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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 08.01.2001
Aktenzeichen: 3 Wx 402/2000
Rechtsgebiete: WEG, BGB


Vorschriften:

WEG § 10 Abs. 1
WEG § 16 Abs. 2
BGB § 242
1. Der Umfang der einzelnen Miteigentumsanteile kann ohne Bindung an gesetzliche Vorschriften sowie an Wert, Größe und Nutzungsmöglichkeit des einzelnen Wohnungseigentümers festgelegt werden.

2. Führt die Festlegung der Miteigentumsanteile oder eine nachträgliche bauliche Veränderung (Vergrößerung einer Wohnung) zu unbilligen Ergebnissen bei der Kostenverteilung, so besteht u. U. ein Anspruch auf Änderung der Miteigentumsanteile (oder des Verteilerschlüssels).

3. Eine Differenz von 15 % bei der Kostenverteilung begründet einen solchen Anspruch (noch) nicht.


OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF BESCHLUSS

3 Wx 402/2000 4 T 216/00 LG Kleve 23 II 1/00 WEG AG Rheinberg

In der Wohnungseigentumssache

betreffend die Wohnungseigentumsanlage Alpen,

hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1) und 2) gegen den Beschluss der 9. Zivilkammer des Landgerichts Kleve vom 11. Oktober 2000 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Dr. Gottschalg, der Richterin am Oberlandesgericht Schaefer-Lang und des Richters am Oberlandesgericht Dr. Schütz am 8. Januar 2001

beschlossen:

Tenor:

Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten zu 1) und 2) tragen die gerichtlichen Kosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde.

Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.

Gründe:

I.

Die Beteiligten bilden die Wohnungseigentümergemeinschaft in Alpen. Die Beteiligten zu 1) und 2) halten einen 7/10-Miteigentumsanteil verbunden mit dem Sondereigentum an der Wohnung im Erdgeschoss sowie drei Kellerräumen, darunter einem Schwimmbad und einem WC, die Beteiligte zu 3) hält einen Miteigentumsanteil von 3/10 verbunden mit dem Sondereigentum an der Wohnung im Obergeschoss und im darüberliegenden Spitzboden des Hauses.

Nach Errichtung der Teilungserklärung und Begründung der Wohnungseigentümergemeinschaft wurde die Wohnfläche der Erdgeschosswohnung durch einen Erweiterungsanbau um rund 38 qm vergrößert. Der Spitzboden des Hauses wurde ausgebaut, er wird von den Mietern der Wohnung des Obergeschosses mitgenutzt.

Die Beteiligten streiten um die Größe der Miteigentumsanteile bzw. die Verteilung der Lasten und Kosten des gemeinschaftlichen Eigentums.

Die Beteiligten zu 1) und 2) haben beim Amtsgericht beantragt, die Beteiligte zu 3) zu verpflichten,

a) an sie - die Antragsteller - 391,64 DM nebst 4 % Zinsen ab 01.08.1999 zu zahlen,

b) einer Ergänzung, Überarbeitung und Neuherstellung der Teilungserklärung zuzustimmen,

c) der Bildung eines Gemeinschaftskontos sowie der Schaffung einer Reparaturkostenrücklage zuzustimmen und entsprechend diesen Beschlüssen auch tatsächlich zu handeln.

Für den Zahlungsanspruch haben sie angegeben, aus den Wasserrechnungen 1992 bis 1997 stünde noch ein Rückstand bezüglich der Abwasserrechnungen in Höhe von 211,60 DM offen. Ferner müsse die Beteiligte zu 3) für eine Treppenreparatur noch einen Betrag von 180,04 DM zahlen.

Die Beteiligte zu 3) ist dem Antrag zu c) nicht entgegengetreten. Im übrigen hat sie die Anträge für unbegründet gehalten.

Das Amtsgericht hat dem Antrag zu c) stattgegeben und die weiteren Anträge zurückgewiesen.

Auf die sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 1) und 2) hat das Landgericht der Beteiligten zu 3) weiter aufgegeben, an die Beteiligten zu 1) und 2) 180,04 DM nebst 4 % Zinsen am 21.08.1999 zu zahlen. Die weitergehende Beschwerde hat es zurückgewiesen.

Mit der sofortigen weiteren Beschwerde verfolgen die Beteiligten zu 1) und 2) ihren Zahlungsanspruch wegen des Betrages von 211,60 DM und den Anspruch auf Zustimmung zur Ergänzung bzw. Überarbeitung und Neuherstellung der Teilungserklärung weiter.

Die Beteiligte zu 3) ist dem Rechtsmittel entgegengetreten.

Wegen der Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

Die gemäß § 45 Abs. 1 WEG, §§ 22 Abs. 1, 27, 29 FGG zulässige sofortige weitere Beschwerde ist nicht begründet. Die Entscheidung des Landgerichts beruht nicht auf einer Verletzung gesetzlicher Vorschriften im Sinne des § 27 FGG.

1. Das Landgericht hat ausgeführt, der geltend gemachte Anspruch auf Zahlung von 210,60 DM sei nicht begründet, denn es sei mangels näherer Darlegung nicht ersichtlich, wie sich dieser Betrag errechne. Auch ein Anspruch auf Zustimmung der Beklagten zu 3) zur Ergänzung der Teilungserklärung bestehe nicht, denn ein Festhalten an der bisherigen Teilungserklärung sei auch unter Berücksichtigung des Vorbringens der Beteiligten zu 1) und 2) zur Verschiebung der Anteile am gemeinschaftlichen Eigentum nicht grob unbillig. Dies gelte umso mehr, als die Beteiligten zu 1) und 2) bei ihrer Berechnung der Wohn- und Nutzfläche den Spitzboden ohne Abzüge der Wohnfläche hinzugerechnet hätten. Außerdem sei nicht ersichtlich, in welcher Höhe aufgrund der geltenden Teilungserklärung "Mehrkosten" von den Beteiligten zu 1) und 2) aufzubringen seien.

2. Diese Erwägungen halten mit dem Senat obliegenden rechtlichen Nachprüfung Stand.

a) Soweit die Beteiligten zu 1) und 2) Abwasserkosten in Höhe von 210,60 DM verlangen, fehlt es - wie die Vorinstanzen zutreffend ausgeführt haben - an einer hinreichenden Darlegung der Begründetheit dieser Forderung. Die Beteiligten zu 1) und 2) haben zwar mehrfach auf eine "Abwasserrechnung" oder ein Abrechnungsschreiben vom 17.12.1999 hingewiesen, diese angekündigten Unterlagen aber nicht vorgelegt. Soweit sie angegeben haben, die "Abwasserrechnung" (Entleerung der Klärgrube) ergebe sich aus dem Wasserverbrauch und den durch die Entleerung der Klärgrube durch die jährlich erfolgende Fäkalienabfuhr entstandenen Kosten, sind weder die Abrechnungen des Wasserwerkes noch die jeweiligen Rechnungen der Firma W bezüglich der Abfuhr beigebracht worden, so dass es dahinstehen kann, ob bezüglich der Kosten der Fäkalienabfuhr gemäß § 8 der Teilungserklärung eine von dem Verhältnis der Miteigentumsanteile abweichende Kostenverteilung überhaupt in Betracht kommt.

b) Eine Ergänzung bzw. Änderung der Teilungserklärung oder des Kostenverteilungsschlüssels können die Beteiligten zu 1) und 2) nicht mit Erfolg verlangen.

Ist in der Teilungserklärung/Gemeinschaftsordnung keine abweichende Regelung enthalten, so ist jeder Wohnungseigentümer den übrigen Wohnungseigentümern gegenüber verpflichtet, die Lasten und Kosten des gemeinschaftlichen Eigentums nach der Größe seines Miteigentumsanteils zu tragen (§ 16 Abs. 2 WEG). Die Festlegung der Größe der einzelnen Miteigentumsanteile unterliegt nach allgemeiner Meinung (vgl. Staudinger-Bub, BGB, 12. Aufl., Rn 85 zu § 16 WEG m.w.N.) weder einer Bindung an gesetzliche Vorschriften noch an den Wert, die Grundfläche oder die Nutzungsmöglichkeit des jeweiligen Wohnungs- oder Teileigentums.

Dies kann im Einzelfall dazu führen, dass der teilende Eigentümer bei der Bestimmung der Größe der Miteigentumsanteile eigene Interessen in den Vordergrund stellt, die Maßgeblichkeit der Miteigentumsanteile für die Verteilung der Lasten und Kosten vernachlässigt und es so zu einer nicht sachgerechten Festlegung der Miteigentumsanteile kommt, die zu unbilligen Ergebnissen bei der Kostenverteilung führt. Ebenso kann eine nachträgliche bauliche Veränderung, die zu einer erheblichen Vergrößerung und Wertsteigerung eines einzelnen Wohnungseigentums oder eines Teileigentums führt, eine zunächst sachgerechte Festlegung der Miteigentumsanteile aufheben und zu einer unbilligen Kostenverteilung führen. Sieht in einem solchen Fall die Teilungserklärung keine Möglichkeit einer Änderung vor, so hat der einzelne Wohnungseigentümer entsprechend den Grundsätzen des § 242 BGB einen Anspruch auf Abänderung der Miteigentumsanteile, wenn wegen außergewöhnlicher Umstände ein Festhalten an der geltenden Regelung grob unbillig wäre und damit gegen Treu und Glauben verstieße (BGHZ 95, 137, 141 ff.; BayObLG WE 1997, 158, 160).

Das ist hier - wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat - nicht der Fall. Die in der Teilungserklärung festgelegte Größe der beiden Miteigentumsanteile war sachgerecht. Das Sondereigentum der Beteiligten zu 1) und 2) umfasste neben der Wohnung im Erdgeschoss auch das im Kellergeschoss befindliche Schwimmbad und weitere Nebenräume. Außerdem gehörte zum Inhalt dieses Sondereigentums das Recht zur alleinigen Benutzung der Gartenfläche des Grundstücks. Zum Sondereigentum der Beteiligten zu 3) gehört nach der Teilungserklärung die Wohnung im Obergeschoss des Hauses nebst dem darüber liegenden Spitzboden. Dass die in der Teilungserklärung festgelegte Größe der Miteigentumsanteile von 7/10 zu 3/10 nicht sachgerecht sei, haben die Beteiligten zu 1) und 2) insoweit selbst nicht behauptet.

Die später vorgenommenen baulichen Veränderungen haben nicht zu einer so wesentlichen Veränderung hinsichtlich der Größe und des Wertes der beiden Sondereigentumseinheiten geführt, dass eine Veränderung auch der Miteigentumsanteile nach Treu und Glauben geboten wäre. Der Vergrößerung der Wohnfläche in der Wohnung der Beteiligten zu 1) und 2) von ca. 38 qm steht auf Seiten der Beklagten zu 3) lediglich eine Vergrößerung ihres Balkons im gleichen Umfang sowie der "Ausbau" des ohnehin bereits nach der Teilungserklärung zu ihrem Sondereigentum gehörenden Spitzbodens gegenüber. Soweit die Beteiligten zu 1) und 2) zuletzt von einer Gesamt-Wohn- und Nutzfläche des Sondereigentums der Beteiligten zu 3) von 239,5 qm ausgegangen sind, hat das Landgericht bereits darauf hingewiesen, dass der Spitzboden wegen der vorhandenen Dachschrägen nicht mit der vollen Grundfläche berücksichtigt werden könne. Hinzu kommt, dass die Beteiligten zu 1) und 2) bei dieser Berechnung auch den Balkon der Beteiligten zu 3) in vollem Umfang berücksichtigt haben, während sie ihren eigenen Balkon nur zu 1/4 der Grundfläche in Ansatz gebracht haben.

Selbst wenn man aber, nach dem Vorbringen der Beteiligten zu 1) und 2) ein Verhältnis der Miteigentumsanteile von 55/100 zu 45/100 als richtig annehmen wollte, läge in der Differenz von 15 % im Vergleich zu der Bestimmung in der Teilungserklärung jedenfalls keine so weitgehende Benachteiligung der Beteiligten zu 1) und 2), dass eine Abänderung der Miteigentumsanteile oder des Kostenverteilungsschlüssels geboten wäre.

Die sofortige weitere Beschwerde konnte danach keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 47 WEG. Es entspricht billigem Ermessen, dass die Beteiligten zu 1) und 2) die gerichtlichen Kosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde tragen. Für die Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Kosten bestand keine Veranlassung.

Wert des Beschwerdegegenstandes und Geschäftswert für die weitere Beschwerde: 3.000 DM.

Ende der Entscheidung

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