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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 24.01.2003
Aktenzeichen: 3 Wx 381/02
Rechtsgebiete: WEG, BGB


Vorschriften:

WEG § 10
BGB § 242
Ein Anspruch auf Änderung einer in der Teilungserklärung für ein Teileigentum als "Büroräume" festgelegten Nutzungsbestimmung kann gegeben sein, wenn eine reale Möglichkeit, das Teileigentum entsprechend zu nutzen oder zu verwerten, nicht besteht und die Nutzung als Wohnung die übrigen WE nicht mehr beeinträchtigt als eine Nutzung als Büroräume.
OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF BESCHLUSS

3 Wx 381/02

In dem Wohnungseigentumsverfahren betreffend die Wohnungseigentümergemeinschaft ... in ....

hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 2 gegen den Beschluss der 10. Zivilkammer des Landgerichts Wuppertal vom 31. Oktober 2002 unter Mitwirkung der Richter am Oberlandesgericht Dr. S... und von W... und der Richterin am Oberlandesgericht S... am 24. Januar 2003

beschlossen:

Tenor:

Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.

Die gerichtlichen Kosten des Verfahrens der sofortigen weiteren Beschwerde fallen den Beteiligten zu 2 zur Last. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Wert des Beschwerdegegenstandes: 5.112,92 Euro.

Gründe:

I.

Die Beteiligten zu 1 bis 3 bilden die im Rubrum genannte Eigentümergemeinschaft. Die Beteiligte zu 1 ist Teileigentümerin von Räumlichkeiten im Erdgeschoss der Anlage, die in der Teilungserklärung vom 17.10.1983 als "Büroräume" bezeichnet sind. Bis zum Sommer 2000 hat die Beteiligte zu 1 dort mit ihrem Ehemann ein Versicherungsbüro betrieben, welches sie aus Altersgründen geschlossen haben. Die Beteiligten zu 2 sind Sondereigentümer einer über dem Teileigentum der Beteiligten zu 1 gelegenen, vermieteten Wohnung mit Balkon.

Die Beteiligte zu 1 hat im vorliegenden Verfahren beantragt, die Beteiligten zu 2 verpflichten, ihre Zustimmung zu einer Änderung der Teilungserklärung des Notars Dr. W... vom 17.10.1983, UR.-Nr. ...783, mit dem Inhalt zu erteilen, dass das in dem der Teilungserklärung beiliegenden Aufteilungsplan mit Nr. 8 bezeichnete Sondereigentum als Wohnungseigentum im Sinne des § 3 Ziffer 1 a der Teilungserklärung genutzt werden darf. Sie hat geltend gemacht, seit Sommer 2000 vergeblich versucht zu haben, das Teileigentum zu verkaufen. An der Nutzung als Büro sei jedoch niemand interessiert gewesen; ein Kaufinteressent habe den Erwerb davon abhängig gemacht, dass die Nutzung als Wohnraum rechtssicher festgestellt sei.

Das Amtsgericht hat den Antrag zurückgewiesen. Die Beteiligte zu 1 hat sofortige Beschwerde eingelegt. Nach Vernehmung des mit der Vermittlung der Räumlichkeiten beauftragten Maklers G... D... hat das Landgericht den Beschluss des Amtsgerichts abgeändert und die Beteiligten zu 2 antragsgemäß verpflichtet, ihre Zustimmung zur Änderung der Teilungserklärung zu erteilen. Gegen den Beschluss des Landgerichts wenden sich die Beteiligten zu 2 mit ihrer sofortigen weiteren Beschwerde.

Die Beteiligte zu 1 ist dem Rechtsmittel entgegengetreten.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die gemäß §§ 43 Abs. 1, 45 Abs. 1 WEG, §§ 27, 22 FGG zulässige sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 2 ist nicht begründet, denn die Entscheidung des Landgerichts beruht nicht auf einer Verletzung des Gesetzes.

1. Das Landgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, der Anspruch der Beteiligten zu 1 auf Erteilung der Zustimmung zur Änderung der Teilungserklärung ergebe sich aus der zwischen den Wohnungseigentümern bestehenden Treuepflicht, da die Versagung der Zustimmung wegen außergewöhnlicher Umstände grob unbillig sei und damit ein Festhalten an der bestehenden Regelung gegen Treu und Glauben verstoße. Zwar müsse sich grundsätzlich jeder Eigentümer darauf verlassen können, dass das in der Teilungserklärung einmal Vereinbarte gilt und nicht ständig unter dem Vorbehalt einer nachträglichen Änderung aus Billigkeitsgesichtspunkten stehe. Vorliegend sei allerdings ein besonderer Ausnahmefall gegeben. Die Wohnanlage befinde sich in einem im wesentlichen aus der Gründerzeit stammenden Stadtviertel mit vielen mehrgeschossigen Jugendstilhäusern, die durchweg zu privaten Wohnzwecken genutzt würden. Hierauf werde auch von städtebaulicher und städteplanerischer Seite viel Wert gelegt, um den Charakter des Viertels zu erhalten. Unter diesem Gesichtspunkt sei auch die Regelung der Teilungserklärung zu betrachten, wonach ein Wohnungseigentümer zur Ausübung eines Gewerbes oder Berufs in seiner Wohnung die schriftliche Einwilligung des Verwalters benötige. Diese Regelung zeige zugleich, dass die Teilungserklärung davon ausgehe, dass eine gewerbliche Nutzung störender sei als eine Nutzung zu Wohnzwecken. Etwaige Störungen durch Aufenthalte der Eigentümer auf der zu dem Teileigentum gehörenden Terrasse seien bei einer Nutzung der Räume zu Wohnzwecken nicht höher zu veranschlagen als Beeinträchtigungen, die sich bei einem Bürobetrieb ergäben; insoweit müsse berücksichtigt werden, dass nicht nur ein Versicherungsbüro o.a. in Betracht komme, sondern auch etwa ein Betrieb zur Vermietung von Kraftfahrzeugen o.a., der erheblichen Publikumsverkehr zur Folge habe. Schließlich sei auch unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten ein Festhalten an der geltenden Teilungserklärung nicht hinnehmbar; die Veräußerung als Bürofläche sei erfolglos versucht worden während die Chancen eines Verkaufs als Wohnungseigentum günstiger seien. Es sei gerichtsbekannt, dass in Wuppertal kein Interesse an Büroräumen bestehe, Leerstände seien allenthalben vorhanden. Es könne der Beteiligten zu 1 aber nicht zugemutet werden, ihr Eigentum zu verschleudern.

2. Diese Ausführungen halten der dem Senat obliegenden rechtlichen Überprüfung stand.

Das Landgericht hat zu Recht und mit zutreffenden Ausführungen, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird, festgestellt, dass vorliegend erhebliche Besonderheiten gegeben, sind, die die Annahme eines Ausnahmefalles rechtfertigen. Dies gilt insbesondere in Bezug auf die örtlichen Gegebenheiten der Wohnanlage und die übliche Nutzung der dortigen Räumlichkeiten. Danach ist durchweg von einem Wohncharakter auszugehen. Wenn darüber hinaus auch die Teilungserklärung für den Fall, dass ein Wohnungseigentümer seine Wohnräume beruflich oder gewerblich nutzen will, die Zustimmung des Verwalters verlangt, wird hinreichend deutlich, dass die Nutzung der in der Wohnanlage befindlichen Räumlichkeiten zu Wohnzwecken beabsichtigt war, weil eine solche grundsätzlich als weniger störend empfunden wird als eine Nutzung zu gewerblichen oder beruflichen Zwecken. Eine Nutzung zu Wohnzwecken würde sich daher zwanglos in die gegebenen Örtlichkeiten einpassen.

Für eine Umwidmung der Nutzungsbestimmung spricht weiterhin, dass das Teileigentum der Beteiligten zu 1 wirtschaftlich betrachtet derzeit allenfalls von geringem Wert ist. Weder an einem Kauf noch an einer Anmietung der Räume zu Bürozwecken besteht Interesse. Demgegenüber hat bereits die Zeugin F... vor dem Amtsgericht am 18.2.2002 bekundet, sie sei am Erwerb des Objektes interessiert, wenn es als Wohnung genutzt werden könne. Zwar liegt die wirtschaftliche Verwertbarkeit des Eigentums regelmäßig in der Risikosphäre des Eigentümers. Vorliegend ist sie jedoch krass eingeschränkt durch eine Nutzungsbestimmung, die sich in Ansehung der örtlichen Gegebenheiten und auch nach dem Verständnis der Teilungserklärung als Ausnahme darstellt während die beantragte Umwidmung dem Regelfall entspricht und mit ihr die größeren Verwertungschancen verbunden sind. Wenn aber ohne eine solche Änderung das Eigentum wirtschaftlich praktisch wertlos wird, sind - entgegen der Ansicht der Beteiligten zu 2 - ausnahmsweise auch wirtschaftliche Gesichtspunkte in eine Güterabwägung einzubeziehen.

Die von den Beteiligten zu 2 erhobenen Bedenken wegen einer intensiveren Nutzung der Räume zu Wohnzwecken überzeugen den Senat demgegenüber nicht. Das Landgericht hat zu Recht darauf hingewiesen, dass bei einer Nutzung als Büro nicht nur der Betrieb eines (ruhigen) Versicherungs- oder Steuerberatungsbüros in Betracht kommt; vielmehr ist auch eine solche publikumsintensive Nutzung denkbar, die noch nicht einmal an die üblichen Bürozeiten gebunden ist. Die Gartenfläche gehört zum gemeinschaftlichen Eigentum, sie kann demzufolge von allen Miteigentümern genutzt werden. Eine besondere Beeinträchtigung durch etwaige Bewohner des Sondereigentums Nr. 8 ist nicht ersichtlich. Bezüglich der von den Beteiligten zu 2 erwähnten möglichen Störungen durch den Aufenthalt auf der zu diesem Sondereigentum gehörenden Terrasse sei darauf hingewiesen, dass alle Miteigentümer zur gegenseitigen Rücksichtnahme verpflichtet sind und ihr Sondereigentum nur in einer Weise nutzen dürfen, die die übrigen Eigentümer nicht mehr unvermeidlich beeinträchtigt. Dass die Beteiligten zu 2 bei einer Nutzung des Teileigentums Nr. 8 zu Wohnzwecken selbst nicht erhebliche Beeinträchtigungen befürchten, ergibt aus ihrem eigenen Verhalten: nach dem unwidersprochenen Vortrag der Beteiligten zu 1 wären die Beteiligten zu 2 mit einer Änderung der Teilungserklärung gegen Zahlung von 35.000,00 DM und Übertragung des Sondernutzungsrechts an zwei Stellplätzen einverstanden gewesen. Ein derartiges Angebot unterbreitet kein Wohnungseigentümer, der ernsthafte Beeinträchtigungen durch eine andere Nutzung befürchtet. Unter diesen Umständen erscheint es grob unbillig, die Beteiligte zu 1 an der bestehenden Teilungserklärung festzuhalten.

Das Rechtsmittel konnte danach keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 47 WEG.

Ende der Entscheidung

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