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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 26.09.2001
Aktenzeichen: 2a Ss (Owi) 214/01 (Owi) 75/01 III
Rechtsgebiete: OWiG, StPO, StVO, StVG, BKatV


Vorschriften:

OWiG § 79 Abs. 3
StPO § 349 Abs. 4
StPO § 267 Abs. 1 Satz 3
StVO § 41
StVO § 49
StVG § 24
StVG § 25
StVG § 25 Abs. 2 a
BKatV § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF BESCHLUSS

2a Ss (Owi) 214/01 (Owi) 75/01 III

In der Bußgeldsache

wegen Verkehrsordnungswidrigkeit

hat der 3. Senat für Bußgeldsachen durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht B den Richter am Oberlandesgericht B und den Richter am Landgericht O am

26. September 2001

auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts Mettmann vom 13. Februar 2001 nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft einstimmig gemäß §§ 79 Abs.3 OWiG, 349 Abs. 4 StPO

beschlossen:

Tenor:

Das angefochtene Urteil wird mit den zugrundeliegeden Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an das Amtsgericht Mettmann zurückverwiesen.

Gründe:

Das Amtsgericht hat gegen den Betroffenen "wegen fahrlässiger Verkehrsordnungswidrigkeit gemäß §§ 41, 49 StVO, 24 StVG" eine Geldbuße von 200,-- DM festgesetzt und nach § 25 StVG ein Fahrverbot von einem Monat verhängt. Die hiergegen gerichtete Rechtsbeschwerde des Betroffenen hat mit der Sachrüge (vorläufigen) Erfolg.

Die Urteilsausführungen genügen nicht den Anforderungen, die im Bußgeldverfahren an die Darstellung der Beweiswürdigung bezüglich einer Identifizierung des Betroffenen anhand eines Lichtbildes zu stellen sind.

1.

Nach den vom BGH in seiner Entscheidung vom 19. Dezember 1995 (BGH St 41, 376) aufgestellten Grundsätzen sind nähere Ausführungen dazu in der Regel nur entbehrlich, wenn in dem Urteil auf ein zur Identifizierung generell geeignetes Foto gemäß § 267 Abs. 1 Satz 3 StPO verwiesen wird. Dadurch wird das Lichtbild zum Bestandteil des Urteils und kann von dem Rechtsmittelgericht hinsichtlich seiner grundsätzlichen Tauglichkeit zur Identifizierung aufgrund eigener Anschauung beurteilt werden. Es reicht dann aus, wenn das Urteil mitteilt, bei dem in Bezug genommenen Lichtbild handele es sich um ein nach Aufnahmeort und -zeit näher bezeichnetes Radarfoto, dass das Gesicht einer männlichen oder weiblichen Person zeige (BGH aaO, S. 383).

Das Amtsgericht hat in den Urteilsgründen bezüglich des Belegfotos u.a. ausgeführt:

"Dieser Sachverhalt (bezüglich der Täterschaft des Betroffenen, der sich zur Sache nicht eingelassen hat) steht fest aufgrund ... der Inaugenscheinnahme des Radarfotos Bl. 11 d.A."

Mit dieser Formulierung hat das Amtsgericht jedoch nicht gemäß § 267 Abs. 1 S. 3 StPO "wegen der Einzelheiten" auf das in den Akten befindliche Foto verwiesen. Dies hätte eindeutig und zweifelsfrei zum Ausdruck kommen müssen (Senatsbeschluss vom 5. August 1996, VRS 92, 417; BayObLG NStE Nr. 43 zu § 267 StPO). Zudem hat das Amtsgericht nicht in der vom BGH (aaO.) geforderten knappen Form den Aussageinhalt des Belegfotos angegeben.

Zwar setzt eine wirksame Inbezugnahme gemäß § 267 Abs.1 S.3 StPO nicht die Wiedergabe des Gesetzeswortlautes voraus. Jedoch kann sie nicht mit einer Inaugenscheinnahme in der Hauptverhandlung und deren Erwähnung in den Urteilsgründen gleichgesetzt werden (Senat aaO.; OLG Düsseldorf, I.Senat, NZV 94, 202). Denn die richterliche Augenscheinnahme durch Betrachten des Fotos ist ein der Einbeziehung in das Urteil notwendigerweise vorgelagerter Vorgang. Die Inbezugnahme des Fotos ist keineswegs notwendige Folge der Inaugenscheinnahme, sondern sie kann nach dem Ermessen des Gerichts auch unterbleiben, etwa wenn das Foto für Beweiszwecke ungeeignet erscheint.

2.

Wenn der Tatrichter bei der Abfassung der Urteilsgründe von einer Einbeziehung des Belegfotos nach § 267 Abs.1 S.3 StPO absieht, muß er es ausführlich beschreiben, damit das Rechtsmittlelgericht in die Lage versetzt wird, es auf seine Eignung zur Identifizierung zu beurteilen, wie wenn es ihm als Anschauungsobjekt zur Verfügung stünde. Dazu sind Ausführungen zur Bildqualität, insbesondere zur Bildschärfe, erforderlich. Die abgebildete Person ist anhand mehrerer charakteristischer Identifizierungsmerkmale präzise zu beschreiben. Die Anzahl der Merkmale kann umso kleiner sein, je prägnanter sie sind und je eher sie in ihrer Zusammensetzung eine zuverlässige Identifizierung gestatten (BGH aaO. S. 384).

Das Amtsgericht hat bezüglich der Identifizierung des Betroffenen ausgeführt:

"Das Gericht hat den Betroffenen anhand des Messfotos im Vergleich mit der eigenen Person in der Gerichtsverhandlung eindeutig wiedererkannt. Das auf dem Foto Bl. 11 festgehaltene Bild entspricht dem Aussehen des Betroffenen. Der Betroffene hat denselben auf dem Bild festgehaltenen Bartwuchs, dieselbe Stellung der Augen sowie der Augenbrauen, denselben Haaransatz sowie dieselbe Nasenform. Das Gericht hat aufgrund dessen keinerlei Zweifel, dass der Betroffene zur Tatzeit auch Fahrer war."

Diese Aufzählung enthält keine hinreichende Individualisierung. Die angesprochenen Gesichtspartien werden nicht konkret mit unterscheidbaren Charakteristika beschrieben. Die pauschale Darstellungsweise ist nicht geeignet, dem Senat das Belegfoto anschaulich und den Vorgang der Identifizierung nachprüfbar zu machen.

Der Rechtsfehler führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache. Für eine Verweisung der Sache an ein anderes Amtsgericht oder eine andere Abteilung des Amtsgerichts Mettmann sieht der Senat keinen Anlass.

3.

Die Ausführungen, mit denen das Amtsgericht die Anordnung des Fahrverbots begründet, geben Anlass, für die neue Verhandlung und Entscheidung darauf hinzuweisen, dass auch dann, wenn die Geschwindigkeitsüberschreitung die Voraussetzungen des § 2 Abs.1 S.1 Nr.1 BKatV erfüllt und deshalb in der Regel ein Fahrverbot zu verhängen ist, von dieser Rechtsfolge unter gleichzeitiger Erhöhung der Geldbuße mit Rücksicht auf die konkreten Umstände des Falles ausnahmsweise abgesehen werden kann. In jedem Fall müssen die Urteilsgründe eindeutig erkennen lassen, dass sich das Gericht dieser Möglichkeit bewußt war(BGH St 38, 125, 136; OLG Düsseldorf VRS 84, 46).

4.

Desweiteren weist der Senat darauf hin, dass das angefochtene Urteil nicht erkennen lässt, ob das Amtsgericht die Voraussetzungen eines aufgeschobenen Wirksamwerdens des Fahrverbots nach § 25 Abs.2a StVG geprüft hat. Wenn die Voraussetzungen dieser Vorschrift erfüllt sind, ist die entsprechende Anordnung zwingend (OLG Düsseldorf VRS 95, 288; Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 36. Aufl., § 25 StVG Rdnr. 30). Sie ist im Urteilstenor zum Ausdruck zu bringen (OLG Hamburg DAR 99, 226; Hentschel aaO.).

5.

Im Hinblick auf die Fassung des Tenors des angefochtenen Urteils ist darauf hinzuweisen, dass auch in Bußgeldsachen die Tat in der Urteilsformel mit Worten anschaulich und verständlich zu bezeichnen ist. Hat ein Bußgeldtatbestand eine gesetzliche Überschrift, so soll diese zur rechtlichen Bezeichnung der Tat verwendet werden. Die angewendeten Vorschriften sind erst nach der Urteilsformel aufzuführen (§ 71 Abs.1 OWiG i.V.m. § 260 Abs.4 S.1 und 2, Abs.5 S.1 StPO, vgl. OLG Hamm VRS 97, 185).

Ende der Entscheidung

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