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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 29.12.1999
Aktenzeichen: 2b Ss 167/99 - 72/99 I
Rechtsgebiete: AuslG, VwVfG, VwGO


Vorschriften:

AuslG § 14 Abs. 2
AuslG § 17 Abs. 1
AuslG § 23 Abs. 1 Nr. 1
AuslG § 92 Abs. 1 Nr.3
VwVfG § 36 Abs. 2 Nr. 4
VwGO § 58 Abs. 2 Satz 1
AuslG § 14 Abs. 2, 17 Abs. 1, 23 Abs. 1 Nr. 1, 92 Abs. 1 Nr.3; VwVfG § 36 Abs. 2 Nr. 4; VwGO § 58 Abs. 2 Satz 1

Das mit der Aufenthaltserlaubnis verbundene Verbot der Aufnahme einer selbständigen Erwerbstätigkeit oder einer dieser vergleichbaren unselbständigen Erwerbstätigkeit kann als äußerlich trennbarer, den Erlaubnisinhaber belastender Verwaltungsakt selbständig angefochten und muß daher mit einer schriftlichen Rechtsbehelfsbelehrung versehen werden, wenn die Aufenthaltserlaubnis in Erfüllung von dessen gesetzlichem Anspruch aus § 23 Abs. 1 Nr. 1 AuslG dem ausländischen Ehegatten eines Deutschen erteilt ist, der seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet hat. Unterbleibt diese Belehrung und ist die Jahresfrist des § 58 Abs. 2 Satz 1 VwGO noch nicht abgelaufen, so ist das mit der Auflage erteilte Verbot (noch) nicht vollziehbar und daher ein Verstoß dagegen nicht nach § 92 Abs. 1 Nr. 3 AuslG strafbar.

OLG Düsseldorf, 1. Strafsenat, Beschluß vom 29.12.1999 - 2b Ss 167/99 - 72/99 I


OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF BESCHLUSS

2 b Ss 167/99 - 72/99 I 25 Js 260/98 StA Krefeld

In der Strafsache

Gegen

aus Krefeld, geboren am 14. Februar 1960 in La Romana/Dominikanische Republik,

wegen Verstoßes gegen das Ausländergesetz

hat der l. Strafsenat durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Schröter sowie die Richter am Oberlandesgericht Heidemann und Schimmann auf die Revision der Angeklagten gegen das Urteil der 6. kleinen Strafkammer des Landgerichts Krefeld vom 17. Februar 1999 nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft am 29. Dezember 1999 beschlossen:

Tenor:

Das angefochtene Urteil wird aufgehoben. Die Angeklagte wird freigesprochen.

Die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen der Angeklagten trägt die Staatskasse.

Gründe:

I.

Das Amtsgericht hat die Angeklagte wegen vorsätzlicher Zuwiderhandlung gegen eine vollziehbare Auflage nach § 14 Abs. 2 Satz 2 des Ausländergesetzes (AuslG), Vergehen nach § 92 Abs. l Nr. 3 AuslG, zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je 30,-- DM verurteilt. Ihre mit dem Ziel des Freispruchs eingelegte Berufung hat die Strafkammer als unbegründet verworfen. Hiergegen richtet sich die auf die Sachrüge gestützte Revision der Angeklagten. Das Rechtsmittel hat Erfolg.

II.

1.

Die Strafkammer hat u.a. festgestellt:

"Die Angeklagte ist zur Zeit Hausfrau. Ihr Ehemann erzielt ihren Angaben zufolge ein monatliches Nettoeinkommen von 2.000,- DM. Dieses steht beiden Ehepartnern gleichermaßen zur Verfügung....

Die Angeklagte reiste am 22.02.1996 zur Eheschließung in das Bundesgebiet ein. Am 10.04.1996 heiratete sie. Am 18.04.1996 wurde ihr eine auf ein Jahr befristete, bis zum 17.04.1997 gültige Aufenthaltserlaubnis erteilt mit der Auflage: "Selbständige Erwerbstätigkeit oder vergleichbare unselbständige Erwerbstätigkeit nicht gestattet. Arbeitserlaubnispflichtige Erwerbstätigkeit nur gemäß gültiger Arbeitserlaubnis gestattet."

Die Angeklagte ging der Prostitution in einem Duisburger Bordell nach. Am 19.08.1996 wurde sie bei einer Überprüfung des Bordells bei Ausübung der Prostitution angetroffen. Es wurde ein Strafverfahren wegen Zuwiderhandlung gegen die ihr erteilte vollziehbare Auflage nach dem Ausländergesetz eingeleitet. Die Angeklagte ließ seinerzeit vortragen, sie habe geglaubt, aufgrund der unbefristeten Arbeitserlaubnis des Arbeitsamtes Krefeld, die zu ihrer Eintragung in ihrem Reisepaß widersprüchlich sei, habe sie arbeiten dürfen. Daraufhin wurde das Ermittlungsverfahren gegen sie eingestellt. Sie wußte jedoch nunmehr, daß sie eine solche Tätigkeit, wie sie sie bis dahin ausübte, nicht weiterführen durfte.

Am 17.04.1997 wurde ihre Aufenthaltserlaubnis um ein Jahr verlängert bis zum 17.04.1998. Erneut wurde ihr in der schriftlichen Aufenthaltserlaubnis ausdrücklich unter "Nebenbestimmungen" die o.g. Auflage erteilt.

Den am 18.04.1996 und 17.04.1997 erteilten Auflagen waren Rechtsmittelbelehrungen nicht beigefügt.

Am 17.02.1998 wurde die Angeklagte bei einer Überprüfung eines Bordells in Duisburg bei der Ausübung der Prostitution angetroffen. Sie ging dieser als Prostituierte selbständig nach.

Die Angeklagte hat die ihr erteilte Auflage zu keinem Zeitpunkt angefochten. Inzwischen hat sie ihre Tätigkeit als Prostituierte aufgegeben."

2.

Die Strafkammer hat das festgestellte Verhalten der Angeklagten als eine gemäß § 92 Abs. l Nr. 3 AuslG strafbare vorsätzlich begangene Zuwiderhandlung gegen eine vollziehbare Auflage nach § 14 Abs. 2 Satz l AuslG gewertet und zur Begründung u.a. ausgeführt:

"Die Angeklagte hat sich wegen einer Zuwiderhandlung gegen § 92 Abs. 1 Nr. 3 AuslG strafbar gemacht.

Ihr ist eine Auflage nach § 14 Abs. 2 S. 2 AuslG erteilt worden. Insoweit ist es auch zulässig, eine selbständige Tätigkeit auszuschließen. Anhaltspunkte dafür, daß der Ausschluß im vorliegenden Fall nichtig oder auch nur rechtswidrig ist, sind nicht gegeben...

Diese Auflage war auch vollziehbar, auch wenn die Jahresfrist des § 58 Abs. 2 VwGO noch nicht abgelaufen war. Sie war nämlich Bestandteil der sogleich wirksamen Aufenthaltsgenehmigung.

Der rechtliche Charakter der Auflage im Verhältnis zur Aufenthaltsgenehmigung kann abhängig sein vom Zeitpunkt ihrer Anordnung. Ob es sich um eine Auflage im Sinne des § 36 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG handelt oder um eine modifizierende Auflage, ist nach ihrem sachlichen Gehalt und ihrem Verhältnis zur Aufenthaltsgenehmigung zu beurteilen. Insbesondere das im Gesetz erwähnte Arbeits- oder Gewerbeverbot steht in einem so engen sachlichen Zusammenhang mit der Aufenthaltsgenehmigung, daß es deren integrierenden Bestandteil bildet, ohne den die Aufenthaltsgenehmigung nicht erlassen würde. Mit Rücksicht auf den grundsätzlichen Anwerbestopp und die zweckbezogene Differenzierung der Aufenthaltstitel kann angenommen werden, daß die Aufenthaltsgenehmigung ohne die jeweilige Auflage nicht erteilt worden wäre...

So liegt der Fall hier.

Die Angeklagte hat ferner vorsätzlich gehandelt. Sie kannte insbesondere den Umfang der ihr erteilten Auflage."

III.

Die getroffenen Feststellungen tragen der Schuldspruch wegen Zuwiderhandlung gegen eine vollziehbare Auflage im Sinne des § 14 Abs. 2 Satz 2 AuslG nicht und rechtfertigen deshalb eine Verurteilung der Angeklagten wegen eines Vergehens nach § 92 Abs. l Nr. 3 dieses Gesetzes nicht.

Dem Zusammenhang der Gründe des Berufungsurteils kann - noch - entnommen werden, daß die zu diesem Zweck eingereiste Angeklagte am 10. April 1996 mit einem deutschen Staatsangehörigen, der seinen gewöhnlichen, Aufenthalt im Bundesgebiet hat, die Ehe geschlossen hat und mit ihm in familiärer Gemeinschaft zusammenlebt. Demgemäß hatte sie nach §§ 23 Abs. l Nr. l, 17 Abs. l, 5 Nr. l AuslG einen Rechtsanspruch auf Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung in der Form der Aufenthaltserlaubnis (vgl. dazu Kanein/Renner, Ausländerrecht, 5. Aufl., § 23 AuslG Rdrn. 2 und 3 m.w.N.).

2.

Die der Angeklagten erstmals am 18.04.1996 erteilte und später verlängerte Aufenthaltserlaubnis durfte auch - wie die Strafkammer zu Recht angenommen hat - mit der Auflage des Verbots der Ausübung einer selbständigen Erwerbstätigkeit oder einer vergleichbaren unselbständigen Erwerbstätigkeit verbunden werden (§ 14 Abs. 2 Satz l, Satz 2 AuslG). Rechtlich zutreffend ist das Berufungsgericht ferner davon ausgegangen, daß die vorliegend angeordnete Auflage wirksam war bzw. ist. Es stellt sich insbesondere nicht als eine unzulässige Beschränkung des nach §§ 23 Abs. l Nr. l, 17 Abs. l AuslG begründeten Rechtsanspruchs der Angeklagten auf Einreise und Aufenthalt im Bundesgebiet dar. Denn der Zweck der Aufenthaltserlaubnis nach den genannten Vorschriften ist die Herstellung und Wahrung der familiären Lebensgemeinschaft mit dem deutschen Ehepartner. Er erfordert es nicht, die Ausübung einer selbständigen Erwerbstätigkeit oder einer dieser vergleichbaren unselbständigen Erwerbstätigkeit des ausländischen Ehepartners zu gestatten. Auch im übrigen sind keinerlei Gründe ersichtlich, die die Auflage als unwirksam oder ermessensmißbräuchlich und damit als anfechtbar erscheinen lassen.

3.

Nicht gefolgt werden kann hingegen der auch von der Generalstaatsanwaltschaft vertretenen Rechtsauffassung der Strafkammer, die Angeklagte habe zur Vorfallszeit einer vollziehbaren Auflage nach § 14 Abs. 2 Satz 2 AuslG zuwidergehandelt und sich dadurch eines Vergehens gemäß § 92 Abs. l Nr. 3 AuslG schuldig gemacht.

a.)

Allerdings ist die Angeklagte nach den getroffenen Feststellungen am 17. Februar 1998 bei der Ausübung der Prostitution in einem Bordell in Duisburg angetroffen worden, der sie als Prostituierte selbständig nachging, obwohl sie aus einem früheren - allerdings eingestellten - Verfahren wegen einschlägigen Verhaltens wußte, daß sie dadurch gegen die ihr als "Nebenbestimmung" der Aufenthaltserlaubnis erteilte Auflage verstieß. Es unterliegt deshalb auch keinem Zweifel, daß die Angeklagte insoweit vorsätzlich gehandelt hat.

b.)

Die ihr erteilte Auflage war indessen zur Tatzeit am 17. Februar 1998 entgegen der Auffassung der Strafkammer und der Generalstaatsanwaltschaft noch nicht vollziehbar, d.h. formell bestandskräftig und unanfechtbar. Vollziehbarkeit der Auflage ist aber tatbestandsmäßige Voraussetzung einer Verurteilung nach § 92 Abs. l Nr. 3 AuslG.

aa.)

Nach den Feststellungen der Strafkammer war der Auflage des Verbots der Aufnahme einer selbständigen Erwerbstätigkeit oder einer dieser vergleichbaren unselbständigen Erwerbstätigkeit, mit der die Aufenthaltserlaubnis auch nach ihrer Verlängerung am 17. April 1997 versehen war, keine Rechtsbehelfsbelehrung beigefügt. Das war aber erforderlich, weil es sich nicht um eine sog. "modifizierende" Auflage, sondern um eine solche nach § 36 Abs. 2 Nr. 4 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG) handelt, die als äußerlich von der Aufenthaltserlaubnis trennbarer die Angeklagte belastender Verwaltungsakt selbständig angefochten werden kann (vgl. Kopp, VwVfG, 6. Aufl., § 36 Rdnr. 46 m.w.N.).

Somit finden die Vorschriften des § 58 Abs. l, Abs. 2 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) Anwendung. Danach war die am 17. April 1997 neu erteilte Auflage mangels einer beigefügten Rechtsbehelfsbelehrung am Tattage, dem 17. Februar 1998, noch nicht bestandskräftig, weil die Jahresfrist zur Einlegung des Widerspruchs erst mit dem Ablauf des Donnerstag, des 16. April 1998 endete (§§ 57 Abs. l, Abs. 2 VwGO, 222 Abs. l ZPO, 188 Abs. 2 BGB). Demgemäß hat die Angeklagte, als sie am 17. Februar 1998 der Prostitution in einem Bordell in Duisburg als Prostituierte selbständig nachging, nicht gegen eine vollziehbare Auflage verstoßen.

bb.)

Demgegenüber hat die Strafkammer unter Hinweis auf Kanein/Renner, a.a.O., § 14 AuslG, Rdnr. 14 die Auffassung vertreten, bei der Anordnung des Verbots der Ausübung einer selbständigen Erwerbstätigkeit oder einer dieser vergleichbaren unselbständigen Erwerbstätigkeit handele es sich um eine sog. "modifizierende" Auflage, die einen "integrierenden" Bestandteil der Aufenthaltserlaubnis bilde und deshalb nicht gesondert angefochten werden könne, sondern sofort vollziehbar sei.

Dem ist die Generalstaatsanwaltschaft in ihrer Stellungnahme im Ergebnis beigetreten und hat u.a. ausgeführt:

"Die Einschränkung der Erwerbsätigkeit ist auch entgegen der Auffassung der Revision vollziehbar.

Dabei kann letztlich dahinstehen..., ob es sich bei der Auflage um eine - selbständig anfechtbare - Nebenbestimmung im Sinne von § 36 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG oder eine modifizierende Auflage handelt. Voraussetzung bei einer Nebenbestimmung ist, daß bei einer isolierten Anfechtung einer solchen Bestimmung der Verwaltungsakt mit einem Inhalt weiter bestehen kann, der der Rechtsordnung entspricht.... Neben diesem Merkmal ist aber auch der sachliche Gehalt und das Verhältnis der Auflage zur Aufenthaltsgenehmigung von entscheidender Bedeutung. Insbesondere das im Gesetz erwähnte Arbeits- oder Gewerbeverbot steht in einem so engen sachlichen Zusammenhang zu der Aufenthaltsgenehmigung, daß es deren integrierenden Bestandteil bildet, ohne den die Aufenthaltsgenehmigung nicht erlassen würde und der Auflage damit nach herrschender Meinung den Charakter einer modifizierenden Auflage gibt... Dieser unmittelbare Sachzusammenhang gilt - entgegen der Auffassung der Revision - auch für eine Aufenthaltsgenehmigung nach § 23 Abs. l Nr. l AuslG, die zwar auf der Grundlage der Familienzusammenführung zu erteilen ist, aber auch nach Ermessen eingeschränkt werden kann. Mit Rücksicht auf den noch immer geltenden Anwerbestopp für Nicht-EG-Staaten kann davon ausgegangen werden, daß die Aufenthaltserlaubnis nur mit der Beschränkung erteilt worden wäre. Damit ist ein derartig innerer sachlicher Zusammenhang zwischen der Erwerbstätigkeit und der Aufenthaltserlaubnis gegeben, daß eine eigenständige Anfechtung nicht möglich ist...

Da demnach die Arbeitsbeschränkung nicht eigenständig anfechtbar, vielmehr unmittelbar mit der Aufenthaltserlaubnis verbunden ist, unterliegt sie ebenfalls der sofortigen Vollziehung nach § 12 Abs. 2 AuslG."

cc.)

Dieser Rechtsauffassung vermag der Senat nicht zu folgen.

Aufgrund ihrer Eheschließung mit einem deutschen Staatsangehörigen, der seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet hat, und des familiären Zusammenlebens mit ihm hatte die Angeklagte - wie bereits erwähnt - einen Rechtsanspruch auf Erteilung der Aufenthaltserlaubnis gemäß §§ 23 Abs. l Nr. l, 17 Abs. l AuslG (vgl. Kanein/Renner, a.a.O., § 23 AuslG Rdrn. 2 und 3). Deshalb mußte ihr die Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, da mögliche Versagungsgründe nach §§ 8, 17 Abs. 5 AuslG ersichtlich nicht vorlagen (vgl. dazu auch Kanein/ Renner, a.a.O., § 23 Rdnr. 5). Die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis an die Angeklagte war mithin zwingend; die zuständige Ausländerbehörde hatte insoweit keinen Ermessensspielraum.

Zwar dürfen im öffentlichen Interesse Auflagen auch bei einer Aufenthaltserlaubnis nach §§ 23 Abs. l Nr. l, 17 Abs. l AuslG verfügt werden, soweit sie das Recht des ausländischen Ehegatten auf Zuzug und Aufenthalt im Bundesgebiet nicht in unzulässiger Weise beschränken oder gar vereiteln (vgl. dazu auch Kanein/Renner, a.a.O., § 14 AuslG Rdnr. 7 mit Beispielen). Im Hinblick darauf ist es aber erforderlich, eine selbständige Anfechtbarkeit derartiger Nebenbestimmungen bei Aufenthaltserlaubnissen zuzulassen, um gegebenenfalls eine gerichtliche Überprüfung zu ermöglichen, ob der Rechtsanspruch des ausländischen Ehegatten gewahrt ist. Die von der Strafkammer und der Generalstaatsanwaltschaft vertretene Gegenmeinung, die der Angeklagten erteilte Auflage sei "integrierender" Bestandteil der Aufenthaltserlaubnis und deshalb nicht gesondert anfechtbar, ist mit dieser sich aus der gesetzlichen Regelung der §§ 23 Abs. l Nr. l, 17 Abs. l AuslG zwingend ergebenden Konsequenz nicht vereinbar. Insbesondere geht der Hinweis fehl, mit Rücksicht auf den immer noch geltenden Anwerbestopp für Nicht-EG-Staaten könne davon ausgegangen werden, daß im vorliegenden Fall der Angeklagten die Aufenthaltserlaubnis ohne die angeordnete Auflage nicht erteilt worden wäre. Dem steht - wie die Strafkammer und die Generalstaatsanwaltschaft ersichtlich verkennen - bereits entgegen, daß - wie mehrfach hervorgehoben - die Angeklagte mangels irgendwelcher Versagungsgründe einen Rechtsanspruch auf Erteilung der Aufenthaltserlaubnis hatte. Gerade dieser Umstand hindert hier die Annahme, daß die Nebenbestimmung des Verbots der Aufnahme einer selbständigen Erwerbstätigkeit oder einer vergleichbaren unselbständigen Erwerbstätigkeit einen integrierenden Bestandteil der Aufenthaltserlaubnis bildet und deshalb nicht gesondert anfechtbar ist. Sie würde letztlich auch dazu führen, daß die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis einer Ermessensentscheidung der Ausländerbehörde überlassen wird, was ersichtlich mit der gesetzlichen Regelung der §§ 23 Abs. l Nr. l, 17 Abs. l AuslG unvereinbar ist.

Hingegen wird die vom Senat vertretene Auffassung der Gesetzeslage gerecht. Im Hinblick auf den nach den bezeichneten Vorschriften begründeten Rechtsanspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis an den ausländischen Ehepartner eines deutschen Staatsangehörigen können eventuell verfügte belastende Nebenbestimmungen nur selbständig anfechtbare Auflagen im Sinne des § 36 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG sein, nicht aber "integrierende" Bestandteile der Aufenthaltserlaubnis selbst, da diese - falls Versagungsgründe nicht vorliegen - erteilt werden muß und auch ohne Auflagen rechtlichen Bestand haben kann.

Aus alledem ergibt sich, daß im vorliegenden Fall die der Angeklagten erteilte Auflage selbständig anfechtbar war. Da die erforderliche Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben ist, war die Jahresfrist des § 58 Abs. 2 Satz i VwGO zur Tatzeit am 17. Februar 1998 noch nicht abgelaufen. Demgemäß fehlt es an einer vollziehbaren Auflage, so daß die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 92 Abs. l Nr. 3 AuslG nicht erfüllt sind.

3.

Zur Vermeidung von Mißverständnissen stellt der Senat ausdrücklich klar, daß auch Aufenthaltserlaubnisse für nachgezogene ausländische Ehegatten deutscher Staatsbürger mit gewöhnlichem Aufenthalt im Inland grundsätzlich mit Auflagen nach § 14 Abs. 2 AuslG versehen werden dürfen, jedenfalls soweit sie den nach §§ 23 Abs. l Nr. l, 17 Abs. l AuslG begründeten Rechtsanspruch auf ihre Erteilung nicht in unzulässiger Weise beeinträchtigen oder vereiteln. In diesem Rahmen verfügte zulässige Auflagen können jedoch in derartigen Fällen nicht "integrierende" Bestandteile der Aufenthaltserlaubnisse sein, sondern nur selbständig anfechtbare Verwaltungsakte im Sinne des § 36 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG. Allein diese Beurteilung ist damit vereinbar, daß die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen in den genannten Fällen nicht im Ermessen der Behörde liegt, sondern daß sie hierzu nach den oben genannten Vorschriften des Ausländergesetzes beim Fehlen von Versagungsgründen verpflichtet ist.

IV.

Der Senat vermag nach den Umständen des Fallen mit Sicherheit auszuschließen, daß in einer neuen Hauptverhandlung weitere Feststellungen getroffen werden können, die eine Verurteilung der Angeklagten wegen eines Vergehens nach § 92 Abs. l Nr. 3

AuslG rechtfertigen. Auch sind Anhaltspunkte für sonstige Verstöße gegen das Ausländergesetz nicht ersichtlich.

Deshalb hat der Senat die Angeklagte unter Aufhebung des angefochtenen Urteils freigesprochen (§ 354 Abs. l StPO).

V.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 467 Abs. l StPO.



Ende der Entscheidung

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