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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 29.02.2000
Aktenzeichen: 23 U 43/99
Rechtsgebiete: ZPO, LöschG, GmbHG, BGB, VOB/B, AGBG, GKG


Vorschriften:

ZPO § 836 Abs. 1
ZPO § 794 Abs. 1 Nr. 4
ZPO § 795
ZPO § 750 Abs. 1
ZPO § 51
ZPO § 52
ZPO § 829 Abs. 1
ZPO § 835 Abs. 1
ZPO § 929 Abs. 3
ZPO § 788 Abs. 1 Satz 1
ZPO § 693 Abs. 2
ZPO § 91
ZPO § 92 Abs. 1
ZPO § 281 Abs. 3 Satz 2
ZPO § 92 Abs. 2
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 713
ZPO § 4 Abs. 1
LöschG § 1 Abs. 1
LöschG § 2 Abs. 3
LöschG § 2 Abs. 1
LöschG § 2
LöschG § 1 Abs. 2 Satz 2
GmbHG § 66 ff.
GmbHG § 66 Abs. 1
BGB § 133
BGB § 631 Abs. 1
BGB § 641
BGB § 209 Abs. 2 Nr. 1
BGB § 196 Abs. 1 Nr. 1
VOB/B § 2
VOB/B § 16
VOB/B § 16 Nr. 1
VOB/B § 16 Nr. 3 Abs. 1
VOB/B § 16 Nr. 6
VOB/B § 4 Nr. 7
VOB/B § 3 Nr. 3
VOB/B § 4 Nr. 7 Satz 3
VOB/B § 5 Nr. 4
VOB/B § 8 Nr. 3
VOB/B § 17 Nr. 1 Abs. 1
AGBG § 2
AGBG § 2 Abs. 1 Nr. 2
GKG § 19 Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

23 U 43/99

Verkündet am 29.2.2000

In dem Rechtsstreit

hat der 23. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 22. Februar 2000 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Dr. sowie der Richter am Oberlandesgericht und

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das am 27. Januar 1999 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Kleve unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert und wie folgt gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 21.100,43 DM nebst 5 % Zinsen aus 2.989,- DM seit dem 10.10.1995 sowie 4 % aus 1.650,- DM seit dem 10.9.1997 zu zahlen.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die durch die Anrufung des unzuständigen Landgerichts Aachen entstandenen Mehrkosten trägt der Kläger. Die übrigen Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen tragen der Kläger zu 9 % und der Beklagte zu 91 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung hat bis auf einen Teil des Zinsbegehrens auch in der Sache Erfolg. Der und (im Folgenden:) steht gegen den Beklagten eine den Klageanspruch übersteigende Vergütungsforderung zu (unten unter II.), zu deren Einziehung der Kläger infolge wirksamer Pfändung und Überweisung nach § 836 Abs. 1 ZPO berechtigt ist (folgend unter I.).

I.

Durch den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss des Amtsgerichts Eschweiler vom 14.11.1997 ist die Werklohnforderung der gegen den Beklagten wirksam gepfändet worden. Weder mangelt es an einer ordnungsgemäßen Zustellung des ihm zugrunde liegenden Vollstreckungsbescheids (unten 1.), noch an einer hinreichenden Bestimmtheit (unten 2.) oder einer Überweisung der gepfändeten Forderung (unten 3.).

1.

Die nach §§ 794 Abs. 1 Nr. 4, 795, 750 Abs. 1 ZPO erforderliche Zustellung des Vollstreckungsbescheids an den früheren Geschäftsführer der vom 24.9.1997 war wirksam. Dieser war in jener Zeit gesetzlicher Vertreter der Gesellschaft im Sinne der §§ 51, 52 ZPO, weil weder die Ablehnung der Konkurseröffnung mangels Masse noch die - damals bereits korrigierte - Eintragung einer Löschung gemäß § 1 Abs. 1 LöschG vom 25.6.1996 zur Beendigung der Gesellschaft oder zum Wegfall der Vertretungsbefugnis des früheren Geschäftsführers geführt haben.

Allerdings erlischt die Vertretungsbefugnis früherer Geschäftsführer oder Liquidatoren, wenn eine GmbH gemäß § 2 Abs. 1 des vorliegend noch anzuwendenden (Art. 2 Nr. 9, 110 Abs.1 und 3 EGInsO) Gesetzes über die Auflösung und Löschung von Gesellschaften und Genossenschaften (LöschG) wegen Vermögenslosigkeit im Handelsregister gelöscht worden ist; in diesem Fall sind zur Vertretung ausschließlich die vom Gericht gemäß § 2 Abs. 3 LöschG zu ernennenden Liquidatoren befugt (BGH NJW 1985, 2479 mwN.; BFH NJW 1986, 2594; OLG Frankfurt Rpfleger 1982, 290; BayObLG NJW 1994, 594, 496; OLG Hamm NJW-RR 1996, 1375, 1376). Ist die GmbH tatsächlich vermögenslos, wirkt die Löschung nach § 2 Abs. 1 LöschG konstitutiv mit der Folge, dass die Gesellschaft ohne Liquidation erlischt; ist sie dagegen nach § 2 LöschG wegen Vermögenslosigkeit gelöscht worden, obwohl sie tatsächlich nicht vermögenslos war, ist die GmbH nach § 2 Abs. 3 LöschG aufgelöst (BayObLG NJW-RR 1998, 1333; K. Schmidt in: Scholz, GmbHG, II. Band, 8. Aufl., Anh. § 60, Rn. 18 ff. mwN.). In beiden Fällen ist eine Zustellung an den früheren Geschäftsführer unwirksam (OLG Frankfurt aaO.).

Vorliegend ist die - noch vor der Zustellung berichtigte - "Löschung" vom 25.6.1996 jedoch nicht wegen Vermögenslosigkeit, sondern unter Bezugnahme auf § 1 Abs. 1 LöschG allein wegen der Ablehnung der Konkurseröffnung mangels Masse erfolgt; die Frage der Fortsetzung der Gesellschaft beurteilt sich daher ausschließlich nach dem auf § 1 Abs. 1 LöschG beruhenden Auflösungsgrund (BayObLG NJW-RR 1996, 417). Nach Satz 1 dieser Bestimmung wird die GmbH durch die rechtskräftige Abweisung des Konkurseröffnungsantrags jedoch lediglich aufgelöst. Dies hat zwar zur Folge, dass die Gesellschaft nicht mehr als werbende existiert, sondern nach Maßgabe der §§ 66 ff. GmbHG zu liquidieren ist; sie besteht aber als Abwicklungsgesellschaft weiter und bleibt rechts- und parteifähig (BGHZ 94, 105, 108 [insoweit in NJW 1985, 1836 nicht abgedruckt); BGH NJW 1988, 1321, 1322; BAG NJW 1988, 2637; OLG Düsseldorf [8. Zivilsenat] BB 1988, 860; Vollkommer in: Zöller, ZPO, 21. Aufl. 1999, § 50, Rn. 4b). Die bisherigen Geschäftsführer der GmbH sind und bleiben nach § 66 Abs. 1 GmbHG geborene Liquidatoren und als solche zur Vertretung der Gesellschaft berechtigt (BGH NJW 1988, 1321, 1322; OLG Düsseldorf aaO.; Scholz-K. Schmidt, § 66 GmbHG, Rn. 4 f.; Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 13. Aufl., § 66, Rn. 1; Zöller-Vollkommer, § 51 ZPO, Rn. 4a; vergl. auch BGH NJW 1996, 2035).

Das Handelsregister vermag der Ablehnung der Konkurseröffnung keine weitergehende Wirkung zu verleihen, weil die Eintragung, wie § 1 Abs. 2 Satz 2 LöschG zeigt, lediglich deklaratorische Bedeutung hat. Zum Erlöschen, zur Vollbeendigung und gleichzeitig zum Wegfall der Gesellschaft selbst kommt es in den Fällen des § 1 Abs. 1 LöschG allenfalls dann, wenn die GmbH wirklich und erwiesenermaßen vermögenslos ist (BGH NJW 1988, 1321, 1322; OLG Düsseldorf aaO.). Allein die Ablehnung, der Konkurseröffnung mangels Masse rechtfertigt diese Annahme jedoch nicht (BGHZ 94, 105, 108 ; BAG NJW 1988, 2637 f.; BayObLG NJW 1994, 594, 495); dies gilt vorliegend umso weniger, als die Gesellschaft nach dem Beschluss des Amtsgerichts Eschweiler vom 14.5.1999 tatsächlich noch über Vermögen verfügt und hierzu auch die im vorliegenden Rechtsstreit geltend gemachte Vergütungsforderung zählt (folgend unter II.).

2.

Der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss genügt auch den Bestimmtheitserfordernissen des § 829 Abs. 1 ZPO.

Allerdings muss der Beschluss aus Gründen der Rechts- und Verkehrssicherheit die zu pfändende Forderung und ihren Rechtsgrund so genau bezeichnen, dass bei verständiger Auslegung auch für Dritte unzweifelhaft feststeht, welche Forderung Gegenstand der Zwangsvollstreckung sein soll. Erforderlich ist deshalb, dass der Beschluss Forderungsgläubiger und -schuldner, den Drittschuldner, den Forderungsbetrag sowie den Rechtsgrund der Forderung so genau umreißt, dass der gepfändete Anspruch identifiziert und von anderen Forderungen unterschieden werden kann. Bei der hiernach gebotenen Auslegung, der auch ein Pfändungs- und Überweisungsbeschluss als Prozesshandlung zugänglich ist, kommt es gemäß § 133 BGB nicht allein auf den Wortlaut an; entscheidend ist vielmehr, was bei sachgerechter und vernünftige Auslegung gemeint war. Übermäßige Anforderungen sind hieran schon deshalb nicht zu stellen, weil der Gläubiger in der Regel die Verhältnisse des Schuldners nur oberflächlich kennt. Ungenaue Angaben sowohl hinsichtlich des Gegenstandes und des Schuldgrundes der Forderung als auch hinsichtlich der beteiligten Personen sind daher unschädlich, wenn eine sachgerechte Auslegung ergibt, was in Wahrheit gemeint ist. Eine Einschränkung ergibt sich nur daraus, dass es einer hinreichenden Bestimmtheit des Beschlusses nicht nur für die unmittelbar Beteiligten, sondern auch im Interesse anderer Personen und insbesondere weiterer pfändungswilliger Gläubiger bedarf, die nicht darauf verwiesen werden können, zur Identifikation der gepfändeten Forderung notwendige Angaben aus anderen Unterlagen oder aus Umständen außerhalb des Pfändungsbeschlusses zu ermitteln. Die Auslegung ist deshalb nach objektiven Gesichtspunkten vorzunehmen; außerhalb des Beschlusses liegende Umstände dürfen nicht herangezogen werden, sofern sie nicht offenkundig sind (Senat, OLGR 1995, 87, 88 f. mwN.).

Diesen Anforderungen genügt die Umschreibung der gepfändeten Forderung auf Seite 1 des Beschlusses vom 14.11.1997 unabhängig davon, ob die dort genannten Schriftstücke ihm beigefügt waren oder nicht. Aus Sicht eines Dritten war jener Formulierung zu entnehmen, dass die Ansprüche der "aus dem Bauvertrag vom 06.02.1995" ohne Rücksicht auf seine Herleitung im Einzelnen bis zu einem Betrag von jedenfalls 72.955,79 DM gepfändet werden sollten; dass sich das - für sich genommen kaum nachvollziehbare - Schreiben des Rechtsanwalts vom 11.9.1996 auch auf hiervon nicht erfasste Forderungen aus Zusatzverträgen erstreckte, steht einer (noch) hinreichenden Bestimmtheit nicht entgegen.

3.

Dass diese Forderung dem Kläger in Höhe des gepfändeten Betrages nach § 835 Abs. 1 ZPO zur Einziehung überwiesen worden ist, ergibt sich entgegen den erstinstanzlichen Bedenken des Beklagten aus dem mit seitlichen Linien versehenen Fettsatz auf Seite 2 des Beschlussvordrucks vom 14.11.1997. Mit der nach § 929 Abs. 3 ZPO für die Pfändung allein maßgeblichen Zustellung dieses Beschlusses an den Beklagten am 25.11.1997 war deshalb das Einziehungsrecht des Klägers aus § 836 Abs. 1 ZPO entstanden.

Der Höhe nach setzt sich der gepfändete Betrag aus der im Vollstreckungsbescheid titulierten Hauptforderung von 18.952,- DM, den Kosten des automatisierten Mahnverfahrens von 1.650,- DM, den Kosten früherer Vollstreckungsmaßnahmen von 35,- DM, den ebenfalls der Pfändung unterlegten Ansätzen für Anwalts- und Gerichtskosten von 399,93 DM und 20,- DM sowie den nach § 788 Abs. 1 Satz 1 ZPO gleichzeitig beizutreibenden Zustellungskosten des Gerichtsvollziehers gemäß Postübergabeurkunde vom 25.11.1997 in Höhe von 43,80 DM zusammen; dies entspricht der geltend gemachten Hauptforderung von 21.100,43 DM. Mangels Pfändung und Überweisung ist das Zinsbegehren dagegen von vorneherein unbegründet, soweit es die im Vollstreckungsbescheid titulierten Betrage von 5 % aus 2.898,- DM seit dem 10.10.1995 und von 4 % aus 1.650,- DM übersteigt; insoweit unterliegt die Klage deshalb der Abweisung.

II.

In Höhe der gepfändeten und zur Einziehung überwiesenen Beträge steht der aus §§ 631 Abs. 1 BGB, 2 VOB/B eine fällige und einredefreie Werklohnforderung gegen den Beklagten zu. An dieser Feststellung ist der Senat durch den übereinstimmenden Wunsch er Parteien nach Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und Zurückverweisung der Sache an das Landgericht nicht gehindert (§ 540 ZPO).

1.

Nach dem nicht - oder jedenfalls nicht substantiiert - bestrittenen Vortrag des Klägers hat der Beklagte auf den mit der vereinbarten Pauschalpreis von 254.000,- DM Zahlungen in Höhe von insgesamt 190.000,- DM erbracht; weitergehende Zahlungen hat der für die Erfüllung darlegungs- und beweispflichtige Beklagte nicht vorgetragen. Auf den Streit der Parteien über Ansprüche wegen zusätzlich in Auftrag gegebener Arbeiten kommt es nicht an, weil diese von der Pfändung nicht erfasst wurden (oben I.2.). Von dem danach noch offenen Betrag von 64.000,- DM hat der Beklagte nach seinem Telefax vom 21.9.1995 allein 49.000,- DM aus der 5. und 6. Abschlagsrechnung der zurückbehalten. Selbst unter Anrechung der vom Kläger anerkannten Beträge von 8.256,50 DM (Eigenbeschaffung Fliesen) und 9.984,88 DM (Überzahlung Rechnung Sanierungsarbeiten vom 4.8.1995) verbleibt danach eine über die gepfändeten Beträge hinausgehende Restforderung.

3.

Diese Vergütungsforderung ist fällig.

a)

Allerdings beurteilt sich diese Frage - entgegen der Auffassung des Klägers - nicht nach § 641 BGB, sondern nach § 16 VOB/B, weil die Verweisung unter Ziffer I.4. des Bauvertrags vom 6.2.1995 den Anforderungen des § 2 AGBG an eine Einbeziehung der VOB/B in das Vertragsverhältnis genügt; es kann daher dahinstehen, ob sich der Kläger als Rechtsnachfolger der überhaupt auf eine ungenügende Einbeziehung berufen könnte (verneinend OLG Hamm NJW-RR 1996, 593).

Zwar kann die VOB/B gegenüber einem weder im Baugewerbe tätigen noch sonst im Baubereich bewanderten Vertragspartner gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 2 AGBG nicht durch bloßen Hinweis auf ihre Geltung in den Vertrag einbezogen werden; dem anderen Vertragsteil muß vielmehr auch die Möglichkeit der Kenntnisnahme von ihrem Inhalt gegeben werden (BGH NJW 1990, 715 f.; Werner/Pastor, Der Bauprozeß, 9. Aufl. 1999, Rn. 1012; jeweils mwN.). Anderes gilt jedoch, wenn der Vertragspartner des Verwenders auf dem Bausektor gewerblich tätig ist und deshalb davon auszugehen ist, dass er die VOB/B kennt; in diesem Fall reicht der bloße Hinweis auf deren Geltung aus (BGH aaO.; BGHZ 86, 136, 138 f. = NJW 1983, 816, 817; BGH NJW 1989, 836; Ingenstau-Korbion, VOB, 13. Aufl. 1996, Einl. Rn. 94). Dass dies vorliegend auch auf den Beklagten zutrifft, liegt schon mit Rücksicht auf die Art des Bauvorhabens nahe. Dies kann aber letztlich offen bleiben, weil der Beklagte bei Vertragsabschluß durch einen Architekten vertreten war, bei dem die Kenntnis der VOB/B vorausgesetzt werden muss; in einem solchen Fall genügt ebenfalls der Hinweis auf ihre Geltung (BGH NJW 1990, 715, 716; OLG Hamm NJW-RR 1996, 593; Ingenstau-Korbion, Einl. Rn. 95; Werner/Pastor aaO., Rn. 1011).

b)

Das Fehlen der unter Ziffer 9.1. des Bauvertrages vorgesehenen Abnahme steht der Fälligkeit der Forderung nicht entgegen.

Allerdings kann der Kläger die Forderung der nicht mehr aus den Abschlagsrechnungen vom 14.9.1995 herleiten. Zwar hängt die Fälligkeit von Abschlagszahlungen nicht von einer (Teil-)Abnahme der Werkleistung ab (BGH BauR 1979, 159, 161; Werner/Pastor aaO., Rn. 1222, 1339); das gilt gleichermaßen für den Einheitspreis- wie für den Pauschalvertrag (BGH NJW 1991, 565). Die Regelung des § 16 Nr. 1 VOB/B soll jedoch lediglich dazu dienen, den vorleistungspflichtigen Auftragnehmer zu entlasten und die gerade bei Bauleistungen mit der Vorfinanzierung verbundenen wirtschaftlichen Nachteile auszugleichen (BGH aaO.; NJW 1985, 1840 mwN.; BauR 1987, 453). Ein Anspruch auf Abschlagszahlung steht dem Auftragnehmer nicht nur dann nicht mehr zu, wenn das Vertragsverhältnis durch Kündigung beendet worden ist (BGH BauR 1987, 453; OLG Düsseldorf [22. Zivilsenat] NJW-RR 1992, 1373) oder der Auftragnehmer gar eine Schlussrechnung erstellt hat (BGH NJW 1985, 1840; NJW 1991, 565, 566); der Auftragnehmer muß seine Leistungen ohne Anspruch auf Abschlagszahlung auch dann umfassend abrechnen, wenn sie - wie hier - vollständig erbracht oder anderweitig abgeschlossen sind (BGH NJW 1999, 1867; OLG Hamm NJW-RR 1996, 593; Ingenstau-Korbion, § 16 VOB/B, Rn. 75; Werner/Pastor aaO., Rn. 1228) oder wenn die Vertragsparteien den Bauvertrag ausdrücklich oder stillschweigend aufgehoben haben (BGH NJW 1991, 565, 566).

Für die Fälligkeit der somit allein in Betracht kommenden Schlusszahlungsforderung aus dem Bauvertrag bedarf es zwar auch beim VOB-Vertrag grundsätzlich einer Abnahme (vergl. Werner/Pastor aaO., Rn. 1377 mwN.). Diese war aber vorliegend entbehrlich, weil der Beklagte angeblich von der zu vertretende Mängel selbst beseitigt haben will und noch vorhandene Mängel nicht dargelegt hat; er hat damit zu erkennen gegeben, daß er an einer weiteren Vertragserfüllung der nicht mehr interessiert ist. In einem solchen Fall hat ohne Rücksicht auf gesetzliche oder vertragliche Fälligkeitsregelungen eine Abrechnung der beiderseitigen Ansprüche stattzufinden (vergl. BGH NJW 79, 459; Senat, OLGR 1995, 221; Ingenstau/Korbion, § 16 VOB/B, Rn. 18; Werner/Pastor, aaO., Rn. 1338, 1379).

c)

Auch das Fehlen einer Schlussrechnung hindert die Fälligkeit der Vergütungsforderung nicht.

Allerdings wird die Restwerklohnforderung aus einem Pauschalvertrag regelmäßig erst dann fällig, wenn die Voraussetzungen des § 16 Nr. 3 Abs. 1 VOB/B vorliegen; auch in diesem Fall bedarf es daher einer prüfbaren Schlußrechnung (BGH NJW 1989, 836 f. mwN.; NJW 1991, 565; NJW 1999, 1867, 1869; Werner/Pastor aaO., Rn. 1392). Prüffähig ist eine Abrechnung, wenn sie den Auftraggeber in die Lage versetzt, die an den vertraglichen Vereinbarungen zu messende Berechtigung der Forderung zu überprüfen und eventuelle Unrichtigkeiten der Abrechnung zu erkennen; auf die Richtigkeit der Berechnungen kommt es nicht an (BGH NJW 1999, 1867 f.). Die Anforderungen an die Prüffähigkeit dienen allein dem Schutz des Auftraggebers; sie sind im Einzelfall umso geringer, je weniger der Auftraggeber diesen Schutz in Anspruch nimmt (BGH aaO.). Bei der Abrechnung der Restforderung aus einer vollständig abgewickelten Pauschalpreisvereinbarung bedarf es daher nur einer Gegenüberstellung des Pauschalpreises sowie erbrachter Abschlagszahlungen und etwaiger Gutschriften (BGH BauR 1979, 525 f.; NJW 1989, 836 f.; BGH NJW 1999, 1867, 1869; Werner/Pastor aaO., Rn. 1392).

Ob vorliegend bereits die Abschlagsrechnungen der in ihrer Gesamtheit die Voraussetzungen der Prüfbarkeit erfüllten und als "Schlussrechnung" genügten (vergl. OLG Hamm NJW-RR 1996, 593 mwN.), kann dahinstehen. Dem Beklagten war jedenfalls sowohl die Höhe des vereinbarten Pauschalpreises wie auch der Umfang der von ihm hierauf geleisteten Zahlungen bekannt; die Parteien haben hierüber unfangreich korrespondiert und unter Einbeziehung zusätzlich in Auftrag gegebener Leistungen abgerechnet. In einem solchen Fall kann sich der Auftraggeber auf das Fehlen einer prüfbaren Schlussrechnung nicht berufen (vergl. OLG Hamm aaO.; Ingenstau-Korbion, § 16 VOB/B, Rn. 98).

3.

Die Verjährungseinrede des Beklagte ist schon deshalb unbegründet, weil die zweijährige Verjährungsfrist des § 196 Abs. 1 Nr. 1 BGB nicht bereits durch die Einstellung der Arbeiten, sondern erst durch die frühestens im Jahre 1996 herbeigeführte Fälligkeit (oben 2.) in Gang gesetzt wurde (§ 198 BGB); im übrigen wäre die Frist selbst bei einem früheren Verjährungsbeginn nach §§ 209 Abs. 2 Nr. 1 BGB, 693 Abs. 2 ZPO durch den am 24.12.1997 eingegangenen und "demnächst" zugestellten Mahnbescheid unterbrochen worden.

4.

Sonstige Gegenrechte stehen dem Beklagten ebenfalls nicht zu.

a)

Zur Zurückbehaltung ist der Beklagte schon deshalb nicht berechtigt, weil er noch vorliegende Mangel der Werkleistung der nicht substantiiert dargelegt hat. Aus den gleichen Gründen scheidet auch eine Minderung nach § 16 Nr. 6 VOB/B aus; im übrigen wurde allein die Insolvenz der als lediglich subjektives Unvermögen keine Unmöglichkeit im Sinne dieser Vorschrift begründen (vergl. Ingenstau-Korbion, § 13 VOB/B, Rn. 617).

b)

Schadensersatzansprüche wegen mangelhafter oder unvollständiger Leistungen stehen dem Beklagten ebenfalls nicht zu, weil er es versäumt hat, vor Einschaltung eines Drittunternehmers den Vertrag mit der zu kündigen.

Für den VOB-Vertrag enthalten die §§ 4 Nr. 7, 3 Nr. 3 VOB/B eine abschließende Regelung der Ansprüche des Auftraggebers aus Mängeln, die sich schon vor Vollendung und Abnahme der Werksleistung gezeigt haben. Der Auftraggeber ist danach auch bei Verzug des Auftragnehmers mit der Mängelbeseitigung grundsätzlich nicht ohne Einhaltung des in § 4 Nr. 7 Satz 3 VOB/B vorgeschriebenen Weges befugt, die Mängel auf Kosten des Auftraggebers durch einen anderen Unternehmer beseitigen zu lassen. Er kann daher die ihm aus der Einschaltung des Dritten entstehenden Mehrkosten nur dann ersetzt verlangen, wenn er zuvor dem Auftragnehmer nach fruchtlosem Ablauf der unter Ablehnungsandrohung gesetzten Nachfrist den Auftrag entzogen hat (BGH BauR 1986, 573, 574; BauR 1997, 1027, 1028; Werner/Pastor aaO., Rn. 1618). Dies gilt nach §§ 5 Nr. 4, 8 Nr. 3 VOB/B auch bei Verzögerungen mit dem Beginn oder der Vollendung des Auftrags (OLG Düsseldorf [19. Zivilsenat] BauR 1994, 369, 370). In beiden Fällen kann deshalb der Auftraggeber die ihm aus der Beauftragung eines anderen Unternehmers entstandenen Mängelbeseitigungskosten nicht vom Auftraggeber ersetzt verlangen.

Ob vorliegend die Nachfristsetzung als sinnlose Förmelei entbehrlich gewesen wäre, ist zweifelhaft, weil weder die Liquidation der noch deren Löschung den Schluss auf ihre Leistungsunfähigkeit rechtfertigten (vergl. BGH BauR 1979, 159, 160). Unabhängig davon muss der Auftraggeber zunächst den Vertrag mit dem Auftragnehmer kündigen, bevor er auf dessen Kosten einen anderen Unternehmer heranziehen und diesem die weiteren Arbeiten übertragen darf (BGH BauR 1986, 573, 575; OLG Düsseldorf [19. Zivilsenat] BauR 1994, 369, 370; Werner/Pastor aaO.); mit dem nach wie vor vertretungsberechtigten Geschäftsführer der (oben I.1.) stand ihm auch ein "Ansprechpartner" zur Verfügung.

c)

Ein Sicherheitseinbehalt aus Ziffern 8.1. oder 10.3. des Bauvertrags steht dem Beklagten ebenfalls nicht zu. Nach § 17 Nr. 1 Abs. 1 VOB/B kann ein Sicherheitseinbehalt auch beim VOB-Vertrag nur verlangt werden, wenn er ausdrücklich vereinbart worden ist (Ingenstau-Korbion, § 17 VOB/B, Rn. 9; Werner/Pastor aaO., Rn. 1240). Eine solche Abrede enthält der Bauvertrag nicht; danach ist die Einforderung eines Sicherheitseinbehalts lediglich in das "Ermessen des Bauherrn" gestellt (Ziffer 8.1.) bzw. dem Bauherrn vorbehalten (Ziffer 10.3.). Dies genügt nicht den Anforderungen an eine zweiseitige rechtsgeschäftliche Vereinbarung.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 92 Abs. 1, 281 Abs. 3 Satz 2 ZPO; die Anwendung des § 92 Abs. 2 ZPO kam schon deshalb nicht in Betracht, weil die Zuvielforderung des Klägers besondere Kosten verursacht hat. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils hat ihre Grundlage in den §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Zur Zulassung der Revision (vgl. § 546 Abs. 1 ZPO) besteht kein Anlass.

Streitwert für den Berufungsrechtszug: (21.100,43 DM + 4.700,- DM + 200,- DM + 22.983,46 DM) = 48.983,68 DM Beschwer: für den Kläger: 4.000,- DM für den Beklagten: 44.983,38 DM

Bei der Berechnung des Streitwerts sind neben den im Mahn- und Vollstreckungsverfahren entstandenen Kosten auch die geltend gemachten Zinsforderungen einzubeziehen, weil Hauptforderung im Sinne des § 4 Abs. 1 ZPO nicht die Forderungen des Klägers gegen die sondern die gepfändeten Werklohnansprüche der gegen den Beklagten sind und sich diese um die titulierten Zinsanteile erhöhen. Bei den beziffert geltend gemachten streitigen Gegenrechten des Beklagten wegen Bauschutt, Lüftungskamin und Lüftung Imbiss-Stube in Höhe von insgesamt (11.174,32 DM + 6.180,93 DM + 5.628,21 DM) 22.983,46 DM handelt es sich der Sache nach um eine Hilfsaufrechnung im Sinne des § 19 Abs. 3 GKG, da der Beklagte in erster Linie bereits Bestand und Fälligkeit der restlichen Vergütungsforderung in Abrede gestellt hat.

Ende der Entscheidung

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