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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 29.05.2001
Aktenzeichen: 4 U 218/00
Rechtsgebiete: VVG, AKB


Vorschriften:

VVG § 6 Abs. 3
AKB § 7 I Abs. 2 Satz 3
AKB § 12 Nr. 1 I b
1.

Der Kaskoversicherer ist wegen Obliegenheitsverletzung leistungsfrei, wenn der Versicherungsnehmer, der Entschädigung für den Diebstahl seines Kraftfahrzeugs begehrt, im Fragebogen des Versicherers "einen" reparierten Vorschaden angegeben und auf Nachfrage vorprozessual mitgeteilt hat, der Name der Werkstatt sei ihm entfallen und eine Rechnung sei nicht mehr vorhanden, obwohl ihm nach seinem Prozessvortrag die - wiederum nicht benannte - Werkstatt bekannt ist und eine Rechnung nicht erstellt wurde.

2.

Die Relevanz der Obliegenheitsverletzung entfällt nicht wegen gemilderten Verschuldens des Versicherungsnehmers, weil er zum Schutz der Werkstatt gehandelt haben will, die die Arbeiten "schwarz" ausgeführt habe, wenn der Versicherungsnehmer vorprozessual das Angebot des Versicherers abgelehnt hat, einen Sachverständigen zu beauftragen, der mit dem Versicherungsnehmer die Werkstatt zur Verifizierung des Vorschadens und der Reparatur aufsuchen solle, anderenfalls Deckung verweigert werde.


OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Verkündet am 29. Mai 2001

In dem Rechtsstreit

hat der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 8. Mai 2001 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. S, den Richter am Oberlandesgericht Dr. W und den Richter am Landgericht St

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das am 21. November 2000 verkündete Urteil des Landgerichts Krefeld wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet. Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Diebstahlsentschädigung (§ 12 Abs. 1 I b AKB i.V.m. §§ 1 und 49 VVG) nicht zu. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob tatsächlich der Versicherungsfall der Entwendung vorliegt, da die Beklagte in jedem Falle gem. § 7 I Abs. 2 S. 3 AKB i.V.m. § 6 Abs. 3 VVG leistungsfrei ist. Der Kläger ist seinen Aufklärungspflichten in bezug auf den Vorschaden an der Front seines VW Golf Cabrio nicht nachgekommen.

Er hat die Frage der Beklagten nach der Werkstatt, die den Vorschaden repariert hat, falsch beantwortet. Nachdem er in dem Fragebogen vom 26. Mai 1999 einen reparierten Vorschaden angegeben hatte, teilte er telefonisch auf die schriftliche Nachfrage der Beklagten vom 29. Juni 1999 zunächst mit, der Name der Werkstatt sei ihm entfallen. Tatsächlich war und ist dem Kläger die Werkstatt jedoch bekannt. In der Berufungsbegründung trägt er nämlich vor, es handele sich um einen Betrieb auf der Kölner Straße in Krefeld, der die Arbeiten "schwarz" ausgeführt habe. Indem er der Beklagten den Namen der Werkstatt trotz Kenntnis verschwiegen hat, waren seine Angaben nicht nur falsch, sondern auch unvollständig.

Mit der Berufungsbegründung hat der Kläger eine weitere Falschangabe offenbahrt: In seinem vorprozessualen Schreiben vom 6. September 1999 hatte er - wie auch noch in der Klageschrift - behauptet, eine Rechnung sei nicht mehr vorhanden, was voraussetzt, es habe sie irgendwann einmal gegeben. Jetzt trägt er vor, es existiere keine Reparaturrechnung, weil die Arbeiten "schwarz" ausgeführt worden seien.

Der Kläger hat die falschen bzw. unvollständigen Angaben vorsätzlich gemacht. Er hat die nach § 6 Abs. 3 VVG ohnehin bestehende Vorsatzvermutung dadurch bestätigt, dass er einräumte, zum Schutz der Werkstatt gehandelt zu haben.

Seine Obliegenheitsverletzung war auch relevant im Sinne der Relevanzrechtsprechung des Bundesgerichtshofes, d. h., sie war generell geeignet, die Interessen der Beklagten zu gefährden und ihn traf ein erhebliches Verschulden (vgl. Römer/Langheid, a.a.O., § 6 Rdnr. 39). Falsche Angaben zu Vorschäden, deren Umfang und Reparatur können erhebliche Auswirkungen auf die Wertermittlung und damit die Entschädigungsleistung des Versicherers haben. Aus einer Reparaturrechnung oder einer Auskunft der Werkstatt lassen sich das Ausmaß des Schadens und der Umfang der Arbeiten zuverlässig entnehmen, insbesondere sind sie ein Nachweis für die tatsächliche Durchführung der Reparatur (vgl. KG, VersR 1999, 1537). Deshalb musste sich die Beklagte nicht mit den vom Kläger für die ordnungsgemäße Reparatur genannten Zeugen zufrieden geben, sondern durfte weitere Aufklärung verlangen.

Das Verschulden des Klägers wird nicht dadurch gemildert, dass er zum Schutz der Werkstatt gehandelt haben will, weil diese die Reparatur "schwarz" ausgeführt habe. Selbst wenn man nämlich einen Gewissenskonflikt anerkennt, bei dem er sich zwischen den Interessen der Werkstatt und denen der Beklagten entscheiden musste, so ist die Beklagte ihm bei der Lösung des Gewissenskonfliktes mit ihrem Schreiben vom 15. November 1999 in einer Weise entgegengekommen, die den Interessen beider Seiten gerecht wurde. Sie hat dem Kläger angeboten, einen Sachverständigen zu beauftragen, der mit ihm die Werkstatt aufsucht. Damit wäre das Interesse der Beklagten an der Ermittlung des korrekten Fahrzeugwertes befriedigt worden, für die Werkstatt hätte bei einem Gespräch mit dem Sachverständigen keine ernsthafte Gefahr bestanden, der Verfolgung durch die Steuerbehörden ausgesetzt zu werden. Für die Weigerung des Klägers, einem solchen Verfahren zuzustimmen, musste die Beklagte kein Verständnis mehr aufbringen, sein Verschulden ist damit erheblich (vgl. Römer/Langheid, a.a.O., § 6 Rdnr. 61).

Der Kläger ist sowohl in der Schadensanzeige als auch in dem weiteren Fragebogen vom 27. Mai 1999 über die Folgen bewusst unwahrer und unvollständiger Angaben ordnungsgemäß belehrt worden. Darüber hinaus hat die Beklagte ihm die Folgen seiner Weigerung, mit einem Sachverständigen die Werkstatt aufzusuchen, deutlich in dem Schreiben vom 15. November 1999 vor Augen geführt, indem sie ankündigte, im Falle der Ablehnung die Deckung zu verweigern.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 546 ZPO) lagen nicht vor.

Streitwert für das Berufungsverfahren und Beschwer des Klägers: 18.600,00 DM.

Ende der Entscheidung

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