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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 03.06.2002
Aktenzeichen: 3 Wx 37/02
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 233
1. Ein Rechtsanwalt darf die Angabe der postalischen Anschrift des Gerichts, an das ein - auch fristwahrender - Schriftsatz gerichtet ist, seinem Büropersonal überlassen, er muss aber durch geeignete organisatorische Maßnahmen sicherstellen, dass fristwahrende Schriftsätze von seinem Personal vollständig und richtig adressiert werden.

2. Die mehrfache Angabe einer unzutreffenden Postleitzahl in verschiedenen Schriftsätzen desselben Verfahrens spricht für das Fehlen der notwendigen organisatorischen Voraussetzungen.


OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF BESCHLUSS

3 Wx 37/02

In dem Wohnungseigentumsverfahren

hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die sofortige weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1) gegen den Beschluss der 4. Zivilkammer des Landgerichts Kleve vom 2. Januar 2002 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Dr. Gottschalg, der Richterin am Oberlandesgericht Schaefer-Lang und des Richters am Oberlandesgericht Dr. Schütz am 3. Juni 2002

beschlossen:

Tenor:

Das Rechtsmittel wird auf Kosten des Beteiligten zu 1) als unzulässig verworfen. Der Beteiligte zu 1) hat den übrigen Beteiligten die ihnen im dritten Rechtszug notwendig entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Wert des Beschwerdegegenstandes: bis 3.067,75 €.

Gründe:

I.

Der Beteiligte zu 1) hat eine Reihe von Beschlüssen, welche die Wohnungseigentümer in der Versammlung vom 23.04.2001 gefasst haben, angefochten. Das Amtsgericht hat die Beschlüsse zu den TOP 2, 2 a, 2 b, 2 c und 3 insoweit für ungültig erklärt, als der Umlageschlüssel unrichtig sei und bestimmte Kosten nicht auf bestimmte Miteigentümer umgelegt worden seien. Im Übrigen hat es die Anträge zurückgewiesen.

Auf die sofortige Beschwerde des Beteiligten zu 1) hat das Landgericht die amtsgerichtliche Entscheidung teilweise abgeändert und auch die Beschlüsse zu den TOP 5, 6 und 7 für ungültig erklärt. Das weitergehende Rechtsmittel hat es zurückgewiesen.

Gegen diesen den Verfahrensbevollmächtigten des Beteiligten zu 1) am 09.01.2002 zugestellten Beschluss hat der Beteiligte zu 1) durch seine Verfahrensbevollmächtigten mit am 24.01.2002 beim Oberlandesgericht eingegangenen Schriftsatz, datiert vom 21.01.2002, weitere Beschwerde eingelegt und mit Schreiben vom 06.02.2002, eingegangen per Telefax am 07.02.2002 und schriftsätzlich am 08.02.2002 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt.

Zur Begründung des Wiedereinsetzungsgesuchs ist vorgetragen: Die Beschwerdeschrift vom 21.01.2002 sei am gleichen Tag zur Post gegeben worden, bei normalen Postlauf habe mit der "Zustellung" spätestens am 23.01.2002 gerechnet werden können.

Zur Glaubhaftmachung ist eine eidesstattliche Erklärung der Sekretärin Frau P... vorgelegt worden, in der diese versichert, den Beschwerdeschriftsatz am 21.01.2002 gefertigt und nach Unterschrift durch Rechtsanwalt S... am gleichen Tag zur Post gegeben zu haben. Der Brief sei mit der übrigen Post am Nachmittag des 21.01.2002 zur Hauptpost, Moers, ... Straße, gebracht worden.

II.

Die sofortige weitere Beschwerde ist wegen Versäumung der in § 22 Abs. 1 FGG bestimmten zweiwöchigen Frist unzulässig. Diese Frist begann mit der Zustellung des Beschlusses des Landgerichts Kleve vom 02.01.2002 an die Verfahrensbevollmächtigten des Beteiligten zu 1) am 09.01.2002, lief somit am 23.01.2002 ab. Innerhalb dieser Frist ist eine Beschwerdeschrift nicht eingegangen. Die am 24.01.2002 eingegangene sofortige weitere Beschwerde ist verspätet. Die beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung dieser Frist kann nicht gewährt werden.

Es kann dahinstehen, ob durch das Vorbringen des Beteiligten zu 1) und seiner Verfahrensbevollmächtigten sowie die eidesstattliche Versicherung der Sekretärin Frau P... hinreichend glaubhaft gemacht ist, dass die Beschwerdeschrift vom 21.01.2002 noch am gleichen Tage zur Beförderung durch die Bundespost gebracht worden ist. Das Vorbringen ist insgesamt bewusst pauschal gehalten. Im Wiedereinsetzungsgesuch heißt es lediglich "die Beschwerdeschrift sei am 21.01.2002 "zur Post gegeben" worden. Frau P... versichert lediglich, den Beschwerdeschriftsatz am 21.01.2002 gefertigt und nach Unterschriftsleistung am gleichen Tag "zur Post gegeben" zu haben. Soweit es dann weiter heißt, der Brief sei "mit der übrigen Post am Nachmittag des 21.01.2002 zur Hauptpost in Moers gebracht worden", kann dem nicht entnommen werden, dass Frau P... selbst den Brief zur Post gebracht hat. Soweit sie vorher versichert hat, der Brief sei zur Post gegeben worden, kann darunter auch verstanden werden, dass der Brief in der Kanzlei lediglich zu der zur Beförderung vorgesehenen Post gelegt worden ist. Wer die "übrige Post" und den Brief dann zur Post gebracht hat, ist nicht angegeben und insbesondere auch nicht versichert, dass der Brief tatsächlich bei der Post abgeliefert worden ist.

Darauf kommt es indes nicht an, denn nach dem Vorbringen im Wiedereinsetzungsgesuch kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Verfahrensbevollmächtigten des Beteiligten zu 1) schuldhaft eine zurechenbare Ursache für die Verspätung der Auslieferung der nach ihrer Darstellung am 21.01.2002 "zur Post gegebenen" Beschwerdeschrift und den Eingang beim Oberlandesgericht erst am 24.01.2002 gesetzt haben, so dass die Verzögerung im Postlauf nicht mehr unverschuldet ist. Die in der Anschrift des Beschwerdeschriftsatzes angegebene Postleitzahl "40213" Düsseldorf ist unrichtig. Die Schreiben an das Oberlandesgericht Düsseldorf sind entweder unter der Adresse Cecilienallee 3 mit der Postleitzahl 40474 Düsseldorf oder aber Oberlandesgericht Düsseldorf Postfach 30 0210 "40402" Düsseldorf richtig adressiert. Die Angabe einer unrichtigen Postleitzahl in einem Schreiben führt angesichts der automatischen Sortierung der Postsendungen fast zwangsläufig zu einer verzögerten Auslieferung der Sendung an den in der Anschrift genannten Adressaten. Zwar ist ein Rechtsanwalt nicht verpflichtet zu überprüfen, ob sein - ansonsten zuverlässig arbeitendes - Kanzleipersonal der Angabe des Gerichts auch dessen richtige postalische Anschrift beigefügt hat (vgl. BGH MDR 1991, 53; MDR 2000, 54), sondern darf die Angabe der postalischen Anschrift des Gerichts, an das ein Schriftsatz gerichtet wird, als rein büromäßige Aufgabe seinem Büropersonal überlassen. Ihn trifft daher kein Verschulden, wenn er bei Durchsicht einer Rechtsmittelschrift nicht bemerkt, dass durch ein Versehen der Kanzleiangestellten Straße und Hausnummer des angeschriebenen Gerichts oder die Nummer des Zustellungspostamtes in der Adresse unrichtig wiedergegeben sind. Dies gilt aber nur, wenn in der Kanzlei des betreffenden Rechtsanwaltes durch geeignete organisatorische Maßnahmen sichergestellt ist, dass schriftwahrende Schriftsätze von den Mitarbeitern seines Büros vollständig und richtig adressiert werden (BGH, VersR 1994, 75; MDR 2000 a.a.O.).

Das ist hier ersichtlich nicht der Fall. Aus dem Akteninhalt ergibt sich, dass die unrichtige Angabe der Postleitzahl nicht auf einem - sonst nicht vorkommenden - Versehen der Kanzleiangestellten der Verfahrensbevollmächtigten des Beteiligten zu 1) beruht. Die in dem Beschwerdeschriftsatz angegebene Postleitzahl 40213 ist die Postleitzahl für den Bereich der Stadt Düsseldorf, in dem sich das Landgericht befindet. Diese Postleitzahl ist in den weiteren Schriftsätzen der Verfahrensbevollmächtigten des Beteiligten zu 1) vom 21.03.2002 (Bl. 370 d.A.) und vom 06.05.2002 (Bl. 377 d.A.) ebenfalls verwendet worden. Der Schriftsatz vom 21.03.2002 ist am 25.03.2002 beim Oberlandesgericht Düsseldorf eingegangen, der Schriftsatz vom 06.05.2002 ist zunächst am 10.05.2002 beim Landgericht und sodann am 14.05.2002 beim Oberlandesgericht eingegangen. Das Wiedereinsetzungsgesuch vom 06.02.2002 ist dagegen an das Oberlandesgericht unter Angabe der zutreffenden Postleitzahl 40474 Düsseldorf gerichtet und demgemäss auch bereits am 08.02.2002 beim Oberlandesgericht eingegangen.

Das auf diesem Organisationsmangel beruhende Verschulden seiner Verfahrensbevollmächtigten muss der Beteiligte zu 1) sich zurechnen lassen.

Seine sofortige weitere Beschwerde war danach als unzulässig zu verwerfen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 47 WEG.

Es entspricht billigem Ermessen, dass der Beteiligte zu 1) auch die den übrigen Beteiligten im dritten Rechtszug entstandenen notwendigen außergerichtlichen Kosten erstattet.

Ende der Entscheidung

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