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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 27.02.2001
Aktenzeichen: 3 (s) BRAGO 5/01
Rechtsgebiete: BRAGO, StGB, StPO


Vorschriften:

BRAGO § 91
BRAGO § 97
BRAGO § 99
BRAGO § 112
StGB § 67 e
StPO § 463
StPO § 454
Leitsatz:

Die Gebühr des gerichtlich bestellten Verteidigers für seine Tätigkeit in dem Überprüfungsverfahren zur Fortdauer der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus ergibt sich aus den §§ 91 Nr. 2, 97 BRAGO.

Unter den Voraussetzungen des § 99 BRAGO kann eine Pauschvergütung bewilligt werden.


OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF BESCHLUSS

3 (s) BRAGO 5/01 511 Js 146/97 StA Düsseldorf

In der Unterbringungssache

wegen gefährlicher Körperverletzung

hat der 3. Strafsenat durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht B, den Richter am Oberlandesgericht von B und den Richter am Landgericht R am

27. Februar 2001

auf den Antrag des gerichtlich bestellten Verteidigers Rechtsanwalt Z aus D auf Bewilligung einer Pauschvergütung gemäß § 99 BRAGO nach Anhörung der Vertreterin der Staatskasse

beschlossen:

Tenor:

Der Antrag wird als unbegründet abgelehnt.

Gründe:

Der Vorsitzende der Strafvollstreckungskammer hat dem Untergebrachten "für das Verfahren auf Überprüfung der Fortdauer des Maßregelvollzuges (§§ 63, 67e StGB)" den Antragsteller als Verteidiger bestellt in entsprechender Anwendung des § 140 Abs. 2 StPO. Der Antragsteller hat am 14. Dezember 2000 an der nach §§ 463 Abs. 1 und 3, 454 Abs. 1, 462a Abs. 1 StPO vorgeschriebenen gerichtlichen mündlichen Anhörung des Untergebrachten in den Rheinischen Kliniken Düsseldorf teilgenommen.

Das Landgericht hat die Gebühren des Antragstellers hierfür abweichend von seiner bisherigen Abrechnungspraxis nicht mehr nach §§ 112 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2, Abs. 4, 97 Abs. 1 BRAGO in Höhe von insgesamt 320 DM, sondern auf der Grundlage der §§ 91 Nr. 2, 97 Abs. 1 BRAGO in Höhe von 200 DM festgesetzt. Der Antragsteller beantragt unter Darlegung der von ihm geleisteten Tätigkeit, "im Wege des § 99 BRAGO einen Ausgleich für die Mindereinnahmen" zu schaffen.

1.

Die Voraussetzungen für die Bewilligung einer Pauschvergütung gemäß § 99 BRAGO liegen nicht vor. Im Vergleich zu einem durchschnittlichen Überprüfungsverfahren nach § 67 e StGB kann die Tätigkeit des Antragstellers weder als besonders umfangreich noch als besonders schwierig angesehen werden.

Nach seiner Verteidigerbestellung wurde dem Antragsteller zur Vorbereitung des Anhörungstermins die ca. 2-seitige gutachterliche Stellungnahme der Rheinischen Kliniken Düsseldorf übersandt. Ohne darüber hinaus Akteneinsicht genommen zu haben, erschien der Antragsteller am Tag der Anhörung ca. 30 Minuten vor dem Termin in der Klinik, um den Untergebrachten auf die Anhörung vorzubereiten. Der Anhörungstermin selbst, hat ausweislich des ca. 3-seitigen Protokolls über die Anhörung keine besonderen Schwierigkeiten bereitet. Auch die Dauer des Termins hielt sich nach dem Umfang der Protokollierung im Rahmen des Üblichen. Weitergehende Tätigkeiten hat der Antragsteller nicht dargetan.

Die vom Antragsteller erbrachte Mühewaltung lag damit nicht über dem zeitlichen Aufwand, den der Verteidiger einem Verfahren nach § 67 e StGB normalerweise zu widmen hat. Der Senat hat hierbei maßgeblich darauf abgestellt, dass es vorliegend einer besonderen Einarbeitung in das Verfahren nicht bedurfte: Der Antragsteller hatte den Untergebrachten nicht nur schon in der Hauptverhandlung vertreten; auch im vorangegangenen Prüfungsverfahren nach § 67 e StGB war er bereits als dessen Pflichtverteidiger tätig geworden.

Das Verfahren hat nach Durchsicht der Akten auch keine besonderen Schwierigkeiten geboten - entsprechend hat sich der Vorsitzende der Strafvollstreckungskammer in seiner Stellungnahme geäußert.

2.

Der Antragsteller kann daher nur die gesetzlichen Pflichtverteidigergebühren beanspruchen. Diese richten sich nach §§ 91 Nr. 2, 97 Abs. 1 BRAGO. An der anderslautenden Rechtsprechung des hiesigen 1. Strafsenats (Beschluss vom 31. August 1984 - 1 Ws 753/84 - JurBüro 1985, 729) hält der Senat nicht länger fest.

Die Tätigkeit eines Verteidigers in dem Überprüfungsverfahren zur Fortdauer der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus nach § 67e StGB ist dem die "Gebühren in Strafsachen" betreffenden 6. Abschnitt der BRAGO (§§ 83-103) zuzuordnen. Aus der in der BRAGO vorgenommenen Gliederung der verschiedenen Gebührenbereiche in entsprechende Abschnitte ergibt sich eindeutig die Absicht des Gesetzgebers, abschließende Regelungen zu normieren. Die Tätigkeit des Verteidigers in Strafsachen - mithin auch diejenige im Überprüfungsverfahren nach § 67 e StGB - ist daher ausschließlich nach den Vorschriften des 6. Abschnitts der BRAGO berechnet (OLG Celle Nds. Rpfl. 1996, 234; OLG Frankfurt JurBüro 2000, 306 f.; OLG Köln StV 1997, 37, 38; OLG Hamm StV 1994, 501, 502; StV 1996 618, 619; OLG Koblenz NStZ 1990, 345). Damit in Übereinstimmung steht, dass der Antragsteller "in entsprechender Anwendung des § 140 Abs. 2 StPO" als Pflichtverteidiger beigeordnet wurde - nicht aber im Rahmen des § 112 Abs. 4 BRAGO und damit des 10. Abschnittes dieses Gesetzes (vgl. OLG Köln a.a.O., 38, 39). Dieser Abschnitt regelt gebührenrechtlich die anwaltliche Tätigkeit bei Freiheitsentziehungen, die nicht nach §§ 63, 64 oder 66 StB angeordnet worden sind (vgl. OLG Köln a.a.O.).

Bei der Teilnahme an einem Anhörungstermin handelt es sich um eine Einzeltätigkeit nach § 91 BRAGO. Das Verfahren war in der Hauptsache mit dem erkennenden Urteil abgeschlossen, so dass die §§ 83-90 BRAGO nicht zur Anwendung kommen (OLG Köln a.a.O., 38; OLG Frankfurt a.a.O., 306).

Innerhalb des § 91 BRAGO ist die Mitwirkung an einer mündlichen Anhörung des Untergebrachten als Beistandsleistung für den Beschuldigten bei einer richterlichen Vernehmung oder einer mündlichen Verhandlung im Sinne der Nr. 2 anzusehen (OLG Hamm a.a.O., 502; a.a.O. 619; OLG Köln a.a.O., 39; OLG Frankfurt a.a.O., 307; OLG Koblenz a.a.O.; OLG Celle, a.a.O.; für die Anwendbarkeit von § 91 Nr. 1 BRAGO - allerdings ohne Begründung: Gerold/Schmidt-Madert, BRAGO, 14. Aufl., § 91 Rdnr. 7; Hartmann, Kostengesetze, 30. Aufl., § 91 BRAGO Rdnr. 15). Das Landgericht hat daher i.V.m. § 97 Abs. 1 BRAGO zutreffend eine Nettogebühr von 200 DM festgesetzt.

3.

Der Senat verkennt nicht, dass die Mühewaltung des Antragstellers mit dieser gesetzlichen Gebühr kaum angemessen vergütet erscheint. Dies kann aber weder eine Gebührenfestsetzung auf der für den Antragsteller günstigeren Grundlage des in Strafsachen nicht anwendbaren (vgl. Riedel-Sußbauer/Fraunholz, BRAGO, 8. Aufl. § 112 Rdnr. 1) § 112 BRAGO (so aber OLG Stuttgart MDR 1994, 312) noch - unter außer Achtlassung der Voraussetzungen des § 99 BRAGO - die Gewährung einer Pauschvergütung rechtfertigen. Die Festlegung der Höhe der Gebühren obliegt dem Gesetzgeber. Auch wenn eine Differenzierung und Schaffung höherer Gebührensätze für bestimmte von § 91 BRAGO erfaßte Tätigkeitsbereiche wünschenswert erscheint, sind die Gerichte an die bestehenden gesetzlichen Vorgaben gebunden.

Ende der Entscheidung

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