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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 12.06.2001
Aktenzeichen: 24 U 168/00
Rechtsgebiete: BGB, AGBG, ZPO


Vorschriften:

BGB § 273
BGB § 273 Abs. 1
BGB § 366 Abs. 2
BGB § 396 Abs. 2
BGB § 367 Abs. 1
BGB § 396 Abs. 1 Satz 2
BGB § 320 Abs. 1 Satz 1
AGBG § 9
AGBG § 11
AGBG § 24
ZPO § 713
ZPO § 92 Abs. 1
ZPO § 708 Nr. 10
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

24 U 168/00

Verkündet am 12. Juni 2001

In dem Rechtsstreit

hat der 24. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 22. Mai 2001 durch seine Richter Z, E und T

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Beklagten wird - unter Zurückweisung des Rechtsmittels im übrigen - das am 1. August 2000 verkündete Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Duisburg teilweise geändert und wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 13.290,30 DM zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von 11 % aus jeweils 3.854,40 DM für die Zeit vom 1. September 1999 bis zum 31. Dezember 1999 und 2.718,40 DM für die Zeit vom 1. Januar 2000 bis zum 31. August 2000 und in Höhe von 7 % aus 2.718,40 DM für die Zeit vom 1. September 2000 bis zum 5. Oktober 2000,

in Höhe von 11 % aus jeweils 3.762,20 DM für die Zeit vom 1. Oktober 1999 bis zum 31. Dezember 1999 und 2.626,20 DM ab 1. Januar 2000 bis zum 31. August 2000, aus 1.923,80 DM ab 1. September 2000 und in Höhe von 7 % aus 702,40 DM für die Zeit vom 1. September 2000 bis zum 5. Oktober 2000,

in Höhe von 11 % aus jeweils 3.854,10 DM für die Zeit vom 2. November 1999 bis zum 31. Dezember 1999 und 2.718,10 DM ab 1. Januar 2000, 3.837,00 DM für die Zeit vom 1. Dezember 1999 bis zum 31. Dezember 1999 und 2.701 DM ab 1. Januar 2000,

2.666,20 DM ab 3. Januar 2000, 2.627,40 DM ab 1. Februar 2000 und 2.788,00 DM ab 1. März 2000,

sowie weitere 3.408 DM zu zahlen Zug um Zug gegen Erteilung der Nebenkostenabrechnungen für die Gaststätte "B" und die dazugehörige Dienstwohnung auf der S in O für die Jahre 1998 und 1999.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz tragen die Klägerin zu 41 % und der Beklagte zu 59 %, die Kosten der Berufungsinstanz die Klägerin zu 10 % und der Beklagte zu 90 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Entscheidungsgründe:

I.

Die zulässige Berufung des Beklagten hat teilweise Erfolg. Die Klägerin kann nämlich keine Nebenkosten-Vorauszahlungen mehr beanspruchen.

1.

Das Landgericht hat der Klägerin Mietzinsen in Höhe von 23.004,30 DM für die Monate September 1999 bis Februar 2000 und von 3.924 DM für den Monat März 2000 zugesprochen. Hierin sind monatlich 1.136 DM (850 DM + 16 % Mehrwertsteuer und weitere 150 DM) Nebenkostenvorauszahlungen enthalten. Diese stehen der Klägerin nicht zu. Ferner haben die Parteien hinsichtlich eines Betrages von 5.686 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 1. September 2000 übereinstimmend die Erledigung in der Hauptsache erklärt. Insoweit fallen die Kosten dem Beklagten zur Last.

a)

Für den Zeitraum bis Ende 1999 hätte die Klägerin mit Ablauf des Jahres 2000 abrechnen müssen, nämlich ein Jahr nach dem Ende des Abrechnungszeitraums - hier mangels anderer Regelungen: des Kalenderjahres - (vgl. Senat OLGR 1998, 94 = ZMR 1998, 219). Nach Ablauf dieses Zeitraums besteht nur noch ein Anspruch auf einen möglichen Saldo aufgrund einer Nebenkostenabrechnung.

b)

Für die Nebenkosten, betreffend die Monate Januar bis März 2000 ist der späteste zulässige Abrechnungszeitpunkt nach dem obigen Grundsatz noch nicht gekommen: Insoweit ist erst spätestens Ende Dezember 2001 abzurechnen. Allerdings besteht zugunsten des Beklagten gegenüber den Ansprüchen der Klägerin auf Zahlung der Nebenkostenvorauszahlungen ein Zurückbehaltungsrecht gemäß § 273 BGB aufgrund der für die Vergangenheit (Jahre 1998 und 1999) nicht erteilten Nebenkostenabrechnungen (vgl. BGH NJW 1984, 1684 und 2466).

Der in den §§ 3 und 11 des Pachtvertrages vereinbarte Ausschluss des Zurückbehaltungsrechts greift hier nicht durch, weil es sich bei dem Gegenrecht (Anspruch auf Abrechnung der Nebenkosten für die Jahre 1998 und 1999) um einen unstreitigen Anspruch handelt, für den ein Zurückbehaltungsrecht nicht wirksam ausgeschlossen werden kann. Die Nebenkostenvorauszahlungen in Höhe von 3.408 DM (3 x 1.136 DM) stehen der Klägerin deshalb nur Zug um Zug gegen Erteilung der Nebenkostenabrechnungen für die Jahre 1998 und 1999 zu.

2.

Entgegen der Meinung des Beklagten ergreift das Zurückbehaltungsrecht aufgrund nicht erteilter Nebenkostenabrechnungen nicht auch den Mietzins selbst, weil insoweit weder ein Gegenseitigkeitsverhältnis gemäß § 320 Abs. 1 Satz 1 BGB noch Konnexität im Sinne des § 273 Abs. 1 BGB besteht (Bub/Treier/von Braun, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 3. Aufl., Kap. III Rdnr. 45; Wolf-Eckert/Ball, Handbuch des gesamten Miet-, Pacht- und Leasingrechts, 8. Aufl., Rdnr. 529; OLG Koblenz NJW-RR 1995, 394; Senat, Urteil vom 15. Juli 1999 24 U 152/98 nicht veröffentlicht; ebenso OLG Düsseldorf, 10. Zivilsenat, MDR 2000, 1427; vgl. auch Palandt/Weidenkaff, BGB, 60. Aufl., § 535 Rdnr. 60; ferner Palandt/Heinrichs a.a.O. § 273 Rdnr. 11). Beide Ansprüche beruhen zwar auf demselben rechtlichen Verhältnis der Parteien. Dieser Begriff ist im weitesten Sinne zu verstehen (vgl. Palandt/Heinrichs a.a.O. Rdnr. 9 m.w.N.). Es besteht zwischen dem Anspruch auf Mietzins und dem auf Rechnungslegung aber kein so enger natürlicher und wirtschaftlicher Zusammenhang, dass es gegen Treu und Glauben verstieße, wenn der eine Anspruch ohne Rücksicht auf den anderen geltend gemacht und durchgesetzt werden könnte.

3.

Dem Landgericht ist im Ergebnis auch darin zuzustimmen, dass der Beklagte mit seinem Anspruch auf Rückzahlung der Kaution nicht wirksam die Aufrechnung erklärt hat. Das im Pachtvertrag enthaltene Aufrechnungsverbot mag zwar im Hinblick auf einen gegebenenfalls unstreitigen Kautionsrückzahlungsanspruch in seiner Wirksamkeit rechtlich zweifelhaft erscheinen. Hier ist der Kautionsrückzahlungsanspruch jedoch noch nicht zweifelsfrei gegeben. Der übliche Abrechnungszeitraum von rund sechs Monaten hinsichtlich der restlichen Ansprüche des Vermieters ist hier zwar längst abgelaufen und ebenso der späteste Abrechnungszeitpunkt für die Nebenkosten aus den Jahren 1998 und 1999, aber es steht noch nicht fest, ob der Klägerin für die Monate Januar bis März 2000 noch Ansprüche auf Nebenkosten zustehen. Insofern ist - wie oben ausgeführt - der späteste Zeitpunkt für die Abrechnung noch nicht gekommen (Dezember 2001).

Folglich darf die Klägerin die Kaution, die gerade als Sicherheit für noch ausstehende Ansprüche gezahlt ist, aufgrund dieser Ansprüche zurückbehalten. Dass ihren Ansprüchen auf Nebenkostenvorauszahlungen für die ersten drei Monate des Jahres 2000 ein Zurückbehaltungsrecht des Beklagten wegen nicht erteilter Nebenkostenabrechnungen für die Jahre 1998 und 1999 entgegensteht (siehe oben), ändert an der fehlenden Fälligkeit des Kautionsrückzahlungsanspruchs nichts. Denn aus der Nebenkostenabrechnung für das Jahr 2000 kann sich ein erheblicher Zahlungsanspruch der Klägerin ergeben, zumal angesichts der - vom Beklagten zulässigerweise - nicht geleisteten Vorauszahlungen. Jedenfalls dann, wenn die Klägerin auch die Nebenkostenabrechnungen für die Jahre 1998 und 1999 erteilt, kann der Beklagte den Abrechnungsergebnissen insgesamt kein Zurückbehaltungsrecht mehr entgegenhalten, so dass die zur Zeit gegebene Sperre für den Anspruch auf Rückzahlung der Kaution zu Recht besteht.

Erst dann, wenn die Klägerin auch bis Ende des Jahres 2001 keine Nebenkostenabrechnung für das Jahr 2000 vorgelegt haben sollte, könnte sie mögliche offene Nebenkostenforderungen dem Kautionsrückzahlungsanspruch nicht mehr entgegensetzen, so dass dieser dann, aber auch erst dann, fällig würde.

4.

Der Klägerin stehen mit dem Landgericht auch 11 % Zinsen zu, und dies hinsichtlich der (hier abgewiesenen) Nebenkostenvorauszahlungen in Höhe von je 1.136 DM für die Monate September bis Dezember 1999 auch für den Zeitraum von der vertragsmäßigen Fälligkeit an bis zum 31. Dezember 2000, weil die Vorauszahlungsansprüche erst ab 1. Januar 2000 nicht mehr gegeben waren.

Der Höhe nach sind Zinsen von 11 % nicht zu beanstanden. Das Verbot des § 11 AGBG gilt unter den Parteien, die unstreitig beide Kaufleute sind, gemäß § 24 AGBG nicht, und angesichts der sogar unter Nichtkaufleuten zulässigerweise zu vereinbarenden Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz (Palandt a.a.O. § 11 AGBG Rdnr. 24 m.w.N.) liegen die hier in Rede stehenden 11 % nicht derart weit darüber, dass eine unangemessene Benachteiligung im Sinne des § 9 AGBG anzunehmen ist.

5.

Die Erledigungserklärung über 5.686 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 1. September 2000 ergreift gemäß den §§ 396 Abs. 1 Satz 2, 366 Abs. 2 BGB die ältesten Forderungen, also die im September und Dezember 1999 entstandenen Mietzinsforderungen der Klägerin, während die vorrangige Tilgung von Kosten gemäß den §§ 396 Abs. 2, 367 Abs. 1 BGB wegen der von der Klägerin in zulässiger Weise getroffenen Tilgungsbestimmung ausgeschlossen ist.

Demgemäß schuldet der Beklagte auf den Betrag von 5.686 DM ab 1. September 2000 nur noch die 4 % übersteigenden Zinsen bis zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Aufrechnung am 5. Oktober 2000. Die auf den erledigten Teil entfallenden Kosten hat der Beklagte zu tragen, weil er nach den obigen Ausführungen ohne die Aufrechnung der Klägerin unterlegen wäre.

II.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 92 Abs. 1, 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Es besteht kein Anlass, die Revision zuzulassen.

Streitwert für die Berufungsinstanz: 26.928,30 DM und ab 22. Mai 2001: 21.242,30 DM.

Die Beschwer übersteigt für keine Partei 60.000 DM.



Ende der Entscheidung

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