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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 12.01.1991
Aktenzeichen: 3 Wx 195/91
Rechtsgebiete: GBO


Vorschriften:

GBO § 71
GBO § 78
GBO § 80
GBO § 12
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF BESCHLUSS

3 Wx 195/91 25 T 237/91 LG Düsseldorf Grundbuch von Pempelfort Bl. 7395 u. 4510 AG Düsseldorf

In der Grundbuchsache

pp.

hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die weitere Beschwerde der Beteiligten gegen den Beschluß der 25. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 28. März 1991 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht M und der Richter am Oberlandesgericht und am 12. Juni 1991

beschlossen:

Tenor:

Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.

Wert des Beschwerdegegenstandes: 5.000 DM.

Gründe:

I.

Mit Schreiben vom 16. Oktober 1990 hat die Beteiligte beim Amtsgericht "im Rahmen einer Recherche" Einsicht in das o.a. Grundbuch begehrt. Zu einer Darlegung des konkreten Rechercheinteresses war sie nicht bereit. Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat durch Beschluß vom 31. Oktober 1990 den Antrag auf Gestattung der Einsicht in die im Beschlußeingang genannten Grundbücher zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, der Presse könne Einsicht in die Grundbücher oder Grundakten nur dann gewährt werden, wenn

a) dargelegt werde, inwieweit ein öffentliches Interesse wahrgenommen wird und

b) eine Interessenabwägung zwischen dem öffentlichen Interesse und dem Individualinteresse des Eigentümers erfolgt ist.

Die Beteiligte habe die für die beantragte Grundbucheinsicht maßgeblichen Gründe nicht mitgeteilt, so daß auch die erforderliche Interessenabwägung nicht vorgenommen werden könne.

Gegen diese Entscheidung hat die Beteiligte "Beschwerde" eingelegt und ausgeführt, daß Rechercheinteresse beziehe sich auf die als Grundstückseigentümerin eingetragene Kommanditgesellschaft. Diese gehöre zu dem Unternehmensverband einer Aktiengesellschaft, die Gegenstand eines zu veröffentlichenden Artikels sein solle. Durch die Grundbucheinsicht solle festgestellt werden, ob Liquiditätsverluste der Aktiengesellschaft in der Vergangenheit durch einen Verkauf oder eine Verpfändung des Grundbesitzes der Kommanditgesellschaft ausgeglichen worden seien.

Nachdem der Senat die zunächst ergangenen Entscheidungen des Amtsgerichts vom 23. November 1990 und des Landgerichts vom 6. Dezember 1990 aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das Amtsgericht zurückverwiesen hatte, hat der Richter des Amtsgerichts den in der "Beschwerde" zu sehenden Antrag auf Abänderung der Entscheidung des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zurückgewiesen. Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Beteiligten ist beim Landgericht ohne Erfolg geblieben. Mit ihrer weiteren Beschwerde verfolgt die Beteiligte ihren Antrag auf Gewährung von Grundbucheinsicht weiter.

Wegen der Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

Das Rechtsmittel ist gemäß §§ 71, 78, 80 GBO zulässig, sachlich aber nicht begründet, denn die Entscheidung des Landgerichts hält der dem Senat obliegenden rechtlichen Nachprüfung stand.

1.

Land- und Amtsgericht haben im Ergebnis zu Recht der Beteiligten die begehrten Grundbucheinsicht verweigert. Gemäß § 12 GBO ist die Einsicht des Grundbuchs jedem gestattet, der ein berechtigtes Interesse darlegt. Dabei ist nach jetzt herrschender Ansicht auch ein öffentliches Interesse als berechtigtes Interesse anzuerkennen (vgl. OLG Hamm, DNotZ 1989, 376; Horber/Demharter, 18. Aufl., Anm. 3 a zu § 12 GBO; Haegele-Schöner-Stöber, Grundbuchrecht, 9. Aufl., Rn. 525, 526). Dies bedeutet, daß auch der Presse, die nach den maßgeblichen Vorschriften des Pressegesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (§§ 3 ff.) öffentliche Aufgaben erfüllt und öffentliche Interessen wahrnimmt, das Recht auf Grundbucheinsicht zustehen kann. Dies gilt aber nur unter bestimmten Voraussetzungen. Zunächst muß das berechtigte Interesse an der Grundbucheinsicht dargelegt werden.

Es erscheint schon fraglich, ob die Beteiligte vorliegend ein berechtigtes Interesse hinreichend dargelegt hat. Ihr Vorbringen, es solle untersucht werden, ob Verluste der Aktiengesellschaft, zu deren Unternehmensverband ein als Grundstückseigentümerin des hier in Rede stehenden Grundbesitzes eingetragene Kommanditgesellschaft gehöre, dadurch ausgeglichen worden seien, daß das fragliche Grundstück verkauft oder erheblich belastet worden ist, enthält eher Vermutungen und bloße Behauptungen als konkrete Tatsachen für das Vorliegen eines berechtigten Interesses an der Grundbucheinsicht.

Es kann aber letztlich dahinstehen, ob das Landgericht zu Recht schon die Darlegung eines konkreten Interesses verneint hat. Die Beteiligte hat nämlich eine Anhörung der Eigentümer des Grundstücks und einer Interessenabwägung ausdrücklich widersprochen. Das kann nur dahin verstanden werden, daß sie für den Fall, daß eine solche Anhörung als erforderlich und unverzichtbar angesehen wird, ihren Antrag nicht weiterverfolgen will.

Der Senat schließt sich hinsichtlich der Frage, ob in den Fällen, in denen ein öffentliches Interesse an der Grundbucheinsicht geltend gemacht wird, der Eigentümer vor Gestattung der Einsicht zur sachgerechten Abwägung der Interessen des Antragstellers und des Eigentümers anzuhören ist, der vom Oberlandesgericht Hamm (DNotZ 1989, 376 ff.) vertretenen Auffassung (ebenso Haegele/Schöner/Stöber, a.a.O., Rn. 526; wohl auch Horber/Demharter, a.a.O.) an.

Der Gesetzgeber hat ursprünglich ein Recht auf Grundbucheinsicht nur in einem engen Rahmen einräumen wollen. Einsicht in das Grundbuch sollte nur nehmen dürfen, wer Rechtsbeziehungen zum Grundstück hatte oder zumindest zu erwarten hatte (vgl. Eickmann, DNotZ 1989, 378, 379). Läßt man aber in Ausweitung dieses ursprünglichen engen Rahmens auch ein öffentliches Interesse an der Grundbucheinsicht genügen, das sich - wie hier - auf allgemeine wirtschaftliche Geschäftspraktiken eines Unternehmens oder Unternehmensverbandes bezieht, so erfordert die Wahrung und Beachtung des Geheimhaltungsinteresses des Rechtsinhabers bzw. des im Grundbuch Eingetragenen jedenfalls eine Abwägung der widerstreitenden Interessen. Auch die Beteiligte verkennt in ihrer weiteren Beschwerde die gebotene Abwägung zwischen dem Informationsinteresse der Allgemeinheit einerseits und dem Individualinteresse des Betroffenen andererseits nicht. Ihre Auffassung, die Abwägung sei Sache der Presse und nicht Aufgabe des Grundbuchamts bzw. der Gerichte, vermag der Senat allerdings nicht zu teilen. Es kommt nicht darauf an, ob der beabsichtigte Artikel verfaßt und veröffentlicht wird. Die schutzwürdigen Belange des im Grundbuch Eingetragenen sind nicht mehr gewahrt, wenn die gebotene Abwägung der Grundbucheinsicht nicht vorausgeht, sondern ihr erst nachfolgt.

Amts- und Landgericht haben daher im Ergebnis zu Recht der Beteiligten die nachgesuchte Grundbucheinsicht verweigert. Die weitere Beschwerde der Beteiligen konnte somit keinen Erfolg haben.

Eine Kostenentscheidung war nicht veranlaßt.

Ende der Entscheidung

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