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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 05.09.2000
Aktenzeichen: 4 U 149/99
Rechtsgebiete: ABMG


Vorschriften:

ABMG § 4 Nrn. 1 a
ABMG § 4
Leitsatz:

Eine Kürzung der Versicherungsleistung aus der Maschinenversicherung unter dem Blickwinkel der Unterversicherung (§ 4 Nr. 4 ABMG) kann nicht damit gerechtfertigt werden, daß der Versicherungswert die vereinbarte Versicherungssumme wegen eines höheren Listenpreises (§ 4 Nr. 1 a ABMG) übersteige, wenn sich der Listenpreis nicht aus einer Preisliste des Herstellers oder des Alleinvertreibers ergibt.


OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

4 U 149/99 11 O 431/98 LG Düsseldorf

Verkündet am 5. September 2000

T., Justizangestellte als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

In dem Rechtsstreit

pp.

hat der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 15. August 2000 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Dr. S, des Richters am Oberlandesgericht Dr. sowie des Richters am Landgericht O

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 20. Mai 1999 verkündete Urteil der 11. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf - Einzelrichter - unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 10.000 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 16. September 1998 zu zahlen.

Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz werden der Beklagten zu 4/5 und der Klägerin zu 1/5 auferlegt. Die durch die Anrufung des unzuständigen Landgerichts Kleve entstandenen Mehrkosten werden insgesamt der Klägerin auferlegt.

Die Kosten des Berufungsverfahrens haben die Beklagte zu 5/6 und die Klägerin zu 1/6 zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über Ansprüche aus der Maschinenversicherung (ABMG, vgl. GA 9).

Im Februar 1998 erlitt der bei der Beklagten versicherte Kompaktlader (G )der Klägerin einen Totalschaden. Die Klägerin hatte das Gerät 1997 zum Preis von 48.875 DM (netto 42:500 DM) bei der Firma G GmbH gekauft (Rechng. GA 17). Die Beklagte entschädigte unter Zugrundelegung eines Zeitwerts von 40.800 DM, nahm davon jedoch Abzüge unter dem Blickwinkel der Unterversicherung vor und zahlte letztlich 30.000 DM (vgl. GA 7). Sie ging davon aus, daß die vereinbarte Versicherungssumme von 42.500 DM unzureichend bemessen gewesen sei. Denn der Nennwert (netto) des Ladegeräts habe sich auf 57.000 DM belaufen (vgl. Gutachen GA 11 f.).

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, nach der Festlegung in § 4 Nr. 1 b) der vereinbarten ABMG sei als Versicherungswert der Kaufpreis anzusetzen, da es einen sonst vorrangig maßgeblichen Listenpreis nicht gegeben habe. Im übrigen habe sie beim Kauf keinerlei Sonderkonditionen in Anspruch genommen, sie habe den geforderten Kaufpreis anstandslos akzeptiert.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 12.500 DM nebst 9,5 % Zinsen seit dem 1. April 1998 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat sich auf des in der Schwacke-Liste (GA 24 i.V.m. GA 67) aufgeführten Basispreis als Listenpreisi.S. des § 4 Nr. 1a) Abs.g bezogen und behauptet, der Klägerin als Baumaschinen-Handelsgesellschaft (vgl. GA 66) seien, auch wenn sie den Kompaktlader nicht weiterveräußert, sondern zur Vermietung angeschafft haben sollte, beim Kauf Vorzugskonditionen eingeräumt worden. Die Klägerin habe gewußt, daß die an dem von ihr gezahlten Kaufpreis ausgerichtete Versicherungssumme nicht dem wahren wirtschaftlichen Wert entsprochen habe.

Das Landgericht hat der Klage im wesentlichen stattgegeben und ausgeführt, der Versicherungswert bestimme sich hier nach dem gezahlten Kaufpreis. Denn unter "Liztenpreis" im Sinne des § 4 Nr. 1 a) ABMG sei der vom Hersteller empfohlene Händlerverkaufspreis zu verstehen, ein solcher aber habe seinerzeit (noch) nicht existiert.

Mit ihrer Berufung macht die Beklagte geltend, der Versicherungswert bestimme sich nach dem Listenpreis des Verkäufers, der Firma G GmbH, der 1997 bei ca. 60.000 DM netto gelegen habe. Zur Zeit des Schadenfalls habe der Kompaktlader einen Zeitwert von 40.800 DM netto gehabt, überdies müsse sich die Klägerin einen erzielten Restwert anrechnen lassen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Urteils insgesamt abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie meint, was unter "Listenpreis" zu verstehen sei, bleibe zumindest unklar (§ 5 AGBG). Auch die Verkäuferfirma G habe zum Zeitpunkt des Kaufs keine allgemein gültigen Preislisten geführt, sondern je nach Händler unterschiedlich kalkulierte Preise festgelegt gehabt (vgl. GA 6). Einen Restwert habe sie nicht erzielt, der Lader stehe noch auf ihrem Betriebsgelände.

Wegen der Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung hat nur teilweise Erfolg.

1.

Eine Kürzung der Versicherungsleistung unter dem Blickwinkel der Unterversicherung (§ 4 Nr. 4 ABMG, GA 9) ist nicht gerechtfertigt. Es kann auch unter Berücksichtigung der Ausführungen der Beklagten im nachgereichten Schriftsatz vom 22.08.2000 nicht festgestellt werden, daß der Versicherungswert - bedingungsgemäß der Netto-Neuwert (§ 4 Nr. 1 a) ABMG) - höher als die mit 42.500 DM vereinbarte Versicherungssumme (GA 150) gewesen wäre:

Der Versicherungswert kann hier nicht entsprechend der Primäranknüpfung des § 4 Nr. 1 a) ABMG am "Listenpreis" (netto) festgemacht werden. Der durchschnittliche Versicherungsnehmer, auf dessen Verständnis es für die Auslegung Allgemeiner Versicherungsbedingungen ankommt, wird unter Listenpreis den vom Hersteller genannten Endverkaufspreis jedenfalls dann verstehen, wenn der Kaufgegenstand wie hier (GA 34) über verschiedene Zwischenhändler erworben werden kann, die ihrerseits keine einheitlichen Preise verlangen. Denn die Ausrichtung am Listenpreis bezweckt ersichtlich, den Versicherungswert in vereinfachter und objektivierter Weise ermitteln zu können. Das aber ist im Rahmen der vorgeschilderten Situation nur über eine Preisliste des Herstellers - oder des Alleinvertreibers - möglich. Eine Preisliste der Firma G - der Herstellerfirma - ist jedoch erst nach dem in Rede stehenden Versicherungsfall mit Wirkung ab 1. April 1998 herausgegeben worden.

Im übrigen kann nicht einmal festgestellt werden, daß die Verkäuferfirma, die Firma G, einen Listenpreis hatte. Mit Schreiben vom 29. Juni 1998 (GA 6) führte die Firma G aus, sie habe in der Vergangenheit nur eine "reine Einkaufspreisliste - also Nettopreisliste" geführt, wobei bei den einzelnen Händlern unterschiedlich kalkuliert worden sei. Demnach ("uno") gab es keine liste über die Preise, die die Firma G ihren Abnehmern gegenüber zugrundegelegt hat.

Das unter Beweis gestellte gegenseitige Vorbringen der Beklagten der Listenpreis der Firma G habe bei ca. 60.000,- DM gelegen (GA 104), stellt sich als Ausforschungsbeweisantritt dar.

Damit bestimmt sich der Versicherungswert anhand des Kaufpreises (§ 4 Nr. 1 b) ABMG), wobei allerdings Rabatte und Preiszugeständnisse unberücksichtigt bleiben (§ 4 Nr. 1 d) ABMG). Die Gewährung eines Preiszugeständnisses müßte die Beklagte ebenfalls beweisen. Ein Preiszugeständnis setzt aber einen Normalpreis voraus, von dem abgewichen wird. Eine solche Abweichung kann angesichts des unwiderlegt gebliebenen Vortrags der Klägerin, sie habe den von ihr abverlangten Kaufpreis ohne jedes Verhandeln sofort akzeptiert (GA 44), nicht verifiziert werden. Der im Schreiben der Firma G vom 29. Juni 1998 (GA 6) angesprochene Wiederverkaufsrabatt von 25 % gilt erst für die Zeit ab Einführung der HerstellerPreisliste.

2.

Als Entschädigungsbetrag kann allerdings nur ein Zeitwert (netto) von 40.800 DM (GA 32) zugrundegelegt werden. Daß diese sachverständige Schätzung des Werts zum Zeitpunkt des Schadeneintritts unzutreffend wäre, macht die Klägerin nicht geltend. Darüber hinaus muß sich die Klägerin gemäß § 8 Nr. 2 ABMG den Wert der Reste des Kompaktladers anrechnen lassen. Nach Angaben des Sachverständigen B wird der Wert der wenigen noch verwendbaren Bauteile und Aggregate durch die Demontage- und Überprüfungskosten sowie die Verwertungs- und Entsorgungskosten aufgezehrt werden, so daß ein nennenswerter Restwert voraussichtlich nicht mehr zu erzielen sei. Eine Aussage über den verbindlichen Restwert sei jedoch erst dann möglich, wenn der Kompaktlader tatsächlich zum Verkauf anstehe und auf dem Markt angeboten werde (vgl. GA 32). Da das beschädigte Gerät bislang nicht veräußert worden ist, schätzt der Senat den erzielbaren Restwert auf der Grundlage der Ausführungen des Sachverständigen auf 300 DM (§ 287 ZPO).

Danach berechnet sich der Anspruch der Klägerin wie folgt: 40.800 DM abzüglich 300 DM Restwert = 40.500 DM. Davon sind weitere 500 DM Selbstbeteiligung sowie die von der Beklagten gezahlten 30.000 DM in Abzug zu bringen, so daß 10.000 DM verbleiben (statt der vom Landgericht zugesprochenen 12.000 DM).

Die Zinsentscheidung des Landgerichts ist nicht angegriffen.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 92, 97, 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision sind nicht erfüllt.

Berufungsstreitwert: 12.000 DM.

Beschwer der Beklagten: 10.000 DM,

Beschwer der Klägerin: 2.000 DM.

Ende der Entscheidung

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