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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 27.05.2002
Aktenzeichen: 3 Wx 40/02
Rechtsgebiete: WEG


Vorschriften:

WEG § 21 Abs. 4
WEG § 22 Abs. 1
1.

Die Ersetzung zweier 16 Jahre alter je 750 l fassender Warmwasserboiler, von denen einer defekt ist, durch einen neuen 500 l Boiler aus Edelstahl, der durch sein besseres Heizsystem warmes Wasser in ausreichender Menge zur Verfügung stellt, ist keine bauliche Veränderung, sondern eine mit Mehrheit zu beschließende - modernisierende - Instandsetzung.

2.

Bei mehreren gleichwertigen Lösungen steht der Eigentümergemeinschaft ein Ermessensspielraum bei der Auswahl der in Betracht kommenden Maßnahmen zu.


OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF BESCHLUSS

3 Wx 40/02

In dem Verfahren

hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1 gegen den Beschluss der 25. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 20. Dezember 2001 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Dr. Gottschalg, der Richterin am Oberlandesgericht Dr. Löhr und des Richters am Oberlandesgericht von Wnuck-Lipinski

am 27. Mai 2002

beschlossen:

Tenor:

Das Rechtsmittel der Beteiligten zu 1 wird zurückgewiesen.

Sie hat die Gerichtskosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde zu tragen.

Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Wert des Beschwerdegegenstandes: Bis 3.000,00 €.

Gründe:

I.

Die Beteiligten zu 1 und 2 sind die Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft N... in Düsseldorf. Die Beteiligte zu 3 ist die Verwalterin der 1985 errichteten Anlage. Zur zentralen Warmwasserversorgung wurden seinerzeit 2 Warmwasserboiler mit einem Fassungsvermögen von je 750 Litern eingebaut. Als einer dieser Boiler defekt wurde und sich eine Reparatur nicht mehr lohnte, beschloss die Wohnungseigentümerversammlung vom 02. August 2000 zu TOP 2 mehrheitlich Folgendes:

"Es bestand Einvernehmen, daß voraussichtlich der eine vorhandene Boiler die Warmwasserlast erbringt, so daß kein dringender Handlungsbedarf besteht.

Da nicht auszuschließen ist, daß der noch vorhandene Boiler auch defekt werden könnte (entsprechend der Hinweise des Ingenieurbüros E... gemäß deren Schreibens vom 27.06.00 und aufgrund des Alters Baujahr 1986) wird vorsorglich folgende Regelung getroffen:

Der Verwalter soll jetzt über die durch das Ingenieurbüro E... vorgeschlagene Ersatzregelung Kostenangebote bei mindestens drei Firmen einholen.

Über eine Auftragsvergabe soll in der nächstfolgenden Eigentümerversammlung entschieden werden.

Sollte vor der nächsten Eigentümerversammlung der verbliebene Boiler so defekt werden, daß er mit verhältnismäßig angemessenen Mitteln nicht zu reparieren ist, kann der Verwalter nach vorheriger Genehmigung durch den Verwaltungsbeirat den preisgünstigsten Anbieter beauftragen, entsprechend der Empfehlung des Ingenieurbüro E... zu verfahren."

Die Beteiligte zu 1, die meint, der Austausch der beiden vorhandenen Warmwasserbereiter mit jeweils 750 Liter Fassungsvermögen gegen einen anderen 500 Liter fassenden Warmwasserbereiter stelle eine nur einstimmig zu beschließende bauliche Veränderung dar, hat beantragt,

den Eigentümerbeschluss zu TOP 2 für ungültig zu erklären sowie

im Wege der einstweiligen Anordnung

der Verwalterfirma zu untersagen, in Absprache mit dem Verwaltungsbeirat einen Auftrag gemäß der vorgeschlagenen Ersatzregelung zu vergeben.

Das Amtsgericht hat nach mündlicher Verhandlung am 02. Januar 2001 den Eigentümerbeschluss zu TOP 2 für ungültig erklärt und den Beteiligten zu 2 im Wege der einstweiligen Anordnung gemäß § 44 Abs. 3 WEG untersagt, den zur Zeit noch betriebsbereiten Warmwasserbereiter Typ Capito BS 750 zu entfernen und die bauseitig ursprünglich aus zwei derartigen Geräten bestehende Anlage zur Warmwasserbereitung durch ein Gerät der Firma V... mit der Speichermenge von 500 Litern zu ersetzen. Zur Begründung hat das Amtsgericht ausgeführt: Entsprechend dem technischen Fortschritt sei der Austausch eines alten Gerätes mit höherer Speicherkapazität gegen ein modernes Gerät mit geringerem Speicherinhalt durchaus als Maßnahme der modernisierenden Instandsetzung zu werten, nicht aber der Austausch von zwei Altgeräten gegen ein neues, da zwei Geräte - wie der derzeitige Zustand zeige - den Vorteil hätten, dass bei Ausfall eines Gerätes die Warmwasserversorgung immer noch gesichert sei. Eine Änderung dieses Zustandes stelle sich als nur einstimmig zu beschließende bauliche Veränderung im Sinne des § 22 WEG dar.

Auf die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 2 hat das Landgericht nach Beweisaufnahme am 20. Dezember 2001 den amtsgerichtlichen Beschluss geändert, den Antrag der Beteiligten zu 1 zurückgewiesen und die einstweilige Anordnung aufgehoben.

Gegen die Entscheidung der Kammer wendet sich die Beteiligte zu 1 mit ihrer sofortigen weiteren Beschwerde, der die Beteiligten zu 2 entgegen treten.

Wegen der Einzelheiten des Vorbringens wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Das zulässige Rechtsmittel ist nicht begründet. Die angefochtene Entscheidung beruht nicht auf einer Verletzung des Gesetzes (§ 27 FGG).

1.

Das Landgericht hat zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, der Beschluss der Eigentümergemeinschaft zu TOP 2 stehe mit den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung in Einklang. Zunächst sei festzuhalten, dass ein endgültiger Beschluss darüber, dass ein neuer Warmwasserbereiter der Firma V..., Typ V..., gefertigt aus Edelstahl eingebaut werden solle, noch nicht gefasst, sondern nur der Verwalter ermächtigt worden sei, die entsprechende Auftragsvergabe durchzuführen, falls der Boiler in naher Zukunft defekt werden sollte, ohne dass bisher die endgültige Auftragsvergabe beschlossen worden sei. Die Regelung halte sich im Rahmen ordnungsgemäßer Verwaltung und erfordere nicht Einstimmigkeit. Es handele sich um eine Maßnahme modernisierender Instandsetzung. Anstelle zweier Warmwasserbereiter von 750 Litern Fassungsvermögen, die unabhängig von einander dem Verschleiß unterlägen, solle ein einziger Boiler mit 500 Litern Fassungsvermögen installiert werden, der gegenüber der schlichten Ersetzung der vorhandenen Boiler einen qualitativ höheren Standard aufweise. Hierzu habe der sachverständige Zeuge E... überzeugend ausgeführt, dass der vorgesehene Warmwasserbereiter mit einem Schnellheizsystem ausgestattet sei, das selbst bei einem erhöhten Wasserverbrauch innerhalb kürzester Zeit wieder neues warmes Wasser in ausreichender Menge zur Verfügung stelle. Die Versorgung des gesamten Hauses mit Warmwasser könne deshalb allein mit diesem einzigen Boiler sichergestellt werden. Die vorgesehene Wasserversorgung führe darüber hinaus zu einer Energieersparnis, weil nicht fortlaufend solch große Mengen warmen Wassers vorgehalten werden müssten. Dem gegenüber vermöge der Vorteil, dass im Falle eines Defektes ein zweiter Boiler zur Warmwasserversorgung zur Verfügung stehe, die Eigentümer nicht für die Zukunft zu binden, von einer wirtschaftlich sinnvollen Modernisierung abzusehen.

2.

Diese Erwägungen halten der dem Senat obliegenden rechtlichen Nachprüfung in den wesentlichen Punkten stand.

a)

Ein mehrheitlicher Beschluss der Wohnungseigentümer war ausreichend. Denn die beschlossene Maßnahme dient der ordnungsgemäßen Instandsetzung des Eigentums. Die Frage, ob eine Maßnahme noch als - modernisierende - Instandsetzung oder Instandhaltung zu bewerten ist oder diese bereits eine darüber hinausgehende bauliche Veränderung oder Aufwendung i.S.d. § 22 Abs. 1 WEG darstellt, ist im Einzelfall unter Berücksichtigung verschiedener Kriterien zu beurteilen. Dabei ist allgemein anerkannt, dass der Begriff der Instandhaltung bzw. Instandsetzung nicht bloß auf die Erneuerung bzw. das Auswechseln bereits vorhandener Bauteile oder Einrichtungen beschränkt ist, sondern bei der Ersatzbeschaffung die technische Weiterentwicklung und den verbesserten Standard unter Berücksichtigung einer vernünftigen Kosten-Nutzen-Analyse umfasst. Auch eine über die bloße Reproduktion des bisherigen Zustands hinausgehende bauliche Veränderung, die eine technisch bessere und wirtschaftlich sinnvollere Lösung zur Behebung eines Mangels darstellt, ist eine ordnungsgemäße Instandsetzung (vgl. Senat, OLGR 2000, 442; OLGR 2000, 82; OLG Köln ZMR 1998, 49; Beschluss vom 15. März 2002 - 3 Wx 13/02 KG WuM 1996, 300; WE 1994, 335, 336; BayObLG NZM 1998, 338; Bärmann/Pick/Merle, WEG, 8. Aufl., § 21 Rz. 134).

b)

Durch den angefochtenen Beschluss haben sich die Wohnungseigentümer mehrheitlich dafür entschieden, für die Warmwasserbereitung einen neuen 500-Liter-Boiler der Firma V..., Typ V..., gefertigt aus Edelstahl, zu installieren, hierüber entsprechende Kostenangebote einzuholen und gegebenenfalls durch den Verwalter nach vorheriger Genehmigung durch den Verwaltungsbeirat einen dahin gehenden Auftrag an den preisgünstigsten Anbieter - gewissermaßen als Notmaßnahme für den Fall, dass der verbliebene Boiler bereits vor der nächstfolgenden Eigentümerversammlung irreparabel defekt wird, zu vergeben. Die beschlossene Maßnahme ist nach Meinung des Sachverständigen zur (Wieder-) Herstellung einer ordnungsgemäßen Warmwasserbereitung geeignet.

Darüber hinaus stellt sie sich - weil sie gleichzeitig für eine Reduzierung des Energieaufwands für die bereit zu stellenden Warmwassermenge von 1.500 Liter auf 500 Liter sorgt, den Wartungsbedarf auf ein Gerät beschränkt, das wegen seiner Ausführung in rostfreiem Stahl zudem keine Schutzanode benötigt - als technisch bessere und wirtschaftlich sinnvollere Lösung dar im Vergleich zu der bloßen Ersetzung des defekten Gerätes durch ein qualitativ gleichwertiges neues Gerät, wodurch der abzusehende nicht zeitferne Ersatzbedarf des zweiten aus dem Jahr 1986 stammenden Boilers fortbestehen würde. Selbst wenn man - was zweifelhaft erscheint - die Ersetzung lediglich des defekten Boilers mit Blick auf die durch einen zweiten Boiler gewährleistete erhöhte Sicherheit bei Ausfall als der von dem Ingenieurbüro E... befürworteten Lösung gleichwertig erachtet, stünde der Eigentümergemeinschaft ein Ermessensspielraum bei der Auswahl zu. Wie der Senat bereits mehrfach ausgeführt hat, sind vertretbare Mehrheitsentscheidungen in diesem Rahmen grundsätzlich hinzunehmen (vgl. Senat WE 1991, 252; Beschluss v. 26.4.1999 - 3 Wx 32/99). Die Wohnungseigentümer können sich für das ihnen am meisten zusagende Angebot entscheiden, sofern dies - wofür vorliegend kein Anhalt besteht - nicht nach Preis und Qualität der Ausführung negativ aus dem Rahmen fällt. Wenn die Wohnungseigentümergemeinschaft sich unter den gegebenen Umständen für durch ein Gerät der Firma V... mit der Speichermenge von 500 Litern als - modernisierende - Instandsetzungsmaßnahme entscheidet, widerspricht der Beschluss über Einholung entsprechender Kostenangebote und eine womögliche Auftragsvergabe durch den Verwalter nach vorheriger Genehmigung durch den Verwaltungsbeirat an den preisgünstigsten Anbieter - gewissermaßen als Notmaßnahme für den Fall, dass der verbliebene Boiler bereits vor der nächstfolgenden Eigentümerversammlung irreparabel defekt wird - nicht ordnungsgemäßer Verwaltung (§ 21 Abs. 4 WEG).

Das Rechtsmittel der Beschwerdeführerin war nach alledem zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 47 Satz 1 WEG. Eine Erstattungsanordnung in Bezug auf die außergerichtlichen Kosten aus Billigkeitsgründen ist im dritten Rechtszug nicht veranlasst, § 47 Satz 2 WEG.

Ende der Entscheidung

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