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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 16.04.2002
Aktenzeichen: 24 U 20/01
Rechtsgebiete: DÜG, BGB, ZVG, AGBG, ZPO


Vorschriften:

DÜG § 1
BGB § 197 a.F.
BGB § 198
BGB § 201 a.F.
BGB § 284 Abs. 2
BGB § 288
BGB § 288 Abs. 1
BGB § 389
BGB § 535 Satz 2 a.F.
BGB § 536 a.F.
BGB § 537 a.F.
BGB § 538 a.F.
BGB § 545 Abs. 1 a.F.
BGB § 545 Abs. 2 a.F.
BGB § 557 Abs. 1 Satz 1 a.F
BGB § 571 Abs. 1 a.F.
ZVG § 21 Abs. 2
AGBG § 9
ZPO § 92 Abs.1
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 711
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

24 U 20/01

Verkündet am 16. April 2002

In dem Rechtsstreit

hat der 24. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 19. Februar 2002 durch seine Richter Z, T und D

für Recht erkannt: Tenor:

Auf die Berufung des Beklagten wird unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels und unter Zurückweisung der Anschlussberufung des Klägers das am 21. Dezember 2000 verkündete Urteil der 17. Zivilkammer des Landgerichts Wuppertal abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte wird unter Abweisung der Klage im übrigen verurteilt, an den Kläger 7.650,84 € nebst 4% Zinsen aus:

218,24 € seit dem 5. Dezember 1997, weiteren 1.994,47 € seit dem 1. Dezember 1999; sowie 5% Zinsen über dem Basiszinssatz nach § 1 DÜG, höchstens jedoch 10%, aus: jeweils 204,52 € seit dem 5. August, 5. September, 5. Oktober, 5. November und 5. Dezember 2000, sowie aus weiteren 4.415,54 € seit dem 15. Juni 2001 zu zahlen. Von den Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen tragen der Kläger 87% und der Beklagte 13%.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger kann die gegen ihn gerichtete Zwangsvollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 7.000 € abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Der Beklagte kann die die gegen ihn gerichtete Zwangsvollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung in Höhe von 9.500 € abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand:

Der Kläger nimmt den Beklagten auf Zahlung von Mietzinsen und Nebenkosten für die Zeit von Oktober 1997 bis Dezember 2000 in Anspruch.

Im Anschluss an einen vorausgegangenen Mietvertrag vom 16. Juli 1981 schlossen die Parteien am 15. Februar 1994 einen Mietvertrag über Kellerräume im Gebäude Sch. Straße 39 -43 in S. zur Nutzung als Programmkneipe mit Kino. Der anfängliche Mietzins lag bei 1.650,- DM monatlich zuzüglich jeweils 400,- DM Vorauszahlungen für Nebenkosten und Heizung.

Für die Folgejahre vereinbarten die Parteien eine Erhöhung des Nettomietzinses nach Maßgabe der Anlage 1 zum Mietvertrag. Der Mietvertrag sollte am 31. Dezember 2000 enden.

Am 14. März 1996 schlossen die Parteien einen weiteren - unbefristeten - Mietvertrag über in demselben Gebäude gelegene Kellerräume zur Nutzung als Lagerraum. Als Mietzins vereinbarten die Parteien insoweit 250,- DM monatlich. Letztmalig im September 1997 leistete der Beklagte Mietzinszahlungen. Im Herbst 1997 verauslagte der Beklagte Kosten für Heizöl in Höhe von insgesamt 6.043,43 DM, nachdem der Kläger die Heizöltanks nicht hatte auffüllen lassen. Mit Schreiben vom 15. November 1997 kündigte der Beklagte eine Verrechnung dieses Betrages mit den Mietzinsen an. Gleichzeitig stellte der Beklagte eine Mietzinskürzung in Aussicht.

Am 30. Dezember 1997 untersagte das Ordnungsamt der Stadt S. dem Beklagten den Betrieb der Gaststätte aus hygienischen, bauordnungsrechtlichen und brandschutzrechtlichen Gründen. Hierauf wies der Beklagte mit Schreiben vom 20. Januar 1998 hin und bat um Stellungnahme, wobei er darauf hinwies, er sehe keinen Sinn in der Fortsetzung des Mietverhältnisses. Mit Schreiben vom 27. Februar 1998 erklärte der Beklagte die fristlose Kündigung des Mietverhältnisses zum 1. März 1998.

Mit Schreiben vom 23. Dezember 1998 teilte die Stadt S. dem Beklagten mit, ein Wiederaufnehmen des Betriebes sei zur Zeit nicht zugelassen. Die bauordnungs- und brandschutztechnischen Belange würden erhebliche Mängel aufweisen. Mit Schreiben vom 8. Januar 1999 teilte die Stadt S. dem Beklagten das Ergebnis einer am 15 Dezember 1998 durchgeführten Brandschau mit und forderte ihn zur Beseitigung hierbei festgestellter Mängel auf. Mit einem weiteren Schreiben vom 18. Januar 1999 teilte die Stadt S. dem Beklagten sinngemäß mit, der weitere Betrieb der Gaststätte setze die Schaffung eines direkten Rettungsweges aus dem Kinoraum nach draußen voraus. Mit der Klageerwiderung vom 24. August 2000 erklärte der Beklagte erneut die fristlose, hilfsweise die fristgerechte Kündigung des Mietvertrages.

Der Beklagte erhebt die Einrede der Verjährung.

Der Kläger hat behauptet, das Schreiben vom 27. Februar 1997 habe er nicht erhalten. Die ordnungsbehördliche Untersagung beruhe nicht auf einer mangelnden Gebäudeinstandhaltung, sondern darauf, dass der Beklagte eine Nutzung ausübe, die einer ordnungsbehördlichen Genehmigung bedürfe.

Er hat die Auffassung vertreten, die Voraussetzungen für eine Kündigung habe nicht vorgelegen.

Der Kläger hat beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an ihn 96.496,32 DM nebst 10% Zinsen aus jeweils 2.800,- DM beginnend ab dem 1.2.1999 jeweils monatlich bis zur Zustellung der Klage und ab Zustellung der Klage 10% Zinsen aus dem Klagebetrag zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hat behauptet, das Objekt habe bereits Ende 1997 nicht den hygienischen, bauordnungsrechtlichen und brandschutztechnischen Anforderungen, die an eine Gaststätte gestellt werden müssen, erfüllt.

Der Beklagte hat die Auffassung vertreten, für die Beseitigung der Mängel sei der Kläger verantwortlich gewesen. Nachdem dieser untätig geblieben sei, habe er, der Beklagte, "die Notbremse ziehen" und fristlos kündigen dürfen. Jedenfalls sei eine Minderung des Mietzinses gerechtfertigt. Ein Anspruch auf Zahlung von Nebenkosten bestehe nicht; die vorgelegte Abrechnung sei unklar; im übrigen seien die vereinbarten Abrechnungsfristen verstrichen.

Das Landgericht den Beklagten unter Abweisung der Klage im übrigen verurteilt, an den Kläger 90.425,89 DM nebst Zinsen zu zahlen.

Dagegen richtet sich die Berufung des Beklagten, der unter Bezugnahme und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens behauptet, die Räumlichkeiten seien ab Januar 1998 nicht mehr zu dem vertraglich vorgesehenen Zweck nutzbar gewesen. Dies habe am Fehlen eines nach der Gaststättenbauverordnung erforderlichen direkten Rettungsweges aus dem Kinoraum ins Freie gelegen. Hierfür sei der Kläger verantwortlich. Der notwendige Rettungsweg sei nicht oder nur durch einen vollständigen und mit exorbitanten Kosten verbundenen Umbau des Gebäudes herzustellen. Der Kläger habe die Schreiben vom 15. November 1997, 20. Januar 1998 und 27. Januar 1998 erhalten.

Im übrigen vertieft der Beklagte seine Einwendungen gegen die Nebenkostenabrechnungen des Klägers.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

-teilweise im Wege der klageerweiternden Anschlussberufung-

1)

unter teilweiser Abänderung des Urteils des LG Wuppertal vom 21.12.2000 -Az. 17 O 243/00- und unter Zurückweisung seiner Berufung den Beklagten zu verurteilen, DM 118.002,45 nebst 10% Zinsen

- aus jeweils DM 2.160,09 seit dem 05.10.1997, 05.11.1997 und 5.12.1997,

- aus jeweils DM 2.255,59 seit dem 05.01.1998, 05.02.1998, 05.03.1998, 05.04.1998, 05.05.1998, 05.06.1998, 05.07.1998, 05.08.1998,05.09.1998, 05.10.1998, 05.11.1998 und 05.12.1998,

- aus jeweils DM 2.355,87 seit dem 05.01.1999, 05.02.1999, 05.03.1999, 05.04.1999, 05.05.1999, 05.06.1999, 05.07.1999, 05. 08.1999, 05.09.1999, 05.10.1999, 05.11.1999 und 05.12.1999,

- aus jeweils DM 2.461,16 seit dem 05.01.2000, 05.02.2000, 05. 03.2000, 05.04.2000, 05.05.2000, 05.06.2000 und 05.07.2000,

- aus jeweils DM 2.861,16 seit dem 05.08.2000, 05.09.2000, 05. 10.2000, 05.11.2000, und 05.12.2000,

- aus DM 3.900,86 seit dem 1.12.1999 sowie

- aus DM 20.749,88 seit dem 15.06.2001

abzüglich Guthaben aus Aufrechnung mit den Heizölrechnungen vom 24.8.2000 in Höhe von DM 6.053,43 an den Kläger zu zahlen.

Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil unter Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens. Klageerweiternd begehrt er Mietzinsen oder alternativ eine Nutzungsentschädigung für die Zeit von April bis Dezember 2000.

Der Beklagte beantragt,

die Anschlussberufung zurückzuweisen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes ergänzend auf den Akteninhalt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des Beklagten ist überwiegend begründet, die zulässige Anschlussberufung des Klägers ist unbegründet.

1.)

Der Kläger hat gegen den Beklagten aus §§ 535 Satz 2, 557 Abs.1 Satz 1 BGB in der bis zum 31. August 2001 geltenden Fassung (im folgenden: a.F.) (= §§ 535 Abs.2, 546 a BGB n.F) lediglich einen Anspruch auf Zahlung von 6.480,27 DM Mietzins erlangt, nämlich für die Monate Oktober bis Dezember 1997 jeweils 2.160,09 DM.

a)

Der Kläger ist aktivlegitimiert.

Der Kläger hat durch Vorlage eines Grundbuchauszuges zur Überzeugung des Senats bewiesen (§ 286 ZPO), dass er Eigentümer des vermieteten Grundstücks geblieben ist. Die von dem Beklagten behauptete Eigentumsübertragung an die Sch. GmbH hat ausweislich des Grundbuchauszuges nicht stattgefunden. Die Sch. GmbH ist folglich nicht gemäß § 571 Abs.1 BGB a.F. ( = §§ 566,578 Abs.1 BGB n.F.) in die zwischen den Parteien bestehenden Mietverträge eingetreten.

Soweit sich aus dem Grundbuchauszug ergibt, dass die Zwangsversteigerung des Grundstücks angeordnet ist, hat dies die Aktivlegitimation des Klägers nicht beeinträchtigt, denn gemäß § 21 Abs.2 ZVG hat dies nicht die Beschlagnahme der Mietzinsforderungen zur Folge. Eine Beschlagnahme mit der Folge eines Verlustes der Aktivlegitimation wäre vielmehr nur gegeben, wenn die Zwangsverwaltung des Grundstücks angeordnet worden wäre ( § 148 Abs.1 ZVG) (vgl. auch: Zöller/Stöber, ZPO, 22. Aufl., § 865, Rn. 8).

b)

Nachdem der Kläger im Berufungsrechtszug einen von beiden Parteien unterschriebenen Mietvertrag vom 14. März 1996 vorgelegt hat, bestreitet der Beklagte den Abschluss eines entsprechenden Vertrages nicht mehr.

c.)

Die aus den beiden Verträgen vom 15. Februar 1994 und 14. März 1996 resultierende Verpflichtung zur Zahlung des ungeminderten Nettomietzinses von monatlich 2.160,09 DM bestand lediglich bis einschließlich Dezember 1997 fort, ohne dass es darauf ankommt, ob eine der von dem Beklagten ausgesprochenen Kündigungen wirksam war.

Denn der zwischen den Parteien vereinbarte Mietzins war ab Januar 1998 gemäß § 537 BGB a.F. (= 536 BGB n.F.) auf Null gemindert. Die Minderung erfasst auch die Höhe der nach § 557 Abs.1 S. 1BGB a.F (= 546 a BGB n.F.). zu beanspruchender Nutzungsentschädigung (vgl. BGH NJW-RR 1990,884).

aa)

Der Beklagte hat durch Vorlage zweier Schreiben der Stadt S. vom 8. und 18. Januar 1999 zur Überzeugung des Senats bewiesen (§ 286 ZPO), dass die Stadt S. den Betrieb der (von dem Beklagten betriebenen) Gaststätte am 30. Dezember 1997 untersagt hat. Aus den beiden Schreiben ergibt sich ferner, dass die Wiederaufnahme des Betriebes letztlich davon abhängig gemacht worden ist, dass ein Rettungsweg, der aus dem Kinoraum direkt ins Freie führt, nachgewiesen wurde.

Der Kläger stellt diese Auflage auch nicht mehr in Abrede; denn er räumt -nach einem Gespräch mit dem zuständigen Sachbearbeiter- ein, dass es zu entsprechenden Auflagen gekommen ist. Dabei ist unstreitig, dass der geforderte Rettungsweg tatsächlich bis heute nicht geschaffen worden ist.

bb)

Die Untersagungsverfügung stellte für die Zeit ab Januar 1998 einen Mangel der Mietsache dar. Ist der Betrieb einer Gaststätte wegen des Fehlens einer ordnungsbehördlichen Genehmigung nicht möglich, so liegt hierin regelmäßig eine Beeinträchtigung des vertragsgemäßen Gebrauchs, der zur Minderung des Mietzinses auf Null führt (vgl. BGH ZMR 1987, 257, 258). Der Senat ist davon überzeugt (§ 286 ZPO), dass sich die Ordnungsverfügung auf die zwischen den Parteien vertraglich vereinbarte Nutzung als "Programmkneipe mit Kino" bezog.

Die sinngemäße Behauptung des Klägers, die Ordnungsverfügung habe ihren Grund darin, dass der Beklagte statt eines Kellerkinos "eher" eine Versammlungsstätte betrieben habe, entbehrt hinreichender Substantiierung. Denn es bleibt unklar, was der Kläger unter einer Versammlungsstätte versteht. Eine Überschreitung des vertragsgemäßen Gebrauchs als Ursache der ordnungsbehördlichen Verfügung lässt sich daraus jedenfalls nicht herleiten. Vielmehr belegt die Untersagung des Betriebs "der Gaststätte" und die Bezugnahme der Ordnungsbehörde auf die Gaststättenbauverordnung NW den Zusammenhang zwischen der Untersagungsverfügung und der vertraglich vorausgesetzten Nutzung als "Programmkneipe mit Kino".

bb.)

Die Schaffung des Rettungsweges oblag auch dem Kläger.

Denn der Vermieter hat grundsätzlich die objektiven Voraussetzungen für die vertraglich festgelegte Nutzung gemäß § 536 BGB a.F.(= § 535 Abs. 1 S. 2 BGB n.F.) zu gewährleisten.

Die in § 1 a) am Ende der Mietverträge getroffene formularmäßige Abrede, "der Mieter hat behördliche Auflagen auf eigene Kosten zu erfüllen", beseitigte die Einstandspflicht des Klägers als Vermieter für öffentlich-rechtliche Gebrauchshindernisse und Gebrauchsbeschränkungen jedenfalls insoweit nicht, als sie mit der Beschaffenheit der Mietsache zusammenhingen und nicht in persönlichen oder betrieblichen Umständen des Mieters ihre Ursachen hatten (vgl. BGH ZMR 1994, 253).

Denn ein formularmäßiger Ausschluss jeglicher Mieterrechte für den Fall des Bestehens öffentlich-rechtlicher Gebrauchshindernisse ist, weil er die Kardinalpflicht des Vermieters zur Gebrauchsgewährung betrifft, nach § 9 AGBG unwirksam (vgl. Bub/Treier, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 3. Aufl., Kapitel III B, Rn. 1348; Wolf/Eckert/Ball, Handbuch des gewerblichen Miet-, Pacht- und Leasingrechts, 8. Aufl., Rn. 384; BGH NJW 1988, 2664).

Sofern man die Abrede nicht von vorne herein einschränkend dahingehend versteht, dass dem Beklagten nur die Erfüllung der ihn persönlich und seine betriebsbezogenen Belange betreffenden behördlichen Auflagen oblag, ist die verwendete Klausel danach gemäß § 9 AGBG unwirksam.

cc.)

Einer Minderung steht nicht entgegen, dass der Beklagte dem Kläger konkrete Mängel entgegen seiner aus § 545 Abs.1 BGB a.F. (= § 536 c Abs.1 BGB n.F.) und § 13 Abs.8 der Mietverträge folgenden Verpflichtung nicht angezeigt hat.

Nach § 545 Abs.1 BGB a.F. hat der Mieter dem Vermieter unverzüglich Anzeige zu machen, wenn sich im Laufe der Miete ein Mangel der gemieteten Sache zeigt. Unterlässt der Mieter schuldhaft die Anzeige, so wird er nach Absatz 2 dieser Vorschrift einerseits dem Vermieter gegenüber schadenersatzpflichtig, andererseits verliert er etwaige Minderungs- und Schadeneratzansprüche aus §§ 537 und 538 BGB a.F. ( BGH NJW 1977, 1236 =BGHZ 68,281). Der Verlust dieser Rechte tritt aber nur ein, wenn der Vermieter gerade wegen der unterbliebenen Mitteilung außerstande ist, Abhilfe zu schaffen (vgl. BGH NJW 1987, 1072,1074). Dabei trifft den Vermieter die Darlegungs- und Beweislast für die Voraussetzungen des § 545 Abs.2 BGB a.F. . Er hat eine ursprüngliche Beseitigungsmöglichkeit und deren Verlust durch eine verspätete Mängelanzeige darzulegen und ggf. zu beweisen (vgl. BGH a.a.O.), worauf der Senat bereits in der mündlichen Verhandlung vom 11. Dezember 2001 hingewiesen hat.

Ein kausaler Zusammenhang zwischen unterlassenen Mängelanzeigen und der unterbliebenen Schaffung eines direkten Rettungsweges besteht im Streitfall zur Überzeugung des Senates ( § 286 ZPO) nicht. Der Senat unterstellt zugunsten des Klägers, dass der Beklagte ihm hinreichend konkrete Mängel vorprozessual, das heißt, bis zur Klageerwiderung im August 2000, nicht angezeigt hat. Es kann ferner zugunsten des Klägers angenommen werden, dass die Forderung nach einem direkten Rettungsweg nicht unmittelbar von der Ordnungsbehörde an den Kläger gerichtet worden ist. Darüber hinaus geht der Senat zugunsten des Klägers entsprechend seiner Behauptung davon aus, dass der Aufwand für einen Wanddurchbruch, eine entsprechende Tür und eine Fluchttreppe mit einem Aufwand von etwa 3.000 € zu bewältigen gewesen wäre.

Einen bestimmten geringeren Aufwand hat der Kläger nicht behauptet; im Gegenteil hält er selbst auch einen Aufwand von etwa 5.000 € für notwendige Umbaumaßnahmen für denkbar.

Dies belegt aber nicht, dass der Kläger bei einer früheren konkreten Mangelanzeige den Mangel beseitigt hätte. Die besonderen Umstände des Streitfalls sprechen vielmehr dafür, dass ein Kausalzusammenhang zwischen einer unterlassenen Mangelanzeige und der unterlassenen Mangelbeseitigung nicht besteht.

Dies wird zunächst dadurch gestützt, dass der Kläger im ersten Rechtszug die -unzutreffende- Auffassung vertreten hat, eine spezifische Nutzbarkeit der vermieteten Räume sei nicht vertraglich vereinbart worden; er, der Vermieter hafte niemals für die Beibringung behördlicher Genehmigungen im Zusammenhang mit der mieterspezifischen Nutzung. Noch in der Berufungserwiderung vom 7. Mai 2001 hat der Kläger bestritten, dass eine vertragsgemäße Nutzung aus Gründen, die nicht in der Person des Beklagten liegen, bzw. von ihm zu vertreten seien, unzulässig gewesen sei. Dass der Kläger auf der Grundlage dieser Rechtsauffassung eine konkrete Mangelanzeige des Beklagten zum Anlass genommen hätte, den von der Ordnungsbehörde geforderten direkten Fluchtweg ins Freie zu schaffen, liegt fern. Der Kläger behauptet dies auch nicht konkret, obwohl ihn -worauf er hingewiesen worden ist- die Darlegungs- und Beweislast trifft. Seine pauschale Behauptung in dem nachgelassenen Schriftsatz vom 5. März 2002, die Maßnahme bei rechtzeitiger Mangelanzeige durchgeführt zu haben, ist angesichts des vorherigen Bestreitens der Verantwortlichkeit für den beanstandeten Fluchtweg unzureichend. Überdies fehlen eine taugliche Darlegung und Beweisantritte für Anknüpfungstatsachen, aus denen sich die -vom Beklagten bestrittene- Bereitschaft zur Mangelbeseitigung herleiten lassen könnte.

Es kommt hinzu, dass der Kläger seine mietvertraglichen Verpflichtungen bereits im November 1997 nicht mehr ordnungsgemäß erfüllte. Nach § 7 Abs.1 der Mietverträge oblag dem Kläger als Vermieter jedenfalls in der Zeit vom 1. Oktober bis zum 30. April der Betrieb der Sammelheizungsanlage. Tatsächlich war der Beklagte jedoch unstreitig gezwungen, selbst Heizöl zu beschaffen, um die Heizungsanlage in Betrieb zu halten. Der Kläger gesteht im Berufungsrechtszug insoweit einen aufrechenbaren Anspruch in Höhe von insgesamt 6.043,43 DM zu. Dem Vorbringen des Beklagten, der Kläger habe zuvor eine Ölrechnung der V. trotz mehrfacher Mahnung nicht beglichen, ist der Kläger nicht entgegen getreten. Liquiditätsschwierigkeiten des Klägers werden weiterhin dadurch belegt, dass am 28. Dezember 2000 die Zwangsversteigerung des vermieteten Grundstücks angeordnet wurde (vgl. Grundbuchauszug) und über einen längeren Zeitraum vor dem 30. Oktober 2001 die Rechnungen für Wasser und Allgemeinstrom nicht bezahlte, so dass die Stadtwerke S. eine Drosselung der Wasserversorgung und Sperrung des Allgemeinstroms androhte. Unter diesen Umständen belegt auch ein - unterstellter - Aufwand von (nur) etwa 3.000 € für die Beseitigung der Mängel, die die Ordnungsbehörde beanstandet hat, nicht, dass der Kläger bei ordnungsgemäßer Mangelanzeige die von der Ordnungsbehörde geforderte Auflage erfüllt hätte.

2)

Der Kläger hat gegen den Beklagten aus § 535 S.2 BGB a.F. i.V. mit § 4 Abs.4 des Mietvertrages vom 15. Februar 1994 allerdings Anspruch auf Zahlung von jeweils 400,- DM Heizkostenvorauszahlungen für die Monate August bis Dezember 2000, das heißt, insgesamt in Höhe von 2.000 DM.

Es kann dahinstehen, ob eine der von dem Beklagten erklärten fristlosen Kündigungen das Mietverhältnis zwischen den Parteien beendet hat. Denn unstreitig hat der Beklagte die vermieteten Räume nicht vollständig geräumt und ist im Besitz zumindest eines Schlüssels. Er ist folglich verpflichtet, an den Kläger eine Nutzungsentschädigung aus § 557 Abs.1 Satz 1 BGB a.F. zu zahlen. Diese ist zwar hinsichtlich des Hauptmietzinses nach § 537 BGB a.F. auf Null gemindert. Die Nutzungsentschädigung erfasst jedoch auch die Verpflichtung zur Zahlung der vertraglich vereinbarten Nebenentgelte . Die Parteien haben in dem Vertrag vom 14. Februar 1994 monatliche Heizkostenvorauszahlungen von 400,- DM vereinbart. Hinsichtlich der Heizkosten für die Zeit von August bis Dezember 2000 ist auch noch keine Abrechnungsreife eingetreten. Nach der vertraglichen Regelung gehören sie zum Abrechnungszeitraum August 2000 bis Juli 2001. Gemäß § 7 Nr.10 des Mietvertrages vom 14. Februar 1994 ist der Vermieter erst mit Ablauf des Monats Juli 2002 verpflichtet, über diese Kosten abzurechnen.

3)

Aus den Heizkostenabrechnungen für die Jahre 1997 bis 2000 kann der Kläger einen Anspruch gegen die Beklagten aus § 535 S.2 BGB a.F. in Verbindung mit § 7 Nr. 10 der Mietverträge dagegen nicht herleiten. Denn die Abrechnungen entsprechen nicht den vertraglichen Vereinbarungen der Parteien.

Die Parteien haben in § 7 des Mietvertrages vom 15. Februar 1994 eine Abrechnung des Wärmeverbrauchs zu 100% nach Verbrauch vereinbart. Von dieser Vereinbarung ist der Kläger abgewichen, in dem er zunächst zu 50% nach Verbrauch und ab dem 1. August 1997 -entgegen der früheren Übung - nur noch nach Kubikmeter umbautem Raum abgerechnet hat. Auf die für die Zeit ab dem 1. August 1997 vorgenommene Abrechnung zu 100% nach Kubikmeter umbautem Raum haben sich die Parteien auch nicht stillschweigend geeinigt. Denn der Beklagte hat gegen diese Abrechnungsweise Einwendungen erhoben. Ob für die Zeit bis Juli 1997 eine stillschweigende Abänderung des Verteilungsmaßstabs ( 50% nach Verbrauch und 50% nach Kubikmeter umbautem Raum) zustande gekommen ist, kann dahinsehen. Denn für diese Zeit macht der Kläger keine Nachforderungen geltend. 4)

Aus den Nebenkostenabrechnungen für die Jahre 1997, 1998, 1999 und 2000 kann der Kläger von dem Beklagten insgesamt 12.536,90 DM (6.410,02 €) beanspruchen ( § 535 Satz 2 BGB a.F. i.V. mit § 4 Abs.4 der Mietverträge).

aa)

Die Parteien haben in den beiden Mietverträgen vom 15. Februar 1994 und vom 14. März 1996 jeweils unter § 4 Nr.4 Satz 1 vereinbart, dass der Mieter sämtliche in der Anlage 3 zu § 27 der zweiten Berechnungsverordnung enthaltenen Nebenkosten zu tragen hat. Eine für den Streitfall nicht erhebliche Abweichung besteht lediglich insoweit, als in dem Mietvertrag vom 14. März 1996 keine Vorschusspflicht vereinbart worden ist.

Der Vertrag vom 15. Februar 1994 ist ferner im Hinblick auf die darin enthaltenen Streichungen in den §§ 4 und 7 so auszulegen, dass hinsichtlich der Hausbeleuchtung zwar keine Vorschüsse, wohl aber eine Zahlung nach Abrechnung geschuldet ist.

bb)

An der Geltendmachung der Nebenkosten ist der Kläger nicht durch die in § 4 Abs.4 der Mietverträge getroffenen Regelung gehindert, nach der über Vorschüsse jährlich, spätestens nach Ablauf von 12 Monaten nach Ende des Abrechungszeitraums abgerechnet wird.

Das Landgericht hat zu Recht ausgeführt, dass dieser Regelung nicht entnommen werden kann, dass der Anspruch auf Zahlung von Nebenkosten nach Ablauf dieser Frist untergehen sollte. Die Bedeutung der Klausel liegt vielmehr darin, dass der Mieter nach Ablauf der Frist einen Anspruch auf Abrechnung erwirbt (vgl. Sternel, Mietrecht aktuell, 3. Aufl., Rdnr. 820 ) und der Vermieter keine Vorschüsse mehr auf Nebenkosten beanspruchen kann.

cc)

Der Anspruch auf Zahlung von Nebenkosten ist auch nicht verwirkt, da hierzu neben dem Zeitablauf besondere Umstände vorliegen müssten, die die Feststellung rechtfertigen können, der Vermieter habe die Forderung nicht mehr geltend machen wollen (vgl. Sternel, a.a.O.; BGHZ 91,62,71). Solche besonderen Umstände hat der Beklagte nicht dargelegt.

5)

Die von dem Beklagten erhobene Einrede der Verjährung greift weder gegenüber dem Miet- und Nutzungsentschädigungsanspruch für die Zeit von September bis Dezember 1997 noch gegenüber dem Anspruch auf Zahlung von Nebenkosten durch.

Für sämtliche Ansprüche gilt gemäß § 197 BGB a.F. eine vierjährige Verjährungsfrist, die gemäß §§ 198, 201 BGB a.F. mit dem Schluss des Jahres beginnt, in dem der Anspruch entstanden ist. Der Kläger hat sämtliche Ansprüche innerhalb dieser Frist im Klagewege geltend gemacht, wodurch die Verjährung unterbrochen worden ist ( § 209 BGB a.F.).

6)

Insgesamt ergibt sich danach zugunsten des Klägers folgender Anspruch:

Mietzinsen/Nutzungsentschädigung Oktober bis Dezember 1997: 6.480,27 DM Heizkostenvorauszahlungen August bis Dezember 2000: 2.000,00 DM Nebenkosten gemäß Abrechnungen für 1997 bis 2000: 12.536,90 DM Gesamt: 21.017,17 DM

Von diesem Betrag ist unstreitig ein Aufwendungsersatzanspruch des Beklagten (§§ 547 Abs.2, 683, 684 Satz 2 BGB) in Höhe von 6.053,43 DM für die Anschaffung von Heizöl im Herbst 1997 in Abzug zu bringen. Entsprechend § 389 BGB hat der Senat diesen Anspruch auf den Mietzins/Nutzungsentschädigungsanspruch für die Zeit von Oktober bis November 1997, sowie teilweise auf den Anspruch für Dezember 1997 angerechnet, so dass insoweit lediglich ein Anspruch von 426,84 DM zugunsten des Klägers verbleibt.

Der Gesamtanspruch des Kläger beträgt danach 14.963,74 DM ( 21.017,17 DM -6.053,43 DM), entsprechend 7.650,84 €.

7.)

Der Zinsanspruch ist aus §§ 284 Abs.2, 288 Abs.1 BGB nur teilweise gerechtfertigt.

Für die bis zum 30. April 2000 fällig gewordenen Ansprüche kann der Kläger nach der bis dahin geltenden Fassung des § 288 BGB lediglich 4% Zinsen beanspruchen. Ein darüber hinaus gehender Zinsschaden ist bestritten und nicht unter tauglichen Beweis gestellt.

Für die ab dem 1. Mai 2000 fällig gewordenen Ansprüche sind Zinsen in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz nach § 1 des Diskontsatzüberleitungsgesetz gerechtfertigt, höchstens jedoch die beantragten 10%.

8.)

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs.1 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr.10, 711 ZPO.

Es besteht kein Anlass, die Revision zuzulassen ( § 543 Abs.2 ZPO)

Der Wert der Beschwer für den Kläger überschreitet 20.000 €; für den Beklagten liegt der Wert unter diesem Betrag.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf bis zu 58.000,- € festgesetzt.

Ende der Entscheidung

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