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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 14.02.2001
Aktenzeichen: 3 Wx 392/00
Rechtsgebiete: WEG


Vorschriften:

WEG § 10 Abs. 1
WEG § 10 Abs. 2
WEG § 16 Abs. 2
1. Wird in einer Versammlung mit den Stimmen aller Wohnungseigentümer der in der Teilungserklärung festgelegte Kostenverteilungsschlüssel geändert, so kann darin - ungeachtet der Bezeichnung als Beschluss - eine Vereinbarung liegen.

2. Eine Vereinbarung wirkt gegenüber einem Sondernachfolger eines Wohnungseigentümers auch ohne Eintragung, wenn er durch sie begünstigt wird.


OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF BESCHLUSS

3 Wx 392/00 25 T 582/00 LG Düsseldorf 291 II 185/99 WEG AG Düsseldorf

In dem Wohnungseigentumsverfahren

hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1) gegen den Beschluss der 25. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 11. Oktober 2000 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Dr. Gottschalg, der Richterin am Oberlandesgericht Schaefer-Lang und des Richters am Oberlandesgericht Dr. Schütz am 14. Februar 2001

beschlossen:

Tenor:

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.

Auf die sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 1) wird unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels die Entscheidung des Amtsgerichts Düsseldorf vom 9. Mai 2000 teilweise abgeändert. Der Beschluss der Wohnungseigentümer vom 24.06.1999 zu TOP 3 - Wohngeldabrechnung 1998 wird weiter für ungültig erklärt, soweit die Kosten der Sanierung des Tiefgaragen-Daches und die Kabelgebühren nicht nach der Grundfläche der einzelnen Miteigentumseinheiten verteilt worden sind.

Der weitergehende Antrag wird zurückgewiesen.

Die gerichtlichen Kosten des Verfahrens tragen die Beteiligte zu 1) zu 9/10, die Beteiligten zu 2) zu 1/10.

Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.

Gründe:

I.

Die Beteiligte zu 1) ist Mitglied der o.a. Wohnungseigentümergemeinschaft. Sie hält einen Miteigentumsantei1 von 572/10.000, die Grundfläche ihrer Wohnung beträgt 80,83 qm.

In § 13 der Teilungserklärung vom 04.07.1967 ist bestimmt, dass die von den Wohnungseigentümern zu entrichtender Leistungen - abgesehen von den Heizkosten"- im Verhältnis der Miteigentumsanteile aufzubringen sind.

In einer Versammlung vom 19.12.1979 haben die Wohnungseigentümer, die sämtlich anwesend oder durch Vollmacht ordnungsgemäß vertreten waren, einstimmig ohne Stimmenthaltung beschlossen, dass das Wohngeld nicht entsprechend den Miteigentumsanteilen laut Teilungserklärung, sondern nach der Quadratmeter-Grundfläche der Miteigentumseinheit umgelegt und dass der Frau E H Hergehörende Garagen-Trakt bei Berechnung der Umlage mit 1/4 seiner Grundfläche in Ansatz gebracht wird.

In der Versammlung vom 24.06.1999 haben die Wohnungseigentümer unter TOP 3 die vorgelegte Jahresabrechnung für 1998 und unter TOP 5 den vorgelegten Wirtschaftsplan für 1999 genehmigt. Unter TOP 7 haben sie beschlossen, die rückwartigen Balkone im vierten Obergeschoss zu sanieren, Folgeschäden zu beseitigen, die Dachrinne und die Fallrohre (hinten) zu erneuern und die Anschlussfugen auf allen Balkonen (hinten) zu überprüfen und instand zu setzen. Die Gesamtkosten sollten sich auf ca. 43.500 DM belaufen und in Höhe von 30.000 DM aus der Rücklage und in Höhe von 13.500 DM in Form einer Sonderumlage, zu erheben nach Miteigentumsanteilen, bezahlt werden.

Der Verwalter wurde ermächtigt, zusammen mit dem Beirat einen entsprechenden Auftrag zu vergeben. Die Arbeiten sollten Ende September/Anfang Oktober 1999 durchgeführt werden.

Die Beteiligte zu 1) hat mit am 23.07.1999 beim Amtsgericht eingegangenem Antrag die Feststellung begehrt, die am 24.06.1999 zu TOP 3, 5 und 7 gefassten Beschlüsse seien ungültig.

Sie hat vorgetragen, die Jahresabrechnung und der Wirtschaftsplan seien fehlerhaft. Der Verwalter rechne nicht nach dem in § 13 der Teilungserklärung festgelegten Verteilungsschlüssel, sondern nach Quadratmeter-Grundfläche ab. Außerdem werde die zweigeschossige Garagenhalle mit ca. 40 Einstellplätzen bei den Kosten nicht - jedenfalls nicht angemessen - berücksichtigt.

Die übrigen Beteiligten haben eingewendet, § 13 der Teilungserklärung sei durch den Beschluss vom 19.12.1979 wirksam abgeändert worden. So werde auch seit 20 Jahren abgerechnet, was der Beteiligten zu 1) auch seit zehn Jahren bekannt sei.

Das Amtsgericht den Beschluss der Eigentümerversammlung vom 24.06.1999 zu TOP 3 für ungültig erklärt, soweit die Beteiligte zu 1) in der sie betreffenden Einzelabrechnung mit Verwaltungskosten von 444,48 DM belastet wird. Im übrigen hat es den Antrag abgewiesen.

Gegen die Entscheidung des Amtsgerichts hat die Beteiligte zu 1) sofortige Beschwerde eingelegt. Sie hat vorgebracht, in der Jahresabrechnung 1998 sei die Position:

"SU-Garagendach in Höhe von 35.000,00 DM

Kosten Sanierung TG-Dach in Höhe von 36.731,88 DM"

ungeachtet des Eigentümerbeschlusses vom 19.12.1979 weiterhin nach Miteigentumsanteilen festgelegt worden. Auch die Kabelgebühren seien nicht nach den Wohnflächen umgelegt worden, sondern nach Wohneinheiten angesetzt worden. Im übrigen wiederholt sie ihre Behauptung, die Garagenflächen seien bei der Abrechnung nicht berücksichtigt.

Das Landgericht hat die sofortige Beschwerde wegen fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses als unzulässig verworfen.

Gegen die Entscheidung des Landgerichts wendet sich die Beteiligte zu 1) mit der sofortigen weiteren Beschwerde, mit der sie rügt, das Landgericht habe zu Unrecht ein Rechtsschützbedürfnis verneint. Auf die Anfechtung des die Jahresabrechnung genehmigenden Beschlusses sei das Landgericht nicht eingegangen. Durch den Beschluss zu TOP 7 werde sie - auch wenn man die Kosten der Balkonsanierung aufgrund eines neuen Beschlusses insgesamt der Instandhaltungsrücklage entnehmen wolle - belastet. Im übrigen erfordere die neue Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Frage der Nichtigkeit vereinbarungversetzender Beschlüsse eine Überprüfung des die Jahresabrechnung genehmigenden Beschlusses.

Die übrigen Beteiligten sind dem Rechtsmittel entgegengetreten.

Wegen der Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

Die gemäß § 45 Abs. 1 WEG, §§ 22 Abs. 1, 27, 29 FGG zulässige sofortige weitere Beschwerde hat teilweise Erfolg. Sie führt zur Aufhebung der landgerichtlichen Entscheidung und zur teilweisen Abänderung des amtsgerichtlichen Beschlusses.

1. Das Landgericht hat ausgeführt, das Amtsgericht habe bereits den zu TOP 3 gefassten Beschluss vom 24.06.1999 für ungültig erklärt. Der Inhalt des Wirtschaftsplanes für das Jahr 1999 sei "ohne Belang", nachdem zwischenzeitlich die Abrechnung für das Jahr 1999 beschlossen worden sei. Nachdem die Wohnungseigentümer weiterhin beschlossen hätten, die Kosten der Balkonsanierung zur Gänze aus der Rücklage zu bestreite, entfalle eine Sonderumlage und damit die Prüfung, nach welchen Gesichtspunkten diese zu erheben sei.

Das ist rechtsfehlerhaft im Sinne von § 27 FGG. Das Landgericht hat zu Unrecht ein Rechtsschutzbedürfnis für die Erstbeschwerde der Beteiligten zu 1) verneint. Es hat zunächst verkannt, dass das Amtsgericht dem Antrag, den zu TOP 3 gefassten Beschluss (Genehmigung der Jahresabrechnung für 1998) für ungültig zu erklären, nur insoweit stattgegeben hat, als die Beteiligte zu 1) in der sie betreffenden Einzelabrechnung mit Verwaltungskosten von 448,48 DM belastet wird, den weitergehenden Antrag aber abgewiesen hat. Hinsichtlich des Beschlusses zu TOP 7 hat das Landgericht nicht beachtet, dass dieser Beschluss sich nicht nur über die Erhebung einer Sonderumlage, sondern über die Sanierung der rückwärtigen Ballone, die Erneuerung der Dachrinnen und der Fallrohre sowie weiterer Arbeiten und die Bevollmächtigung des Verwalters zur Auftragsvergabe verhält und die Anfechtung dieses Beschlusses durch den später gefassten Beschluss, die Kosten insgesamt aus der Instandhaltungsrücklage zu begleichen, nicht "erledigt" war.

Die Entscheidung des Landgerichts unterliegt daher der Aufhebung. Einer Zurückverweisung der Sache an das Landgericht bedarf es indes nicht, denn eine weitere Sachaufklärung ist nicht erforderlich, so dass der Senat abschließend entscheiden kann.

2. Der Beschluss der Wohnungseigentümerversammlung vom 29.06.1999 zu TOP 3 ist über die Entscheidung des Amtsgerichts hinaus weiter für ungültig zu erklären, soweit die Kosten der Sanierung des Tiefgaragen-Daches und die Kabelgebühr nicht wie die übrigen Kosten nach Quadratmeter-Wohnfläche auf die einzelnen Wohnungseigentümer verteilt worden sind.

a) Die in § 13 der Teilungserklärung vorgesehene Verteilung der Kosten und Lasten des gemeinschaftlichen Eigentums nach Miteigentumsanteilen ist in der Versammlung der Wohnungseigentümer vom 19.12.1979 durch eine Vereinbarung der Wohnungseigentümer dahin geändert worden, dass sie nach der Quadratmeter-Grundfläche der Sondereigentumseinheiten verteilt und der Garagentrakt mit 1/9 seiner Grundfläche in Ansatz gebracht wird. Das in der Niederschrift über diese Versammlung nicht ausdrücklich von einer "Vereinbarung", sondern nur von einem "einstimmigen Beschluss" die Rede ist, steht einer Vereinbarung nicht entgegen. Die Änderung der Teilungserklärung erfolgte mit den Stimmen aller Wohnungseigentümer (ohne Gegenstimmen und ohne Enthaltung) und der Regelungsgehalt des "Beschlusses" lässt eindeutig erkennen, dass die Wohnungseigentümer das Statut der Gemeinschaft in einem wesentlichen Punkt grundsätzlich und auf Dauer ändern wollten, weil die Wohnungen im Dachgeschoss gegenüber den übrigen Wohnungen bei der Kostenverteilung "begünstigt" waren.

Die vom Bundesgerichtshof behandelte Frage der Gültigkeit bzw. Nichtigkeit vereinbarungsersetzender Mehrheitsbeschlüsse stellt sich insoweit nicht.

Eine Vereinbarung der Wohnungseigentümer ist innerhalb der bestehenden Gemeinschaft formlos gültig. Gegenüber einem Sondernachfolger eines Wohnungseigentümers wirkt sie allerdings nur, wenn sie als Inhalt des Sondereigentums im Grundbuch eingetragen ist (§ 10 Abs. 2 WEG). Das ist zwar hier nicht der Fall, gleichwohl ist die am 19.12.1979 getroffene Vereinbarung nicht durch den Eintritt der Sondernachfolge hinfällig bzw. unwirksam geworden, denn eine den Sondernachfolger begünstigende Regelung ist für ihn auch ohne Eintragung wirksam (vgl. BayObLG WE 1992, 229).

Das ist hier der Fall. Die Vereinbarung der Wohnungseigentümer vom 19.12.1979 stellt sich im Ergebnis für die Beteiligte zu 1) als günstiger dar, als die vorher geltende Regelung in § 13 der Teilungserklärung. Die in der Jahresabrechnung 1998 nach Miteigentumsanteilen abgerechnete Position "Sanierung TG-Dach" ergibt eine Belastung der Beteiligten zu i) von 2.101,06 DM. Unter Zugrundelegung der auf die Beteiligte zu 1) entfallenden Quadratmeter-Grundfläche stellt sich ihre Belastung auf nur 2.023,08 DM dar, mithin um ca. 78 DM geringer. Die durch die Vereinbarung vom 19.12.1979 getroffene Änderung des Kostenverteilungsschlüssels führt somit für das Jahr 1998 insgesamt zu einer ca. 250 DM geringeren Belastung der Beteiligten zu 1) als bei einer Abrechnung nach Miteigentumsanteilen.

Der Einwand der übrigen Beteiligten, die Sanierung des Tiefgaragendaches habe nach Miteigentumsanteilen abgerechnet werden müssen, weil auch die Sonderumlage nach Miteigentumsanteilen erhoben worden sei, geht fehl. Dass die Sonderumlage - als Einnahme - nach Miteigentumsanteilen erhoben worden ist, ändert nichts an der Verpflichtung, die Abrechnung gemäß dem vorgesehenen Verteilungsschlüssel vorzunehmen, denn die Sonderumlage ist lediglich eine Vorauszahlung der Wohnungseigentümer auf die zu erwartenden Kosten einer notwendigen Instandsetzungs- oder sonstigen baulichen Maßnahme.

Auch die Kabelgebühren sind in der Jahresabrechnung 1998 zu Unrecht nicht nach Quadratmeter-Grundfläche abgerechnet worden. Auch die Kosten eines Anschlusses an das Breitbandkabelnetz oder die laufenden monatlichen Entgelte an die Telekom oder an Kabelservicegesellschaften sind Kosten des gemeinschaftlichen Eigentums, die entsprechend dem geltenden Verteilungsschlüssel abzurechnen sind, wenn nicht durch eine Vereinbarung der Wohnungseigentümer im Interesse einer höheren Verteilungsgerechtigkeit ein abweichender Verteilungsschlüssel bestimmt ist.

b) Der Einwand der Beteiligten zu 1), in der Jahresabrechnung für 1998 würden die Teilflächen der Garageneinheiten offensichtlich nicht berücksichtigt, ist unbegründet. Durch die Vereinbarung von 1979 ist eindeutig festgelegt, dass die Garagen mit 1/4 der Grundfläche berücksichtigt werden, dies ist in der Jahresabrechnung - wie aus der zugrunde gelegten Gesamtfläche von 1.467,58 qm hervorgeht, auch geschehen.

3. Nicht begründet ist die sofortige weitere Beschwerde, soweit die Beteiligte zu 1) beantragt hat, den den Wirtschaftsplan für 1999 genehmigenden Beschluss der Wohnungseigentümer für ungültig zu erklären. Zwar entfällt das Rechtsschutzbedürfnis für die Anfechtung eines Wirtschaftsplanes nicht schon grundsätzlich mit der Genehmigung der Jahresabrechnung für den entsprechenden Zeitraum, jedoch ist das Landgericht hier zutreffend von einem Wegfall des Rechtsschutzbedürfnisses auf Seiten der Beteiligten zu 1) ausgegangen. Es ist nicht ersichtlich, dass aus dem Beschluss über den Wirtschaftsplan für 1999 weitere Ansprüche hergeleitet werden könnten, als aus dem - bestandskräftigen - Beschluss über die Jahresabrechnung für 1999.

4. Auch der Beschluss der Wohnungseigentümer zu TOP 7 vom 24.06.1999 ist nicht zu beanstanden. Sachliche Gründe, die gegen die beabsichtigte Sanierung der Balkone sprechen konnten, sind nicht vorgetragen, insbesondere hat die Beteiligte zu 1) nicht behauptet, die Sanierung sei nicht notwendig.

Auch die Höhe der voraussichtlichen Kosten ist von ihr nicht beanstandet worden, schließlich hat sie auch keine Einwendungen gegen die "Ermächtigung" des Verwalters erhoben, den entsprechenden Sanierungsauftrag zusammen mit dem Beirat zu vergeben. Von der Erhebung einer Sonderumlage haben die Wohnungseigentümer bereits - wie das Landgericht ausgeführt hat - durch den zu TOP 6 in der Versammlung vom 15.08.2000 gefassten Beschluss abgesehen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 47 WEG. Es entspricht billigem Ermessen, dass die Beteiligte zu 1) die gerichtlichen Kosten des Verfahrensentsprechend dem Geschäftswert für das Verfahren weitgehend trägt. Für die Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Kosten besteht keine Veranlassung.

Den Geschäftswert des Verfahrens bemisst der Senat auf 50.000 DM. Dieser Betrag setzt sich wie folgt zusammen: a) Anfechtung der Jahresabrechnung 1998: 4.000,-- DM

b) Anfechtung des Wirtschaftsplans 1999: 2.500,-- DM

c) Anfechtung des TOP 7 (Balkonsanierung): 43.500,-- DM.

Ende der Entscheidung

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