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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 15.07.2002
Aktenzeichen: 3 Wx 173/02
Rechtsgebiete: WEG


Vorschriften:

WEG § 15
WEG § 23 Abs. 4 Satz 1
WEG § 43 Abs. 1 Nr. 4
1.

Ein Mehrheitsbeschluss, der einem Wohnungseigentümer mit Blick auf vorangegangene Unzuträglichkeiten aufgibt, die Haltung und den Aufenthalt von Katzen und Hunden in seiner Eigentumswohnung zu beenden und künftig dort nicht mehr Katzen und Hunde zu halten, aufzunehmen oder zu betreuen, beschränkt nicht das Sondereigentum, sondern ist auf Herstellung des ordnungsgemäßen Gebrauchs desselben gerichtet.

2.

Ein solcher Eigentümerbeschluss ist daher nicht wegen Überschreitung der Beschlusskompetenz nichtig und im Falle unterbliebener Anfechtung wirksam.


OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF BESCHLUSS

3 Wx 173/02

In dem Wohnungseigentumsverfahren

hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 2 gegen den Beschluss der 10. Zivilkammer des Landgerichts Wuppertal vom 03. Mai 2002 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Dr. Gottschalg und der Richter am Oberlandesgericht Dr. Schütz und von Wnuck-Lipinski am 15. Juli 2002

beschlossen:

Tenor:

Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.

Die Beteiligte zu 2 trägt die Gerichtskosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde sowie die der Beteiligten zu 1 in diesem Rechtszug notwendig entstandenen außergerichtlichen Kosten.

Wert des Beschwerdegegenstandes: 3.000,- €.

Gründe:

I.

Die Beteiligte zu 1 ist Verwalterin der Wohnungseigentumsanlage ... in Wuppertal. Die Beteiligte zu 2 ist Mitglied der Gemeinschaft.

Sie hält in ihrer Wohnung seit längerer Zeit vier Hunde und vier Katzen. Nachdem sich Miteigentümer über von den Tieren ausgehende Belästigungen und durch diese verursachte Beschädigungen beschwert hatten, beschlossen die Wohnungseigentümer am 20. Juni 2001 unter TOP 9:

"Die Eigentümerversammlung fordert und beschließt, dass Frau J... binnen einer Frist von 6 Wochen, ab Datum dieser Eigentümerversammlung, die Haltung und den Aufenthalt von Katzen und Hunden in ihrer Wohnung beendet und künftig keinerlei Hunde oder Katzen mehr in ihrer Wohnung hält, aufnimmt oder betreut.

...

Die Eigentümergemeinschaft beschließt und ermächtigt die Hausverwaltung H... GmbH mit anwaltlicher und gerichtlicher Hilfe in eigenem Namen die Ansprüche der Eigentümergemeinschaft gegen Frau J... geltend zu machen."

Die Beteiligte zu 1 hat beantragt,

der Beteiligten zu 2 aufzugeben, die Haltung und den Aufenthalt von Katzen und Hunden in ihrer Wohnung zu beenden und künftig nicht mehr Katzen oder Hunde in ihrer Wohnung zu halten, aufzunehmen oder zu betreuen.

Das Amtsgericht hat nach mündlicher Verhandlung am 23. Januar 2002 der Beteiligten zu 2 aufgegeben, mit Wirkung zum 30. April 2002 die Haltung und den Aufenthalt von Katzen und Hunden in ihrer Wohnung zu beenden und ihr untersagt, künftig Katzen oder Hunde in ihrer Wohnung zu halten, diese aufzunehmen oder zu betreuen.

Zur Begründung hat das Amtsgericht im Wesentlichen ausgeführt, die Beteiligte zu 2 sei aufgrund des bestandskräftigen Eigentümerbeschlusses vom 20. Juni 2001 verpflichtet, die derzeit gehaltenen Tiere abzuschaffen und die künftige Tierhaltung zu unterlassen. Dieser Beschluss sei nicht wegen Überschreitung der Beschlusskompetenz nichtig, sondern stelle eine mit Mehrheit zu beschließende Gebrauchsregelung (§ 15 Abs. 2 WEG) dar.

Gegen diese Entscheidung hat die Beteiligte zu 2 sofortige Beschwerde eingelegt und beantragt, den amtsgerichtlichen Beschluss aufzuheben.

Das Landgericht hat nach abermaliger mündlicher Verhandlung am 03. Mai 2002 das Rechtsmittel der Beteiligten zu 2 zurückgewiesen.

Hiergegen wendet sich diese mit der sofortigen weiteren Beschwerde, der die Beteiligte zu 1 entgegen tritt.

Wegen der Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

Die gemäß § 45 Abs. 1 WEG, §§ 22 Abs. 1, 27, 29 FGG zulässige sofortige weitere Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.

1.

Die Entscheidung des Landgerichts beruht nicht auf einer Verletzung gesetzlicher Vorschriften (§ 27 FGG).

Das Landgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, die Kammer schließe sich den rechtlichen Überlegungen des Amtsgerichts an. Auch mit Blick auf die neuere Rechtssprechung des Bundesgerichthofs (Beschluss vom 20.09.2000 - BGHZ 145, 158 ff.) sei der fragliche Eigentümerbeschluss nicht wegen Überschreitung der Beschlusskompetenz der Wohnungseigentümergemeinschaft nichtig. Der Beschluss habe keine unübliche oder übermäßige Nutzungseinschränkung zum Inhalt und binde neu eintretende Wohnungseigentümer über den konkreten Fall hinaus nicht.

Übergeordnete Gesichtspunkte, die zu einer Überprüfung der Beschlussfassung zugunsten der Beteiligten zu 2 nötigten, seien nicht gegeben.

2.

Diese Ausführungen des Landgerichts begegnen keinen durchgreifenden Bedenken.

a)

In den Angelegenheiten, welche die Regelung des Gebrauchs (§ 15 WEG) betreffen, räumt das Gesetz den Wohnungseigentümern ausdrücklich die Möglichkeit einer Mehrheitsentscheidung ein, sofern es um eine "ordnungsmäßige" Maßnahme geht. Die Wohnungseigentümerversammlung ist also nicht von vornherein für eine Beschlussfassung absolut unzuständig ((BGH NJW 2000, 3500 = NZM 2000, 1184 = ZMR 2000, 771 ff, 774; Buck, WE 1998, 90 [92 f.]; Wenzel, ZWE 2000, 2 [4 ff.]). Sie darf nur keine Beschlüsse fassen, die über die "Ordnungsmäßigkeit" des Gebrauchs hinausgehen. Da dies aber von den Umständen des Einzelfalles abhängt und die Frage der Abgrenzung vielfach nicht leicht zu entscheiden ist, kann die Beschlusszuständigkeit nicht davon abhängen, ob eine Maßnahme ordnungsmäßig ist. Die "Ordnungsmäßigkeit" ist aus Gründen der Rechtssicherheit nicht kompetenzbegründend, so dass für Gebrauchsregelungen an der bisherigen Rechtsprechung festzuhalten ist, dass in diesen Angelegenheiten bestandskräftige Mehrheitsbeschlüsse gültig sind, auch wenn der Regelungsgegenstand den Abschluss einer Vereinbarung oder Einstimmigkeit erfordert hätte (vereinbarungsersetzende Beschlüsse).

b)

Dies vorausgeschickt hat das Landgericht die auf den bestandskräftigen Eigentümerbeschluss vom 20. Juni 2001 zu TOP 9 gestützte Entscheidung des Amtsgerichts, der Beteiligten zu 2 aufzugeben, die Haltung und den Aufenthalt von Katzen und Hunden in ihrer Wohnung zu beenden und künftig nicht mehr solche Tiere in ihrer Wohnung zu halten, aufzunehmen oder zu betreuen, rechtsfehlerfrei bestätigt.

Es handelt sich bei diesem Verbot nicht um eine Beschränkung des Sondereigentums in Gestalt eines generellen Tierhaltungsverbots, sondern um eine auf Herstellung des ordnungsgemäßen Gebrauchs der Eigentumswohnung gerichtete Maßnahme. An dieser Bewertung ändert sich nichts dadurch, dass die Gemeinschaft den ordnungsmäßigen Gebrauch mit Rücksicht auf die in der Vergangenheit von der Hunde- und Katzenhaltung seitens der Beteiligten zu 2 ausgehenden Beeinträchtigungen für die Gemeinschaft nur durch das Gebot, die Katzen- und Hundehaltung in der Wohnung zu unterlassen, als gewährleistet ansah. Der Beschlussgegenstand war somit nach dem Vorgesagten einer Regelung durch bestandskräftigen Mehrheitsbeschluss zugänglich.

c)

Anhaltspunkte, die einer Durchsetzung des Hunde- und Katzenhaltungsverbots aus dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben (§ 242 BGB) entgegen stehen könnten, (vgl. hierzu BayObLG , Beschluss vom 25.10. 01 2 ZBR 81/01 = ZWE 2002, 175) sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

Die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 2 war hiernach zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 47 Satz 1 und 2 WEG. Es entspricht billigem Ermessen, dass die Beteiligte zu 2 die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde trägt. Die Beteiligte zu 2 hätte nach den Ausführungen der Vorinstanzen ohne weiteres erkennen können, dass ihr Rechtsmittel der sofortigen weiteren Beschwerde keinen Erfolg versprach.

Ende der Entscheidung

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