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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 06.07.2001
Aktenzeichen: 24 U 214/00
Rechtsgebiete: BGB, ZPO, GKG, BRAGO


Vorschriften:

BGB § 567
BGB § 242
BGB § 278
BGB § 556 Abs. 1
BGB § 565 Abs. 1 a
BGB § 567 Satz 1
BGB § 286 Abs. 1
BGB § 284 Abs. 2
BGB § 557 Abs. 1 S. 2
ZPO § 711
ZPO § 713
ZPO § 253 Abs. 2 Nr. 2
ZPO § 269 Abs. 3
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 546 Abs. 1
GKG § 16 Abs. 1
GKG § 25 Abs. 1 S. 3
BRAGO § 31 Abs. 1 Ziff. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

24 U 214/00

verkündet am 6. Juli 2001

In dem Rechtsstreit

hat der 24. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 12. Juni 2001 durch seine Richter Z, T und R-H

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das am 2. November 2000 verkündete Urteil der 17. Zivilkammer des Landgerichts Wuppertal wird zurückgewiesen. Klarstellend wird der Tenor zu Ziffer 2. (Klageantrag zu 2.) wie folgt neu gefasst:

Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Klägerin von allen Ansprüchen - insbesondere Schadensersatzansprüchen - der Firma R H, W/A T, S freizustellen, die diese gegen die Klägerin aus dem Dienstleistungsvertrag vom 08./13. September 1999 deshalb geltend macht, weil sie in der Zeit vom 01. Juli 2000 bis zum 30. September 2000 die vertraglich vereinbarten Leistungen gegenüber der Klägerin nicht erbringen konnte.

Die Kosten des Berufungsverfahrens tragt die Beklagte.

Entscheidungsgründe:

I.

Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.

A. (Klageantrag zu 1.)

Auf die einseitig gebliebene Erledigungserklärung der Klägerin hinsichtlich des auf Räumung und Herausgabe des Mietobjektes gerichteten Klageantrages zu 1. hat das Landgericht zutreffend festgestellt, dass der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt ist.

1.

Im vorliegenden Fall ist das erledigende Ereignis - die am 30. September 2000 erfolgte Rückgabe des geräumten Parkhauses K S/E W in S - außer Streit. Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung haben die Feststellung der Erledigung der Hauptsache eines Rechtsstreits und die im Zusammenhang damit ergehende Kostenentscheidung aber nicht nur den Eintritt des erledigenden Ereignisses zur Voraussetzung, sondern weiter, dass die Klage zulässig und begründet war (vgl. BGH, GRUR 1997, 933; 1992, 474, 475 m.w.N.; NJW 1996, 2729). Maßgeblicher Zeitpunkt ist dabei der des Eintritts des erledigenden Ereignisses (BGH NJW 1992, 2236; 1986, 589; 1982, 767, 768; Zöller/Vollkommer, 22.Aufl., ZPO, § 91 a Rn.44). Nur wenn die Klage von Beginn der Rechtshängigkeit an unzulässig oder unbegründet war und im Laufe des Rechtsstreits bis Eintritt der Erledigung geblieben ist, hat Klageabweisung zu erfolgen.

2.

Der auf Räumung und Herausgabe gerichtete Klageantrag war zum Zeitpunkt des Erledigungseintritts, d.h. am 30. September/1. Oktober 2000, zulässig und begründet.

a)

Zu Recht hat das Landgericht die Beklagte ab Rechtshängigkeit (06. Juni 2000, vgl. Bl. 17 GA) als Partei des Rechtsstreits angesehen, auch wenn die Klägerin in der Klage zunächst eine falsche Parteibezeichnung gewählt hat. Die vorgenommene Passivrubrumsberichtigung war zulässig. Entgegen der Auffassung der Beklagten erforderte die falsche Parteibezeichnung "O P G" durch die Klägerin keinen Parteiwechsel, sondern konnte ohne weiteres in "C C P G" korrigiert werden. Dem steht nicht entgegen, dass auch die in der Klageschrift bezeichnete Gesellschaft tatsächlich besteht.

Bei unrichtiger bzw. mehrdeutiger äußerer Parteibezeichnung ist grundsätzlich diejenige (juristische) Person als Partei anzusehen, die erkennbar durch die Parteibezeichnung betroffen sein soll (BGH NJW-RR 1995, 764 m.w.N.). Als Prozesserklärung ist die Parteibezeichnung dabei der Auslegung fähig (BGH NJW 1988, 1585, 1587). Maßgeblich kommt es darauf an, welcher Sinn der Erklärung aus Empfängersicht - des Gerichts und des Prozessgegners - beizumessen ist.

Im Streitfall war von Anfang an klar, dass die Klägerin die Klage gegen ihre Mieterin - die Beklagte - erheben wollte und nicht etwa gegen deren unter gleicher Anschrift firmierende Konzernschwester C P G. Aus der der Klageschrift beigefügten Vorkorrespondenz der Parteien ergibt sich, dass Verhandlungen über die Beendigung des Mietverhältnisses nur mit der Beklagten, nicht hingegen mit der C P GmbH geführt wurden. Mit Schreiben vom 4. August 1998 trat zunächst die Beklagte mit der Klägerin in Kontakt, um von dem vertraglich vereinbarten Optionsrecht zur Verlängerung des Mietvertrages Gebrauch zu machen (Bl. 35 Anlage zur Klageschrift = AH). Der dazu verwendete Briefbogen führte im Kopf zunächst in größeren Lettern sowie Fettdruck den Namen "C L P G auf. Unmittelbar darunter werden drei weitere Firmen ("C P G" , "C C P G", "P W C") in kleinerem Schriftbild aufgeführt. Dass Verfasserin des Schreibens die "C C P G ist, ergibt sich erst aus der der Unterschrift des Geschäftsführers O nach dem Abschlussgruß folgenden Firmenbezeichnung. Auf dieses Schreiben folgte die erstmalige Kündigung der Klägerin vom 15. Juni 1999 (Bl. 36 AH), die an die "C L P G , zu Händen Herrn O , gerichtet war. In Reaktion hierauf zeigten die Rechtsanwälte H , W und H (im folgenden: Rechtsanwälte H pp.) der Klägerin mit Schreiben vom 24. November 1999 (Bl. 37 AH) an, die C C P GmbH zu vertreten und nahmen zu der Kündigung vom 15. Juni 1999 Stellung. Sie verstanden die Kündigung also als an die Mieterin gerichtet, weil eine andere Konzerngesellschaft gar nicht gemeint sein konnte.

In einem weiteren Schreiben der Rechtsanwälte H pp. vom 5. Januar 2000 (Bl. 46 AH) wird die Beklagte - und nicht etwa die C L P G oder die C P C als Mandantin bezeichnet. Aus einer Gesamtsbetrachtung der vorliegenden Umstände ergab sich für das Gericht eindeutig, dass die Mieterin, die C C P G im vorliegenden Rechtsstreit verklagt werden sollte.

Auch der organschaftlich sowohl für die Beklagte als auch für die irrtümlich in der Klageschrift angegebene Konzernschwester handelnde Geschäftsführer O hat erkannt, welche der von ihm gesetzlich vertretenen Gesellschaften Beklagte des vorliegenden Rechtsstreits sein sollte. Dies folgt schon daraus, dass eine etwa fehlende Passivlegitimation in der Klageerwiderung vom 24. Juli 2000 (Bl. 36 ff GA) mit keinem Wort gerügt wird. Erst mit Schriftsatz vom 4. Oktober 2000 hat die Beklagte ihre Sachlegitimation bestritten, während sie sich im Schriftsatz vom 24. Juli 2000 auf den Fortbestand des zwischen den Parteien bestehenden Mietvertrages berufen hat. Da die Konzernschwester C P G nicht Mieterin war, hätte diese sich in ihrer Verteidigung darauf nicht stützen können, sondern allein die Beklagte.

b)

Bereits zum 30. Juni 2000 und damit vor Erledigungseintritt durch die am 30. September erfolgte Räumung des Objekts war das Räumungsbegehren der Klägerin begründet. Bezogen auf diesen Zeitpunkt hatte die Klägerin einen Anspruch auf Räumung und Herausgabe gem. § 556 Abs. 1 BGB gegen die Beklagte, da zu diesem Zeitpunkt das zwischen den Parteien bestehende Mietverhältnis durch Kündigung beendet worden ist.

Das bestehende Mietverhältnis konnte die Klägerin als Vermieterin unter Beachtung des § 565 Abs. 1 a BGB spätestens am dritten Werktag eines Kalendervierteljahres für den Ablauf des nächsten Karlendervierteljahres kündigen, obwohl die Beklagte von ihrem vertraglich zugesicherten Optionsrecht mit Schreiben vom 4. August 1998 (Bl. 35 AH) Gebrauch gemacht hatte. Das Kündigungsrecht ergab sich aus § 567 Satz 1 BGB. Dem Wortlaut nach bezieht sich § 567 BGB zwar nur auf Verträge, die auf eine Mietdauer von mehr als 30 Jahren geschlossen worden sind, was hier nicht der Fall ist. Denn der Mietvertrag vom 30.Juni/10. Juli 1969 hatte gem. § 4 Ziff.2 eine Laufzeit von genau 30 Jahren. Die Vorschrift des § 567 BGB gilt aber auch dann, wenn wenigstens eine Partei für mehr als 30 Jahre an den ursprünglichen Mietvertrag gebunden werden kann (BGH WM 1968, 7, 9; OLG Hamm NZM 1999, 753; RGZ 130, 143, 146; RGRK/Gelhaar, BGB, 12.Aufl., § 567, Rn. 2; Staudinger/Emmerich, BGB, 12. Aufl., 2. Bearbeitung, § 567, Rn.5; MünchKomm/Voelskow, BGB, 3. Aufl., § 567, Rn. 2; Palandt/Putzo, BGB, 60. Aufl., § 567, Rn. 4; Bub/Treier, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 3. Aufl., IV Rn.223; Wolf/Eckart/Ball, Handbuch des gewerblichen Miet-, Pacht- und Leasingrechts, 8. Aufl., Rn.936; Fritz, Gewerberaummietrecht, 3. Aufl., Rn.92 a). Anders könnte der Gesetzeszweck der als zwingendes Recht anzusehenden Vorschrift, Erbmiete und ähnliche Verhältnisse auszuschließen, nicht erreicht werden (RGZ, aaO, m.w.N.).

Indem die Beklagte von dem in § 4 Ziff. 2 S.2 des Mietvertrages eingeräumten einseitigen Optionsrecht durch Schreiben vom 4. August 1998 (Bl.35 AH) Gebrauch gemacht hat, hat sich die Mietzeit auf mehr als 30 Jahre verlängert. Dies hatte zur Folge, dass nunmehr der Anwendungsbereich des § 567 BGB eröffnet war und das Mietverhältnis sowohl vom Vermieter als auch vom Mieter unter Einhaltung der gesetzlichen Frist gekündigt werden konnte.

aa)

Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, konnte allerdings die mit Schreiben vom 15. Juni 1999 erklärte Kündigung der Klägerin keine Wirkung entfalten. Die Kündigung kann dem Wortlaut des § 567 BGB entsprechend erst nach Ablauf von 30 Jahren in rechtlich verbindlicher Weise erklärt werden. Im Juni 1999 war eine Mietdauer von 30 Jahren unstreitig noch nicht erreicht.

bb)

Das Mietverhältnis ist aber durch die Kündigung der Klägerin vom 3. Dezember 1999 zum 30. Juni 2000 beendet werden.

Diese Kündigungserklärung ist nach Ablauf einer Mietzeit von 30 Jahren, die am 31. Oktober 1999 vollendet waren, ausgesprochen worden. Die Frist zur Berechnung der Mietzeit beginnt regelmäßig ab Überlassung der Mietobjekts, nicht bereits mit Abschluss des Mietvertrages (Staudinger/Emmerich, aaO., Rn. 13; Bub/Treier, aaO., IV Rn.223). Hier findet sich indes in § 4 Ziff.1 S.1 des Vertrages die Regelung, das Mietverhältnis beginne am Ersten des folgenden Monats, in dem das Parkhaus bezugsfertig geworden sei. Diese in rechtlicher Hinsicht unbedenkliche Parteivereinbarung führte zu einer Verschiebung des ansonsten üblicherweise mit Übergabe des Mietobjektes erfolgenden Beginns des Mietzeit. Der Umstand, dass die Vermieterin den genauen Einzugstermin entgegen der Regelung in § 4 Ziff. 1 S. 3 des Mietvertrages möglicherweise nicht fristgerecht angezeigt hat, führt hingegen nicht zu einer weiteren Verlagerung des Mietbeginns auf einen noch späteren Zeitpunkt. Die Ankündigung war nicht Voraussetzung für eine wirksame Übergabe des Parkhauses. Sie hätte lediglich die Verpflichtung der Mieterin zur Objektübernahme begründet.

Demnach ist hier von einem Mietbeginn zum 1. November 1969 auszugehen. Das Parkhaus ist am 2. Oktober 1969 von der Mieterin in Gebrauch genommen worden. Dies ist durch Vorlage von Pressemitteilungen (Bl. 31 f AH) sowie das Schreiben der C V (Bl.29 AH) ausreichend nachgewiesen (§ 286 ZPO). Etwaige Baumängel des Mietobjektes hinderten die Bezugsfertigkeit nicht. Es reichte vielmehr aus, dass das Parkhaus im Wesentlichen für die Mieterin nutzbar war, woran nach den vorgelegten Pressemitteilungen kein Zweifel besteht. Am 2. Oktober 1969 wurde, das Warenhaus, zu dem das Parkhaus gehört, für die Kundschaft eröffnet. Nur Teile der Großgarage waren noch nicht benutzbar.

Unschädlich ist, dass die Kündigungserklärung vom 3. Dezember 1999 der Beklagten erst nach dem dritten Werktag des Januar 2000 zugegangen ist. Unstreitig ist das Kündigungsschreiben nicht der Beklagten, sondern deren anwaltlichen Vertreter am 6. Dezember 1999 zugegangen. Diese haben es erst am 5. Januar 2000 - und damit nach der maßgeblichen Frist des § 565 Abs. 1 a BGB - an die Beklagte weitergeleitet. Ob der Zugang des Schreibens an die Rechtsanwälte H pp. den Zugang an die Beklagte ersetzt hat, weil die anwaltlichen Vertreter Empfangsvollmacht besaßen (§ 164 Abs.3 BGB) oder jedenfalls die Voraussetzungen der Duldungs- oder Anscheinscheinsvollmacht vorlagen, braucht nicht entschieden werden. Die Beklagte muss sich jedenfalls gemäß § 242 BGB so behandeln lassen, als ob ihr die Kündigungserklärung rechtzeitig zugegangen wäre.

Nach gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung hat derjenige, der aufgrund bestehender vertraglicher Beziehungen mit dem Zugang rechtserheblicher Erklärungen zu rechnen hat, geeignete Vorkehrungen treffen, dass ihn derartige Erklärungen auch erreichen (RGZ 110, 34, 36; BGH VersR 1971, 262, 263; BGHZ 67, 271, 278; NJW 1983, 929, 930; NJW 1998, 976). Unterlässt er diese, kann darin ein Verstoß gegen die durch den Abschluss eines Vertrages begründeten Sorgfaltspflichten gegenüber seinem Partner liegen (BGH NJW 1998, 976). So liegt hier der Fall.

Die Parteien waren Partner eines Mietvertrages, aus dem sich bestimmte Sorgfaltspflichten ergaben. Nachdem die Klägerin das Mietverhältnis unter 15. Juni 1998 erstmalig gekündigt hatte, hat sich die Beklagte an die Rechtsanwälte H pp. gewandt. Diese haben der Klägerin mit Schreiben vom 24. November 1999 (Bl. 37-39 AH) versichert, von der Beklagten bevollmächtigt zu sein. Eine irgend geartete Einschränkung der Vollmacht wird nicht angezeigt. Vielmehr konnte die Klägerin durch das Schreiben den Eindruck gewinnen, die Vollmacht beziehe sich auf die gesamte mit der Beendigung des Mietverhältnisses in Zusammenhang stehende Problematik. Dies folgt schon daraus, dass die Rechtsanwälte H pp. der Klägerin darin anboten, die Angelegenheit mit ihnen in einer persönlichen Unterredung zu erörtern. Zudem haben die Rechtsanwälte H pp. die offensichtlich von der Klägerin selbst noch nicht erkannte Problematik angesprochen, dass eine Kündigung auf der Grundlage des § 567 BGB erst nach Ablauf von 30 Jahren zulässig sei. In Anbetracht dessen lag es nahe, dass die Klägerin nach Ablauf von 30 Jahren erneut kündigen werde. Die Beklagte musste deshalb mit dem Ausspruch einer neuerlichen Kündigung rechnen, da die Klägerin das Mietverhältnis ersichtlich beenden wollte.

Es war angesichts des vorgenannten Inhalts des Schreibens der Rechtsanwälte H pp. wahrscheinlich, dass sich die Klägerin an die anwaltlichen Vertreter wenden würde, um das Mietverhältnis erneut zu kündigen. Die Beklagte hätte sich deshalb zum einen bei ihren Bevollmächtigten erkundigen müssen, ob ein Schreiben der Klägerin eingegangen sei. Zum anderen hätten die Rechtsanwälte H pp., die insoweit als Erfüllungsgehilfen der Beklagten anzusehen sind, das ihnen am 6. Dezember 2000 zugegangene Schreiben nicht fast einen Monat bei sich liegen lassen dürfen, ohne hierauf in irgend einer Weise zu reagieren. Sie hätten vielmehr der Klägerin, wenn sie schon das Schreiben nicht unverzüglich an die Beklagte weiterleiten wollten, ihre fehlende Empfangsvollmacht mitteilen oder ihr das Kündigungsschreiben zurücksenden müssen. Das Verhalten der anwaltlichen Vertreter der Beklagten war ersichtlich darauf angelegt, den Zugangszeitpunkt derart hinauszuzögern, dass die mit Schreiben vom 3. Dezember 1999 erklärte Kündigung nicht zum 30. Juni 2000 Wirkung entfalten konnte. Das auf Vereitelung eines früheren Zugangszeitpunktes gerichtete Verhalten ihrer Rechtsanwälte muss sich die Beklagte gemäß § 278 BGB als eigenes Verschulden anrechnen lassen. Der aufgeführte Sorgfaltsverstoß innerhalb der vertraglichen Beziehungen wiegt so schwer, dass es gerechtfertigt ist, die Beklagte nach Treu und Glauben so zu behandeln, als habe sie die infolge der Sorgfaltsverletzung verspätet zugegangene Willenserklärung schon vor dem dritten Werktag im Januar 2000 erreicht.

B. (Klageantrag zu 2.)

1.

Gegen die Zulässigkeit des Klageantrags zu 2.), der in erster Instanz von einem Leistungsantrag in einen Feststellungsantrag geändert wurde, bestehen entgegen der Ansicht der Beklagten keine durchgreifenden Bedenken aus § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Der Klageantrag zu 2. war ursprünglich nur formal auf Leistung gerichtet. Eine gebotene Auslegung des Klagebegehrens hätte ergeben, dass es sich tatsächlich um einen Feststellungsantrag gehandelt hat, da keinerlei Anhaltspunkte über den Umfang der Verbindlichkeiten vorhanden waren. Aus diesem Grunde stellt sich der Übergang von der Leistungsklage zur Feststellungsklage im vorliegenden Fall auch nicht als Teilklagerücknahme dar, die bei der Berechnung der Kostenquote gemäß § 269 Abs. 3 ZPO zu Lasten der Klägerin zu berücksichtigen gewesen wäre.

Der Gegenstand der Freistellung ist im übrigen hinreichend bestimmt. Er ist im Zusammenhang mit dem Klagevortrag auszulegen und lässt auf dieser Grundlage das Begehren der Klägerin ausreichend deutlich erkennen (vgl. BGH, BB 1996, 1739).

Der Feststellungsantrag ist auch begründet. Die Beklagte haftet der Klägerin auf Ersatz des durch die verspätete Räumung entstandenen Schadens gem. §§ 557 Abs. 1 S. 2, 286 Abs. 1 BGB. Wie bereits dargelegt, endete das Mietverhältnis zum 30. Juni 2000. Ab 01. Juli 2000 befand sich die Beklagte mit der Räumung in Verzug gem. § 284 Abs. 2 BGB, ohne dass es einer vorherigen Mahnung bedurft hätte. Die Klägerin hatte einen Dienstleistungsvertrag mit der Firma H über die Betreuung des Mietobjekts geschlossen, den sie infolge des Verzugs der Beklagten nicht erfüllen konnte. Aus diesem Grunde hat die Firma H die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gegen die Klägerin angekündigt. Wie das Landgericht dargelegt hat, haftet die Beklagte für den insoweit möglicherweise entstandenen Schaden. Obwohl die Klägerin den Vertrag mit dem Nachmieter bereits mit Wirkung zum 1. Januar 2000 abgeschlossen hat, können sich aus diesem Vertrag ergebende Schadensersatzansprüche der Firma H ab dem 1. Juli 2000 ursächlich für einen möglichen Schaden der Klägerin sein. Die Klägerin war auch unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderung (§ 254 Abs.2 BGB) nicht verpflichtet, den Mietvertrag mit der Firma H vorzeitig zu beenden, weil sie jederzeit mit dem Auszug der Beklagten rechnen durfte.

Lediglich klarstellend hat der Senat den Tenor zu Ziffer 2. abgeändert. Dass der Tenor in diesem Sinne auszulegen war, ergibt sich aus den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs.1 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergeht nach §§ 708 Nr.10, 711, 713 ZPO.

Es besteht kein Anlass, aus den Gründen des § 546 Abs.1 ZPO die Revision zuzulassen.

Streitwert für den Berufungsrechtszug und Beschwer der Beklagten: 34.566,28 DM

Der Antrag zu 1. lautete auf Feststellung der Erledigung der Hauptsache, nachdem die Beklagte aus den streitigen Räumen ausgezogen war. Der Streitwert und Wert der Beschwer nach einseitiger Erledigungserklärung bestimmen sich nach der ständigen Rechtsprechung des BGH (BGHR ZPO § 3 Hauptsacheerledigung), der sich der Senat anschließt, nach der Summe der bis zum Zeitpunkt der Erledigungserklärung entstandenen Kosten. Denn die Parteien haben in einem solchen Fall normalerweise an der Fortsetzung des Rechtsstreits nur insoweit ein rechtliches Interesse, als es um die Prozesskosten geht. Das gilt hier auch für die Klägerin, da sie ihr ursprüngliches Klageziel, die Räumung und Herausgabe des von der Beklagten gemieteten Parkhauses erreicht hatte. Der (Gebühren-) Streitwert des Feststellungsantrags zu 1. bestimmt sich gemäß § 16 Abs.1 GKG nach dem Betrag "des auf die gesamte streitige Zeit fallenden" oder - soweit geringer - des einjährigen Mietzinses. Die Beklagte hat eine zum 30. September 2000 bestehende Räumungspflicht nicht bestritten, so dass lediglich der Zeitraum vom 1. Januar 2000 bis 30. September 2000 im Streit stand. Dies bedeutet, dass der Streitwert bis zum Zeitpunkt der Erledigungserklärung (4. Oktober 2000) für den Klageantrag zu 1. auf 9 x 16.666,67 DM = 150.000 DM festzusetzen war.

Nach Erledigungserklärung errechnet sich ein auf diesen Antrag bezogenes Kosteninteresse wie folgt:

Wert: 150.000,00 DM Gerichtskosten 4.065,00 DM 2 x Gebühr nach § 31 Abs.1 Ziff. 1 BRAGO 4.890,00 DM 2 x Postpauschale 80,00 DM 9.035,00 DM Zzgl. Umsatzsteuer 1.445,60 DM 10.480,60 DM

Der Streitwert für den Klageantrag zu 2., der in der Berufungsinstanz lediglich für den Zeitraum vom 1. Juli bis 30. September 2000 im Streit steht ist, beträgt 29.909,58 DM abzüglich 20 % (üblicher Abschlag für Feststellungsklage) = 24.085,68 DM.

Der Streitwert für das erstinstanzliche Verfahren wird gem. § 25 Abs.1 S.3 GKG wir folgt abgeändert:

bis 3. Oktober 2000: 221.783,00 DM (Klageantrag zu 1.: 150.000,00 DM, Klageantrag zu 2.: 71.783,00 DM (3 x 29.909.58 DM abzüglich 20 %),

danach: 82.263,60 DM (Klageantrag zu 1.: 10.480,60 DM; Klageantrag zu 2.: 71.783,00 DM).

Ende der Entscheidung

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