zeugin Dr. Sch im Gegensatz zu der Darstellung des Klägers und der Aussage der Zeugin Gräfin F angegeben hat, in der Zeit zwischen Weihnachten und dem Jahresende 1979 allein im Büro des Klägers gewesen zu, als sie dort das streitige Bild gesehen habe.

Schließlich spricht auch die eidesstattliche Versicherung des D K aus New York vom 06.11.1989 (Bl. 110 GA) für die Richtigkeit der Darstellung des Klägers. In dieser hat der Zeuge K angegeben, er habe das Bild des Malers J, das ihm von privaten Besuchen in der Wohnung der Parteien in Düsseldorf bekannt gewesen sei, bei seinem ersten Besuch in dem neu eingerichteten Münchner Büro des Klägers wieder gesehen. Dieser Besuch habe, wie er seinem Terminkalender entnommen habe, Anfang Januar 1980 stattgefunden.

Demgegenüber haben die Tochter A R (in dem Vorverfahren vor dem OLG München - Bl. 121 ff, 123 GA - sowie in dem Strafverfahren vor dem Schöffengericht in München - Bl. 839 ff d. A. 256 Js 55311/95 StA München I), jüngste Tochter der Parteien, und der Zeuge L (Bl. 845 ff d. A. 256 Js 55311/95 StA München I), Hausmeister der Parteien, übereinstimmend bekundet, das streitige Bild sei einige Tage vor dem 24.12.1979 von der Beklagten und dem Zeugen L in der Wohnung in B über einer Kommode mit Lampe aufgehängt worden und habe dort gehangen, bis der Kläger es im Jahre 1984 weggenommen habe.

Schon im Hinblick auf die widersprechenden Aussagen der Zeugen A R und L auf der einen und der Zeugen A R, Dr. Sch und Gräfin F auf der anderen Seite kann nicht festgestellt werden, daß das Bild sich am 25.12.1979 nicht mehr in der Wohnung der Parteien in B befunden hat. Der Beweiswert der Aussagen aller bisher gehörten Zeugen wird dadurch beeinträchtigt, daß die Ereignisse, zu denen die Zeugen gehört worden sind, im Zeitpunkt der (jeweils ersten) Vernehmung ca. 10 Jahre und länger zurücklagen und die Erinnerung an den genauen Zeitpunkt der Ereignisse schon aus diesem Grunde beeinträchtigt gewesen sein dürfte. Zwar mag der Umzug der Familie R von D nach B ein besonders markantes Ereignis gewesen sein, das den Zeugen die zeitliche Einordnung einzelner, mit dem Umzug im Zusammenhang stehender Vorgänge auch noch nach einem verhältnismäßig langen Zeitraum ermöglicht. Das gilt jedoch für die Zeuginnen A und A R sowie auch für den Zeugen L in gleicher Weise, so daß der Aussage keines Zeugen aus diesem Grunde ein höheres Gewicht beizumessen ist. Auch der Umstand, daß die Zeugin A R damals erst 9 Jahre alt war, rechtfertigt nicht die Annahme, sie habe sich deshalb an die ca. 10 Jahre zurückliegenden Vorgänge weniger gut erinnern können als ihre 8 Jahre ältere Schwester.

Hinzu kommt, daß (auch) aus anderen Gründen Zweifel an der Richtigkeit der Aussage der Zeugin bestehen. Diese ergeben sich zum einen daraus, daß der Kläger - wie oben bereits ausgeführt ist - zunächst behauptet hatte, er habe das Bild zusammen mit seiner Tochter A direkt von Düsseldorf nach München gebracht. Zum anderen hat die Zeugin A R die Vorgänge wenig glaubhaft so dargestellt, als sei das gerade erst von D nach B gebrachte wertvolle Gemälde dort zunächst einfach auf dem Dachboden abgestellt worden. Schließlich war das behauptete kurzzeitige Verbringen des Bildes in das Münchner Büro im Hinblick darauf, daß der Kläger es nach seiner eigenen Darstellung alsbald, möglicherweise, worauf das Herstellungsdatum auf einem das Gemälde in der Wohnung in Berg zeigenden Photo hinweist (vgl. S. 18 des Urteils des OLG München vom 07.10.1993 - 19 U 2538/92 - unter c - Bl. 100 GA), sogar schon vor Mai 1980, aus Sicherheitsgründen wieder in die Wohnung in B zurückgebracht haben will, wie das OLG München in seinem Urteil vom 07.10.1993 ausgeführt hat (vgl. S. 18/19 UA - Bl. 100/101 GA), "nicht gerade sinnvoll und naheliegend".

Entgegen der Annahme des Landgerichts München I und des Oberlandesgerichts München im Vorprozeß können allerdings daraus, daß die Zeugin A R nach den übereinstimmenden Aussagen ihrer Schwester und des Zeugen U am 24.12.1979 noch gar nicht in B gewesen sein soll, keine durchgreifenden Zweifel an der Richtigkeit ihrer Aussage hergeleitet werden. Der im Dezember 1979 geführte Briefwechsel der Zeugin A R mit dem Zeugen K (Bl. 495 ff, 662 ff d. A. 256 Js 55311/95 StA München I), insbesondere das Schreiben der Zeugin A R an den Zeugen K vom 23.12.1979 (Bl. 663-666 d. A. 256 Js 55311/95 StA München I), dessen Echtheit der Zeuge bei seiner eidlichen Aussage in der Hauptverhandlung am 18.02.1998 vor dem Schöffengericht in München bestätigt hat (Bl. 849 ff d. A. 256 Js 55311/95 StA München I), spricht in hohem Maße dafür, daß A R sich entgegen den Aussagen Ihrer Schwester A und des Zeugen L am 24.12.1979 schon in B aufgehalten hat.

Die Frage, ob A R am 24.12.1979 schon bei ihren Eltern in B war oder nicht, braucht hier aber nicht entschieden zu werden.

War sie an diesem Tage in B, so konnte sie zwar zusammen mit dem Kläger nach München fahren und das streitige Bild in das Büro des Klägers bringen, ehe dieser am folgenden Tage alle (übrigen) Einrichtungsgegenstände des Hauses in B einschließlich der Bilder der Beklagten zu Alleineigentum übertrug. Daß dies tatsächlich so war, ist damit aber noch nicht bewiesen. Den Aussagen der Zeugen A R und L, das streitige Bild sei vor Weihnachten 1979 in der Wohnung in B aufgehängt worden und habe sich dort befunden, bis der Kläger es im Jahre 1984 an sich nahm, ist zwar im Rahmen der Beweiswürdigung ein geringeres Gewicht beizumessen, wenn ihre weitere Aussage, die Tochter A sei am 24.12.1979 gar nicht in B gewesen, falsch ist. Damit wäre aber die Darstellung des Klägers, das Bild habe sich am 25.12.1979 im Büro in München befunden und nicht mehr zur Wohnungseinrichtung gehört, nicht schon als richtig erwiesen. Die im Kern, nämlich in der Darstellung, wo sich das streitige Bild am 25.12.1979 befunden hat, widerstreitenden Aussagen der Zeugen L und A R auf der einen und der Zeugen A R, Dr. Sch und F auf der anderen Seite stünden sich weiterhin kontrovers gegenüber und die bereits aufgezeigten Ungereimtheiten in der Darstellung des Klägers und Widersprüche in den Aussagen der Zeuginnen Dr. Sch und F wären nicht ausgeräumt.

Der Kläger hat sich allerdings im ersten Rechtszug zum Beweis dafür, daß er das Bild des Malers J vor dem 25.12.1979 in sein Büro in München gebracht hat, nicht nur auf die Aussage seiner Tochter A in dem Vorprozeß und in dem gegen sie gerichteten Strafverfahren sowie auf die Aussagen der Zeuginnen Dr. Sch und Gräfin F in dem letztgenannten Verfahren berufen (Bl. 8 ff GA). Er hat vielmehr darüber hinaus auch die Vernehmung der Zeuginnen Dr. Sch und F über die Behauptung beantragt, das Bild habe zum Jahreswechsel 1979/1980 in seinem Büro gehangen (Bl. 9/10 GA). Träfe diese Darstellung des Klägers zu, so wäre allerdings der Schluß gerechtfertigt, daß das Bild bereits am ersten Weihnachtstag, als der Kläger der Beklagten alle Einrichtungsgegenstände des Hauses in B zu Alleineigentum übertrug, nicht (mehr) in dem Wohnhaus hing und demgemäß auch nicht von der Verfügung des Klägers umfaßt wurde. Nach der Darstellung der Beklagten hat der Kläger das Bild nach dem 25.12.1979 auch nicht zeitweilig aus der Wohnung in B entfernt, ehe er es im Jahre 1984 wegnahm.

Nunmehr im Berufungsrechtszug beruft sich der Kläger zum Beweis des Transportes des Bildes am 24.12.1979 in sein Münchner Büro auf das Zeugnis seiner Tochter A. Ferner wiederholt er die Beweisantritte betreffend die Zeuginnen Dr. Sch und Gräfin F (Bl. 320 GA) und stellt darüber hinaus durch das Zeugnis des D K aus New York unter Beweis, daß das Bild in seinem Münchner Büro gehangen habe, als dieser ihn Anfang Januar 1980 dort aufgesucht habe (Bl. 321 GA).

Auch diese "neu" vorgetragenen Beweismittel rechtfertigen eine Durchbrechung der Rechtskraft nicht.

Der in den USA lebende Zeuge K ist, wie das OLG München in dem die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 16.02.1990 verwerfenden Urteil vom 07.10.1993 dargelegt hat (S. 20 UA unter 3), trotz verbindlicher Zusagen und darauf ausgerichteter Termine zur Beweisaufnahme nicht erschienen, obwohl ihm [offenbar in anderer Sache] sogar ein Flugticket zur Verfügung gestellt worden war, so daß er als unerreichbares Beweismittel anzusehen war. Dafür, daß der Zeuge nunmehr zu einer Vernehmung im vorliegenden Verfahren erscheinen würde, ist nichts dargetan. Der Kläger, der darauf hingewiesen hat, daß der Zeuge durch den deutschen Generalkonsul in New York vernommen werden könne, geht vielmehr ersichtlich davon aus, daß der Zeuge auch jetzt nicht zu einer Vernehmung vor dem Senat erscheinen wird. Eine Vernehmung durch den Generalkonsul in New York ist im vorliegenden Fall aber nicht in Erwägung zu ziehen, da es für die Beurteilung der Glaubwürdigkeit des Zeugen ganz entscheidend auf den persönlichen Eindruck des Gerichts bei der Vernehmung ankommt.

Erweisen sich die durch das Zeugnis Dr. Sch und Gräfin F unter Beweis gestellten Behauptungen als wahr und befand sich das streitige Bild schon unmittelbar nach Weihnachten 1979 nicht in der Wohnung der Parteien in B sondern in dem Büro des Klägers in München, ist davon auszugehen, daß es auch schon am 25.12.1979 dort war und nicht (mehr) zu den Einrichtungsgegenständen gehörte, die der Kläger der Beklagten zu Alleineigentum übertragen hat. Der Titel, dessen Herausgabe der Kläger von der Beklagten verlangt, wäre dann falsch. Gleichwohl würde die Unrichtigkeit des Titels in diesem Fall eine Durchbrechung der Rechtskraft nicht rechtfertigen. Nach der Rechtsprechung des BGH kann ein objektiv unrichtiges Urteil dann nicht über § 826 BGB korrigiert werden, wenn es - wie hier die Entscheidung im Vorprozeß - auf nachlässige Prozeßführung des Betroffenen zurückzuführen ist (vgl. BGH NJW-RR 1988, 957, 959 m. w. N.). Auch nach der Auffassung des Senats beruhte es auf Nachlässigkeit des Klägers, daß er die vorgenannten Zeuginnen nicht bereits im Vorprozeß als Beweismittel benannt hat. Die Zeugin Gräfin F hatte den Kläger bei der Einrichtung seines neuen Büros in München beraten. Dabei ist, wie die Zeugin bei ihrer Vernehmung vor dem Schöffengericht in München ausgesagt hat (Bl. 863 ff d. A. d. A. 256 Js 55311/95 StA München I), auch über das hier in Rede stehende Bild gesprochen worden und die Zeugin hat dem Kläger davon abgeraten, (asiatische) Vasen neben das ausdrucksstarke Bild zu stellen, und empfohlen, lieber den von ihr als unpassend empfundenen Teppich zu entfernen. Unter diesen Umständen erscheint es wenig glaubhaft, daß der Kläger sich zwar in den Jahren 1992/1993 aus Anlaß des gegen seine Tochter A gerichteten Strafverfahrens an den Besuch der Zeuginnen Dr. Sch und F erinnert haben will (Bl. 144 GA), nicht aber schon in dem drei Jahre zuvor eingeleiteten, gegen ihn selbst gerichteten Vorprozeß. Im Hinblick darauf, daß er zu der Zeugin Dr. Sch - wie der Kläger selbst vorträgt (vgl. Bl. 144 GA) - Ende der siebziger Jahre, wenn auch überwiegend in D, intensive geschäftliche Kontakte unterhielt (Bl. 319 GA), hätte es im übrigen nahe gelegen, daß der Kläger - wenn er sich nicht daran erinnerte, daß die Zeugin in dem Münchner Büro gewesen war und auf seine Nachfrage den Maler des Bildes nicht erkannt hatte - sich bei der Zeugin Dr. Sch erkundigt hätte, ob sie das Bild in seinem Münchner Büro gesehen hatte.

Sicherungsabtretung und Widerruf der Schenkung

Die Beklagte hat das ihr gemäß der Erklärung des Klägers vom 25.12.1979 erworbene Eigentum weder dadurch verloren, daß der Kläger das Bild an RA S in K zur Sicherung übereignet hatte, noch dadurch, daß er die Schenkung widerrufen hat. Auf die Ausführungen unter 4) und 5) des Urteils des OLG München vom 07.10.1993 (Bl. 103-108 GA) wird insoweit Bezug genommen. Gegen sie wendet sich der Kläger im vorliegenden Verfahren nicht.

Der Berufung des Klägers mußte hiernach der Erfolg versagt bleiben. Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 97, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Streitwert für die Berufungsinstanz und zugleich Beschwer des Klägers: 500.000,00 DM.

Ende der Entscheidung

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