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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 05.11.2002
Aktenzeichen: 24 U 32/02
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 151
BGB § 164 Abs. 2
BGB § 197
BGB § 398
BGB § 404
BGB § 422
BGB § 568 a.F.
BGB § 571
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 711
ZPO § 713
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

24 U 32/02

Verkündet am 05. November 2002

In dem Rechtsstreit

hat der 24. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 01. Oktober 2002 durch seine Richter Z, E und R

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Beklagten zu 2. gegen das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Duisburg - Einzelrichter - vom 28. Januar 2002 wird zurückgewiesen.

Dem Beklagten zu 2. werden die Kosten des Berufungsverfahrens auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist in der Sache ohne Erfolg und daher zurückzuweisen. Das Landgericht hat zu Recht eine persönliche Haftung des Beklagten zu 2. aus dem Mietvertrag vom 06. Dezember 1993 auf Zahlung rückständiger Mieten und Nebenkosten angenommen.

I.

Dem Landgericht ist darin zuzustimmen, dass der Beklagte zu 2. persönlich aus dem Mietvertrag vom 06. Dezember 1993 haftet. Diese Haftung ergibt sich aus der vorliegenden Vertragsurkunde, die die Vermutung der Richtigkeit und Vollständigkeit in sich trägt (§ 416 ZPO). Die im Vertrag ausdrücklich als Mieter bezeichneten Beklagten sind Vertragspartei des Mietvertrages, da sie bei Abschluss des Mietvertrages entgegen § 164 Abs. 2 BGB nicht hinreichend offengelegt haben, dass sie den Vertrag als Vertreter der in Gründung befindlichen F GmbH (im folgenden: GmbH) schließen wollten.

1. Ohne Erfolg beruft sich die Beklagte auf die allgemein anerkannte Auslegungsregel, nach der bei unternehmensbezogenen Geschäften davon auszugehen ist, dass nicht der Handelnde, sondern der tatsächliche Unternehmensträger aus dem Rechtsgeschäft verpflichtet wird (vgl. hierzu BGH NJW 2000, 2984/2985; NJW 1995, 43/44; NJW 1990, 2678/2679 f.; KG MDR 2000, 760/761). Diese Auslegungsregel ist hier nämlich nicht anzuwenden.

Voraussetzung für deren Anwendung ist, dass der Inhalt des Rechtsgeschäftes - gegebenenfalls in Verbindung mit weiteren Umständen - die eindeutige Auslegung zulässt, dass ein bestimmtes Unternehmen berechtigt oder verpflichtet sein soll. Demgemäß müssen entweder der Ort des Vertragsschlusses oder hinreichende Zusätze im Zusammenhang mit der Unterschrift auf das betreffende Unternehmen hinwiesen. Es genügt auch, dass die Leistung vertraglich für den Betrieb des Unternehmens bestimmt ist. Bleiben dagegen ernsthafte, nicht auszuräumende Zweifel an der Unternehmensbezogenheit des Geschäftes, so greift aus Gründen der Verkehrssicherheit der gesetzliche Auslegungsgrundsatz des Handelns im eigenen Namen ein. Für die dann maßgebliche Vorfrage, wer überhaupt Vertragspartner sein soll, gilt allein § 164 Abs. 2 BGB (BGH NJW 2000, 2984/2985; NJW 1995, 43/44; NJW 1990, 2678/2679 f.; BGHZ 64, 11/15; KG MDR 2000, 760/761).

Durch die eindeutige Bezeichnung der Beklagten als Mieter im Rubrum des Vertrages vom 6. Dezember 1993 fehlt es an der Offenkundigkeit eines Handelns für die GmbH. In dem Mietvertrag wird auch sonst ein Unternehmen, dass Rechtsträger des Mietvertrages werden soll, nicht konkret bezeichnet. Kein Hinweis oder Zusatz deutet darauf hin.

Ein Handeln für die GmbH ergibt sich auch nicht daraus, dass die Anmietung der Räume gemäß § 1 des Mietvertrages zum Betrieb eines Lackauslieferungslagers erfolgte. Dieser auf eine gewerbliche Tätigkeit bezogene Zweck rechtfertigt nicht schon die Annahme, dass ein Handeln für die GmbH erfolgen sollte. Abgesehen davon, dass die Beklagten in verschiedenen Unternehmensformen den Vertragszweck hätten erreichen können, bleibt zweifelhaft, ob die persönliche Haftung der Beklagten oder eines Unternehmens gewollt war. Gerade bei einem Dauerschuldverhältnis der vorliegenden Art kommt regelmäßig auch in Betracht, dass zur Sicherung des Vermieters eine Anmietung von Räumen zum Betrieb eines Unternehmens auch durch Dritte als persönlich haftende Schuldner erfolgen soll. Die sich aus dieser Interessenlage ergebenden Zweifel gehen zu Lasten des Zweitbeklagten.

2. Auch die durchgeführte Beweisaufnahme hat nicht bestätigt, dass abweichend von der Vertragsurkunde die GmbH als Mieterin des Objektes Vertragspartei geworden ist. Auf die Ausführungen des Landgerichts wird insoweit ausdrücklich Bezug genommen. Ergänzend sei darauf hingewiesen, dass auch dann, wenn der Aussage des Zeugen W nicht zu folgen wäre, den Beklagten der ihnen obliegende Beweis für eine von den Vertragsunterlagen abweichende Vereinbarung und Offenkundigkeit ihrer Stellung als Vertreter nicht gelungen ist.

3. Der Beklagte zu 2. kann dem auch nicht entgegenhalten, dem Zeugen sei bei Abschluss des Mietvertrages bekannt gewesen, dass die Räume für die GmbH angemietet werden sollten. Gerade für diesen Fall spricht umso mehr dafür, dass der Zeuge den Mietvertrag bewusst nicht mit dem beschränkt haftenden Unternehmen, sondern mit den Beklagten persönlich abschließen wollte. Anderenfalls hätte es nahegelegen, dass die Vertragsparteien die Bezeichnung im Rubrum des Mietvertrages anders gewählt und einen Hinweis auf die vertretene Gesellschaft aufgenommen hätten.

4. Der persönlichen Haftung der Beklagten steht auch nicht entgegen, dass der gesamte, den Mietvertrag betreffende Schriftverkehr mit der GmbH geführt worden ist, dass diese die Mieten an den Zeugen und später an die Klägerin zahlte und dass die Klägerin auch noch im Insolvenzverfahren von einer Haftung der GmbH ausging. Maßgeblich für die Frage, wer Partei des Vertrages geworden ist, sind allein die Vereinbarungen der Parteien bei Abschluss des Mietvertrages, auch wenn nachträgliches Verhalten der Vertragspartner indizielle Bedeutung haben kann. Das ist hier aber nicht der Fall, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat. (wird weiter ausgeführt)

Dass durch das nachträgliche Verhalten sogar ein Mieterwechsel vollzogen worden ist, hat das Landgericht ebenfalls mit zutreffender Begründung verneint.

5. Auch die Fortsetzung des Mietverhältnisses nach Ablauf der Vertragslaufzeit gemäß § 568 BGB a.F. hat nicht zu einem Wechsel der Mietvertragspartei geführt.

Wird bei Beendigung des Vertrages der Gebrauch der Mietsache durch Nutzung auf der bisherigen Vertragsgrundlage fortgesetzt, so wird der Mietvertrag mit dem selben Mieter fortgesetzt, wenn nicht eine der Vertragsparteien widerspricht. Das gilt auch dann, wenn der Mieter das Objekt wie bisher nicht selbst nutzt, sondern die Nutzung einem Untermieter überlässt. Anknüpfungspunkt ist insoweit nur das rein tatsächliche Verhalten der Parteien (BGH NJW-RR 1988, 76/77; NJW-RR 1986, 1020/1021; OLG Düsseldorf OLGR 1993, 124 f.; Palandt/Weidenkaff BGB, 61. Auflage, § 545 Rn. 7 m.w.N.). Hier wurde zumindest konkludent ein einem Untermietverhältnis entsprechendes Vertragsverhältnis mit der GmbH vereinbart, indem die Beklagten die Räume mit Zustimmung des Zeugen der Gesellschaft überließen und diese die Mieten an den Vermieter zahlte.

6. Auch der Eintritt der Klägerin in den Mietvertrag nach § 571 BGB bewirkte nicht einen Wechsel der Mieter. Die Fortsetzung des Gebrauchs der Mietsache führte vielmehr auch gegenüber der Klägerin als neuer Eigentümerin nach § 568 BGB zu einem Fortbestehen der Verpflichtung der Beklagten. Denn nach § 571 BGB tritt der neue Eigentümer kraft eigenen Rechts so in den Mietvertrag ein, wie dieses zum Zeitpunkt des Eigentumsübergangs besteht. Dies gilt selbst dann, wenn die Klägerin bei Eintritt in den Mietvertrag wegen der tatsächlichen Nutzung irrtümlich davon ausging, dass die GmbH Partei des Mietvertrages war, weil es für den Rechtserwerb nicht auf die Kenntnis des neuen Eigentümers von den Umständen seiner Berechtigung und Verpflichtung ankommt (vgl. Palandt/Weidenkaff a.a.O. § 566 Rn. 14 f. m.w.N.).

II.

Entgegen der Auffassung der Berufung haftet der Beklagte zu 2. auch für die Mietzinsforderungen für den Zeitraum von Februar bis einschließlich April 2000 in Höhe von 4.500,-DM.

Die von der Klägerin mit dem Zeugen L getroffene Vereinbarung während der Durchführung des Insolvenzverfahrens kann nicht dahin verstanden werden, dass damit die Beklagten aus ihrer persönlichen Haftung entlassen werden sollten. Vielmehr sind die Vertragserklärungen der Klägerin vom Standpunkt eines objektiven Erklärungsempfängers dahin zu verstehen, dass in Höhe des im dortigen Vertragsverhältnis vereinbarten Mietzinses von 1500,-DM eine neben die Haftung der Beklagten tretende gesamtschuldnerische Haftung des Insolvenzverwalters gewollt war. Gerade im Hinblick auf die bestehende Zahlungsunfähigkeit der GmbH bestand für die Klägerin keinerlei Interesse daran, auf die Verpflichtung der ihr persönlich haftenden Schuldner zu verzichten.

Die Erklärung der Klägerin, sie wolle auch gegenüber den Beklagten nur einen Betrag von 1500,-DM geltend machen, kann auch nicht dahin verstanden werden, dass die Klägerin damit auf weitergehende Ansprüche gegenüber den Beklagten verzichten wollte. Vor dem Hintergrund ihrer weiteren Erklärung, die Vereinbarung sei wegen der fehlenden Beteiligung des Beklagten zu 2. unwirksam und sie könne auch die volle Miete geltend machen, wird deutlich, dass eine Reduzierung der Mietzinsansprüche nur im Verhältnis zum Insolvenzverwalter bindend gelten sollte. Dies wird auch durch den Zeugen L bestätigt, der angegeben hat, durch die Vereinbarung mit der Klägerin habe die persönliche Haftung der Beklagten nicht aufgehoben werden sollen.

Im Hinblick darauf kann die Klägerin trotz des mit dem Insolvenzverwalter geschlossenen Vergleichs zur Abgeltung der dort vereinbarten Mietzinsforderung von 1500,-DM durch Überlassung von Büromöbeln von den Beklagten die Zahlung eines Teilbetrages von weiteren 1500,-DM monatlich begehren. Die Erfüllung der Forderung in Höhe von 1500,-DM durch den Insolvenzverwalter wirkt zwar gemäß § 422 BGB auch zugunsten der Beklagten. Die gegenüber den Beklagten noch offene Mietzinsforderung beläuft sich jedoch insgesamt auf monatlich weitere 2464,- DM (3964,-DM -1500,- DM).

III.

Die Klägerin kann schließlich auch die auf Nebenkosten für das Jahr 1997 aus abgetretenem Recht des Zeugen W sen. geltend machen. Grundsätzlich stehen die Nebenkostennachforderungen für vorangegangene Zeiträume dem vorherigen Eigentümer zu. Der nach § 571 BGB in den Mietvertrag eintretende Vermieter kann diese Forderungen nur geltend machen, wenn sie ihm von dem früheren Eigentümer abgetreten werden (Palandt/Weidenkaff a.a.O. § 535 BGB Rn. 96; Wolf/Eckert: Handbuch des gewerblichen Miet-, Pacht- und Leasingrechtes, 8. Auflage Rn. 1411, jeweils m.w.N.).

Eine Abtretung der Nebenkostennachforderung für 1997 durch Abtretungsvertrag nach § 398 BGB ist im Zusammenhang mit der Abtretungserklärung des Zeugen vom 26. September 2002 erfolgt. Zwar ist dem Beklagten zu 2) darin zuzustimmen, dass die bloße Erklärung der Abtretung zur Annahme eines wirksamen Abtretungsvertrages nach § 398 BGB nicht ausreichend wäre. Die Klägerin hat diese als Angebot auszulegende Erklärung des Zeugen aber konkludent dadurch angenommen, dass sie die Abtretungserklärung im Prozess auf den entsprechenden Hinweis des Senates vorgelegt hat. In dem Verhalten der Klägerin liegt bei objektiver Auslegung die Erklärung, dass sie sich auf die Abtretung der Forderung zur Stützung ihrer Ansprüche berufen wolle und deshalb das Angebot des Zeugen akzeptiere.

Ein Zugang dieser Annahmeerklärung beim Zeugen war nach § 151 BGB entbehrlich. Im Hinblick darauf, dass der Zeuge die Erklärung auf den Hinweis des Senates erstellte und diese zur Vorlage im Rechtsstreit an die Klägerin übersandte, ist das Verhalten des Zeugen dahin auszulegen, dass er auf den Zugang einer Annahmeerklärung der Klägerin verzichtete. Zudem stellt die Abtretung auch für die Klägerin ein lediglich vorteilhaftes Geschäft dar, so dass bereits nach der Verkehrssitte regelmäßig davon auszugehen ist, dass die Annahmeerklärung des Begünstigten nicht zugangsbedürftig ist (vgl. BGH NJW 2000 Sicherungsabtretung aaO; Palandt/Heinrichs § 151 Rn. 4 m.w.N.).

IV.

Die Nebenkostenforderungen sind schließlich auch nicht verjährt. Die Nachforderungen für 1997 und die darin abgerechneten Grundsteuerbeträge für vorangegangene Zeiträume wurden erst mit ihrer Abrechnung im Jahr 1998 fällig. Nach ständiger Rechtsprechung werden Nebenkostennachforderungen erst fällig, wenn der Vermieter eine ordnungsgemäße Abrechnung über die Nachzahlungsforderungen erteilt (BGH NJW 1991, 836; Wolf/Eckert a.a.O. Rn 531). Dass es damit der Vermieter in der Hand hat, durch Verzögerung der Abrechnung den Beginn der Verjährung hinauszuschieben, steht dem nicht entgegen. Der Mieter ist insofern geschützt, als er seinen Anspruch auf Abrechnung gerichtlich durchsetzen kann. Zudem erlangt auch er einen Vorteil, da auch die Verjährung seines Anspruchs auf Rückzahlung überzahlter Nebenkosten erst mit Zugang der Abrechnung zu laufen beginnt (BGH a.a.O.; OLG Düsseldorf ZMR 2000, 215 f; Wolf/Eckert a.a.O. Rn 531; Schmid, Handbuch der Mietnebenkosten, 6. Auflage Rn. 3228). Die Forderungen verjährten daher nach § 197 BGB a.F. erst mit Ablauf des Jahres 2002. Entsprechend ist auch eine Verjährung der für spätere Jahre geltend gemachten Forderungen nicht eingetreten.

Auch eine Verwirkung der Geltendmachung von Grundsteuerbeträgen für die Jahre vor 1997 kann nicht festgestellt werden. Ein Verhalten des Zeugen, das die Annahme einer Verwirkung der Ansprüche rechtfertigen würde und dass sich die Klägerin nach § 404 BGB entgegenhalten lassen müsste, ist nicht dargetan.

Nach ständiger Rechtsprechung der Obergerichte erfüllt allein das Unterlassen des Abrechnens der Nebenkosten keinesfalls den Tatbestand einer Verwirkung, da es hierfür vielfache Ursachen geben kann, so etwa, dass die Abrechnung einfach vergessen wurde (BGH NJW 1984, 1684; Senat OLGR 2000, 281/282; OLG Köln NJW-RR 99, 231, je m.w.N.). Neben dem bloßen Zeitmoment ist ein - hier nicht ersichtliches- Umstandsmoment erforderlich, dass das Vertrauen des Schuldners dahin rechtfertigt, dass der Vermieter die Nebenkostenforderungen auch künftig nicht mehr geltend machen wird (vgl. BGH NJW 1984, 1684 m.w.N.).

V.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

VI.

Der Streitwert beträgt 8.802,24 €.

Ende der Entscheidung

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