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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 15.12.2000
Aktenzeichen: 3 Wx 336/00
Rechtsgebiete: GBO, BGB


Vorschriften:

GBO § 19
GBO § 29
GBO § 53
GBO § 71
GBO § 78
BGB § 894
BGB § 899
Ein unter Verletzung gesetzlicher Vorschriften im Grundbuch eingetragener Widerspruch ist zu löschen wenn das Grundbuch durch die Eintragung unrichtig geworden ist. Das ist der Fall, wenn die Voraussetzungen für die Eintragung des Widerspruches in materiell-rechtlicher Hinsicht (Berichtigungsanspruch gemäß § 894 BGB) nicht gegeben waren.
OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF BESCHLUSS

3 Wx 336/00 4 T 270 + 272/00 LG Kleve Goch Blatt 0.../6... AG Kleve

In der Grundbuchsache

betreffend den im Grundbuch von Goch Blatt 0... und 6... eingetragenen Grundbesitz, Gemarkung Goch, Flur.., Flurstücke.. und..,

hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 2, 3 und 4 gegen den Beschluß der 4. Zivilkammer des Landgerichts Kleve vom 15. August 2000 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Dr. Gottschalg, des Richters am Oberlandesgericht von Wnuck-Lipinski und der Richterin am Oberlandesgericht Schaefer-Lang am 15. Dezember 2000

beschlossen:

Tenor:

Das Grundbuchamt wird angewiesen, den am 8.2.2000 in das Grundbuch von Goch Blatt 6... eingetragenen Widerspruch gegen die Eintragung des Beteiligten zu 1. als Eigentümer des Grundstücks hinsichtlich eines noch zu vermessenden Teilstücks zu löschen.

Darüber hinaus hat es über den Eigentumsumschreibungsantrag der Beteiligten zu 2 und 3 sowie den Antrag auf Eintragung einer Auflassungsvormerkung zugunsten der Beteiligten zu 4 nach Maßgabe der Entscheidungsgründe erneut zu entscheiden.

Gründe:

I.

Der Beteiligte zu 1 ist eingetragener Eigentümer der im Grundbuch von Goch Blatt 0... und 6... bezeichneten Grundstücke. Diese verkaufte er den Beteiligten zu 2 und 3 mit notariellem Vertrag vom 22.12.1998. Unter dem 9.3.1999 wurden zu deren Gunsten entsprechende Auflassungsvormerkungen eingetragen. Unter dem 24.11.1999 beantragte der Verfahrensbevollmächtigte namens der Beteiligten zu 2 und 3 die Eigentumsumschreibung. Am 26.11.1999 verkauften die Beteiligten zu 2 und 3 die Grundstücke an die Beteiligte zu 4 weiter; am 1.12.1999 beantragte der Verfahrensbevollmächtigte die Eintragung einer Auflassungsvormerkung zugunsten der Beteiligten zu 4.

Unter dem 28.6.1996 hatte der Beteiligte zu 1 dem Beteiligten zu 5 den im Grundbuch von Goch Blatt 1... eingetragenen Grundbesitz in notariell beglaubigter Form verkauft. Dieser beantragte am 28.1.2000 die Eintragung eines Widerspruchs in das Grundbuch von Goch Blatt 6... gegen die Eintragung des Beteiligten zu 1 als Eigentümer des Grundstücks hinsichtlich eines noch zu vermessenden Teilstücks. Er hat dazu ausgeführt, der Beteiligte zu 1 habe ihm bei Abschluss des Kaufvertrages über das Grundstück Blatt 1... auch einen Teil des Grundstücks Blatt 6... verkauft; dies sei versehentlich nicht mitbeurkundet worden. Der Beteiligte zu 1 bewilligte die Eintragung eines Widerspruchs. Das Grundbuchamt hat dem Antrag entsprochen und den Widerspruch am 8.2.2000 im Grundbuch eingetragen.

Mit Zwischenverfügung vom 29.2.2000 teilte das Grundbuchamt mit, die Beteiligten zu 2 und 3 könnten wegen des Widerspruchs nicht als Eigentümer und für die Beteiligte zu 4 könne eine Auflassungsvormerkung nicht eingetragen werden.

Die Beteiligten zu 2, 3 und 4 haben gegen die Eintragung des Widerspruchs, die Zurückweisung des Eigentumsumschreibungsantrages und des Antrages auf Eintragung einer Auflassungsvormerkung zugunsten der Beteiligten zu 4 Beschwerde eingelegt, die das Landgericht zurückgewiesen hat.

Gegen die Entscheidung des Landgerichts haben die Beteiligten zu 2, 3 und 4 weitere Beschwerde eingelegt. Der Beteiligte zu 5 ist dem Rechtsmittel entgegengetreten.

Wegen der Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

Die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 2, 3 und 4 ist zulässig, insbesondere formgerecht im Sinne von § 80 Abs. 1 GBO eingereicht worden. Entgegen der von dem Beteiligten zu 5 vertretenen Ansicht mußte die weitere Beschwerde nicht von einem Rechtsanwalt unterzeichnet werden. Der Verfahrensbevollmächtigte der Beteiligten zu 2, 3 und 4 hatte als Notar den Antrag auf Umschreibung des Eigentums bzw. Eintragung der Auflassungsvormerkung gestellt. Wird ein solcher Antrag vom Grundbuchamt zurückgewiesen, ist der Notar zur Einlegung eines Rechtsmittels postulationsfähig ( vgl. von Oefele-Budde, GBO, § 80 Rn. 7, 8 ). Das Rechtsmittel dient vorliegend der Beseitigung des vom Grundbuchamt angenommenen Hindernisses ( Widerspruch ), so dass ein unmittelbarer Zusammenhang mit dem Eintragungsverfahren gegeben ist.

Die weitere Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg. Die Entscheidung des Landgerichts beruht auf einer Verletzung des Gesetzes ( § 78 GBO ).

1. Das Landgericht hat ausgeführt, das Rechtsmittel der Beteiligten zu 2, 3 und 4 sei gemäß § 71 Abs. 2 GBO nicht gegen die Eintragung eines Widerspruchs an sich zulässig, sondern lediglich soweit die Eintragung einer Löschung von Amts wegen gemäß § 53 GBO beantragt werde. Die Voraussetzungen für eine Löschung von Amts wegen lägen indes nicht vor. Das Grundbuchamt habe zwar gegen die Ordnungsvorschrift des § 17 GBO verstoßen, dadurch sei das Grundbuch aber nicht unrichtig geworden.

2. Diese Überlegungen halten der dem Senat obliegenden rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

2.1. Entgegen der Ansicht des Landgerichts war die Erstbeschwerde nicht nur beschränkt mit dem Ziel einer Löschung von Amts wegen zulässig. Zwar schließt § 71 Abs. 2 Satz 1 GBO die Beschwerde gegen eine Eintragung grundsätzlich aus. Darunter fallen jedoch nur solche Eintragungen, welche die Grundlage von Rechten, auf die sich der öffentliche Glaube des Grundbuchs erstreckt, bilden können. Eintragungen, an die sich - wie bei der Eintragung eines Widerspruchs - kein gutgläubiger Erwerb anschließen kann, sind vielmehr unbeschränkt anfechtbar ( vgl. Kuntze, GBO, § 71 Rn. 24, 25; Bauer/von Oefele, GBO, 71 Rn. 44, 59 ).

2.2. Die danach zulässige Beschwerde ist auch begründet, denn die Voraussetzungen für die Eintragung des Widerspruchs lagen nicht vor. Gemäß § 899 BGB ist der Widerspruch aufgrund eines entsprechenden Antrags ( § 13 GBO ) einzutragen, wenn die Eintragung von dem Betroffenen bewilligt ( § 19 GBO ) oder die Unrichtigkeit des Grundbuchs in öffentlich beglaubigter Form ( § 29 GBO ) nachgewiesen wird. Sind mehrere von der Eintragung betroffen, muss die Bewilligung von allen erklärt werden. Dies hat das Grundbuchamt bei seiner Eintragung nicht beachtet. Zwar hat der Beteiligte zu 1 als eingetragener Eigentümer die Eintragung des Widerspruchs bewilligt. Von dieser Eintragung waren indes auch die Beteiligten zu 2 und 3 als Erwerber des Grundstücks Blatt 6... betroffen. Zu ihren Gunsten war seit dem 9.3.1999 eine Auflassungsvormerkung eingetragen. Als solche waren auch sie Buchberechtigte (vgl. Bauer/von Oefele, a.a.O., AT I Rn. 201 ). "Betroffener" im Sinne von § 19 GBO ist, wer rechtlich durch die Eintragung betroffen ist; außer den dinglichen Rechten können auch andere Rechte wie Vormerkung, Widerspruch oder Verfügungsbeschränkungen betroffen sein ( vgl. Haegele/Schöner/Stöber, GBR, 11. Aufl., Rn. 100 f., 137 ). Dass die Beteiligten zu 2 und 3 von der Eintragung des Widerspruchs betroffen im Sinne von § 19 GBO sind, ergibt sich bereits aus dem Umstand, dass ihrem Antrag auf Eigentumsumschreibung wegen des Widerspruchs nicht stattgegeben worden ist.

Der Widerspruch durfte auch nicht etwa aufgrund nachgewiesener Unrichtigkeit des Grundbuchs eingetragen werden. An den Nachweis der Unrichtigkeit sind strenge Voraussetzungen zu stellen ( vgl. Bauer/ von Oefele, a.a.O. § 22 Rn. 160 ). Darüber hinaus ist ein solcher Nachweis in der Form des § 29 GBO zu erbringen; daran fehlt es hier. Der Beteiligte zu 5 hat in seinem Antrag vom 28.1.2000 auf Eintragung des Widerspruchs selbst ausgeführt, dass der Vertrag über den Verkauf einer Teilfläche des Grundstücks Goch Blatt 6... nicht beurkundet worden ist. Die Eidesstattliche Versicherung des Beteiligten zu 1 vom 27.1.2000 reicht als Nachweis der Unrichtigkeit nicht aus. Ein gewisser Grad von Wahrscheinlichkeit für die behauptete Unrichtigkeit des Grundbuchs genügt nämlich nicht, vielmehr hat der Antragsteller alle Möglichkeiten, bis auf ganz entfernte, auszuräumen, die der begehrten Eintragung entgegenstehen könnten ( vgl. Senatsbeschluss vom 23.7.1997, 3 Wx 177/97 ).

Der unter Verletzung der vorgenannten gesetzlichen Vorschriften vom Grundbuchamt eingetragene Widerspruch ist zu löschen, da durch die Eintragung das Grundbuch in materiell-rechtlicher Hinsicht unrichtig geworden ist, also die im Grundbuch dokumentierte Rechtslage nicht mit der wirklichen Rechtslage übereinstimmt ( vgl. Bauer/ von Oefele, a.a.O., § 19 Rn. 304 f. ). Der Widerspruch behauptet und sichert einen Berichtigungsanspruch zugunsten des Beteiligten zu 5 nach § 894 BGB. Diese Behauptung ist indes unrichtig. Gemäß §§ 894, 899 BGB kann wegen des Berichtigungsanspruchs ein Widerspruch eingetragen werden, und zwar entweder aufgrund einer von dem Widerspruchsberechtigten erwirkten einstweiligen Verfügung oder aufgrund einer Bewilligung des bzw. der Betroffenen (§ 899 Abs. 2 BGB). Keine dieser Voraussetzungen war bei Eintragung gegeben. Eine einstweilige Verfügung ist nicht erwirkt worden; auch lagen nicht die Bewilligungserklärungen aller Betroffenen vor. Das Grundbuch ist mithin durch die Eintragung des Widerspruchs unrichtig geworden.

Das Grundbuchamt war danach zur Löschung des Widerspruchs anzuweisen. Über den Antrag der Beteiligten zu 2 und 3 auf Eigentumsumschreibung und den Antrag der Beteiligten zu 4 auf Eintragung einer Auflassungsvormerkung wird es erneut unter Beachtung der Gründe dieses Beschlusses zu entscheiden haben.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlaßt.

Ende der Entscheidung

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