Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 11.07.2000
Aktenzeichen: 4 U 80/99
Rechtsgebiete: AKB, VVG, BGB


Vorschriften:

AKB § 12 Nr. 1 II e
VVG § 12 Abs. 3
VVG § 61
BGB § 242
Leitsätze:

1.

Der Versicherer ist nach § 242 BGB gehindert, sich auf den Fristablauf nach § 12 Abs. 3 VVG zu berufen, wenn der Versicherungsnehmer sogleich nach der Leistungsanlehnung - zutreffend - darauf hingeweisen hat, daß der Versicherer von einem falschen Sachverhalt ausgegangen ist, der Versicherer darauf dem Versicherungsnehmer gegenüber zum Ausdruck bringt, er werde in eine neue Leistungsprüfung eintreten, ihm aber erst eine Woche vor Ende der mit der Leistungsablehnung in Lauf gesetzten Frist mitteilt, er halte daran fest.

2.

Der Kaskoversicherer ist nicht wegen grob fahrlässiger Herbeiführung des Versicherungsfalls leistungsfrei, wenn der von dem Versicherungsnehmer auf einer 2 bis 3 % Gefälle aufweisenden Straße mit - unzureichend - angezogener Handbremse abgestellte PKW sich nach zehn Minuten in Bewegung setzt und gegen eine Hauswand prallt, der Wagen aber ohne Sicherung sofort davon gerollt wäre.


OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

4 U 80/99 2 O 527/98 LG Kleve

Verkündet am 11. Juli 2000

T., Justizangestellte als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

In dem Rechtsstreit

pp.

hat der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 6. Juni 2000 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Dr. S, des Richters am Oberlandesgericht Dr. R und des Richters am Landgericht O

für Recht erkannt:

Tenor:

Das am 21. März 2000 verkündete Versäumnisurteil des Senats wird aufgehoben.

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Kleve vom 10. März 1999 abgeändert und die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 13.122,83 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 30. Dezember 1998 zu zahlen.

Die Kosten ihrer Säumnis trägt die Klägerin. Im übrigen werden die Kosten des Rechtsstreits der Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Die Klägerin nimmt die Beklagte aus einer bei dieser unterhaltenen Fahrzeugvollversicherung wegen eines Unfallereignisses vom 13. August 1997 in Anspruch.

An diesem Tag stellte sie ihren PKW auf der H straße in F mit der rechten Fahrzeughälfte auf dem Bürgersteig geparkt ab. Die H straße hat an dieser Stelle in Abstellrichtung des Fahrzeuges ein Gefälle von 2,5 bis 3 %. Die Klägerin verließ das Fahrzeug und kaufte in einem gegenüberliegenden Lebensmittelgeschäft ein. Ungefähr zehn Minuten später setzte sich der PKW ohne jede erkennbare Fremdeinwirkung in Bewegung und rollte die H straße herunter. Nach einer Strecke von etwa 100 m fuhr der PKW langsam auf die linke Straßenseite über den Bordstein hinweg und sodann eine gepflasterte Hauszuwegung mit 15%igem Gefälle hinunter. Am Ende der 9 m langen Gefällstrecke prallte er mit der Front vor eine Hauswand.

Nach der Schadenmeldung beauftragte die Beklagte das Sachverständigenbüro P mit der Feststellung der Schadenshöhe sowie der Besichtigung der Unfallstelle. Aufgrund eines Übermittlungsfehlers im Hause der Beklagten ging der Sachverständige bei seiner Begutachtung fälschlich davon aus, der PKW sei am eigentlichen Unfallort, dem Beginn der 15%igen Gefällstrecke, abgestellt gewesen, bevor er losrollte.

Auf dieser Basis lehnte die Beklagte unter dem 12. September 1997 die Regulierung unter Berufung auf § 61 VVG ab und erteilte der Klägerin eine Belehrung nach § 12 Abs. 3 VVG. Die Klägerin wies unter dem 23. September 1997 darauf hin, daß die Beklagte einen falschen Sachverhalt zugrundegelegt hatte, schilderte den richtigen Sachverhalt und vertrat die Auffassung, die Regulierungsverweigerung könne auf dieser Grundlage nicht ernsthaft aufrechterhalten werden, da grobe Fahrlässigkeit nicht in Betracht komme. Die Beklagte trat wieder in die Regulierung ein und teilte mit Schreiben vom 26. September 1997 mit, sie werde den Sachverständigen zu einer ergänzenden Stellungnahme auffordern. Nachdem vier Monate verstrichen waren, ohne daß die Beklagte sich bei der Klägerin gemeldet hatte, erbat die Klägerin am 27. Januar 1998 eine Stellungnahme der Beklagten. Unter dem 30. Januar 1998 erklärte die Beklagte, die für das Geschehen benannten Zeugen hätten nicht reagiert. Zugleich übermittelte sie die ergänzende Stellungnahme des Sachverständigen vom 30. September 1997. Am 24. Februar 1998 übersandte die Klägerin Erklärungen der Zeugen W und G vom 16. Februar 1998 und bat um Stellungnahme. Die Beklagte antwortete am 11. März 1998, die Versicherungsschutzversagung vom 12. September 1997 halte sie aufrecht. Unter dem 15. April 1998 kam die Klägerin auf die Sache zurück und überreichte der Beklagten das Gutachten des Sachverständigen S vom 26. März 1998 (GA 20) zum Beleg dafür, daß das Fahrzeug - wenn auch unzureichend - gesichert gewesen sein müsse. Darauf trat die Beklagte am 20. April 1998 in Vergleichsverhandlungen ein, die nach einem weiteren Schreiben der Beklagten vom 18. Mai 1998 abbrachen.

Die Klägerin hat vorgetragen, sie habe nach dem Parken die Handbremse des PKW angezogen und einen Gang eingelegt. Der Schaden habe 15.122,83 DM betragen. Nach Abzug der Selbstbeteiligung von 2.000 DM verbleibe der mit der Klage geltend gemachte Betrag.

Die Beklagte sei nicht gemäß § 12 Abs. 3 VVG leistungsfrei geworden. Aufgrund der zweimaligen Wiederaufnahme der Regulierungsverhandlungen und der ursprünglichen Zugrundelegung eines falschen Sachverhalts könne sich die Beklagte auf den Fristablauf nicht berufen.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 13.122,83 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 31. Dezember 1998 zu zahlen

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat vorgetragen, die Klägerin habe keine ordnungsgemäße Sicherung des Fahrzeuges vorgenommen, obwohl die H straße am Abstellort des PKW ein Gefälle von mindestens 1 % gehabt habe. Das Verhalten sei als grob fahrlässig zu bewerten.

Überdies sei sie gemäß § 12 Abs. 3 VVG leistungsfrei geworden. Die Frist sei weder verlängert worden, noch habe sie auf die Einhaltung der Frist verzichtet.

Mit Urteil vom 10. März 1999 hat das Landgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, das Verhalten der Klägerin sei zwar nicht als grob fahrlässig zu werten, die Beklagte sei aber nach § 12 Abs. 3 VVG von der Leistungspflicht befreit. Nach der Ablehnung vom 12. September 1997 sei die Frist zur Klageerhebung am 18. März 1998 abgelaufen. Ein Verzicht auf die gesetzte Frist sei nicht feststellbar. Es könne zwar von einer Verlängerung der First durch Verhandlungen über eine vergleichsweise Beilegung ausgegangen werden. Auch eine ab dem 18. Mai 1998, dem Ende der Verhandlungen, laufende Sechsmonatsfrist habe aber durch die Klageeinreichung am 1. Dezember 1998 nicht mehr gewahrt werden können.

Gegen dieses Urteil wendet sich die Klägerin mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten Berufung. Zu Unrecht sei das Landgericht davon ausgegangen, die Beklagte sei nach § 12 Abs. 3 VVG leistungsfrei. Die erste Klagefrist sei hinfällig geworden, weil die Beklagte zuvor von völlig falschen Voraussetzungen ausgegangen sei. Deren Ankündigung, eine ergänzende Stellungnahme des Sachverständigen einholen zu wollen, habe aus Sicht der Klägerin den Erklärungswert gehabt, die bisherige Ablehnung habe keine Geltung mehr.

Auf die mündliche Verhandlung vom 14. März 2000 erging gegen die Klägerin ein Versäumnisurteil, mit der ihre Berufung gegen das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Kleve vom 10. März 1999 zurückgewiesen wurde. Gegen dieses Urteil hat sie fristgemäß Einspruch eingelegt.

Sie beantragt nunmehr,

unter Aufhebung des Versäumnisurteils vom 21. März 2000 das angefochtene Urteil abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an sie 13.122,83 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 30. Dezember 1998 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

das Versäumnisurteil aufrechtzuerhalten.

Sie wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen.

Entscheidungsgründe:

Durch den form- und fristgerechten Einspruch der Klägerin gegen das Versäumnisurteil vom 21. März 2000 ist der Prozeß in die Lage vor ihrer Säumnis zurückversetzt worden.

Die zulässige Berufung der Klägerin hat in der Sache Erfolg.

Ihr steht gegen die Beklagte ein Zahlungsanspruch in Höhe von 13.122,83 DM aus §§ 1 Abs. 1 Satz 1, 49 VVG, 12 Nr. 1 II e), 13 Nr. 1 und 9 AKB zu.

I.

Die Beklagte ist nicht gemäß § 12 Abs. 3 VVG leistungsfrei geworden.

1.

Sie hat zwar mit Schreiben vom 12. September 1997 die Leistung abgelehnt und mit ordnungsgemäßer Belehrung die Klagefrist von sechs Monaten in Gang gesetzt. Dieses Schreiben hat die Klägerin, wie ihr unter dem 18. September 1997 abgesandter Antwortrückschein zeigt, spätestens an diesem Tag erhalten. Die Frist lief danach allenfalls bis zum 18. März 1998 und wäre demzufolge bei Klageeingang am 1. Dezember 1998 abgelaufen gewesen.

2.

Die Beklagte ist aber nach Treu und Glauben gehindert, sich auf den Fristablauf zu berufen, § 242 BGB, was sich aus den Umständen, die der Leistungsablehnung folgten, ergibt.

Mit der Berufung auf den Ablauf der Klagefrist verstößt der Versicherer gegen Treu und Glauben, wenn er den Eindruck erweckt, die Ablehnung des Versicherungsschutzes und die damit verbundene Fristsetzung seien wieder hinfällig geworden, er wolle ggf. nach einer erneuten Prüfung völlig neu entscheiden (BGH VersR 1988, 1013; OLG Hamm OLGR 1996, 172; OLG Karlsruhe VersR 1992, 1205, 1206).

So liegt der Fall hier zum Nachteil der Beklagten.

Die Beklagte war im Rahmen der Verhandlungen aufgrund des Schreibens der Klägerin vom 23. September 1997 sogar gezwungen, eine völlig neue Entscheidung zu treffen. Sie hat nicht nur den Eindruck erweckt, sie wolle völlig neu entscheiden, sie mußte dies tun, da der Sachverhalt, den sie der Leistungsablehnung zugrundegelegt hatte, nicht zutreffend war. Die Leistungsablehnung vom 12. September 1997 gründete auf in wesentlichen Details unzutreffenden Annahmen der Beklagten hinsichtlich des Schadensereignisses. Aufgrund eines Übermittlungsfehlers im Hause der Beklagten legte der von ihr beauftragte Sachverständige seiner Begutachtung zugrunde, das Fahrzeug sei in unmittelbarer Nähe zu einer Hauszuwegung mit 15 %igem Gefälle abgestellt worden. Dieses Gutachten diente zur Begründung der Leistungsablehnung unter Berufung auf § 61 VVG.

Es liegt auf der Hand, daß die Bewertung des Verhaltens der Klägerin hinsichtlich des Verschuldensgrades nicht allein von Art und Maß der getroffenen Sicherungsmaßnahmen, vielmehr maßgeblich auch von der Frage abhing, wo der PKW abgestellt worden war, bevor er sich in Bewegung setzte. Nachdem die Klägerin auf den Fehler der Beklagten hingewiesen und diese daraufhin mit Schreiben vom 26. September 1997 zum Ausdruck gebracht hatte, man werde erneut prüfen und eine ergänzende Stellungnahme des Sachverständigen einholen, handelte es sich dabei aus zutreffender Sicht der Klägerin um die erste Prüfung des wahren Sachverhalts. Da sich die Beklagte sodann mehrere Monate Zeit ließ, ohne auf den Fall zurückzukommen (obwohl die ergänzende Stellungnahme des Sachverständigen bereits vom 30. September 1997 datiert), durfte die Klägerin annehmen, auf die schon erklärte Ablehnung nebst Fristsetzung komme es nicht mehr an.

Danach konnte sich die Beklagte gemäß § 242 BGB auf die zunächst mit Schreiben vom 12. September 1997 erklärte Ablehnung nebst Fristsetzung nicht mehr berufen. Sie hätte eine neue Frist setzen müssen, um nach § 12 Abs. 3 VVG leistungsfrei werden zu können (vgl. Prölss/Martin, VVG, 26. Aufl., § 12 Rdnr. 51). Dies indes unterblieb.

Die Beklagte ging offensichtlich selbst nicht davon aus, sie werde mit Ablauf des 18. März 1998 leistungsfrei. Nachdem sie selbst sich mehr als vier Monate Zeit gelassen hatte, die Sache erneut zu überprüfen, konnte sie nicht erwarten, daß die Klägerin nach Erhalt des Schreibens vom 11. März 1998 bis zum 18. März 1998 eine Klage einreichen werde. Dementsprechend erklärte sie mit Schreiben vom 11. März 1998 nur, sie halte an ihrer Leistungsablehnung fest, ohne nochmals auf die Fristsetzung zurückzukommen. Hierzu passend berief sie sich nach dem 18. März 1998 nicht etwa auf den Ablauf der Klagefrist, sondern setzte die Verhandlungen bis zur Abgabe konkreter Vergleichsangebote fort.

II.

Die Beklagte ist nicht gemäß § 61 VVG wegen eines grob fahrlässigen Verhaltens der Klägerin von ihrer Verpflichtung zur Zahlung frei geworden.

Grobe Fahrlässigkeit setzt einen objektiven schweren Verstoß gegen die im konkreten Fall gebotene Sorgfalt voraus. Grob fahrlässig handelt derjenige, der die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in hohem Maße außer Acht läßt und nicht beachtet, was unter den gegebenen Umständen jedem einleuchten muß. Darüber hinaus muß auch in subjektiver Hinsicht ein gegenüber einfacher Fahrlässigkeit gesteigertes Verschulden vorliegen, das das gewöhnliche Maß erheblich übersteigt und als schlechthin unentschuldbar anzusehen ist (BGH VersR 89, 469, 470; Senat r + s 1999, 229). Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Ein grob fahrlässiger Pflichtverstoß ist der Klägerin nicht vorzuwerfen.

Dahingestellt bleiben kann, wie es dazu kam, daß der PKW der Klägerin sich auf der H straße in Bewegung setzte und schließlich vor eine Hauswand prallte. Jedenfalls muß davon ausgegangen werden, daß die Klägerin vor dem Verlassen des PKW eine - wenn auch unzureichende - Sicherung des Fahrzeuges gegen Wegrollen vorgenommen hat. Ohne Sicherung gegen Wegrollen hätte sich das Fahrzeug nämlich nach den Feststellungen des Sachverständigen Sch bei dem festgestellten Gefälle von 2,5 bis 3 % sofort in Bewegung gesetzt. Dies folgert der Sachverständige widerspruchsfrei zum einen daraus, daß der Anrollwiderstand eines PKW bei einem Gefälle von mehr als 1 % überwunden wird, zum anderen aus einem vor Ort angestellten Versuch. Dieser Versuch ist zwar nicht mit dem PKW der Klägerin durchgeführt worden, sondern mit einem nicht näher benannten PKW mit einem Leergewicht von 1.300 kg. Daß das Verhalten des PKW's der Klägerin (Leergewicht 1.464 kg/GA 49) ein anderes sein sollte, ist nicht ersichtlich.

Da ein Defekt des Fahrzeuges nach den Feststellungen des Sachverständigen P nicht als Erklärung in Betracht kommt, bleibt die Behauptung der Klägerin, die Handbremse angezogen zu haben, unwiderlegt.

Zwar hat die Klägerin durch die unzureichende Sicherung des PKW den vertragsgemäß vorausgesetzten Standard an Sicherheit deutlich herabgesetzt, verlangt doch § 14 StVO eine Sicherung des PKW gegen Wegrollen. Zumindest trifft die Klägerin aber nicht der persönliche Schuldvorwurf, in einer das gewöhnliche Maß erheblich übersteigenden Weise ihre Sorgfaltspflichten verletzt zu haben, als sie versehentlich die Handbremse nicht genügend fest anzog.

Denn das Anziehen der Handbremse war an sich geeignet, bei nur 2-3 % Gefälle hinreichenden Schutz gegen das Wegrollen des PKW zu gewährleisten. Ein unzureichendes Anziehen der Handbremse kann immer auch dem sorgfältigen Versicherungsnehmer unterlaufen und begründet jedenfalls dann keinen groben Pflichtverstoß, wenn der PKW trotz der an sich unzureichenden Schutzvorkehrungen noch zehn Minuten an Ort und Stelle steht. Bei der Beurteilung der persönlichen Vorwerfbarkeit entlastet es die Klägerin, daß sie angesichts der objektiven Umstände annehmen durfte, alles getan zu haben, um den PKW hinreichend zu sichern, zumal auch die Stellung des Handbremshebels nicht deutlich werden läßt, ob die Bremse fest genug angezogen war.

Zwar kann es Fälle der Unachtsamkeit geben, die - wie etwa ein Rotlichtverstoß - grundsätzlich unentschuldbar sind, weil sie in einer Situation zum Tragen kommen, die wegen ihrer Gefährlichkeit ein Mindestmaß an Konzentration verlangt (BGH VersR 1992, 1085 f.). Diesen Fällen ist die unbewußt unzureichende Absicherung eines Fahrzeuges gegen Wegrollen nicht gleichzustellen. Das Abstellen eines PKW und die sich anschließende Sicherung gegen Wegrollen durch Anziehen der Handbremse ist eine täglich wiederkehrende, in ihrem Ablauf zur Gewohnheit gewordene Handlung, die keine besondere Aufmerksamkeit erfordert und an deren Ausführung man sich im Regelfall auch nicht erinnern kann, weil sie eingeschliffen ist. Selbst das Vergessen oder Übersehen eines Handgriffs unter mehreren in einem zur Routine gewordenen Handlungsablauf verdient nicht die Einstufung als grob fahrlässig (BGH VersR 1989, 582). Dies gilt erst recht, wenn solche Handgriffe so ausgeführt werden, daß sie nur zu einer unzureichenden Sicherung führen.

III.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von 13.122,82 DM. Aus dem von der Beklagten selbst in Auftrag gegebenen Gutachten des Sachverständigen P ergibt sich eine Schadenshöhe von 15.122,83 DM (GA 62, 63) und nach Abzug der vereinbarten Selbstbeteiligung von 2.000 DM die Klagesumme. Das einfache Bestreiten der Schadenshöhe durch die Beklagte ist unsubstantiiert, hat sie doch selbst den Schaden durch einen von ihr beauftragten Gutachter errechnen lassen. Will sie dessen Feststellungen angreifen, muß sie substantiiert vortragen.

IV.

Rechtshängigkeitszinsen seit dem 30. Dezember 1998 sind gerechtfertigt, §§ 291, 288 Abs. 1 BGB, § 187 Abs. 1 BGB.

V.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 97 Abs. 1, 343 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Zur Zulassung der Revision besteht gemäß § 546 Abs. 1 ZPO kein begründeter Anlaß.

Streitwert für die Berufungsinstanz und Beschwer der Beklagten: 13.122,83 DM.

Ende der Entscheidung

Zurück