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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 25.07.2003
Aktenzeichen: 23 U 78/02
Rechtsgebiete: AGBG, WEG, BGB, EGBGB, ZPO


Vorschriften:

AGBG § 1 Abs. 1 Satz 1
AGBG § 9
AGBG § 11 Nr. 5 b) a. F.
AGBG § 24a a. F.
AGBG § 24a Nr. 1
AGBG § 24a Nr. 2
WEG § 5 Abs. 2
BGB § 14
BGB § 246
BGB § 274 Abs. 2
BGB § 286 Abs. 1
BGB § 291
BGB § 309 Nr. 5 b) n. F.
BGB § 320
BGB § 322
BGB § 322 Abs. 3
BGB § 389
BGB § 641 Abs. 3
BGB § 641 Abs. 4
EGBGB Art. 229 § 1 Abs. 2 Satz 2
EGBGB Art. 229 § 5 Satz 1
ZPO § 529
ZPO § 533 Nr. 2
1. Die folgende, in Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltene Klausel ist nach § 11 Nr. 5 b) AGBG a. F. unwirksam:

"Rückständige Raten sind ab Fälligkeit - vorbehaltlich weiterer Ansprüche der Verkäuferin - mit 10 % p. a. zu verzinsen."

2. Das AGB-Gesetz ist mit Blick auf die Klauselrichtlinie der EG richtlinienkonform auszulegen. § 24a AGBG a. F. ist deshalb bereits auf Vertragsverhältnisse anzuwenden, die vor In-Kraft-Treten dieser Vorschrift, aber nach dem 31.12.1994 abgeschlossen wurden.

3. Balkone einer Eigentumswohnung sind auch hinsichtlich der Anlegung eines ordnungsgemäßen Gefälles Gegenstand des Gemeinschaftseigentums, § 5 Abs. 2 WEG.

4. Der Annahmeverzug des Gläubigers beseitigt sein Zurückbehaltungsrecht aus § 320 BGB nicht, sondern gibt dem anderen Teil nach § 322 Abs. 3, § 274 Abs. 2 BGB nur die Befugnis, aus dem Urteil ohne Bewirkung der eigenen Leistung die Zwangsvollstreckung zu betreiben.

5. Das Zurückbehaltungsrecht aus §§ 320, 641 Abs. 3 BGB schließt einen Schuldnerverzug ebenso aus wie die Möglichkeit, mit Erfolg Prozess- oder Fälligkeitszinsen geltend zu machen.


Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten und auf die Anschlussberufung der Klägerin wird das am 5. April 2002 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 1. Zivilkammer des Landgerichts Kleve unter Zurückweisung der weitergehenden Rechtsmittel teilweise geändert und wie folgt neu gefasst:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 9.143,69 EUR auf das Konto der Klägerin bei der VR Volks- und Raiffeisenbank e. G. M...., Konto-Nr. .............. zu zahlen, Zug um Zug gegen Beseitigung der Mängel an den beiden Balkonen der Wohnungen Nr. 1 und 6 im Haus der Klägerin U......Str., 47441 M...., die in dem nicht ausreichenden Gefälle der Balkonoberflächen und in dem nicht ordnungsgemäßen Einbau der Bodensenken als Abflüsse in Höhe des Fliesenbelages bestehen.

2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte keinen Anspruch auf Ersatz eines Mietausfallschadens für die Zeit vom 1.1.1998 bis zum 31.3.1998 hat.

3. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

4. Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen die Klägerin zu 44 % und die Beklagte zu 56 %. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin zu 60 % und die Beklagte zu 40 %.

5. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

Die zulässige Berufung der Beklagten und die ebenfalls zulässige Anschlussberufung der Klägerin haben jeweils zum Teil Erfolg. Die Beklagte schuldet der Klägerin noch die Zahlung von 9.143,69 EUR Restwerklohn, Zug um Zug gegen Beseitigung der noch bestehenden Mängel an den beiden Balkonen ihrer Wohnungen. Dabei ist Gegenstand des Berufungsverfahrens nur noch die Entscheidung des Landgerichts zu den Klageanträgen zu 1. und 2., der Ausspruch zu 3. (negative Feststellungsklage hinsichtlich der Verpflichtung der Klägerin, einen Mietausfallschaden der Beklagten zu ersetzen) ist von der Beklagten mit der Berufung nicht angefochten.

Soweit es auf die Anwendung von Vorschriften des bürgerlichen Rechts ankommt, ist das bis zum 31.12.2001 geltende Recht maßgeblich, Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB.

I.

Die Klägerin hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung von 599,59 EUR. Bei diesem Betrag handelt es sich um ausgerechnete Zinsen in Höhe von 10 % auf die jeweils 5. Rate der beiden Verträge vom 19.3.1996 und 15.4.1997 für die Zeit vom 1.1. bis zum 30.3.1998. Das Landgericht hat einen Anspruch aus § 5 der jeweiligen Verträge angenommen, allerdings - wie die Beklagte mit der Berufung zutreffend rügt - zu Unrecht.

1. Es ist bereits sehr zweifelhaft, ob die vertraglichen Voraussetzungen des Zinsanspruchs vorliegen. § 5 der Verträge bestimmt, dass rückständige Raten ab Fälligkeit mit 10 % p.a. zu verzinsen sind. Nach derselben Vertragsbestimmung ist Voraussetzung der Fälligkeit der 5. Rate die "Bezugsfertigkeit und Besitzübergabe". Die Voraussetzungen, die § 13 der Verträge für die "Berechtigung" der Verkäuferin aufstellt, die Bezugsfertigkeit "zu erklären", waren für den hier maßgeblichen Zeitraum vom 1.1.1998 bis zum 31.3.1998 aber unstreitig nicht erfüllt. Dazu gehört nämlich ein "Gebrauchsabnahmeschein bzw. Benutzbarkeitsbescheinigung". Ob man aus dem tatsächlichen Einzug etwas anderes folgern, also die Bezugsfertigkeit annehmen kann, ist nicht ganz zweifelsfrei. Jedenfalls ist allerdings eine Fälligkeit der 5. Rate nicht mehr mangels Vorliegens der Fälligkeitsvoraussetzungen des § 5 der Verträge ab dem Zeitpunkt verneinen, in dem das Gesamtbauwerk abgenommen wurde. Die Abnahme fand unstreitig am 23.3.1998 statt, so dass jedenfalls für die Tage vom 23.3. bis 30.3.1998 ein Zinsanspruch in Betracht käme.

2. Weitere Einzelheiten hierzu können aber offen bleiben, weil die fragliche Vertragsklausel nach § 11 Nr. 5 b) AGBG unwirksam ist, wie die Berufungsbegründung zu Recht geltend macht. Die Klausel lautet nämlich:

"Rückständige Raten sind ab Fälligkeit - vorbehaltlich weiterer Ansprüche der Verkäuferin - mit 10 % p. a. zu verzinsen."

Entgegen der Auffassung der Klägerin stellt dies die Vereinbarung eines pauschalierten Anspruchs des Verwenders auf Schadensersatz im Sinne des § 11 Nr. 5 b) AGBG dar. Sie erfasst nämlich auch den Zinsschaden, den die Klägerin - über § 641 Abs. 4, § 246 BGB hinausgehend - sonst nur aus § 286 Abs. 1 BGB verlangen könnte.

Offen bleiben kann, ob auch dem Umstand, dass die Verzinsungspflicht an die Fälligkeit und nicht an den Verzug geknüpft wird, eine Bedeutung für die Beurteilung der Wirksamkeit der Klausel nach § 9 AGBG beizumessen ist. Immerhin sieht die Klausel damit Fälligkeitszinsen abweichend von § 641 Abs. 4 BGB auch für einen Zeitraum vor Abnahme vor. Jedenfalls erweckt die Klausel den Anschein, dass der Beklagten der Nachweis abgeschnitten werden soll, ein Schaden sei nicht oder in geringerer Höhe entstanden. Anders als nach dem hier noch nicht anwendbaren § 309 Nr. 5 b) BGB n. F. muss eine entsprechende, den Schaden pauschalierende Klausel zwar nach bisherigem Recht nicht ausdrücklich den Nachweis eines geringeren Schadens gestatten (BGH NJW 1985, 320, 321). Es genügt aber, dass die Klausel für den rechtsungewandten Kunden den Eindruck einer endgültigen, einen Gegenbeweis ausschließenden Festlegung erweckt (BGH a.a.O.). Das ist hier wegen der Formulierung "sind ... zu verzinsen" im Zusammenhang mit dem Zusatz "vorbehaltlich weiterer Ansprüche der Verkäuferin" der Fall. Dadurch wird der Eindruck erweckt, dass lediglich weitergehende Ansprüche der Verkäuferin, nicht aber eine Anspruchsminderung durch den Nachweis eines geringeren Zinsschadens möglich sein soll.

Die Anwendbarkeit des AGB-Gesetzes scheitert auch nicht daran, dass die Klausel sich in einem notariellen Vertrag befindet. Freilich kann in diesen Fällen zweifelhaft sein, ob eine Vertragspartei die Vertragsklausel einseitig "gestellt" hat und ob letztere für eine Vielzahl von Verträgen bestimmt ist im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 AGBG. Das steht der Anwendbarkeit des AGB-Gesetzes aber hier gemäß § 24a Nr. 1 AGBG nicht entgegen.

a) § 24a AGBG ist im vorliegenden Fall anwendbar, obwohl die Vorschrift erst mit Wirkung vom 25.7.1996 in das AGB-Gesetz eingefügt wurde. Damit gilt die Vorschrift unmittelbar an sich hier nur für den Vertrag vom 15.4.1997, nicht aber für den Vertrag vom 19.3.1996. Die Bestimmung beruht indes auf der Klauselrichtlinie der EG, die von Deutschland eigentlich bereits zum 1.1.1995 in nationales Recht hätte umgesetzt werden müssen. Vor diesem Hintergrund ist das AGBG auch schon für die Zeit vor Juli 1996 richtlinienkonform auszulegen (Palandt/Heinrichs, BGB, 61. Aufl. 2002, § 24a AGBG Rdnr. 3). Die Vorschriften der Richtlinie sind auch schon vor der Umsetzung in deutsches Recht zu beachten. § 24a AGBG ist deshalb auch auf Vertragsverhältnisse anzuwenden, die vor In-Kraft-Treten dieser Vorschrift, aber nach dem 31. 12. 1994 abgeschlossen wurden (OLG Frankfurt a. M. NJW-RR 2000, 1367; s. auch OLG Düsseldorf NJW-RR 1997, 372).

b) Im übrigen liegen die Voraussetzungen des § 24a AGBG vor. Die Klägerin als Bauträgerin ist Unternehmerin, weil der Abschluss der Kaufverträge über die von ihr erstellten Eigentumswohnungen zu ihrer gewerblichen Tätigkeit gehören, § 24a AGBG, jetzt § 14 BGB. Anhaltspunkte dafür, dass dies auch für die Beklagte gelten könnte, sind nicht erkennbar. Sie hat jedenfalls eine der Wohnungen offenbar an ihren Mann vermietet, der dort ein Gewerbe betreibt. Dass der Kauf von Wohnungen zum Zwecke der Weitervermietung zur selbständigen beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit der Beklagten gehört, folgt daraus aber nicht.

c) Die von dem Notar entworfenen Klauseln gelten nach § 24a AGBG als von der Klägerin als Unternehmerin gestellt, weil sie nicht von der Beklagten als Verbraucherin in den Vertrag eingeführt wurden. Auch Anhaltspunkte für die Annahme einer Individualvereinbarung sind nicht ersichtlich. Auf die Frage, ob die Klauseln über den Einzelfall hinaus für eine Vielzahl von Verträgen (§ 1 Abs. 1 Satz 1 AGBG) bestimmt waren, kommt es nach § 24a Nr. 2 AGBG nicht an.

II.

Im übrigen hat die Klägerin noch einen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung der vereinbarten Vergütung in Höhe von 9.143,69 EUR. Insoweit hat die Anschlussberufung der Klägerin in Höhe von 36,08 EUR Erfolg.

Zwischen den Parteien ist nicht streitig, dass sich die Restwerklohnforderung der Klägerin errechnet aus den ausstehenden Raten in Höhe von insgesamt 10.151,96 EUR abzüglich der Kosten für die Beseitigung eines Setzrisses an einer Innenwand der Wohnung Nr. 1. Die Parteien haben unstreitig die Vereinbarung getroffen, dass die Beklagte den Riss beseitigen lassen und der Klägerin in Rechnung stellen kann. Für die Beseitigung des Risses sind Kosten von insgesamt 1.008,27 EUR anzusetzen. Dieser Betrag ergibt sich aus einer Verdoppelung der Kosten von 986,-- DM brutto, die für die Beseitigung des Risses auf der einen Seite der Wand tatsächlich anfielen. Als von der Restforderung der Klägerin abzuziehender Gesamtbetrag ergibt sich 986,-- DM x 2 = 1.972,-- DM = 1.008,27 EUR.

Die Beklagte hat nämlich den Riss, der auf beiden Seiten der Wand sichtbar und zu beseitigen ist, bislang nur von einer Seite beseitigen lassen. Dafür hat ihr die Fa. v...... am 22.11.1998 insgesamt 986,-- DM brutto in Rechnung gestellt. Diesen Betrag kann die Beklagte deshalb nach der getroffenen Vereinbarung von der Restwerklohnforderung abziehen. Soweit die Parteien sich in der Berufungsinstanz noch um die Richtigkeit früherer Kostenvoranschläge der Firmen K.... und v...... streiten, kann dies jedenfalls insoweit nicht maßgeblich sein, als die Arbeiten tatsächlich ausgeführt wurden. Substantiierte Einwendungen der Klägerin gegen die Rechnung vom 22.11.1998 sind nicht erkennbar; sie trägt in der Anschlussberufungsbegründung nur vor, die Rechnung sei überhöht, bezieht sich zur Begründung jedoch allein auf den Kostenvoranschlag der Firma, der indes nach der tatsächlichen Ausführung der Arbeiten überholt ist. Die Rechnung ist tatsächlich auch niedriger als die Hälfte des Kostenvoranschlages.

Hinsichtlich der noch ausstehenden Arbeiten zur Beseitigung des Setzrisses besteht zwischen den Parteien kein Streit, dass nach dem Inhalt der Vereinbarung die Beklagte auch insoweit bereits jetzt, also vor Ausführung der Arbeiten zum Abzug von der Forderung der Klägerin berechtigt ist. Die Höhe dieser Kosten schätzt der Senat auf den Betrag (986,-- DM brutto), den die Klägerin bereits für die Beseitigung desselben Risses auf der anderen Seite der Wand aufzuwenden hatte.

III.

Diese restliche Werklohnforderung der Klägerin über 9.143,69 EUR ist nicht in Höhe von 1.393,12 EUR (= 2.724,70 DM) durch Aufrechnung gemäß § 389 BGB erloschen. Die Beklagte meint, das Landgericht habe zu Unrecht eine erstinstanzlich erklärte Aufrechnung nicht berücksichtigt. Dies betrifft einen angeblichen Schadensersatzanspruch der Beklagten auf Erstattung der Kosten für den von ihr beauftragten Privatgutachter G......

Das Landgericht hat eine Aufrechnung indes entgegen der Auffassung der Beklagten zu Recht nicht berücksichtigt, weil es an einer Aufrechnungserklärung der Beklagten fehlte. Die Beklagte bezieht sich in der Berufungsbegründung auf ihren erstinstanzlichen Schriftsatz vom 11.8.1999 (Bl. 61 GA) und im besonderen auf die Bl. 64 GA enthaltenen Ausführungen. Dort ist bezogen auf den Schadensersatzanspruch aber ausschließlich die Erhebung einer Widerklage angekündigt. Auch soweit es am Ende des Schriftsatzes heißt, die Beklagte "stelle" die "vorstehend dargelegten Gegenforderungen ... gegen die Klageforderung", kann eine Aufrechnung nicht angenommen werden. Auch wenn man die Äußerung, eine Forderung "gegen" eine andere zu "stellen", als Aufrechnungserklärung auslegen wollte, so kann sich dies nicht auf die Schadensersatzforderung betr. die Tätigkeit G..... beziehen. Andernfalls wäre zum einen der bloße Hinweis darauf, dass die Beklagte diese Ansprüche geltend machen "kann" (und nicht geltend macht), nicht verständlich und die Ankündigung einer Widerklage darüber hinaus sinnlos, weil die Ansprüche ja bereits zur Aufrechnung verwendet worden wären und nicht mehr erfolgreich eingeklagt werden könnten. Die Ankündigung einer Widerklage betrifft auch nicht allein einen etwaigen die Klageforderung übersteigenden Teil der Gegenforderungen, sondern ist eindeutig auf diese Gegenposition bezogen.

Soweit man den Ausführungen in der Berufungsbegründung entnehmen kann, dass die Aufrechnungserklärung jedenfalls jetzt in der Berufungsinstanz nachgeholt werde, ist dies gemäß § 533 Nr. 2 ZPO nicht zulässig. Für die Aufrechnung sind Tatsachen, nämlich die Tätigkeit des Gutachters G....., maßgeblich, die nicht ohnehin für die Entscheidung im übrigen nach § 529 ZPO zugrunde zu legen sind.

IV.

Die restliche Werklohnforderung der Klägerin über 9.143,69 EUR besteht aber nur Zug um Zug gegen Beseitigung der trotz der Nachbesserungsversuche der Klägerin noch verbliebenen Mängel an den insgesamt zwei Balkonen der beiden Wohnungen. Die Beklagte macht mit Erfolg ein Zurückbehaltungsrecht nach § 641 Abs. 3 i. V. m. §§ 320, 322 BGB geltend.

1. § 641 Abs. 3 BGB ist im vorliegenden Fall anwendbar, weil die zum 1.5.2000 in Kraft getretene Vorschrift nach Art. 229 § 1 Abs. 2 Satz 2 EGBGB auch Anwendung auf Verträge findet, die vor diesem Zeitpunkt abgeschlossen worden waren.

2. Eine Abnahme, die Voraussetzung für die Anwendung des § 641 Abs. 3 BGB ist, fand im März 1998 statt.

3. Die Balkone sind immer noch insofern mangelhaft, als sie kein ausreichendes Gefälle zum Abfluss hin aufweisen und als die Bodensenke in Höhe des Fliesenbelages nicht ordnungsgemäß eingebaut ist. Das hat der Sachverständige Dr. F...... in seinem vom Senat eingeholten Gutachten vom 1.5.2003 festgestellt. Die Klägerin hat Einwendungen hiergegen nicht erhoben. Diese Mängel hat die Klägerin noch zu beseitigen.

4. Die Beklagte hat das Zurückbehaltungsrecht nicht infolge ihrer Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung vom 5.1.1999 verloren. Auch wenn man trotz der ausdrücklich erklärten Beschränkung der Ablehnungsandrohung auf die Mängel am Sondereigentum annehmen wollte, dass sie sich auch auf die Mängel an den Balkonen beziehen sollte, folgte daraus kein abweichendes Ergebnis.

Bei den Balkonen handelt es sich jedenfalls mit Blick auf § 5 Abs. 2 WEG um Gemeinschaftseigentum. Zwar sind Balkone grundsätzlich sondereigentumsfähig. Die konstruktiven Elemente dieser Gebäudeteile, wie etwa auch die Bodenplatte, gehören wegen § 5 Abs. 2 WEG jedoch zwingend zum Gemeinschaftseigentum. Das gilt auch für die Isolierschicht, die diese Teile gegen Durchfeuchtung schützen soll (zu allem BGH NJW 1985, 1551). Hier geht es um ein nicht ausreichendes Gefälle des Balkonbodens zum Abfluss hin und um die Bodensenke am Abfluss. Dafür kann nichts anderes gelten als für die Isolierschicht, zumal die auftretenden Feuchtigkeitsprobleme infolge unzureichenden Wasserabflusses mit denjenigen einer mangelhaften Isolierung vergleichbar sind.

Bezogen auf dieses Gemeinschaftseigentum konnte die Beklagte wirksam eine Frist mit Ablehnungsandrohung nicht setzen. Allein die Gemeinschaft war und ist befugt, die Voraussetzungen für die Gewährleistungsansprüche auf Minderung und kleinen Schadensersatz zu schaffen (BGH NJW 1998, 2967, 2968). Da die Gemeinschaft bislang noch nicht entsprechend aktiv geworden ist, ist auch das Zurückbehaltungsrecht der Beklagten noch nicht wegen einer Konzentration auf Gewährleistungsansprüche erloschen.

5. Das Zurückbehaltungsrecht der Beklagten ist auch entgegen der Ansicht der Klägerin nicht deshalb erloschen, weil die Beklagte hinsichtlich ihres Nachbesserungsanspruchs in Annahmeverzug geraten wäre. Zum einen beseitigt der Annahmeverzug des Gläubigers sein Zurückbehaltungsrecht nicht, sondern gibt dem anderen Teil nach § 322 Abs. 3, § 274 Abs. 2 BGB nur die Befugnis, aus dem Urteil ohne Bewirkung der eigenen Leistung die Zwangsvollstreckung zu betreiben (BGHZ 116, 244; 90, 354). Zum anderen liegt in dem Schreiben der Beklagten vom 10.6.2003 noch keine Ablehnung der sehr kurzfristig angebotenen Leistung der Klägerin. Dass die Beklagte erst mit ihrem Anwalt sprechen will, stellt keine Ablehnung der angebotenen Leistung dar, sondern ist angesichts der Vorgeschichte gut nachvollziehbar.

6. Der Höhe nach übersteigt das Dreifache der vom Sachverständigen mit 4.870,-- EUR geschätzten Mangelbeseitigungskosten die Klageforderung, so dass insgesamt eine Zug-um-Zug-Verurteilung (§ 322 BGB) auszusprechen ist.

V.

Nachdem das Zurückbehaltungsrecht bejaht wurde, kommt es auf die von der Beklagten weiter hilfsweise geltend gemachten Ansprüche nicht mehr an.

VI.

Den geltend gemachten Zinsanspruch aus § 5 des Vertrages hat die Klägerin nicht, weil diese Vertragsbestimmung - wie ausgeführt - unwirksam ist.

Ein auf Schuldnerverzug der Beklagten gestützter Zinsanspruch der Klägerin aus § 286 Abs. 1 BGB besteht ebenso wenig wie ein Anspruch auf Zahlung von Prozesszinsen aus § 291 BGB oder auf Zahlung von Fälligkeitszinsen aus § 641 Abs. 4 BGB, weil das Zurückbehaltungsrecht aus §§ 320, 641 Abs. 3 BGB einen Schuldnerverzug ebenso ausschließt wie die Möglichkeit, mit Erfolg Prozess- oder Fälligkeitszinsen geltend zu machen (Werner/Pastor, Bauprozess, 10. Aufl. 2002, Rdnr. 1285 m. w. Nachw.).

VII.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO. Bei der Bildung der Kostenquote ist der unterschiedliche Streitwert erster und zweiter Instanz, die Streitwertermäßigung in der Berufungsinstanz sowie das Teilunterliegen der Klägerin berücksichtigt, die lediglich eine Zug-um-Zug-Verurteilung erreicht. Wertmäßig ist die Gegenforderung der Beklagten mit den vom Sachverständigen geschätzten Mangelbeseitigungskosten von 4.870,-- EUR anzusetzen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10, § 713 ZPO.

Für die Zulassung der Revision besteht kein Anlass.

Streitwert für das Berufungsverfahren:

bis zum 22.6.2003: 10.144,56 EUR (= für die Berufung 599,59 EUR + 9.105,61 EUR = 9.705,20 EUR und 439,36 EUR für die Anschlussberufung; die Hilfsaufrechnung der Beklagten mit angeblichen Schadensersatzansprüchen wegen der Mängel an den Balkonen wirkt nicht streitwerterhöhend, weil über diese Gegenforderungen nicht entschieden wird); ab dem 23.6.2003: 7.469,50 EUR (Berufung: 7.030,14 EUR = 599,59 EUR, betr. Klageantrag zu 1, + 1.560,55 EUR, betr. Klageabweisungsantrag hinsichtlich Antrag zu 2, + 4.870,-- EUR, betr. Wert der Gegenleistung nach den vom Sachverständigen geschätzten Mangelbeseitigungskosten hinsichtlich der im übrigen noch erstrebten Zug-um-Zug-Verurteilung,

Anschlussberufung: 439,36 EUR).

Ende der Entscheidung

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